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Autor Thema: Allgemeine Nachrichten  (Gelesen 1284500 mal)

Tony Cottee

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7780 am: 15.August 2018, 14:47:42 »

Danke für die differenzierte und gute Darstellung. Die Wortwahl der Begründung ist dennoch (so die Zitate denn stimmen) eine schöne Aneinanderreihung von Stereotypen.
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Tony Cottee

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7781 am: 16.August 2018, 09:59:27 »

Der NRW-Innenminister zur Entscheidung, dass der ehemalige Leibwaechter von Osama Bin Laden zurueck nach Deutschland geholt werden muss:

"Die Unabhängigkeit von Gerichten ist ein hohes Gut. Aber Richter sollten immer auch im Blick haben, dass ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen. Ich zweifle, ob das bei diesem Beschluss der Fall ist. Wenn die Bürger Gerichtsentscheidungen nicht mehr verstehen, ist das Wasser auf die Mühlen der Extremen."

Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Der Innenminister des bevoelkerungsreichsten Bundeslandes der Bundesrepublik Deutschland fordert, dass Gerichte sich nicht mehr an Recht und Gesetz halten sollen, sondern dem mutmasslichem Rechtsempfinden der Bevoelkerung entsprechen sollten.

Wenn dem so sein sollte: Willkommen zurueck Todesstrafe. Guten Tag Lynchmorde gegen Vergewaltiger. Lasst uns Terroristen auf den Marktplaetzen haengen.

Waere es nicht Aufgabe der Politik, dem Buerger den Rechtstaat und die Gewaltenteilung und auch ein solches Gerichtsurteil zu erklaeren? Die Aussagen des Herrn Innenministers sind Wasser auf die Muehlen von Extremen.

Goodbye Rechtstaat, wenn ein fuehrender Politiker so etwas von sich geben darf.

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7782 am: 16.August 2018, 10:15:24 »

Seit wann soll bitte das Rechtsempfinden in die Rechtsprechung funken? Tony, ich bin ganz bei Dir, es sollte eher so laufen, dass die Exekutive dafür sorgen sollte, die Iudikative unabhängig arbeiten zu lassen (und ihr nicht auf diese Weise ins Handwerk zu pfuschen) und ihre Arbeit, falls notwendig, zu vermitteln. "Wasser auf die Mühlen der Extremen" ist es höchstens, in dieser Position gegen eine Entscheidung querzuschießen, als säße man am Stammtisch. Das sollte man als Lehrer für Sozialwissenschaften (ursprünglicher Beruf des Innenministers) eigentlich im Kopf sortieren können.
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7783 am: 16.August 2018, 10:28:35 »

Und wenn es die Politik nicht zu vermitteln mag, dann müssen die Medien das tun. Aus diesem Grund halte ich auch die heutige Aktion vieler US-Medien für wichtig, die sich gegen Angriffe von Seiten der Politik wehrt.

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-08/pressefreiheit-us-zeitungen-fake-news-donald-trump-pressespiegel
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DeDaim

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7784 am: 16.August 2018, 11:35:16 »

In den letzten Jahren ist das leider eine Entwicklung, die mich beunruhigt: Politiker scheinen zunehmend der Meinung zu sein, Gewaltenteilung sei eine Richtlinie, die man nach eigenem Ermessen überschreiten darf - und nicht etwa verfassungsmäßig vorgeschrieben. Das fängt bei so Späßen an, dass Gesetze der CSU (bzw. solche, die aus ihren Vorschlägen entstanden sind) regelmäßig vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden - und das BVerfG dafür kritisiert wird. Auf die Idee, Gesetze zu entwerfen, die verfassungskonform sind, scheint man in diesen Situationen nicht zu kommen. Das sind vergleichsweise harmlose Vorgänge, aber sie torpedieren das Vertrauen der Menschen in eine unabhängige Gerichtsbarkeit. Wenn dann prominente Politiker fordern, Gerichte müssten sich nach dem Rechtsempfinden der Bürger richten (und nicht etwa nach geltendem Gesetz) ist das ein weiterer, kleiner Schritt in Richtung einer Auflösung des Rechtsstaates.

Und dann schaut man in unser Nachbarland Polen, wo die Unabhängigkeit der Judikative und damit die Gewaltenteilung im Grunde aufgehoben ist und das innerhalb der EU. Dass die EU in diesem Fall eine solche Schwäche an den Tag legt und es nicht fertig bringt, die innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft geltenden Vorstellungen eines Staatsaufbaus (Gewaltenteilung, Sicherung der Grundrechte,...) durchzusetzen, und sei es durch ein Ausschlussverfahren gegen die betreffenden Länder, ist fatal und stärkt meiner Meinung nach nur autokratische, nationalisitische und extreme Tendenzen. Von Orbans Ungarn möchte ich gar nicht anfangen... Gerade jetzt müsste die EU Stärke beweisen und für die Werte eintreten, für die sie zu stehen vorgibt.

Dass ein US-Präsident die Pressefreiheit angreift und sie wiederholt der Fake-News bezichtigt, nur weil ihm deren Berichterstattung nicht passt, ist ebenso fatal. Ob Trump weiß, was er damit anrichtet? Jedenfalls entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass ein Präsident, der selbst seit Beginn seiner Amtszeit nachweislich Lügen verbreitet, der Presse selbiges unterstellt. Da kann man nur hoffen, dass die aufgeklärten amerikanischen Bürger, die diesen Mist nicht glauben, in der Überzahl bleiben und diese Entwicklung positiv gestalten können. Die Kritik an den Aktionen der Zeitungen finde ich allerdings nicht unberechtigt: So eine konzentrierte Aktion kann durchaus das Bild entwerfen, die Presse würde gemeinschaftlich gegen den Präsidenten arbeiten. Für viele wird das sicher eine Bestätigung ihrer ohnehin schon gefestigten Meinung sein. Andere lassen sich dadurch vielleicht auf die Seite derer ziehen, die das Vertrauen in die Presse schon verloren haben. Es ist schwierig zu beurteilen, ob diese Aktion nun positiv oder negativ zu bewerten ist. Im Grunde finde ich es gut, dass die Presse für ihre Rechte eintritt. Ob es politisch klug war, ist eine andere Frage...
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Frosch

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7785 am: 17.August 2018, 13:36:28 »

Der Spruch ist so natürlich nicht tragbar. Wenn er gesagt hätte:

"Die Auslegung der Gesetze durch die Rechtsprechung ist für die Bevölkerung häufig nicht nachvollziehbar und das ist ein Problem über das man nachdenken muss", wäre es ok gewesen.

Andererseits habe ich für den NRW-Flüchtlingsminister ein gewisses Verständnis dafür, dass er getrickst hat. Er hat da einen Terroristen, den er loswerden will. Es ist klar, dass der Kerl hier kein Asyl haben wird und das OVerwG Münster will jetzt einen Schrieb aus Tunis, dass er dort nicht gefoltert wird. Der Arme. Wen man da abwägt ... Sicherheit der Bevölkerung einerseits und Abschieben ohne Schrieb aus Tunis und schnell abschieben bevor das Gericht eine Aussetzung der Abschiebungsverfügung beschließt, ist es in der Tat wohl nicht einfach vermittelbar, dass man den Kerl hier noch rumlaufen läßt und nicht entsorgt.

Ein viel dringenderes Problem mit dem Rechtsstaat haben wir, weil Kleinkriminalität bis zum Einbruch mit Segen der Politik jedenfalls in NRW überhaupt nicht mehr verfolgt wird. Auch Offizialdelikte, die also eigentlich verfolgt werden müßten, werden einfach eingestellt. Das kann man dann damit kaschieren, man habe eben nix gefunden. Das man gar nicht gesucht hat, sagt man natürlich nicht. Das betrifft die Kriminalität, mit der man als Durchschnittsbürger am Ehesten zu tun hat (Einbruch, Taschendiebstahl, Internet-Abzocke, Fahradklau, Beleidigung, Bedrohung, Nötigung). Dagegen wird jede Geschwindigkeitsüberschreitung als OWi, wo das Opportunitätsprinzip gilt, stets verfolgt und geahndet.

Das Erste würde hohe Personalkosten kosten und das Zweite bringt Knete.

"Man spürt die Absicht und ist verstimmt"
« Letzte Änderung: 17.August 2018, 13:40:55 von Frosch »
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7786 am: 17.August 2018, 15:23:57 »

Der Rechtsstaat gilt auch für seine Feinde, und Menschen an einen Ort abzuschieben, wo ihnen Folter droht, widerspricht dem 1. Paragraphen im Grundgesetz. Da ist dann "gesundes Volksempfinden" oder wie auch immer man es nennen will völlig egal. Es gibt andere Möglichkeiten, bekannte Gefährder in Schach zu halten, bis man sie legal abschieben kann.

Und für den zweiten Teil deines Posts hast du doch sicher Belege, oder?
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Signor Rossi

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7787 am: 17.August 2018, 15:27:44 »

Der Rechtsstaat gilt auch für seine Feinde, und Menschen an einen Ort abzuschieben, wo ihnen Folter droht, widerspricht dem 1. Paragraphen im Grundgesetz.
Sami A. wurde aber nicht gefoltert, mW. sitzt der in Tunesien nichtmal im Gefängnis. Das Problem liegt aber ganz woanders: solche Leute dürften gar nicht erst nach Deutschland einreisen dürfen.
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idioteque3

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7788 am: 17.August 2018, 16:10:34 »

Hab ich geschrieben, dass er gefoltert wurde?
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Frosch

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7789 am: 17.August 2018, 16:39:16 »


Der Rechtsstaat gilt auch für seine Feinde, und Menschen an einen Ort abzuschieben, wo ihnen Folter droht, widerspricht dem 1. Paragraphen im Grundgesetz. Da ist dann "gesundes Volksempfinden" oder wie auch immer man es nennen will völlig egal. Es gibt andere Möglichkeiten, bekannte Gefährder in Schach zu halten, bis man sie legal abschieben kann.

Und für den zweiten Teil deines Posts hast du doch sicher Belege, oder?

Meine Fälle, in denen z. B Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage (OT StA Bonn: "Täterinen seien durch Kosten des Zivilverfahrens genug bestraft) oder Erpressung (OT StA Köln: "hauptsächlich zivilrechtlicher Streit") etc, eingestellt wurden, kann ich Dir aus naheliegenden Gründen nicht offenbaren. Da ist der Mandantenschutz vor. Das mußt Du mir schon so glauben. Oder halt nicht.

Wie wäre es damit?

http://www.spiegel.de/spiegel/jens-gnisa-chef-des-deutschen-richterbunds-ueber-seine-zweifel-am-rechtsstaat-a-1162459.html

PS.:
Das GG hat keine Paragraphen sondern Artikel und vor Leuten, die so mir nichts Dir nichts, die Menschenwürde der potentiellen Opfer wegbügeln, graut es mir. Der Punkt ist ja, dass nur seitens des Anwaltes des Terroristen behauptet wird, es werde in Tunesien gefoltert. Zur Entkräftung wurde ein Testat des Staates angefordert, in dem er zusichert, nicht zu foltern. Das ist zur Entkräftung lt. Rechtsprechung ausreichend. Das soll wohl kein Problem gewesen sein und wird von Tunesien angeblich ohne weiteres ausgestellt. Damit ist dann das Gericht zufrieden. Es geht also nur darum, dass dieses Testat (noch) nicht da war.

Im Übrigen wurde m. W. legal abgeschoben. Es wurde nur ausgenutzt, dass das Gericht davon ausging, es hätte noch Zeit bis zum Erlaß einer Verfügung zum Stopp der Abschiebung. Der Kritikpunkt ist, ob die Behörde das Gericht bewußt getäuscht hat, um eben noch mangels Verfügung abschieben zu dürfen. Das ist das, was das OVerwG Münster durch seine Präsidentin Brandt als "Ausreizen der Grenzen des Rechtsstaates" kritisiert.

Phrasen sind immer sch... . man muss sich immer den Fall ansehen.
« Letzte Änderung: 17.August 2018, 16:52:01 von Frosch »
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7790 am: 17.August 2018, 17:51:48 »

Danke für den Link! Tut mir leid, wenn die Nachfrage passiv aggressiv herüberkam.

Zum P.S.: Hier gibt es eine Chronik dazu, wie das alles abgelaufen ist im Fall Sami A.. Wenn das Gericht die Abschiebung "grob rechtswidrig" nennt, wird sie kaum legal gewesen sein.

Und zum Thema Menschenwürde potenzieller Opfer: Vielleicht habe ich die entsprechende Quelle bisher nicht gelesen, aber ich habe bisher nirgendwo gelesen, dass von Sami A. akut Gefahr ausging/ausgeht. In Deutschland konnte ihm die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation nicht nachgewiesen werden. Immerhin lebt er auch schon seit über 20 Jahren in Deutschland (1997 mit Studentenvisum eingereist). Ich finde es ja vollkommen ok, dass die Behörden jemanden ausweisen wollen, der vermutlich Verbindungen zu Terroristen hat bzw. selbst Mitglied einer terroristischen Organisation ist, aber sich dafür über Gerichtsbeschlüsse hinwegzusetzen und somit rechtsstaatliche Prinzipien zu missachten, wenn von dem Herren keine akute Gefahr ausging, ist schlicht demokratiefeindlich.
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Frosch

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7791 am: 17.August 2018, 18:44:29 »

NRW nennt ihn Gefährder ...
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7792 am: 17.August 2018, 19:12:20 »

Weshalb er beobachtet worden ist und sich regelmäßig bei der Polizei melden musste. Klar war er aktiver Salafist und somit tendenziell verfassungsfeindlich eingestellt (weshalb die Behörden ihn ja auch abschieben wollten), aber es gibt wohl keine Indizien dafür, dass er eine akute Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen war. Von daher stellt sich das Problem hier nicht wirklich, dass man sein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit gegen das potenzieller Opfer abwägen müsste oder gegen eins, das auf einer rechtlich ähnlichen Stufe stünde.
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7793 am: 17.August 2018, 20:49:49 »

Wird denn in Tunesien offiziell gefoltert?
Ansonsten würde sich die Frage doch gar nicht stellen.
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7794 am: 17.August 2018, 21:27:22 »

Ob offiziell, ist eigentlich egal. Sobald faktisch eine realistische Chance besteht, untersagen Gerichte idR die Abschiebung. Zum Teil werden Abschiebungen nach Dublin-Verfahren zurück nach Griechenland untersagt, weil die Lage in den Aufnahmelagern zu schlecht ist.

edit: In Fällen wie dem oben richten sich Gerichte dann meist nach Berichten den Auswärtigen Amts. Wenn das z.B. feststellt, dass es seriöse Berichte über Folter durch Polizisten oder in Gefängnissen in einem Land gibt, wird dorthin nicht abgeschoben oder ausgeliefert, soweit die Chance besteht, dass der Abzuschiebende davon betroffen wäre.
« Letzte Änderung: 17.August 2018, 21:35:03 von idioteque3 »
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Tony Cottee

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7795 am: 18.August 2018, 02:16:46 »

Die Diskussion wird mal wieder verlagert. Der Fall Sami A. und ob in Tunesien gefoltert wird, spielt keine Rolle.

Es geht darum, dass ein Innenminister faktisch die Gewaltenteilung in Frage stellt und quasi Volkstribunale fordert. DAS ist im übrigen verfassungsfeindlich. Vielleicht sollte der Innenminister vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7796 am: 18.August 2018, 12:19:24 »

Man kann ja über beides diskutieren, weil beides interessante Themen sind und die Argumente zur Aussage des Innenministers (soweit ich das einschätzen kann) schon ausgetauscht waren. Dass sich Behörden hier schlichtweg über Gerichtsurteile hinweggesetzt haben, ist ja auch nicht ohne, und stellt ebenfalls die Gewaltenteilung in Frage.

Ansonsten hast du natürlich recht, wobei ich die Forderung nach Volkstribunalen nicht ganz aus dem Zitat herauslesen kann. Auf mich wirkt das eher wie eine unfassbar dumme Aussage eines Politikers, dem ein Gericht in die Parade gefahren ist, als er starker Mann spielen wollte.
Ob er deswegen zurücktreten sollte? Ich denke schon, denn ein Minister in Deutschland sollte mit den Prinzipien des Rechtsstaats derart vertraut sein und seine Aufgabe als Verteidiger desselben so ernst nehmen, dass ihm so eine Aussage auch im Affekt nicht herausrutscht.

Zumal er als Politiker ja Möglichkeiten hätte, dafür zu sorgen, dass Urteile stärker dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen: Indem er sich dafür einsetzt, Gesetze zu ändern. Wie blöd nur für ihn, dass es in diesem Fall keine (Zweidrittel-)Mehrheit dafür gibt, die Artikel im GG mit den Grundrechten anzutasten. Solange das der Fall ist, haben sich alle damit abzufinden, dass Gerichte auch mal zugunsten von Bösewichten urteilen.
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BlueSnakeRD

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7797 am: 19.August 2018, 09:43:36 »

Eine erfrischende Diskussion. Bringt echt Kontext in eine aufgeladene Sache.

"Gesundes Volksempfinden" ist mir einfach zu schwammig, da gebe ich Recht. Ist wie "Treu und Glauben": Es ist gut, das es dies als Argument gibt, aber für sich alleine stehend ist es nur eine (gefährliche!) Phrase. Es ist auch gut, dass ein Innenminister "Scheiße" labern kann und diese dann NICHT automatisch umgesetzt wird. Nennt sich funktionierende Gewaltenteilung. Aber die Äußerung ist wirklich bäh bäh. Ich sehe auch durchaus die langfristige Gefahr, dass die Polarisierung der Gesellschaft dazu führen wird, dass so Äußerungen "Taten" folgen werden, die uns allen nicht passen werden...

Aber es geht schon auch um Sami A. Nicht, weil ich dafür bin diesen ohne rechtstaatliches Verfahren abzuschieben, sondern das man durchaus über das "Auslooten und Ausnutzen der Grenzen des Rechtstaates" sprechen sollte, ohne gleich in Hysterie zu verfallen. Es ist doch so: Jeder würde an Sami A. seiner Stelle mögliche "Graubereiche" etc. ausnutzen wie es nur geht. Darüber kann man diskutieren und Maßnahmen ergreifen, damit der Rechtsstaat nicht zur Parodie wird.

Oder wie es Frosch gesagt hatte: ""Die Auslegung der Gesetze durch die Rechtsprechung ist für die Bevölkerung häufig nicht nachvollziehbar und das ist ein Problem über das man nachdenken muss", wäre es ok gewesen. "


Das Spiegelinterview ist sehr gut. Genauso fühlt es sich leider in der Praxis an...
« Letzte Änderung: 19.August 2018, 09:48:10 von BlueSnakeRD »
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Frosch

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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7798 am: 19.August 2018, 11:34:11 »

Die Diskussion wird mal wieder verlagert. Der Fall Sami A. und ob in Tunesien gefoltert wird, spielt keine Rolle.

Es geht darum, dass ein Innenminister faktisch die Gewaltenteilung in Frage stellt und quasi Volkstribunale fordert. DAS ist im übrigen verfassungsfeindlich. Vielleicht sollte der Innenminister vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Du mußt in einem anderen Land leben als ich ... . Mehr will ich zu dieser phantasievollen Interpretation nicht sagen.
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Re: Allgemeine Nachrichten
« Antwort #7799 am: 19.August 2018, 12:07:19 »

Aber es geht schon auch um Sami A. Nicht, weil ich dafür bin diesen ohne rechtstaatliches Verfahren abzuschieben, sondern das man durchaus über das "Auslooten und Ausnutzen der Grenzen des Rechtstaates" sprechen sollte, ohne gleich in Hysterie zu verfallen. Es ist doch so: Jeder würde an Sami A. seiner Stelle mögliche "Graubereiche" etc. ausnutzen wie es nur geht. Darüber kann man diskutieren und Maßnahmen ergreifen, damit der Rechtsstaat nicht zur Parodie wird.

Die Behörden haben dort aber nicht Graubereiche ausgetestet, sondern einem Gericht erst wichtige Informationen vorenthalten und sich dann sein Urteil ignoriert. Das ist behördliche Willkür. So wird der Rechtsstaat zur Parodie. Es ist immer ein Unterschied, ob eine Privatperson sich nicht an Gesetze hält, oder ob die Staatsgewalt das tut.

Zitat
Oder wie es Frosch gesagt hatte: ""Die Auslegung der Gesetze durch die Rechtsprechung ist für die Bevölkerung häufig nicht nachvollziehbar und das ist ein Problem über das man nachdenken muss", wäre es ok gewesen. "

Ja sicher ist das sicher ein Problem, aber keins der Gerichte. Wenn es viele Menschen anscheinend nicht verstehen, dass die im GG festgeschriebenen Grundrechte auch für Straftäter/Gefährder gelten und höher anzusiedeln sind als das eigene persönliche Gerechtigkeitsempfinden, sollte man vielleicht lieber am Politikunterricht in der Schule ansetzen. Außerdem sind i.d.R. eher die bestehenden Gesetze an als falsch wahrgenommenen Urteilen schuld als die Gerichte. Und für die sind Politiker verantwortlich, nicht Richter.
Auch Politiker können ihren Teil zur besseren Akzeptanz von Gerichtsurteilen beitragen, indem sie erklären, oder sachlich darlegen, warum sie einem Urteil zustimmen oder nicht, anstatt irgendeinen Blödsinn davon zu reden, dass sich Gerichte nach dem Empfinden der Bevölkerung urteilen müssten. Außerdem ist das Grundgesetz bewusst so geschrieben worden, dass es möglichst robust gegen irgendwelche spontanen echten und vermeintlichen Befindlichkeiten des Volkes ist, weil es das letzte ziemlich böse geendet ist, als das in Judikative und Exekutive als Rechtsmaßstab zugelassen war.
Dass einige Medien sich dann auch eher um Auflage scheren als um differenzierte Darstellung, ist auch nicht hilfreich.
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