Wer seinen Lebenssinn daraus zieht, andere Dinge zu hassen, hat in meinen Augen ganz andere Sorgen. Ich kann die Befürchtungen von Seiten der RB-Gegner verstehen, ich mag RBL auch nicht gerade, zumal es in erster Linie um das reine Marketing und weniger um den Fußball an sich geht. Aber dieser Trend ist ja nicht von RBL erfunden worden, sondern dauert schon seit Jahren, ja seit Jahrzehnten, an. Sicher ist das schade, dass alte Traditionen nach und nach dem Neuen weichen müssen, aber so ist der Lauf des Lebens. Zudem werden auch so manch traditionelle Zeiten im Rückblick durch eine rosarote Brille gesehen. Stehkurve hin, Rundstadion her, der Fußball der 70er, 80er und 90er Jahre in Deutschland ist mit dem heutigen Fußball kaum noch zu vergleichen.
Heute zählt eben der Eventgedanke mehr und wenn man das akzeptiert, kann man auch bei einem Bundesligaspiel Spaß haben. Für Unterhaltung sorgen schließlich die modernen Gladiatoren auf dem Rasen. Wem das zu abgehoben ist und wer sich nicht mit Klatschpappen, bemitleidenswerten Maskottchen, Dauerbeschallung im grenz(debilen) Bereich und jeder Menge Werbung anfreunden will, zieht sich eben zurück und schaut ab der 3. Liga abwärts vorbei, wo der Fußball teilweise noch so rustikal wie in den "guten alten Zeiten" gespielt wird. Zudem sind auch die Eintrittspreise dort so, wie man es aus der Zeit gewohnt ist, die Stadien sowieso. Man kann sich daher nicht beschweren, dass es für Traditionalisten keine Rückzugsräume mehr gäbe.
Ein großes Problem wird dennoch auf den Fußball moderner Prägung zukommen. Irgendwann ist der Markt gesättigt und dann wird eine Hybris eintreten. Die Omnipräsenz des Fußballs auf allen Kanälen (online wie offline) hat andere Sportarten schon erfolgreich an den Rand gedrängt, dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass der Fußball schon in ein paar Jahren Opfer seines eigenen Erfolgs zu werden droht. Genau kann ich das nicht prognostizieren und es ist sicher eine gewagte These, doch ich gebe dem aktuellen System vielleicht noch etwa 10-15 Jahre, bis es große Reibungen gibt, in denen es viele Verlierer, Insolvenzen und nur wenige Gewinner geben dürfte. Ein einfaches Beispiel: War früher der Gewinn der Champions League (oder seiner Vorläufer) eine Riesensache, wird das heute teilweise erwartet (klar, bei den Millionensummen) und hat das Team es dann geschafft, ist der errungene Titel schon nach gefühlt 2 Wochen nichts mehr wert, da die neue Saison ansteht und der nächste Titel geholt werden muss. Entschleunigung würde dem Fußball hier gut tun, aber aufgrund der zu hohen Summen im Spiel wird es so schnell nicht dazu kommen.
Da ich gerade am Handy bin, nur noch eine Sache zu dem Thema "Topleute wollen nicht nach LE". Genau deswegen baut man doch das große Jugendnetzwerk auf! Damit man eben nicht irgendwelche Stars davon überzeugen muss statt in die Metropolen nach LE zu gehen. Klar wird man nach dem Aufstieg Leute wie Götze haben wollen, aber auch nur weil das System noch nicht so weit ist. Wie auch, nach der kurzen Zeit. Letztlich ist es aber keine bloße Propaganda, wenn gesagt wird, dass irgendwann ein Großteil der Spieler aus den RB-Akademien kommen soll.
Dazu ein kurzes Wort. Die Vorgehensweise der Leipziger ist gerade in diesem Punkt kritisch zu sehen. Da werden 12- bis 16-Jährige aus ihrem Umfeld herausgerissen und mit wahnsinnigen Gehältern und Angeboten angelockt. Über die extrem aggressiven Anwerbungsmethoden wurde schon zur Genüge berichtet und das ist es, was viele "Traditionalisten" aufschrecken lässt. Ich will nicht bestreiten, dass RBL dabei nur als Sündenbock herhalten muss, denn auch Stuttgart oder die Bayern scouten deutschlandweit, nur ist die Art und Weise, wie das RBL tut, eine Stufe extremer und hat viele wohl erst bewusst werden lassen, zu was das System Fußball inzwischen gekommen ist. Ob man es nun abartig, verkommen oder als normalen Gang der Dinge bezeichnen will, hängt wohl davon ab, wie man diesen Änderungen gegenübersteht.