Unter den aktuellen "Spielregeln" wird das kaum möglich sein. Zum einen müssten sich die politischen Teilhabemöglichkeiten für einen großen Teil der Gesellschaft deutlich verbessert werden und das Vertrauen in die demokratischen Institutionen gestärkt werden. Beides illusorisch, solange man über finanzielle Macht (zu) starken politischen Einfluss nehmen kann.
Zum anderen muss es finanziell unattraktiv werden, populistisches Geschwafel zu verbreiten und niedere Instinkte wie Angst und Rachegelüste zu schüren. Der Rechtspopulismus ist nämlich auch dadurch erfolgreich, dass Facebook besonders viel Geld mit sich schnell verbreitenden Horror- und Falschmeldungen verdient und auf Internetportalen großer Medien rechter Clickbait mehr Werbeeinnahmen generiert.
Für beide Probleme gibt es Lösungsansätze, die aber alle eher kosmetischer Natur sind und Trends höchstens leicht abschwächen, statt sie umzukehren. Ich führe einfach mal zwei vollkommen verschiedene Beispiele auf, die ich ganz unabhängig von ihrer Umsetzbarkeit ganz spannend finde:
In Irland hat man zur Debatte um die Ehe für Alle (die dort einer Verfassungsänderung bedurfte) eine Kammer gebildet, die aus 100 zufällig ausgelosten Bürgern bestand, die zu der Frage Experten aus allen relevanten Fachgebieten und Interessensverteter angehört und anschließend eine Empfehlung an die Regierung ausgesprochen haben. Eine gut durchdachte Umsetzung eines solchen Modells, z.B. zu großen politischen Grundsatzfragen, könnte beispielsweise die Legitimität der politischen Entscheidungsfindung verbessern.
Zum Thema Facebook und soziale Medien habe ich letztens den Vorschlag gelesen, diese zu verstaatlichen oder zu vergemeinschaften und ähnlich wie den öffentlichen Rundfunk aufzuziehen, also staatlich finanziert, aber in der Theorie ohne staatliche Einflussnahme. Nach dieser Idee sind soziale Medien inzwischen essentielle Infrastruktur, die nicht in Privatbesitz sein sollte. So bestünden die sozialen Netzwerke weiter, die Wertschöpfung für den Betreiber würde aber nicht mehr über den Verkauf von Werbung und Kundendaten laufen, so dass Clickbait-verstärkende Algorithmen nicht mehr attraktiv sind. Außerdem könnten Inhalte stärker durch zur Neutralität verpflichtete Journalisten kuratiert werden, statt zusammen mit Bild und Focus Online Fake News zu jagen.