Dank Corona hatte ich nun auch die Zeit Hennings Tagebuch zu lesen. Zwei Dinge würde ich gerne anmerken.
Den ersten Punkt fasse ich mal als Fachkräftemangel zusammen. Witzigerweise habe ich gerade ein ähnliches Thema mit einem befreundeten Unternehmer, der in "Gas, Wasser, Scheiße" macht. Ist natürlich etwas schwierig zu erörtern, weil das Problem je nach Branche und Region unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Trotzdem schreibe ich jetzt etwas, was du sicherlich selber weißt. Einen derart faulen Apfel wie Günther, zudem in einer Führungsposition, durchzuschleppen, macht auf vielen Ebenen riesen Probleme. Der versaust dir schnell das Geschäft, es hat einen negativen Einfluss auf andere Mitarbeiter und es beschädigt auch dich als Chef und die Unternehmenskultur. Bei dir liest es sich so, als ob es keine echte Alternative gab. Das mag so sein. aber meistens gibt es doch eine Alternative, die dann ebenfalls schmerzhaft ist.
Den zweiten Punkt nenne ich einfach "Gutgläubigkeit". Das trifft es nicht ganz, auch "zu nett" ist es nicht wirklich. Einen wirklich passenden Oberbegriff habe ich gerade nicht zur Hand. Ein 'guter' und fairer Chef zu sein, zahlt sich normalerweise grundsätzlich schon aus. Den Mitarbeitern in jeglicher Situation helfen zu wollen, ist sehr löblich und menschlich top. Wenn du aber zwei Apotheken samt einer durchaus nicht kleinen Anzahl an Mitarbeitern zu führen hast, kannst du nicht noch privater Seelsorger und Kummerkasten sein. Das sind nicht deine guten Freunde, das sind deine Mitarbeiter. Die Zeit und den Aufwand den du investierst, bekommst du nicht unbedingt in Form von Dankbarkeit und Loyalität zurück. Hilfestellungen geben, an entsprechende Stellen verweisen, helfen sich selbst zu helfen,... sowas ist vielleicht noch machbar, den Menschen privat stundenlang zuzuhören, sie in ihrer Ausbildung unglaublich zu unterstützen, Telefonterror erdulden... das geht mMn in so einer Position nicht.
Die Geschichte mit Frau Huhn passt ebenfalls in dieses Bild. Das ist natürlich jetzt leicht gesagt, aber das klang von Anfang an sehr nach hinhalte Taktik und Ausreden. Was Muffi schreibt, ist schon recht zynisch. Da ist deine Haltung schon schöner, aber besonders im Beruf und Geschäft sind sehr viele Leute krass auf ihren eigenen Vorteil aus und zögern nicht, dir zu schaden.
Was mich für dich sehr freut, ist, dass deine Partnerschaft diese schwierige Zeit anscheinend gut übersteht. Das ist alles andere als selbstverständlich. Ich war auch mal in einer ähnlich schweren Lage, auch zum Teil ohne eigene Schuld daran. Symptome waren, abgesehen von den körperlichen Folgen, tatsächlich sehr ähnlich. Ich war mit meiner damaligen Partnerin drei Jahre zusammen, in den drei Jahren habe ich ihr und auch ihrer Familie sehr aktiv durch viele Tiefs geholfen, während ich kaum Probleme hatte. Dann drehte sich das Blatt, bei mir lief es insgesamt beschissen und bei ihr blendend. Die 3,5 Jahre haben wir nicht mehr voll gemacht und die Art und Weise war für mich der Horror...
Es geht immer irgendwie weiter. Du musst sehen, was dich glücklich macht und dementsprechend handeln.