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Autor Thema: Glaube, Religion, Ethik  (Gelesen 28698 mal)

Signor Rossi

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #40 am: 19.November 2015, 16:12:24 »

Kann man diese Wahl auch nach dem Tod treffen?
Kann denn ein Ungläubiger/Andersgläubiger an Gottes Seite das ewige Leben erlangen?
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Cubano

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #41 am: 19.November 2015, 16:12:47 »

Da Bodylove es jetzt auch nochmal angeschnitten hat. Das trifft auch auf mich zu. Dieser Prunk in den katholischen Kirchen passt mir i.wie nicht. Geholfen werden soll doch den Armen und Schwachen. Warum dann Goldverzierungen in den Kirchen haben, statt das Geld anders zu nutzen? War auch schon in evangelischen Kirchen. Da gefällt es mir weitaus besser.

Es war einfach gruslig. Dieser Singsang und gedankenlose runter Plappern der Gebete hat nichts mit meiner Religion zu tun.

Das denke ich mir jedesmal, wenn ich in der Kirche bin. Das erinnert mich immer an eine Sekte, die mit dem Aufsagen auswendig gelernter Texte etwas heraufbeschwören will. Absolut gruselig!
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GameCrasher

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #42 am: 19.November 2015, 16:18:15 »

Zitat
Aber ich bete sehr viel. Leider verfalle ich oft in den Trott, dass ich dann bete, wenn es mir schlecht geht. Wenn es mir gut geht, verliere ich zeitweise kein Wort und das missfällt mir selbst...
Kann man also sagen, dass du gläubig bist, aber nicht sehr religiös?

Ansichtssache... fragst du einen Erzkatholiken ob ich religiös bin, wird er sagen, dass ich es vielleicht bin aber nicht katholisch religiös.
Ich für mich habe ein sehr religiöses Empfinden. Das führt zB. soweit, dass ich South Park nicht mehr für gut heiße, seitdem sie dort Jesus als Witzfigur darstellten.
Ich binde mein religiöses Ich nur nicht an die Kirche oder an andere Menschen. Für mich ist das wichtig, was so geschwollen als "lebendige Beziehung zu Gott" bezeichnet wird. Damit ist aber nichts anderes gemeint, als dass diese Beziehung von einem selbst ausgeht und man auch Führung zulässt. Das beinhaltet auch das Vertrauen, dass die schlechten Zeiten welche man durchleben muss, zum Plan Gottes gehört. Sei es, weil er mich wo bestimmtes hinführen will oder sei es, weil ich es verdient habe...

GameCrasher

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #43 am: 19.November 2015, 16:24:36 »

Da Bodylove es jetzt auch nochmal angeschnitten hat. Das trifft auch auf mich zu. Dieser Prunk in den katholischen Kirchen passt mir i.wie nicht. Geholfen werden soll doch den Armen und Schwachen. Warum dann Goldverzierungen in den Kirchen haben, statt das Geld anders zu nutzen? War auch schon in evangelischen Kirchen. Da gefällt es mir weitaus besser.

Das ist historisch durch die Monarchen und Geldmacherei der katholischen Kirche entstanden. Dies war mitunter ein Grund der protestantischen Reformation.
Ein Bekannter von mir (Theologe) war bei einer gemeinsamen Stadtbesichtigung, als wir in eine katholische Kirche geführt wurden, nach ein paar Minuten einfach hinausgegangen, weil ihm der Prunk zu wider war.
Auch mir wird in katholischen Kirchen immer wieder vor Augen geführt, wie mit den Ängsten und dem Glauben der Menschen im Mittelalter, ketzerischen Geld gemacht wurde im Namen Gottes... Ich gehe aus Prinzip nicht mehr in katholische Kirchen.

Signor Rossi

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #44 am: 19.November 2015, 16:28:22 »

Für mich ist das wichtig, was so geschwollen als "lebendige Beziehung zu Gott" bezeichnet wird.

Ok, ich verstehe.
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GameCrasher

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #45 am: 19.November 2015, 16:30:19 »

Für mich ist das wichtig, was so geschwollen als "lebendige Beziehung zu Gott" bezeichnet wird.

Ok, ich verstehe.

 :)

DeDaim

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #46 am: 19.November 2015, 16:54:57 »

Trotzdem bleibt die Frage interessant, wie das überhaupt möglich ist.
Ja, eben. Ich bin kein Religionsexperte, aber ist es denn nicht so, dass die großen Religionen irgendwie alle wollen, dass man sich gegenseitig hilft? Wenn mir meine muslimischen Freunde und Bekannten erzählen, wie sie ihren Glauben verstehen und wie sie ihn dann auch tatsächlich leben, dann ist das unendlich weit weg vom IS. Wie können dann solche Extremisten aus einer Relgion hervorgehen?

Zitat
Die Instrumentalisierung des Glaubens ist ein recht einfaches Mittel, um viele Menschen auf seine Seite zu ziehen und als Mittel zum Zweck zu missbrauchen.
Wenn in einer Religion zum Beispiel kein "Tötet alle Ungläubigen" vorkommt, dann dürfte es imho auch schwierig sein, die Gläubigen dazu zu veranlassen,oder?

Zu 1.: Alle Religionen basieren meines Erachtens auf den Prinzipien der Nächstenliebe und des Mitgefühls. Deswegen finde ich es ja auch gerade so schwer erträglich (weiß nicht, wie ich das anders formulieren soll), dass Religion und Glaubensinstitutionen eine so trennende Macht haben (können).
Was die Irren anbelangt sehe ich es ähnlich wie GameCrasher. Das kommt nicht zwangsweise aus der Religion heraus, sie liefert nur oftmals die einfachste, oder naheliegenste Erklärung - weil diese Menschen eben auch gläubig sind, oder es zumindest vorgeben. Eine gestörte Persönlichkeit (und über nichts anderes unterhalten wir uns, denke ich) kann aber zahlreiche Ursachen haben. Abgesehen davon gibt es in der Bibel (und ich nehme an, dass das in Koran und Co. nicht anders sein wird) genügend Stellen, die man entsprechend der eigenen Gesinnung auslegen kann, um seine Taten zu rechtfertigen. Ich bin, wie gesagt, kein Bibelkenner, aber ich glaube altes und neues Testament widersprechen sich auch in Teilen. Vielleicht kann das ja jemand, der sich besser auskennt auch nochmal einordnen, bevor ich hier was Falsches behaupte. :-X

Zu deinem zweiten Punkt: Genauer gesagt müsste dann da wohl stehen "tötet keine Ungläubigen". Ich weiß aber, was du meinst und entschuldige mich direkt für die Klugscheißerei. ;) Das Problem bei heiligen Schriften ist, dass sie einen großen Interpretationsspielraum lassen. Das ermöglicht wiederum die oben ausgeführte Rechtfertigung - egal für was. Hinzu kommt sicherlich auch, dass es sich in der Regel ja um einen Kanon von Schriften handelt, die nicht aus einer Feder stammen. Zwangsläufig treten da wohl auch Widersprüche auf, die man dann missachten, oder nach dem eigenen Weltbild auslegen kann. Im Mittelalter war es ja zudem leichter, da man den Leuten alles mögliche erzählen konnte, solange die es nicht selbst nachprüfen konnten. Jedenfalls wäre das mein Erklärungsansatz.

Bei der gesammelten Kritik an der Kirche hier frage ich mich ja, welche Legitimationsgrundlage diese dann überhaupt noch im Sinne einer Institution hat? Gottesdienste brauchen keine Institution, die gemeinnützigen Einrichtungen könnten sich womöglich auch anders tragen. Das ist für mich eine spannende Frage...

Maturin bringt übrigens mein vorhin angesprochenes Problem nochmal schön auf den Punkt:
Zitat
Ich lebe nach einer Moral, die ohne Frage christlich geprägt ist. In meiner Vorstellung eines gerechten Gottes / Vaters spielen Taten eine grössere Rolle als Glauben. Wenn ich Gott im Moment des Richterspruches erkenne, kann ich dann in den Himmel kommen? Oder ist die Sünde des Nichtglaubens zu gross und ich habe mich schon vorher für den ewigen Tot entschieden?
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GameCrasher

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #47 am: 19.November 2015, 17:04:59 »

Maturin bringt übrigens mein vorhin angesprochenes Problem nochmal schön auf den Punkt:
Zitat
Ich lebe nach einer Moral, die ohne Frage christlich geprägt ist. In meiner Vorstellung eines gerechten Gottes / Vaters spielen Taten eine grössere Rolle als Glauben. Wenn ich Gott im Moment des Richterspruches erkenne, kann ich dann in den Himmel kommen? Oder ist die Sünde des Nichtglaubens zu gross und ich habe mich schon vorher für den ewigen Tot entschieden?

Ja, theoretisch hast du dich für den ewigen Tod entschieden. Einzig Gottes Gnade kann dich davor noch bewahren.
Es ist immer schwer hier einen irdischen Vergleich zu ziehen, aber da es leider viele nur so ganz verstehen können, versuche ich es mit einem:
Wenn du vor einem Gericht stehst, weil du gegen das Gesetz verstoßen hast, wie groß ist da die Chance, dass du freigesprochen wirst, wenn du kurz vor Richterspruch erst erkannt hast, dass du überhaupt etwas falsch gemacht hast?
« Letzte Änderung: 19.November 2015, 17:07:03 von GameCrasher »
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DeDaim

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #48 am: 19.November 2015, 17:13:22 »

Hmmm... weiß nicht, ob so ein irdischer Vergleich überhaupt zielführend ist. Ich denke aber, dass ich deinen Punkt verstehe.
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GameCrasher

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #49 am: 19.November 2015, 17:19:56 »

Ich versuche immer, wie auch Jesus in der Bibel, mit Gleichnissen zu arbeiten.
Aber es ist eben wie du erkannt hast, nicht leicht. Aber nur so, erreicht man bei bestimmten Menschen überhaupt ein gewisses Verständnis für Umstände, die man versucht zu erklären.

DeDaim

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #50 am: 19.November 2015, 17:23:59 »

Klar, aber das ist vermutlich auch die Krux bei der ganzen Sache, oder? Vergleiche, Gleichnisse, Metaphern, Bilder usw. haben eben die Eigenschaft, dass sie zum einen Raum für (Fehl-)Interpretationen lassen - ob das gut oder schlecht ist, will ich gar nicht beurteilen. Zum anderen liegt es in der Natur der Sache, dass ein Vergleich eben nicht genau den Nagel auf den Kopf trifft, sondern etwas ähnliches beschreibt.
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GameCrasher

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #51 am: 19.November 2015, 17:29:40 »

Vielleicht kannst du mit den durch mich erworbenen Erkenntnissen, ja nun den anderen eine bessere Beschreibung geben. ;)

DeDaim

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #52 am: 19.November 2015, 17:35:20 »

Ich denke nicht, dass ich das noch mehr auf den Punkt bringen könnte, als du es ohnehin schon gemacht hast. ;)
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Tery Whenett

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #53 am: 19.November 2015, 19:58:08 »

Jetzt wollte ich hier schon auf Seite 1 mit in die Diskussion einsteigen und kaum, dass ich Feierabend habe, ist der Thread um zwei Seiten gewachsen ... :blank: Daher steige ich jetzt mit meinem Outing ein.

Ich wurde - wie einige hier - katholisch sozialisiert (nur ohne Messdiener, das fand ich doof), habe dann in der Pubertät den Glauben/die Kirche/... massiv in Zweifel gezogen und abgelehnt und meinen Eltern und gläubigen Bekannten lang und breit erzählt, wie der Glaube von Menschen konstruiert wurde etc. pp. Mit Ende 17/Anfang 18 hatte ich dann ein - auch wenn ich das Wort nicht mag und unpassend finde - Bekehrungserlebnis. Seitdem weiß ich, dass es Gott gibt und er gut ist. Seitdem bin ich überzeugt katholisch - mit Kirche und allem drum und dran. Mein Glaube wurde und wird oft herausgefordert und ich selber habe viele Fragen, auf die ich keine Antwort habe - aber meistens verblassen die irgendwann, weil sie unwichtig sind oder man bekommt irgendwoher Antworten. In jedem Fall hilft es beim Wachsen ;)

Maturin bringt übrigens mein vorhin angesprochenes Problem nochmal schön auf den Punkt:
Zitat
Ich lebe nach einer Moral, die ohne Frage christlich geprägt ist. In meiner Vorstellung eines gerechten Gottes / Vaters spielen Taten eine grössere Rolle als Glauben. Wenn ich Gott im Moment des Richterspruches erkenne, kann ich dann in den Himmel kommen? Oder ist die Sünde des Nichtglaubens zu gross und ich habe mich schon vorher für den ewigen Tot entschieden?

Ja, theoretisch hast du dich für den ewigen Tod entschieden. Einzig Gottes Gnade kann dich davor noch bewahren.
Es ist immer schwer hier einen irdischen Vergleich zu ziehen, aber da es leider viele nur so ganz verstehen können, versuche ich es mit einem:
Wenn du vor einem Gericht stehst, weil du gegen das Gesetz verstoßen hast, wie groß ist da die Chance, dass du freigesprochen wirst, wenn du kurz vor Richterspruch erst erkannt hast, dass du überhaupt etwas falsch gemacht hast?

Aus meiner Perspektive würde ich da widersprechen. Platt formuliert: Es muss niemand in die Hölle, der nicht dorthin will. Unabhängig vom Glauben an Gott hat jeder Mensch täglich Gelegenheit, sich (in kleinen wie großen Dingen) für das Gute/Wahre/Schöne zu entscheiden. Diese Entscheidung wird auch am Lebensende erfolgen - nur wird die Entscheidung für die Hölle nicht zwingend unattraktiv sein - genauso wie man im Alltag gerne mal aus niederen Gründen wie Bequemlichkeit/Sturheit/Stolz/... das Gute ablehnt.

Ich bin mir völlig bewusst, dass hier Gott jetzt erstmal völlig ausgeklammert ist - mein Punkt ist jedoch der: Gott, der nach christlichem Verständnis die Liebe und die Wahrheit ist, tritt in Beziehung zu uns Menschen. In meinem Fall habe ich das konkret erlebt, deshalb kann ich mich auch nicht entscheiden, nicht zu glauben. Jemand, der diese Erfahrung nicht gemacht hat, wird nicht für seinen Unglauben bestraft werden - dennoch kann und muss derjenige sich (genau wie ich auch) jeden Tag für das Gute entscheiden. Im Falle des Gläubigen ist der Glaube da sogar fast eine Hypothek: Dadurch, dass er sich der ewigen Wahrheiten sicher ist, hat er weniger Ausreden, sich dem Guten zu entziehen. Nach dem Motto: Aus großer Macht folgt große Verantwortung (nur ohne die Macht, ihr versteht schon ;D).
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aragorn99werder

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #54 am: 19.November 2015, 20:41:48 »

Man könnte ja theoretisch sogar weiter argumentieren: Ist jemand, der sich gut vehält, obwohl er nicht davon ausgeht, am Ende für sein Verhalten belohnt oder bestraft zu werden, nicht eigentlich sogar moralisch als noch "hochwertiger" anzusehen als Jemand, der dies etwa aus Angst vor Strafe tut?  ;)

Edit:
Sofern du plausibel begründen kannst, einem Erlaubnisirrtum oder Verbotsirrtum erlegen zu sein, sind deine Aussichten auf einen Freispruch sogar gar nicht übel.
« Letzte Änderung: 19.November 2015, 20:46:15 von aragorn99werder »
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Unsere Comunio-Runde nimmt gerne neue Mitspieler auf. Wenn ihr Interesse an einem längerfristigen Bundesliga-Managerspiel habt, schaut doch mal rein.
http://www.meistertrainerforum.de/index.php/topic,11878.1120.html
:)

Signor Rossi

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #55 am: 19.November 2015, 22:39:55 »

Das kommt nicht zwangsweise aus der Religion heraus, sie liefert nur oftmals die einfachste, oder naheliegenste Erklärung - weil diese Menschen eben auch gläubig sind, oder es zumindest vorgeben.
Und genau das halte ich für ein Problem der Religion, man müsste als Gläubiger doch ein Interesse haben, dass solche Erklärungen oder Rechtfertigungen nicht mehr möglich sind, also müsste sich die Religion irgendwie verändern. Ich weiß aber auch, dass das nahezu unmöglich ist, man kann nicht die Bibel oder den Koran so drastisch umschreiben.

Zitat
Bei der gesammelten Kritik an der Kirche hier frage ich mich ja, welche Legitimationsgrundlage diese dann überhaupt noch im Sinne einer Institution hat?
Keine? Was ich durchaus schade finde, denn die Kirche könnte ein großes Korrektiv für gesellschaftliche Fehlentwicklungen sein. Dafür fehlt es ihr aber mittlerweile deutlich an Reputation und dadurch auch an Einfluss.
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Signor Rossi

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #56 am: 19.November 2015, 22:42:39 »

Wenn du vor einem Gericht stehst, weil du gegen das Gesetz verstoßen hast, wie groß ist da die Chance, dass du freigesprochen wirst, wenn du kurz vor Richterspruch erst erkannt hast, dass du überhaupt etwas falsch gemacht hast?

Das ist aber doch sehr unfair den Milliarden Chinesen und Indern gegenüber, die den christlichen Glauben nicht kennen...
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Tery Whenett

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #57 am: 19.November 2015, 23:48:07 »

Zitat
Bei der gesammelten Kritik an der Kirche hier frage ich mich ja, welche Legitimationsgrundlage diese dann überhaupt noch im Sinne einer Institution hat?
Keine? Was ich durchaus schade finde, denn die Kirche könnte ein großes Korrektiv für gesellschaftliche Fehlentwicklungen sein. Dafür fehlt es ihr aber mittlerweile deutlich an Reputation und dadurch auch an Einfluss.

Erst sprichst du ihr die Legitimation ab und dann verpasst du ihr doch noch eine - was denn nun? ;D

Grundsätzlich stimme ich dir aber zu - gesellschaftlich betrachtet, könnte sie als Korrektiv funktionieren. Mancherorts findet das auch noch statt. Generell müssten wir bei der Kirchenkritik aber mal definieren, was jeweils mit Kirche gemeint ist. Die Gemeinschaft aller Gläubigen? Die Weltkirche (Vatikan und die damit verbundenen Gläubigen)? Die Körperschaften öffentlichen Rechts in Deutschland?

Letztere sehe ich - sowohl aus laizistischer als auch aus gläubiger Perspektive - in einer massiven Legitimationskrise. Abgesehen von der sozialen Rolle (Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, ...) besteht eigentlich keine Grundlage mehr für die Kirchensteuer. Aber das ist eher ein gesellschaftliches als religiöses Thema  :police:
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Signor Rossi

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #58 am: 19.November 2015, 23:59:05 »

Die Kirche hat solange eine Legitimation, wie Menschen Mitglied in ihr sind ;)

---

Um nochmal auf Religion als Rechtfertigung für Gewalttaten zurück zu kommen, habe ich hier einen aktuellen Kommentar gefunden, der ganz gut beschreibt, was ich meine:
Muslime in aller Welt sind entsetzt darüber, was in ihrem Namen passiert. Aber sie tun nicht wirklich etwas, um ihren Glauben von der politischen Ideologie zu befreien. Man distanziert sich nicht von Versen im Koran, die zu Mord an Andersgläubigen aufrufen. Es gibt keine Theologie, die die Rolle des Propheten als Kriegsherr hinterfragt. Weil der Islam alles sein kann, ist er das, was in seinem Namen geschieht. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen. Anders gesagt: Der Islam ist, was er ist, und nicht das, was man über ihn sagt oder sich von ihm erträumt.
http://www.nzz.ch/feuilleton/der-islam-gewalt-oder-reform-1.18647391
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Tomminator4real

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Re: Glaube, Religion, Ethik
« Antwort #59 am: 20.November 2015, 02:08:21 »

Hmm, ja, jein...

Es darf nicht vergessen werden, dass eine solche Radikalisierung des Islams ein Phänomen ab dem Ende des 19. Jahrhunderts ist. Die Islamischen Reiche haben bis dahin niemals aus religiösen Motiven schwere Kriege geführt (wenn man die Kreuzzüge mal außer Acht lässt, wobei sie sich dort ja eher verteidigten). Die gewaltige Expansion war einfach ein Beleg ihrer zu der Zeit unglaublichen Überlegenheit in Wissenschaft, Gesellschaft. Politische Motive sind deutlich naheliegender für Angriffskriege gegen Christen.
Als die iberische Halbinsel unter islamischer Kontrolle war, herrschte dort eine unglaubliche Toleranz, die es im Christentum niemals so geben sollte , bzw. ist eine Toleranz Andersgläubiger im Christentum ein sehr spätes Phänomen, während bereits im Mittelalter christliche Wissenschaftler beispielsweise in islamischen Territorien wirken durften und es auch Pogrome gegen die christliche Bevölkerung eine Seltenheit darstellten.

Ich kenne die von dir angesprochenen Zeilen im Koran, doch scheint es den Muslimen bis in die Neuzeit immer gelungen zu sein, religiöse Motive bei der Ausübung von Kriegen gegen anderen Religionen rauszulassen. Ich interpretiere das eher so, dass der Koran mit Andersgläubige zunächst Häretiker im eigenen Lager meinte, bzw. wurde es so von seinen Anhängern interpretiert. Innere Kriege gab es schließlich ohne Ende.
Insofern scheint sich das dann nach dem Krimkrieg irgendwie immer weiter nach außen getragen zu haben. Muslimische Quellen, die gegen Christen hetzen nehmen immer weiter zu und spätestens mit der Gründung des Staates Israel lässt sich sehr leicht feststellen, welche Feindbilder sich in den muslimischen Staaten aufbauen.
Insofern sieht man, dass zwischen heiliger Schrift und Ausübung der Religion scheinbar doch ein Unterschied herrschte.
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Der Ball ist aus Leder. Das ist die Haut von der Kuh. Die Kuh grast. Deshalb will der Ball immer auf den Boden fallen. ( Dunga)