Witze kann mensch nicht erklären. Entweder sie wirken oder sie tun es nicht. Wenn Satire nicht wirkt, ist sie automatisch abstoßend. Die Titanic-Satire ist bei diesem Thema diesmal deutlich offener gehalten, beziehungsweise spielt eben mit einem sehr geläufigen Vorurteil. Das ist übrigens das, was Satire meistens macht: Vorurteile ironisch beleuchten, um Vorverurteilenden einen Spiegel vorzuhalten. Deshalb wird Satire oft auch nicht verstanden, weil die meisten Menschen die Ironie nicht durchblicken. Das führt dann dazu, dass mensch ein satirisch aufgearbeitetes Thema ernst nimmt, was blöd ist.
Der verlinkte taz-Artikel ist in meinen Augen großartig. Mehrere Medienzustände und Gruppenmeinungen wurden da verarbeitet. Die Spielerinnen werden als Schlampen bezeichnet, weil sie eben als solche von gewissen Medien behandelt wurden. In BILD und Konsorten wurden fußballspielende Frauen größtenteils auf äußerliche Schönheitsmerkmale reduziert. Die Satire überspitzt dies, aber das ist ja gerade ein Stilmittel der Satire.
Dann das Kapitalisieren (Großschreiben) von "UNS" und "WIR". Diese ad populum ist Ausdruck einer total paradoxen Kohäsion. Die BILD ist tagein tagaus damit beschäftigt, Menschengruppen gegeneinander aufzuhetzen. Oft wird gegen Hartz 4-Empfänger gehetzt, dann gegen Politiker, dann gegen Straftäter, dann gegen Griechen, dann gegen Ausländer und gegen Muslime. Nur wenn eine deutsche Nationalmannschaft bei einem Turnier spielt, dann ist es "unsere" Mannschaft, die "unsere Hymne" singt und "unsere Kanzlerin", die auf der Tribüne sitzt. Diese künstlich-patriotisch-alberne Kohäsion ist dermaßen nervenaufreibend für jedermensch, der nicht Teil dieser Gruppe sein will. Ich habe einen deutschen Pass, lebe hier in Deutschland, zahle hier Steuern, habe hier gewählt, arbeite hier und spreche die deutsche Sprache, aber ICH BIN NICHT DEUTSCHLAND. Ich möchte mit diesem künstlichen Wir-Gefühl nichts zu tun haben, erst recht nicht, wenn es von einem Medium erzeugt wird, das sonst nur Brücken in der Gesellschaft einreißt. Ich möchte nicht Teil einer sich als Nation abgrenzenden Gruppe sein, die chinesische Nationalmannschaft ist genauso "meine Mannschaft", wie die deutsche, die amerikanische oder die tibetanische. Leider wird man als in Deutschland lebender Mensch dazu gezwungen, eine Fußballnationalmannschaft als "seine" Mannschaft anzuerkennen. Die reißerischen Medien lassen einem keine andere Wahl, auch das nimmt der Artikel aufs Korn.
Übrigens werden die Japanerinnen in dem Artikel als "Japsinnen" bezeichnet. Japse ist, das dürfte bekannt sein, ein verächtlicher Ausdruck für Japaner. In die Wahl dieser Bezeichnung fließt sicherlich auch der Fremdenhass gewisser Medien und Menschen in Deutschland mit ein.
Außerdem ist es toll, wie immer wieder physische Maße in den Artikel einfließen.
"Linda Schlampsonik (27): 1,70m, 60kg, verschlampt trotzdem den Ball gegen Mini-Japsin Iwashimizu (24/1,62/54)."
Als ob Größe und Gewicht (die auch gar nicht sooo verschieden sind) irgendwas mit der Leistung zu tun hätten. Oder ist Schlampsonik dazu verpflichtet, die Japsin zu dominieren, weil sie 8cm größer und 6 Kilo schwerer ist? Auch da ist eine gewaltige Prise Humor drin, denn die biologisch/physischen Unterschiede sind ja immer genau das, worum es bei der Trennung von Männer- und Frauenfußball geht. Und dann natürlich die obligatorisch-wichtige Frage nach der sagenumwobenen Nummer 10. Das ist eigentlich nur ein Nummer und trotzdem hat sie im Fußball eine massive Bedeutung. Die sinnlose Nummernvergabe passt einfach zu dem sinnlosen Gebashe der Frau Schlampsonik, das darauf beruht, dass sie etwas größer und schwerer ist und trotzdem nicht gewonnen hat.
Zu lahm, zu schwer, zu schlampige Manndeckung: Wo war sie, als Mörder-Japsin Karina Maruyama (28) UNS mitten ins Zauber-Herz traf?
Die Mörder-Japsin Maruyama...als ich das gelesen habe, lag ich fast unterm Schreibtisch. Maruyama Masao war ein japanischer General im 2. Weltkrieg, der eine tragende Rolle beim Zwischenfall an der Marko-Polo-Brücke gespielt hat. Der satirische Witz der "Mörder-Japsin" erschließt sich natürlich in dem Fall nur Menschen, die sowas wissen.
Der Absatz zu Schlampefrekes ist einfach nur lustig, besonders die Bezeichnung der Schiedsrichterin als Mexi-Schiri-Mieze...das ist wunderbarer Bild-Neologismus auf der Schippe serviert
Célia Schlampyino da Schlampi (23): Wer hat da beim DFB geschlampt? Wieso darf DIE überhaupt für UNS spielen?
Dazu muss ich wohl nicht viel sagen. Wieviele Menschen gibts denn noch, die gerade im Hinblick auf Özil, Podolski und Co nicht mehr von einer "deutschen Nationalmannschaft" sprechen wollen? Bei der U17 genau dasselbe. Unter jedem Online-Artikel, der die U17 behandelt hat, fanden sich solche Kommentare, die dafür agitierten, nur noch deutsch klingende Namen in der Nationalmannschaft zuzulassen. DIE und UNS genauso gegenübergestellt, dass selbst der dümmste "ich bin kein Nazi, aber gegen Ausländer wird man ja wohl noch was sagen dürfen"-Vertreter vielleicht seine intellektuell bescheidenen Attitüden überdenkt.
Melanie Behringer wird dann konsequent als "Mel B." bezeichnet, wie die von den Spice Girls. Damit wird dann dieser komische Popkult im Fußball aufs Korn genommen und personifiziert. Dazu dieser Ausspruch: "TRIKOTTAUSCH spricht aus, was alle denken: Außer Mel B. könnt ihr alle gehn!"
Dieser Satz ist natürlich ganz offenkundig an BILD angelehnt. "BILD spricht aus, was alle denken: RAUS MIT DEN GRIECHEN AUS DEM EURO". Der 2. Teil des Satzes ist beliebig veränderbar. Eine Zeitung nimmt für sich in Anspruch, Sprachrohr einer Gesellschaft zu sein, was an sich schon demokratiefeindlich und perfide ist. Leider merkt das ja niemand mehr. Wenn BILD ausspricht, was "alle" denken, dann betreibt BILD Propaganda. Denn dann agiert BILD nicht als objektiver Berichterstatter, der es dem Leser gestattet, sich eine Meinung zu bilden, wie es in Demokratien unerlässlich ist. Nein, wenn BILD ausspricht, was "alle" denken, dann spricht BILD in Wahrheit das aus, was alle denken sollen. Mit Demokratie hat das nichts zu tun, das ist hochgradig verfassungsfeindlich und widerlich und trotzdem ist das mittlerweile eine beliebte Sprachwendung. Alternativ: "Sarrazin spricht aus, was Deutschland denkt." Nein, das tut er nicht. Er spricht aus, was er selbst denkt. Aber da ist dieses wiederkehrende Element der Kohäsion wieder. Mittlerweile dürfte deutlich werden, warum ich das so hasse?!
Inka Schlamps (32): Schmeißt sich vor dem Spiel schamlos an Kanzlerin Angela Merkel (56) ran ("total nett"). Tut dann aber nichts, um die Kanzlerin zum Kanzler-Geburstag am Final-Sonntag (irgendwann in irgendeinem Sparten-Sender; wer will, soll den Termin im Internet nachgucken) glücklich zu machen. Versenkt ständig Bälle im Himmel über Wolfsburg, verschlampt eine Magic-Mel-B-Flanke nach der anderen, verliert ständig Kopfball-Duelle gegen Mini-Japsinnen (Durchschnittsgröße: 1,63m!). Zum Abwinken!
Suuuuper! Erstmal die kleine offensichtliche Spitze wegen der Merkel-Lobhudelei. Dann die Gleichsetzung von Merkel und Hitler (Kanzler-Geburtstag, diesen Begriff gibt es nicht. Der Führergeburtstag, der 20. April, war aber in der Tat ein nationalsozialistischer Ehrentag, einmal sogar Feiertag). Das ist sowieso immer lustig, mit Nazis kann man die besten Witze machen. Dann noch der Hinweis, dass die WM ab jetzt komplett unwichtig ist, weil UNSER Team raus ist. Ein Bezug auf Uli Hoeneß, Magic-Mel-B spielt auch eine Rolle und dann wieder der Körpervergleich zwischen Deutscher und Japsin, der im Folgenden auch immer wieder aufgegriffen wird (Durchschnittsgröße: 1,63m!). Herrlich!
Die Schlampgit Prinz erhält dann eine Referenz auf dieser lächerliche "Capitano"-Bezeichnung von Michael Ballack / Lira Schlamparaj wird mit Günter Netzer verglichen und das nicht mal zu unrecht. Das ist aber eben auch so geschickt subtil und passend verpackt, dass es kaum auffällt. Das macht diese Satire so großartig.
Zu der Beurteilung von Neid kann doch gerade jemand, der bis vor ein paar Tagen noch in seiner Signatur postuliert hat, dass "wir" "Eier" bräuchten, nichts Negatives sagen, oder? Jedenfalls wird mit dieser Beurteilung gleich wieder die Medienberichterstattung über Schlampia Neid durch den Kakao gezogen. "WIR" und "UNSER" ist drin, genauso wie die Körpergröße, Trainer mit Eiern und die renitente Überheblichkeit der deutschen Medien wird auch satirisch beleuchtet. Einfach grandios!