Und bitteschön:
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Der Raum roch nach getrockneten Kräutern, Reinigungsalkohol und Schimmel. Eine irritierende Mischung. Bill trat vorsichtig über den dicken, weichen Teppich auf die Gestalt zu, die vor einem steinernen Kamin saß und in die flackernden Flammen zu starren schien.
Er war einen Tag früher in New York eingetroffen, als er Ashley angekündigt hatte. Reine Vorsichtsmaßnahme. Alte, einstudierte Routine, die ihm längst in Fleisch und Blut übergangen war. Vertraue niemandem. Erst recht nicht deinen Partnern. Was Bill nicht erwartet hatte, war, kurz nach seiner Ankunft kontaktiert zu werden. Die Codes hatten gestimmt. Aber es war eigentlich völlig unmöglich. Weder Ashley noch Jack wussten, dass er hier war. Und selbst wenn sie es gewusst hätten – es verstieß gegen sämtliche Praktiken, ihn vor dem Treffen nochmals zu kontaktieren. Etwas stimmte hier nicht. Man wurde nicht alt in seinem Job, wenn man nicht einen Gefahreninstinkt entwickelte, der bei normalen Menschen schon als Paranoia durchgegangen wäre. In seinem Metier war ein wenig Paranoia lebensrettend.
Trotzdem war Bill, Scharfschütze und Technikenthusiast, dem Kontakt gefolgt, bis in das alte Haus in der Aviston Street auf Staten Island. Die Figur im Sessel vor dem Kamin sah zusammengesunken aus. Bill räusperte sich. Ein dünner Finger hob sich und winkte ihn nach vorne zum Kamin. Als er der Aufforderung gefolgt war, erstarrte er. Im Sessel saß eine alte, runzlige Frau mit brüchigem, schütternem Haar. Schläuche führten zu ihren Armen und an ihren Körper, der Körper schien eingefallen. Aber die Augen waren hellwach. Dunkle, schwarze Augen, die ihn aufmerksam musterten. Bill hatte mächtige Gangsterbosse ermordet, überhebliche Schnitzeljagden mit Ermittlern geführt – aber nie hatte er sich so durchschaut gefühlt, wie von diesen Augen.
"Deine Partner sind in Gefahr", sagte eine rasselnde, verzerrte Stimme. "Die Welt ist in Gefahr." Bill blinzelte, überrumpelt, und starrte die Alte an. Diese musterte ihn weiter, als könne sie seine Gedanken lesen. "Ich habe nicht viel Zeit", krächzte sie dann. "Leider. Ich müsste dir viel mehr erklären, aber wir werden es abkürzen müssen. Die Zeit drängt. Der Polarfuchs will seinen entscheidenden Zug machen." Sie winkte ihn näher heran, und fuhr dann fort. "Stell dir einen Mann vor, der die Weltherrschaft übernehmen will. Nimm das schrecklichste Film-Klischee und verdopple es. Seit Jahrzehnten durchkreuze ich ihm seine Pläne. Seit ich 1928 das Gespräch belauscht habe, das… egal. Er ahnt von mir, aber er weiß bis heute nichts. Ich habe…", ihr faltiger Mund verzog sich zu einem Lächeln, "ein paar Tricks." Sie hustete leise. "Er glaubt, dass er morgen sein Ziel erreicht haben wird. Es werden mehrere Dinge gleichzeitig passieren, aber das wichtigste davon ist ein Attentat auf einen scheinbar nicht sehr wichtigen Menschen. Das musst du verhindern, Bill. Ihr müsst es verhindern. Jack, Ashley und du. Ihr seid perfekt für die Sache. Jack kennt die Organisation, besser als er glaubt. Er hat ein paar Sachen aufgeschnappt, die…" Sie hustete wieder. "Egal. Spielt jetzt keine Rolle. Aber Ashley ist ebenfalls wichtig. Ihr drei. Wenn ihr scheitert, wird die Welt im Chaos versinken. Pestilenz. Krieg. Hunger. Tod. Alles, damit aus dem Polarfuchs ein Phönix wird. Die beiden befinden sich gerade in einem Auto, das…", ihr Blick starrte kurz in die Flammen, "… gerade jetzt die Mill Road entlangfährt, auf dem Weg zum Oakwood Beach Water Pollution Control Plant. Wenn sie dort ankommen, ist es zu spät. Seine Schergen warten dort. Es ist gleich um die Ecke. Du musst den Wagen aufhalten."
Ihr Mund zog sich zu einer Grimasse auseinander, von der Bill erst nach einigen Augenblicken merkte, dass es ein Lächeln sein sollte. "An deiner Stelle würde ich mich beeilen", sagte die Frau.
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