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Autor Thema: Die Qualen mit den Wahlen - Der Politikthread  (Gelesen 274321 mal)

DragonFox

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Re: Die Qualen mit den Wahlen - Der Politikthread
« Antwort #2680 am: 02.Dezember 2024, 17:20:47 »

Für mich funktioniert auch diese klare Priorisierung auf ein Ziel nicht. Die sind ja auch schon nicht klar. Dadurch funktioniert für mich auch nicht der Schluss, dass man dem nur noch folgen muss, nachdem es festgelegt wurde.
Wahrscheinlich schreiben wir auch aneinander vorbei und du wirst da schon recht haben, es ist ja keine objektiv richtige Lösung, wenn einer im Raum aus einem anderen Standpunkt heraus eine andere Meinung hat. Trotzdem denke ich,dass man, auch als Laie Politik und bestimmte Abläufe bewerten, beurteilen und an den gegebenen Versprechen messen kann, sonst wäre es ja einfach schlechte Politik damit zu verteidigen, dass die Menschen zu dumm sind und keine Ahnung haben,weil keine Experten oder eben Politiker.
Ich denke auch.  ;D Wobei ich auch darauf gar nicht hinaus will. Also, dass Menschen dumm sind und keine Ahnung haben. Natürlich muss der Wähler versuchen Politiker zu bewerten. Ich wollte einfach nur sagen, das es schwer sein kann das zu bewerten und man hinnehmen muss, dass Sachverhalte unheimlich komplex sind.
Nur wie gesagt, nochmal der Fingerzeig, wo wir mit der Diskussion her kamen und auf desen Weg ich immer wieder versuche zurück zu kehren. Es ging um formale Regeländerungen und andere Ansprüche, wie man Politik transparenter und klarer machen kann. Ein detailierterer Koalitionsvertrag wurde besprochen. Ein vordefiniertes (richtiges) Ziel. Eine objektive Bewertung der Resultate. Im Einzelfall ist nicht auzuschließen, dass so etwas gelingen kann. Aber im Detail und der Masse der Entscheidungen, wenn die Entscheidung entsprechend komplex werden und noch Überzeugungen dazu kommen wird es kompliziert.

Du merkst ja selber, dass wir zum Beispiel unterschiedlicher Meinung sind. Was meinst du, was wir für ein Spaß im Hinterzimmer als Politiker hätten uns auf weitreichende Ziele zu einigen. Da stieß es mir eben auf, dass es so klang, dass ja das eine Ziel ideal sein muss - zufällig deins, oder meins?  ;). Wenn da so wäre, müsste ich mich erst gar nicht mit dir ins Hinterzimmer setzen. Und dann müssten wir auch nie wieder über Politik reden. Weil, wo ist dann die Basis auf Zusammenarbeit und Verständnis?

Ich weiß noch die Reaktionen, als in Norwegen Umweltaktivisten gegen einen Windpark demonstriert haben, der das recht indigener Völker verletzt. "Öh! Das sind doch Umweltaktivisten. Die dürfen doch jetzt nicht gegen Windparks sein!?!??!" Die Kommentarspalten in den Sozial Media Kanälen bebten vor Häme und Entrüstung.
Doch, dürfen sie. Und müssen sie, wenn sie ihrem eigentlichen Ziel nicht alle anderen möglichen Ziele unterordnen oder zum Opfer fallen lassen wollen. Dann wird das ganze ein Spagat und man muss plötzlich abwägen.

Gerade bei dem Beispiel ist es ja auch interessant, dass in der Wahrnehmung von vielen Klimaschutz mit Umweltschutz gleichgesetzt wird und Windraftanlagen, egal wo die gebaut werden und was die für Probleme verursachen immer etwas gutes sein müssen. Bei dem speziellen Fall kam die Häme aber auch daher, das Greta Thunberg auch bei dem Protest dabei war und die da ja noch die Klima-Ikone war, wenn also hier Windräder immer gut sind und in den Augen der Klimaschützer hier auch keiner über Windräder meckern darf, passte der Protest von Greta nicht mit der verbreiteten Medienkampagne zusammen. Dabei ist es genauso schlecht hier Windräder direkt neben Häuser, in einem Wald oder in Vogelschutzgebiete zu setzen.
Solche ehrlichen negativen Berichte über Windräder gibt es aber aus dem Ausland immer mal wieder. Im DLF gab es da vor Jahren auch mal einen über welche in Mexiko. https://www.deutschlandfunkkultur.de/europaeische-grossprojekte-in-mexiko-100.html
Das ging auch viel um Greta, weil Feindbilder immer toll sind. Es ging aber auch einfach darum, dass diese Gruppierung sich hier anscheinend in Widersprüchen verstrickt, der sie unglaubwürdig macht. Und dem widerspreche ich. Da du so einen Widerspruch auch angesprochen hast, passte das für mich als Beispiel.

Das man Windräder nicht überall hinsetzen sollte und auch andere Interessen herrschen sehe ich auch so. Zum Glück. Diese Gegensätze werden ja auch ausgefochten. Gibt auch in Deutschland einige Windparkanlagen, die wegen einem vermeintlichen Vogel nicht gebaut wurden. Auch, wenn ich das im Detail manchmal für seltsam halte. Nicht, wegen dem armen Vogel. Aber in Deutschland reicht schon die Behauptung, dass da ein Vogel sei und der Bauherr muss dann nachweisen, dass da keiner war. Haha, viel Spaß. (Ich bin mir nicht sicher, ob das immer noch so ist).
Auch so etwas wie die 10H Regel in Bayern fand ich seltsam, weil sie das ganze vorhaben tot reguliert. Genauso, wie ich es seltsam fände es ins andere Extrem zu überziehen und die Teile in die Vorgärten der Anwohner zu stecken. Man kann ja jetzt ausdiskutieren, ob ein Kilometer Abstand reicht, oder ob es wirklich zwei sein müssten. Wurde gemacht und jetzt kann man in Bayern 800 Windräder bauen, wo davor keins ging.
Irgendwo müssen sie halt stehen und man muss in jedem Fall ausloten was geht und was nicht. Manchmal finde ich die Bauanträge und manchmal die Beschwerden bescheuert. Aber grundsätzlich eins davon als negativ darstellen, würde ich nicht. Obwohl ich manchmal schon denke, dass die Einstellung "ja gerne, aber nicht hier" bei vielen Themen vorherrscht und ich manchmal sehr unkonstruktiv empfinde. Ich meine damit aber nicht nur gegen Windparkanlagen.

Es gab an der Sache noch eine andere Kritik. Es wurde gezetert, dass das indigene Volk Unterstütung in Form eines Protests bekommt und die Anwohner in Bayern es selber ausfechten müssen. Ist das Protestneid? Ein Protest in Norwegen nimmt doch den Einwohnern in Deutschland nicht ihre Rechte weg, selbst ihrem Unmut kund zu tun. Solche Einstellungen finde ich etwas kleinkarriert. Aber mir ist halt auch klar, dass ich hier gerade über eine laute Internetminderheit rede. Fürs Seelenheil hält man sich von so Kommentarspalten eh lieber fern.  ::)

Du hast das mit deinem Widersprechen bei der Klimafrage ja auch schon angesprochen. Ist halt scheiße, wenn für einen AKW UND Kohle doof sind, aber irgendwas gebraucht wird, weil der Blackout auf jeden Fall doof ist. Man will plötzlich alle drei Ziele unter einen Hut bekommen. Wenn einem AKW egal ist, wird es einfacher. Wenn einem CO2 egal ist, wird es einfacher. Blackout war keinem egal und ist aus der Gleichung raus. Aber wenn einem alle drei Ziele wichtig sind muss man letztendlich anfangen Abstriche zu machen und Kompromisse eingehen. Und dann macht man sich unglaubwürdig, weil man "nicht ehrlich" war und zu seinem Ziel steht?
Mir geht es eher darum das die Ziele klar definiert werden und man nicht vorgibt man würde an Lösungen arbeiten wenn dem nicht so ist,weil die negative Reaktion der Bevölkerung vorprogrammiert ist. Würdest du denn im Umkehschluss sagen,dass alles super läuft und es mit der Art Politik zu machen keine Probleme gibt? Es gibt doch in jedem Jahr mehr Leute die gar nicht oder Parteien an den Rändern wählen, über die Hälfte der Menschen traut keiner Partei zu mit den Problemen im Land fertig zu werden. Bei dem AKW Beispiel wäre es wichtig ehrlich zu sein und klar zu sagen was Sache ist und dann im besten Fall die Mernschen selbst darüber entscheiden zu lassen was sie wollen.

Falls der Fall eintritt und wir wirklich mal massive Nachteile dadurch haben, wird aus der Politik mit den Schultern gezuckt und vorgegeben,dass man nichts gewusst hat und das nicht hätte absehen können, so wie es bei anderen Geschichten auch schon gewesen ist, sowas kann man einfach nicht ewig weiter durchziehen.
Zu pauschalen Gesamtaussagen würde ich mich sowieso nicht hinreisen lassen.
Grundsätzlich zu diesem Fall:
Ich habe grün nicht gewählt, habe mich aber generell gefreut, dass die AKWs in Deutschland keine Zukunft haben. Ich finde, dass die Balance zwischen den Zielen gut getroffen wurde. Ein Blackout ist nicht eingetroffen. Das kann man als Erfolg attestieren. Für mich war es logisch, dass es für die Grünen ein No-Go war die AKWs wieder anzumachen. Die Grünen bildeten sich zu einem großen Teil aus der Anti-Atomkraft Bewegung der 70er und das Thema ist vergleichbar, wenn nicht sogar noch stärker in ihrer DNA verwurzelt, wie die Schuldenbremse in der FDP. Also haben sie in den sauren Apfel gebissen und die Kohle angefeuert, sind zu den Saudis gefahren, haben Geld ausgegen, um die Preise zu deckeln (die meines Wissens nach auch mit AKW erheblich gestiegen wären) und so weiter... Im Zusammenhang damit, dass als Gegenzug in den letzten 2-3 Jahren massiv regenerierbare Energie aufgebaut wurden, man darauf achtete, dass Gasinfrastruktur in Zukunft auch Wasserstoff verwenden kann und ein Gesetz in der Entwicklung war, um die Vorhaltung von Kraftwerken zu regeln. Ich sehe hier eine eine Gesamtstrategie, die für mich schlüssig ist.
Das ist jetzt ein bisschen verkürzt und stellt eher meine Sicht auf die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, die getroffen wurden, zusammen. Der Fall war sicher komplexer. Aber wie die Energiekrise behandelt wurde fand ich gut.
Und ich bin auch der Meinung, dass das genau so kommuniziert wurde. Das Ziel war, kein Blackout trotz Abschaltung der AKW und Alternative finden zu Gas aus Russland. So zumindest die Kommunikation von Habeck. Wurde gesagt, wurde gemacht. Natürlich hat das komplette politische System wild durcheinander kommuniziert, weil unterschiedliche Ideen am Start waren. Aber nur weil sich Teile der Regierung gerade streiten und die Opposition auch noch ne Meinung hat, ist die Kommunikation nicht fehlgeleitet.

Fand ich deswegen alles gut was die Ampel gemacht und kommuniziert hat? Nö.

Das ist allerdings nicht exlusiv bei grüner Politik. Chat-Kontrolle zum Beispiel. Pro-Argument: Schützt Opfer vor Kindesmissbrauch. Und dann stehen Leute auf die etwas von Datenschutz, Privatsphäre, Kommunikationsgrundrechten und Überwachung reden und dagegen sind. Was für eine krasse Abwägung und was für unterschiedliche Ziele zur gleichen Maßname. "The stakes are high". Und plötzlich sitzen hunderte Lobbyverbände und Interessensvertreter am Tisch mit zig Nuancen und Vorstellungen. Was wäre den hier das einfache Ziel, dem man sich verpflichten müsste und welche lässt man fallen?

Das nennt sich konkurrierenden Ziele und ist halt Realität. Ein Problem auf genau eine Lösung herunterbrechen funktioniert vielleicht im Privaten beim Urlaub buchen, beim Autokauf oder was es zum Abendessen gibt. Und ich sage vielleicht, weil auch schon bei solchen Fragen Beziehungen zugrunde gegangen sind. Bei komplexen Situationen mit unbekannten Variablen und verschiedenen konkurrierenden Zielen und mehrere Entscheidungsträgern ist meiner Erfahrung nach ganz schnell Schluss mit klaren Zielen.
Kommt es wahrscheinlich auch auf Vertrauen an, vertraust du darauf, dass man sich nur darauf konzentriert? Oder ist es der Fuß in der Tür, mit dem Ermittler oder Bots irgendwann private Chats nach Beleidigungen gegen Politiker durchsuchen.Es geht auch nicht um einfache Ziele, es geht darum sich auf bestimmte Sachen zu einigen und die dann auch ehrlich durchzuziehen.

Ich habe ja gar nicht gesagt wofür ich da bin.  ;) Auch das war ja nur ein Beispiel, worüber geredet wird. Konkurrierende Ziele mit erheblichen Ausmaßen.

Sich vorzumachen und der Bevölkerung vorzuspielen man könnte da etwas lösen was in der Realität nicht funktionieren kann ist aber auch nicht ideal. Du kannst auch mehrere Ziele gleichzeitig haben aber irgendwann kommt man eben an den Punkt an dem es gegeneinander läuft, man nicht von der Stelle kommt und gar nichts erreicht.
Ich würde es ab einem gewissen Ausmaß als niederträchtig bewerten ein Vorgehen zu kommunizieren, dass wissentlich nicht umgesetzt werden kann.

Das Punkte gegeneinander laufen stimmt Aber das ist eben die Krux an der Demokratie. In einer Diktatur kann der eine machen was er will. Da gibt es schnelle Entscheidungeg.
In einer Demokratie muss zwischen allen verhandelt werden. Das sorgt dafür, dass es langsam wird. Das auch mal über Sachen geredet wird, die einen gar nicht interessieren. Das die eigene Stimme im schlimmsten Fall gar nicht gehört wird. Das ein Kompromis raus kommt, der für alle ein sauren Beigeschmack hat. Das man sich so verstreitet, dass man kein Meter mehr vorran kommt und zu gar nichts mehr kommt.
Aber das ist nunmal so. Und jetzt sind wir wieder am Anfang, wo wir vor ein paar Tagen waren. Die Demokratie ist kein perfektes System.



« Letzte Änderung: 02.Dezember 2024, 17:27:23 von DragonFox »
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