Abgesehen von Wahlkampf und Parteipolitik sowie dem Umstand, dass "Nicht-Akademiker" ja nicht mit Hartz IV gleichzusetzen ist, ist diese Grafik bzw. sind diese Statistiken (die ja nun mal nicht wegzudiskutieren sind) ja immer wieder Thema und bereiten mir immer wieder Kopfzerbrechen.
Gibt es tiefer gehende Studien, welche die Ursachen dieser Zahlen analysieren? Ich stelle mir die Frage, wie genau das zustande kommt, immer wieder. Ich zähle mich zu den 8 % auf der linken Seite und kann - wenn ich meinen Bildungsweg reflektiere - tatsächlich wenig finden, wo "Akademikerkinder" einen nennenswerten Vorteil hatten.
Gerade auf der ersten Stufe bis zum Studienanfänger erinnere ich mich eigentlich an "Waffengleichheit" - mag vielleicht der ein oder andere den teureren Schulranzen gehabt haben, so hat ihm das "im schulischen Wettbewerb" zumindest keinen Vorteil verschafft. Lehrmittel usw. waren (zumindest zu meiner Zeit & meiner Erinnerung nach) kostenlos von der Schule gestellt.
Im Studium hatte ich dann (Achtung - enthält viele Klischees und basiert nicht auf einer repräsentativen Grundgesamtheit) eher den Eindruck, dass Kommilitonen bzw. frühere Mitschüler "ohne akademisches Elternhaus" mehr dazu neigten das Studium mit Ehrgeiz durchzuziehen, während diejenigen, die es schleifen ließen, eher aus Elternhäusern kamen, wo es kein Problem darstellte, ob das Söhnchen nun noch zwei, drei Semester an der Uni rumhängt & auf der elterlichen Tasche liegt.
Die Zahlen zeigen ja aber was grundlegend anderes. Vielleicht kann ja auch jemand aus dem Bildungsbereich (Octa?) seine Eindrücke schildern, wo dort die Hauptursachen liegen.
Es lassen sich zahlreiche Gründe für eben jene Verteilung finden. Du hattest wohl auch einfach nur Glück gepaart mit nötigem Ehrgeiz.
Zur Schule bzw. dem Schulabschluss. Sind die Eltern Akademiker, sind diese viel fordernder was den höchstmöglichen Bildungsabschluss angeht. Da wird quasi ein Abitur die Grundvoraussetzung und alles darunter wäre einem Scheitern gleichzusetzen. Durch die meist besseren finanziellen Möglichkeiten können die auch eher für wirklich hochkarätige Nachhilfe bezahlen und dadurch den Notenschnitt und den Erfolg im Bildungssystem sicherstellen.
Eltern, die selbst nie eine Hochschule besucht haben, fehlt dann dieses Mindset. Hat auch mehrere Gründe. Zum einen können diese ja durchaus zufrieden mit ihrem sorgenlosen Leben sein. obwohl sie "nur" eine berufliche Ausbildung vorweisen können". Da wird das Kind dann auch nicht in Richtung Uni gedrängt, sondern auch aufzeigt, dass man ohne Studium auch erfolgreich Geld verdienen kann und Spaß an den Jobs hat. Solche Schüler neigen dann eben auch trotz Abi zu einer Ausbildung, um vielleicht irgendwann ein Studium folgen zu lassen. Es spricht ja per se auch gar nichts gegen eine bewusste Entscheidung für Ausbildung und gegen Studium.
Zum anderen kann der Habitus der Eltern die Kinder aber auch bremsen. Gibt genug, die neidisch auf die Akademikergesellschaft und deren gebildeten Lebensstil blicken, dabei quasi auch einen Hass gegen alles, was damit zusammenhängt, entwickeln. Da werden Kinder natürlich nicht voll unterstützt. Eine weitere Möglichkeit: Viele Eltern, besonders die, die finanzielle Probleme und selbst keinen höheren Schulabschluss, sehen gar nicht, wie sehr das Kind von Bildung profitieren kann. Da fehlt es dann auch an Unterstützung und beispielsweise auch an einer Motiviation. Die Kinder werden nicht zum Lernen, Lesen, Hausaufgabenmachen animiert, sondern eher noch bei anderem unterstützt. Diese Kinder haben es dann natürlich ungleich schwerer bei der Erlangung des Abiturs. Da bedarf es schon einer Willensleistung der Kinder, um wirklich eine Chance im Bildungssystem zu haben. Für solche Fälle bräuchte es dann schon geschultes Personal, die dann wirklich eine Chancengleichheit herstellen und dem Kind die Wahl lassen.
Stichwort Studium. Akademikerfamilien haben meist mehr finanzielle Mittel, um die Kinder im Studium vollumfänglich zu unterstützen. Die können sich dann voll auf ihr Studium konzentrieren. Studierende aus "ärmeren" Familien müssen teilweise noch 20 Stunden pro Woche nebenbei arbeiten. Das ist dann brutal anstrengend und verlangt ihnen alles ab. Das halten sehr viele einfach auch nicht durch und brechen das Studium ab und die, die es schaffen, wechseln dann eher nach dem Bachelorstudium ins Berufsleben, weil mental und körperlich eine Fortführung des Studiums zu viel kaputt machen würden. Klar, Bafög etc. erleichtern einiges, aber versuche mal in den großen Städten auch mit Bafög-Höchstsatz über die Runden zu kommen. Das ist nahezu unmöglich, da die Mieten oft schon einen riesen Teil des Budgets fressen.
Warum dann weniger Promotion? Viele Kinder aus Familien ohne akademischen Hintergrund wollen dann einfach mal Geld verdienen. Freunde sind ja meist aus ähnlichen sozialen Schichten und können sich dann, weil ja weniger studieren etc., schon viel eher viel mehr leisten. Die haben dann mit 26 schon eine tolle Wohnung, ein neues Auto, fahren lange in den Urlaub etc. Das ging im Studium wegen der knappen Finanzen bei vielen nicht und die wollen dann auch endlich mal Geld verdienen oder haben gar kein Interesse mehr an einer Laufbahn in der Wissenschaft.