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[Henningway]

Die Corona-Problematik führt der Gesellschaft drei große Gebiete vor Augen, auf denen es offensichtlich Verständnisprobleme gibt:

1) Die Psychologie - Wenn der von Gonzo beschriebene Hochschullehrer so ein Fass aufmacht wegen der Masken-Anweisung, die in mehreren unabhängigen Studien belastbare Positivaussagen bekommen hat, dann kann das ja nichts mit manghalftem Intellekt zu tun haben, sondern da wird irgendeine psychologische Komponente eine Rolle spielen. Verdängungsverhalten vielleicht? Für Psychologen ist diese Zeit im Grunde eine einzige empirische Studie.
2) Die Fähigkeit, Informationen zu verarbeiten (aka Medienkompetenz) - Dazu wurde hier schon einige geschrieben, was sich mit meiner Erfahrung als Verarbeiter von Informationen und auch Dozent deckt. Es muss eine viel bessere Sensititvität hinsichtlich Quellenlage und Faktenverständnis geschaffen werden
3) Das Verständnis von wissenschaftlicher Arbeit - Streeck, Drosten, Wieler, alle werden zuhauf für ihre Aussagen angegangen: vor Wochen wurde noch etwas anderes gesagt! Was sollen wir nun mit dieser Meinung anfangen? Wie stellen Sie sich das vor, wollen Sie etwa einen neuen Lockdown? Tatsächlich verstehen viele nicht, dass es Aufgabe der Wissenschaft ist, Wissen zu schaffen, eben jene Fakten, die anderen Fachleuten dann dazu dienen, darauf basierende Entscheidungen zu treffen.

[BlueSnakeRD]

Medienkompetenz ist tatsächlich ein Thema, welches viel stärker in den Fokus gerückt werden muss. Da sehe ich insbesondere in der Schule wirklich großen Nachholbedarf. Ich gebe teilweise an Universitäten Kurse u.a. zum Thema wissenschaftliches Arbeiten, teilweise ist es immer noch überraschend bis erschreckend, auf welcher Basis man da beginnen muss. Da reden wir noch gar nicht über Quellenkritik, sondern über einfache Dinge, wie das Überprüfen von Zitaten und deren grundsätzliche Funktion. Ich will den StudentInnen da auch keine zu große Schuld dran geben, denn der Unilehrplan ist ebenfalls nicht immer dafür ausgelegt, insbesondere nach Bologna, zum eigenständigen Denken und Forschen anzuregen, sondern es geht immer noch zu sehr darum, bestimmte Inhalte abzuhaken. Das Problem ist tatsächlich, dass diese Zeit noch knapper wird, wenn es dann in der ersten Stunde Essay-Schreiben nicht darum gehen kann, wie ein Essay aussehen sollte, welche Funktion es wissenschaftlich hat, etc., sondern um den Unterschied indirekter/direkter Zitate und der Nutzung einer Bibliothek (auch Onlinequellen). Hier würde ich mir tatsächlich wünschen, dass solche Dinge vor der Uni bekannt sind - zumal sie eben auch außerhalb der Uni immer wichtiger werden.

Aber damit reißt man grundsätzlich eine größere Thematik an. Dr. Gonzo schrieb so schön, dass Schule nicht praxisorientiert sei (Uni leider Gottes auch selten), und das wird immer problematischer. Das führt dazu, dass viele Leute die Wirtschaft nicht verstehen, hilflos ob der schieren Möglichkeiten sind, unsicher ob ihrer eigenen Fähigkeiten und darüber hinaus die jeweils anderen Bereiche kaum kennen. Ich pendel ja gewissermaßen zwischer Universität und freier Wirtschaft und mit Ausnahme weniger Fachbereiche fehlt da die wirklich enge Verzahnung enorm.

In Bezug auf Überprüfen von Zitaten und so. Streng genommen...ist das Oberstufenstoff. SOLLTE. Eigentlich.

[DeDaim]

In Bezug auf Überprüfen von Zitaten und so. Streng genommen...ist das Oberstufenstoff. SOLLTE. Eigentlich.

Da gibt es aber gleich mehrere Probleme: Erstens ist das ein Aspekt, der meiner Erfahrung nach auch von vielen Lehrkräften eher stiefmütterlich (wenn überhaupt) behandelt wird. Was mir in Bezug auf Quellenkritik an Handwerkszeug fehlte, habe ich erst im Studium gemerkt und gelernt. Ich weiß nicht, ob es viele Lehrerinnen und Lehrer einfach nicht interessiert, sie es nicht besser wissen oder sie keine Idee haben, wie sie das Thema spannend vermitteln sollen. Was mich zum zweiten Punkt bringt: Wenn das mal in der Schule behandelt wurde, dann war das meist so staubtrocken, dass der Großteil der Klasse abgeschaltet hat. Ging mir nicht anders. Und drittens: Was ist mit denen, die keine Oberstufe besuchen? Ernsthaft, wie ist das in anderen weiterführenden Schulen, wird das dort behandelt? Zumal die Oberstufe auch als Zeitpunkt schon viel zu spät ist. Da sind die Kinder und Jugendlichen doch schon längst im Internet unterwegs. Das muss weit vorher passieren und passiert auch teilweise offenbar - aber in welchem Umfang und ob das dann von den Lehrkräften abhängt oder vorgegeben ist, weiß ich ehrlich gesagt nicht.

A propos Lehrkräfte: Ist zwar ein gänzlich anderes Thema, aber ich finde, eine große Schwäche unseres Bildungssystems ist, dass (zu) viel von dem was man lernt (und auch von dem, was man interessant findet), davon abhängig ist, wie das Thema von der Person vorne an der Tafel vermittelt wird. Hast du einen tollen Geschichtslehrer, findest du Geschichte spannend und lernst was dabei, falls der Lehrer eher eine Schlaftablette ist, muss schon ein hohes Maß an Eigenmotivation da sein, damit du was mitnimmst. Ist deine Physiklehrerin fit und erklärt dir anschaulich, warum das verdammt spannendes Zeug ist, ist Physik das tollste Fach der Welt. Macht sie Dienst nach Vorschrift, fragst du dich, wofür du den Kram eigentlich brauchst.

[Henningway]

Das ist ein komplexes Thema, denn es ist ja nicht nur damit getan, den Kindern und Jugendlichen seriöse Quellen zu benennen.

Ich kann mich noch sehr gut an eine Religionsstunde erinnern, muss fünfte oder sechste Klasse gewesen sein. Worum es ging, weiß ich nicht mehr, aber zu genau diesem Thema las ich tags zuvor einen Bericht in der Zeitschrift Hörzu, die meine Mutter immer gekauft hat. Ich meldete mich und zitierte diese Zeitung, worauf der Lehrer fragte, ob diese Zeitung denn seriös sei. Ich hatte Schwierigkeiten mit dem Wort "seriös", aber nickte wegen des Antworterwartungsdruckes einfach mal. Der Lehrer schüttelte aber nur den Kopf und ging nicht weiter darauf ein. Mich lies das mit mehreren Fragen zurück und das offenbar einschneidend, dass ich mich heute noch daran erinnern kann: 1) Was bedeutet "seriös"? 2) Was muss eine Zeitung können, um seriös zu sein? 3) Warum ist die Hörzu nicht seriös?

Es darf bei diesem Thema nicht dazu führen, dass man mir nur Frage 3 beantwortet. Frage 1 ist das entscheidende dabei. Allerdings wird das unweigerlich Folgefragen generieren und am Ende wird man bei der wissenschaftlichen Methode landen und bei der Scholastik. Wenn hier nicht angesetzt wird, erreicht man nichts.

[DeDaim]

Volle Zustimmung, Henning.

Back to Corona: 11.287 Neuinfektionen.   Diese krassen Sprünge finde ich bedenklich. Habe gerade erst gestern gelesen, dass z.B. das Gesundheitsamt Nürnberg zur Kontaktverfolgung im Frühjahr 3-5 Kontakte abtelefonieren musste, mittlerweile sind es 80-90. Mir schwant Übles...

[Dr. Gonzo]

Gibt doch schon mehrere Gesundheitsämter, die bereits eingeräumt haben, nicht mehr die volle Kontaktverfolgung durchführen zu können. Gerade bei den symptomlosen Verläufen werden aktuell sehr viele unentdeckt bleiben. Der Kontrollverlust ist schon da.
Ist ja aber alles keine Überraschung. Fast alle europäischen Nachbarn sind schon ein oder mehrere Schritte weiter als Deutschland, es wird also auch noch heftiger bei uns werden.

Grotesk ist es ja bei den Tschechen, die vor ein paar Monaten Corona quasi als besiegt einstuften. Da wurde das Ende der Maskenpflicht mit einer riesigen Tafel in Prags Innenstadt zelebriert. Ein Bekannter hat dort Urlaub gemacht (u.a. weil es dort keine Maskenpflicht mehr gab) und dem wurde allerorts erzählt, dass er Corona vergessen kann, das sei sowas wie eine schlechte Geschichte. Die gehen jetzt in den zweiten Lockdown...

[Octavianus]

Hier in Bulgarien erleben wir auch Absurdes. Im Unterricht und eigentlich auch im gesamten Schulgebäude müssen wir Lehrer eine Maske tragen, die Schüler sind nicht verpflichtet, im Klassenzimmer eine Maske zu tragen, auf den Gängen und den Toiletten dagegen schon.
Seit heute gilt eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit, weil die Zahlen in den letzten Tagen extrem nach oben gegangen sind. Restaurants und Bars haben normal geöffnet und dort trägt auch nur das Personal eine Maske - meistens diesen Spuckschutz aus Plexiglas - und selbst das richtige Tragen dieser Schutzutensilien kriegen die wenigsten Kellner hin. Discotheken haben ebenfalls nach wie vor offen und als eine der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus hat man vorgeschlagen, die Musik in Discos runterzudrehen, damit die Leute nicht so eng beieinander tanzen, denn sonst verstehen sie einander ja nicht, wenn sie dann in Discos ins Gespräch kommen wollen. Neulich hat man festgestellt, dass Schulen derzeit einer der Hotspots sind, in denen sich das Virus verbreitet, aber Hauptsache, in Discos kann man noch ohne Mund-Nasen-Schutz schwofen gehen. Willkommen in Absurdistan...

[DeDaim]

Jop, Kontaktverfolgung ist da eigentlich gar nicht mehr möglich. Mir ging es mit dem Verweis auf das Gesundheitsamt Nürnberg auch nur darum, zu zeigen, wie krass sich offenbar das Sozialleben wieder (und immer noch) "normalisiert" hat, wenn mittlerweile so viele Kontakte abtelefoniert werden müssen. Da wundert einen dann halt auch nichts mehr, insbesondere, da sich die Kontakte naturgemäß nach drinnen verlagern. Das Gesundheitsamt Karlsruhe hat übrigens schon vor ca. 1 1/2 Wochen die Hilfe der Bundeswehr angefordert - da lag die Inzidenz noch bei 20-25 (genau habe ich es nicht mehr im Kopf). Denke, das wird vielerorts so sein, dass die Ämter schon sehr früh überlastet sind...

Was mir gerade jetzt wieder ein bisschen zu kurz kommt: Wir dürfen nicht vergessen, dass die >11.000 Leute sich vor ca. 1 Woche angesteckt haben (Ansteckung -> Symptome -> Test -> Testauswertung -> Mitteilung des Testergebnisses -> Meldung des Gesundheitsamtes). Mal sehen, wann und ob wir die Wirkung der aktuellen Maßnahmen an den Zahlen absehen können. Ich persönlich habe wieder drastisch Kontakte zurückgefahren, im Büro haben wir rollierende Einzelbelegung (1 Tag Büro, 1 Tag Homeoffice), privat treffe ich mich nur wenig und draußen. Da mein Arbeitsweg aber mit dem Rad durch die Innenstadt führte, durfte ich dort gestern reges Treiben "bewundern" - wenige Masken, kein Mindestabstand, Gruppenbildung usw.. So ganz angekommen scheint die aktuelle Lage also noch nicht überall zu sein...

[GameCrasher]

Restaurants und Bars haben normal geöffnet und dort trägt auch nur das Personal eine Maske - meistens diesen Spuckschutz aus Plexiglas - und selbst das richtige Tragen dieser Schutzutensilien kriegen die wenigsten Kellner hin.

Bei uns ist das ja verboten. Ich habe allerdings auch bereits ein Restaurant besucht gehabt, wo das personal diese Plexidinger trug...
Wenn das Gesundheitsamt kommt, machen sie den Laden rigoros dicht, das ist klar. Es wurde auch mehrfach kommuniziert, dass das Tragen dieser, untersagt ist.

[Dr. Gonzo]

Das mit den Visieren kommt allerdings auf das Bundesland an. In einigen sind Visiere statt Masken sehr wohl erlaubt.

[GameCrasher]

Ich schrieb ja auch "bei uns" Gut, vielleicht hätte ich dazuschreiben sollen aus welchem Bundesland. => Bayern

Dennoch finde ich es sehr fragwürdig warum (und grade in der Gastronomie) diese überhaupt irgendwo erlaubt sind. Es gibt wenig unhygienischeres als diese Dinger...

[White]

Und richtig kacke aussehen tun sie auch.

[veni_vidi_vici]

In Niedersachsen sind sie noch erlaubt. Eine Bedienung meinte neulich, dass sie von Gästen vorher häufiger angepault wurde, warum sie so pissig ist. Passiert nicht mehr, wenn die Leute ihr Lächeln sehen. Gesundheitsschutz geht natürlich vor.

LG Veni_vidi_vici

[Pico]

In der Firma haben wir nun auch einen positiven Coronabefund und einen weiteren Verdachtsfall mit Symptomen. Dem positiv Getetesten wird man seitens des Amtes einen Fragebogen zuschicken, welcher dann ausgefüllt zurückgeschickt werden muss. Da heute Freitag ist, wird dieser Montag/Dienstag ankommen. Dann ausfüllen und von irgendjemandem zur Post bringen lassen, dann wieder 1-2 Tage Postweg. Erst dann Entscheidungen bzgl. Quarantäne für Kontaktpersonen....ist das bei allen Ämtern so? Wir leben im digitalen Zeitalter und die versenden Fragebögen bei einer grassierenden Pandemie, wo es in der Kontaktverfolgung und Unterbrechung von Infektionsketten um jeden Tag geht?
Es wurde hier im Sommer versäumt, die Ämter im Meldeverfahren zu modernisieren. Ich kann das einfach nicht nachvollziehen. Es ist doch kein Wunder, dass das Virus sich unkontrolliert verbreitet wenn a) viele Menschen immer noch sehr unvernüftig sind und b) die Ämter mit 80er Jahre Workflow hier eine Pandemie eindämmen wollen.

[j4y_z]

Welcome to Germany. Digitalisierung made by Dinos.

[Starkstrom_Energie]

Heute Nachmittag sollte unsere Hochzeitsfeier stattfinden. Gestern Abend (!!!) hat das Gesundheitsamt die erteilte Sonergenehmigung zurückgenommen (neue Sächsische Verordnung gilt seit heute) und die Feier, wie sie geplant war, untersagt. Wegen dieser extrem kurzfristigen Dreistigkeit bleibt uns nun ja keine Wahl mehr, als zu feiern, als gäbe es kein Corona und das in einem viel kleineren Raum. Wer das jetzt immer noch asozial findet, darf das tun. Dann erinnere ich aber mal dran, dass Entscheidungen auch für den Bürger transparent gemacht und rechtzeitig angekündigt werden sollten.

[White]

Das wird einigen sicherlich sauer aufstoßen, ich verstehe die Entscheidung. Ihr könnt ja auch irgendwie schlecht die Hochzeit mal eben absagen. Am Tag der Hochzeit.
Ich wünsche dir also einen schönen Hochzeitstag voller positiver Erinnerungen und dass du nicht nächste Woche in der BILD stehst.

[Signor Rossi]

Den Trotz kann ich schon nachvollziehen, gutheißen kann ich das trotzdem nicht. Was ist denn mit den älteren Familienmitgliedern oder denen mit einer gefährlichen Vorerkrankung? Feiern die mit und müssen das dann evtl. mit ihrem Leben bezahlen? Ich könnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, falls dann wirklich jemand stirbt, das würde auch ewig auf dem Hochzeitstag lasten. Oder feiern diese Familienmitglieder nicht mit?

[neps90]

Heute Nachmittag sollte unsere Hochzeitsfeier stattfinden. Gestern Abend (!!!) hat das Gesundheitsamt die erteilte Sonergenehmigung zurückgenommen (neue Sächsische Verordnung gilt seit heute) und die Feier, wie sie geplant war, untersagt. Wegen dieser extrem kurzfristigen Dreistigkeit bleibt uns nun ja keine Wahl mehr, als zu feiern, als gäbe es kein Corona und das in einem viel kleineren Raum. Wer das jetzt immer noch asozial findet, darf das tun. Dann erinnere ich aber mal dran, dass Entscheidungen auch für den Bürger transparent gemacht und rechtzeitig angekündigt werden sollten.

Ich kann dich/euch voll verstehen, auch wenn ich persönlich das ganze trotz der Umstände bzgl der kurzfristigen Absage wahrscheinlich nicht so machen würde.

Den Trotz kann ich schon nachvollziehen, gutheißen kann ich das trotzdem nicht. Was ist denn mit den älteren Familienmitgliedern oder denen mit einer gefährlichen Vorerkrankung? Feiern die mit und müssen das dann evtl. mit ihrem Leben bezahlen? Ich könnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, falls dann wirklich jemand stirbt, das würde auch ewig auf dem Hochzeitstag lasten. Oder feiern diese Familienmitglieder nicht mit?

Naja eine Sache ist hier ja immer noch eine Option für diese Familienmitglieder, heimzufahren. Anders herum, wenn man sagen wir mal ne Grippe hat, würde man wahrscheinlich auch nicht feiern gehen selbst wenn man dann im Hotelzimmer bleibt bzw heimfahren muss oder ähnliches, zumindest wäre das die Vernünftige Entscheidung einer jeden Person die hier als Risiko-Person gilt.

[Ensimismado]

Den Ärger kann ich verstehen. Die Reaktion noch immer nicht. Aber ich hätte das wohl auch wie Freunde von uns gemacht: Standesamtlich einfach im sehr kleinen Kreis gefeiert und die geplante Hochzeit auf 2022 verschoben. Alles andere ist eben höchst risikobehaftet