Ich war früher ein eher spezieller Schüler. Musik, Sport und Kunst habe ich stets als ziemlich überflüssige Fächer und vor allem sinnlose Zeitvergeudung erachtet und mich dort deshalb mit Noten im 3-4er Bereich zufrieden gegeben. In allen anderen Fächern wollte ich jedoch mindestens eine 2 haben und das gelang mir eigentlich auch durchgängig bis zum Abi (mit kleineren Ausreißern hier und da, wenn mal eine Klausur nicht ganz wie erhofft lief). In meinen Lieblingsfächern Mathe und Geschichte habe ich natürlich die 1 angestrebt, aber auch die anderen Fächer fand ich interessant (wirklich!).
Heute denke ich anders über die musischen Fächer und wenn ich sehe, was da heute teilweise im Unterricht gemacht wird, hätte ich eventuell eine positivere Einstellung dazu gehabt. Auch im Sport hat sich sicher einiges getan, wobei es dort vor allem meine mangelnde Motivation war. Wozu sich abrackern wie ein Irrer? Ich fahre doch schon mit dem Fahrrad zur Schule. Auch in sämtlichen kleineren Spielen gegeneinander war es mir herzlich egal, wer da nun gewinnt. Sollen sich die anderen eben dafür feiern, wenn sie jetzt mehr Tore geschossen oder Körbe erzielt haben. Das war mir gleich. Meine Eltern haben das nie so recht verstanden, warum ich insbesondere im Sport schlechte Noten mit nach Hause brachte, aber das hatte nun mal die geringste Priorität für mich. Das soll natürlich nicht heißen, dass ich nicht mitgemacht oder gar geschwänzt hätte, aber 100% habe ich da sicher nur an ganz wenigen Tagen gegeben. Ich kann mich nur an zwei sehr gute Sportnoten erinnern, beide habe ich am Reck erzielt und beides Mal war es eine 1. Meinem Sportlehrer in der Oberstufe fiel regelrecht die Kinnlade runter, als ich mit meiner Übung fertig war. Bis dahin fast durchgängig im soliden 3er Bereich (bzw. 8 Punkte) gepunktet und auf einmal eine glatte 1 (14 Punkte).
Das ist auch so eine Sache. Egal, welches Fach, welcher Tag oder welcher Lehrer es auch war, ich war stets anwesend und aufmerksam und habe in meiner Schullaufbahn immer nur wegen wirklich schwerwiegenden Krankheiten für ein paar Tage gefehlt. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass ich vermutlich der ideale Schüler war (abgesehen von Sport, Musik und Kunst natürlich). Stets die Hausaufgaben gemacht, stets hilfsbereit und vor allem immer um konstruktive Mitarbeit im Unterricht bemüht.
Jetzt könntet ihr vielleicht glauben, dass ich doch ein ziemlicher Streber gewesen bin. Vielleicht war das sogar so, aber durch die permanente Mitarbeit waren die Hausaufgaben ein Klacks und für Arbeiten lernte ich in der Regel einen Nachmittag im Vorfeld, mehr nicht. Vielleicht wurde ich sogar mal von Mitschülern gemobbt, wer weiß. Aber das habe ich dann vermutlich nicht wahrgenommen oder diese Leute haben schnell gemerkt, dass sie von mir eher profitieren, wenn sie mich freundlich behandeln, denn durch meine guten Noten hatte ich in der Klasse natürlich auch ein gewisses Standing und war insbesondere rund um Klassenarbeiten oder unklare Fragen erster Ansprechpartner meiner Mitschüler und konnte vieles gut erklären.
Klingt nach elender Selbstbeweihräucherung und ist es natürlich auch.

Das Plus vergebe ich aus heutiger Sicht sehr gerne, erlaubt es doch eine genauere Abstufung. Je nach Fach und Maßstab kann ich das auch stets begründen, warum es jetzt nur eine 2+ und keine 1-2 oder 1- gab. Zudem finde ich diese Viertelschritte in aller Regel transparent und nachvollziehbar. Geändert habe ich bislang nur mal mündliche Noten, wenn mein Eindruck und der des Schülers erheblich auseinanderlagen. Aber an Arbeiten habe ich noch nichts korrigiert, es sei denn, ich hätte mich wirklich verzählt.