Ich habe deine Antworten erst jetzt gesehen, sorry.
Dabei wurde schon verschiedentlich vorgerechnet, dass ein Umbau unseres Energiesystems auch mit dem derzeitigen Stand der Technik möglich ist. Auch finanziell.
Hättest du dazu mal einen Link? Das würde mich wirklich interessieren. Mir stellt sich dann aber auch die Frage, warum man die Energiewende in Deutschland so teuer macht?
Gerne. Als Beispiel hier mal der Link zu einer Studie des Forschungszentrums Jülich:
https://www.fz-juelich.de/iek/iek-3/DE/News/TransformationStrategies2050/_node.htmlEine Zusammenfassung o.g. Studie gibt es z.B. bei der Welt (hätte nie gedacht, dass ich die mal verlinke
):
https://www.welt.de/wissenschaft/article202761654/Wie-die-Energiewende-auch-wirtschaftlich-gelingen-kann.htmlZur Ordnungspolitik und Finanzierbarkeit gab's von der acatech (Deutsche Akademie der Technikwissenschaften) vor ein paar Jahren auch mal eine Studie:
https://www.springer.com/de/book/9783642330544Auch etwas älter eine Publikation des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung - Globale Umweltveränderungen:
https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/finanzierung-der-globalen-energiewendeZu guter Letzt noch Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW Berlin (Disclaimer: Ähnlich polarisierende Persönlichkeit wie Rahmstorf):
https://www.volker-quaschning.de/artikel/Szenario2050/index.phpDas waren jetzt zumindest mal die Sachen, die ich auf die Schnelle gefunden habe. Fazit: Ja, die Energiewende ist auch finanziell ein Kraftakt, aber zu stemmen. Es gibt aber halt Lobbygruppen, die kein Interesse am Umbau des Energiesystems haben und sich mit Händen und Füßen dagegen wehren (frage mich da übrigens immer, ob die auf Ihre Kinder und Enkelkinder scheißen, oder wie man so kurzfristig profitorientiert denken kann). Offenbar erfolgreich. Man sieht das ja allein schon an der ungleichen Wahrnehmung der Jobverluste bei Kohle vs. Erneuerbare in der Politik.
Auch zur Frage der Wohlstandseinschnitte bin ich anderer Meinung: Ich glaube vielen ist gar nicht bewusst, was 2, 3 oder 4 °C mehr wirklich bedeuten, nach dem Motto "dann wird's halt wärmer".
Das kann auch niemand bewusst sein, auch den Klimaforschern nicht. Deren Problem ist, dass Leute wie Rahmstorf und gerade auch die Medien viel zu viele panikartige Katatrophenmeldungen raushauen, das nutzt sich irgendwann ab. [...]
Okay, dann formuliere ich es nochmal anders, ist ja im Thread auch schon angeklungen: Wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt kommt man relativ schnell zu dem Ergebnis, dass es eben nicht "einfach nur" 2, 3 oder 4°C wärmer wird, sondern damit auch Begleiterscheinungen einhergehen, die unser aller Leben betreffen. Wetterextreme wie Dürren, Hitzewellen, Starkregen, Überflutungen, Hagelstürme etc. werden zunehmen und wir dürfen nicht den Fehler machen, zu glauben, dass +2°C die Verdopplung der Effekte von +1°C (jetzt) bedeutet, denn das skaliert nicht linear. Was bedeutet das? Ernteausfälle, Belastung für Leben und Gesundheit, Störungen des Warenverkehrs, Unsicherheiten in der Energieversorgung mit Atomkraft, zunehmende Sach- und Personenschäden (furchtbares Wort), damit verbunden wirtschaftliche Verluste, Wasserstress und Gefährdung der Trinkwasserversorgung usw. Das ist keine Panikmache, das sind Szenarien, die mittels wissenschaftlicher Methoden erstellt wurden. Und das, meine ich, machen sich viele Menschen nicht bewusst. Letztlich hat das doch alles das Potenzial handfeste Krisen auszulösen und unsere modernen Gesellschaften zu zerreißen. Inwiefern eine Anpassung an solche Verhältnisse dauerhaft und stabil möglich sein kann, weiß ich nicht, ich bezweifle aber, dass das gelingen kann, denn auch hier muss man ja die globalen Implikationen mitdenken. Wir reden hier ja immer von einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur. Es wird aber eben nicht überall z.B. 3°C wärmer, sondern in einer Region 5°C und woanders nur 1°C, will sagen, einige Regionen werden unbewohnbar und dann wäre da ja noch der steigende Meeresspiegel. Was das alleine an Flucht- und Migrationsbewegungen auslösen wird, mag ich mir gar nicht vorstellen. Ich glaube die Menschen in den Entwicklungsländern verzichten dann lieber auf ein paar Kohlekraftwerke, anstatt ihr Zuhause zu verlieren.
(Ja, ich habe das bewusst polemisch überspitzt, zeigt ja aber nur die Komplexität des Problems)
Ja, ich gebe dir Recht, wir müssen uns an die Veränderungen zwangsläufig anpassen. Alles andere wäre dumm. Und du hast auch Recht, dass es global betrachtet ziemlich kompliziert ist und die Gefahr besteht, dass Emissionen einfach "ausgelagert" werden. In der Schlussfolgerung bin ich aber eben nicht bei dir: Ich sage, es bringt sehr wohl etwas in den Klimaschutz zu investieren, Mobilität und Energieversorgung auf nachhaltige Beine zu stellen. Denn a) bringt das eine gewisse Unabhängigkeit mit sich, b) liegt darin die Chance in diesen Segmenten ein nicht geringes wirtschaftliches Potenzial zu erschließen und c) glaube ich an einen "Vorbildeffekt", d.h. andere Länder werden nachziehen (umso wichtiger wäre ein entschlossenes Handeln in Deutschland). Du entwirfst ja letztlich auch nur Szenarien (Chinesen müssen auf Wachstum verzichten, Entwicklungsländer im Status quo verharren, Kohlekraftwerke werden in Afrika gebaut), das heißt ja aber nicht, dass es keine anderen Möglichkeiten gäbe. Wir hatten hier ja schon öfter Mal das Thema Post-Wachstum vs. Degrowth vs. Green Growth. Da gibt es Ansätze, wie genau diese von dir angesprochenen Probleme zu lösen sind, aber das ist ein eigenes Thema und würde jetzt den Rahmen sprengen.
Btw: Ich bin weit davon entfernt, Panik zu schieben, das ist auch ein schlechter Ratgeber. Aber angesichts der jahrzehntelangen Warnungen seitens der Wissenschaft, der in immer größeren Umfang und Detailgrad auf dem Tisch liegenden wissenschaftlichen Fakten und der demgegenüberstehenden Untätigkeit von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft habe ich schon Angst in was für einer Welt ich alt und meine Tochter groß wird. Der Handlungsbedarf ist riesig und die nächsten 10 Jahre werden darüber entscheiden, ob unsere Gesellschaft in dieser Form überleben wird.
Da ist meine ich sehr deutlich draus hervorgegangen, das a) die gegenwärtige Landnutzung den Klimawandel verschärft und b) die zu erwartenden Veränderungen dramatische Folgen für die Landwirtschaft haben können.
Das gehört zum Themenbereich "Anpassung". Man muss Wege finden, wie man trotz widrigeren Wetters weiterhin Lebensmittel für Milliarden von Menschen anbauen kann. Wie das in Wüstenklima mit wenig Wasser funktioniert, zeigen zB. die Israelis.
Es wird ja auch schon daran gearbeitet: https://www.swr.de/natuerlich/die-wiederentdeckung-der-ur-getreide/-/id=100810/did=16047046/nid=100810/1gmzi69/index.html
Jein. In Sachen notwendiger Anpassung sind wir uns ja einig und da gibt es mittlerweile auch einige sehr gute Ansätze. Im IPCC-Bericht geht es aber ja auch genau darum, was die Landnutzung zum Klimawandel beiträgt und was eine Veränderung der Landnutzung zum Klimaschutz beitragen könnte. Also nicht nur Anpassung.