Btw, bzgl. Lance: Dem wird heute möglicherweise das Interview von Greg LeMond, das der in der Süddeutschen gegeben hat, schwer im Magen gelegen haben. Fuhr heute ja auch wieder spektakulär hinterher, mit über 4 Minuten Rückstand auf den Sieger. Cheesy
Das Interview ist widerlich und so ziemlich das schlechteste Stück Journalismus, das ich außerhalb der BILD-Zeitung je in Deutschland gelesen habe.
Ein paar Fakten vorne weg, es klingt in dem Interview ja schon an, aber nicht dass einer der Interviewer da näher drauf eingehen würde:
Greg LeMond hat sich im Jahre 2001, nach Armstrongs 3. Toursieg das erste Mal in der Öffentlichkeit negativ über Armstrong geäußert. Es ging damals in der Tat um den Doktor Ferrari. LeMond wurde aber in einem anderen Interview in amerikanischen Medien gefragt, ob sein Stolz nicht vielleicht auch etwas verletzt sei, da er nun nicht mehr der Amerikaner mit den meisten Toursiegen ist, sondern Armstrong mit ihm gleich gezogen ist und ein Ende von Armstrongs Siegesserie nicht absehbar war. Darauf antwortete LeMond, dass es für ihn nicht einfach ist das mitanzusehen, weil er durchaus auch noch ein paar weitere Toursiege in den Beinen gehabt hätte. Davon kann man nun halten, was man will, aber LeMond ist keineswegs ein unabhängiger Experte. Nachdem (nicht bevor!) Armstrong seine 3. Tour gewann, fing LeMond an, sich negativ über Armstrong zu äußern. Daraufhin hat LeMond tatsächlich alles verloren, besonders seine Marke, die nicht mehr bei Trek vertrieben wurde (der Grund ist aber auch ganz simpel derjenige, dass Trek das damalige Team US-Postal sponsorte. Armstrong persönlich hatte damals noch keinen Werbevertrag mit Trek, wie im Interview suggeriert wird, er fuhr für ein Team, das von Trek ausgerüstet wurde. Also da braucht LeMond sich nicht wundern, wenn er gegen das Aushängeschild eines Teams giftet und sich der Werbepartner dieses Teams dann von LeMond trennt).
So, dann zu ein paar inhaltlichen Fehlern im Interview. Armstrong hat im Jahre 2005 nicht aufgehört, weil positive Dopingproben aufgetaucht sind. Er hat schon lange vor der Tour de France seinen Abschied angekündigt, diese "positiven Dopingproben" (die nicht nach wissenschaftlichen Maßstäben untersucht wurden, das mal nebenbei) sind kurz nach der Tour von der L'Equipe publiziert worden. Da war Armstrong schon im Ruhestand. Die wurden auch nicht einfach unter den Tisch fallen lassen, wie LeMond es mit Hilfe der peinlichen Interviewer suggeriert, sondern es gab ganz einfach keine B-Proben von diesen positiven Proben. Darüber hinaus waren einige Proben von einer Etappe negativ, bei der darauffolgenden Etappe waren sie positiv, bei der Etappe danach wieder negativ. Das ist unerklärlich für EPO und grenzt die Aussagekraft der Proben ein wenig ein. Jedenfalls konnte man Armstrong mit den Proben nicht belangen.
Dann ist noch nicht klar, ob Armstrong diese Saison aufhört, wie es im Interview geschildert wird. Es wird lediglich seine letzte Tour sein, aber auch dies kündigte er schon eine Weile vor den ganzen "Enthüllungen" von Kollege Landis an.
Landis ist dann auch so ein Kaliber für sich. 2 Bücher hat er schon geschrieben, in denen er lang und breit erklärt, dass er unschuldig ist, er hat Hacker dafür bezahlt, sich in das Dopinglabor in Frankreich zu hacken, um Unterlagen zu klauen, er hat den Dopinglabormitarbeitern lang und breit erzählt, was für scheiße sie gebaut haben und wie unfähig sie seien, dass sie ihn damals positiv getestet haben...
Nun hat eben dieser Landis vor 3 Wochen das Ruder um 180° herumgerissen, nachdem sein Rennstall (RockRacing) Pleite gegangen ist. Auch davon natürlich kein Wort im Interview mit LeMond. Landis hat sich hoch verschuldet, man kann spekulieren, wieviel Geld er für seine "Enthüllungen" geboten bekommen hat, aber es wird ihm sicherlich geholfen haben.
Landis darf übrigens nicht nach Frankreich gehen, weil er dort per Haftbefehl gesucht wird.
Ich möchte mal klarstellen, dass ich auch denke, dass Armstrong dopt ohne Ende. Genauso wie es 80% aller professionellen Sportler weltweit tun. Genauso wie es Andy Schleck tut, wie es Alberto Contador tut, wie es Ivan Basso tat und tut, wie es Jan Ullrich tat, ... Finde ich das schlimm? Nö, wieso sollte ich? Kann ich es mir erlauben mit der Moralkeule durch die Gegend zu schwingen und zu sagen: "Also das ist aber Betrug, das gehört sich nicht"? Nein, mir fällt kein Szenario ein, welches mich in diese Lage versetzen könnte. Als Zuschauer wurde ich nicht betrogen. Ich habe spannende Duelle, epische Rennen und tolle Siege gesehen. Mehr wollte ich nicht. Wurden andere Sportler betrogen? Also bei der Dopingdichte im Sport fällt das wohl aus. Es ist ja nicht so, dass Doper weniger trainieren würden, als andere Fahrer. Die trainieren mindestens genauso viel, aber sie wollen eben noch die 5% oder 10% herausholen, die mit Doping möglich sind. Im Prinzip könnte man Doping komplett weglassen und die Siegerliste bei der Tour würde haargenauso aussehen. Mit Doping gewinnt man heute kein Rennen mehr, aber Doping ist die Voraussetzung, um überhaupt dabei zu sein. Also wer wird denn bitteschön durch Doping betrogen?!
Meinetwegen hat Armstrong gedopt, aber wer ist Landis, wer ist LeMond, dass sie mit dem Finger auf ihn zeigen und ihn als Verbrecher beschimpfen? LeMond hat nach eigenem Bekunden natürlich nicht gedopt, als er gefahren ist. So steht es auch im Interview. Also wer zum Teufel soll ihm denn das glauben? Für wie blöd hält der die Leser denn und wie blöd sind denn erst die Interviewer, dass sie überhaupt nicht nachhaken? Wieviel Geld ist denn da geflossen, um so ein Gefälligkeitsinterview zu bekommen, in dem Herrn LeMond brav aus der Hand gefressen wird?
Das macht dieses ganze Interview wirklich widerwärtig. Wer Moral predigt, sollte nicht moralinversucht sein.
So, nun ein aktuelles Wörtchen zum Geschehen des Tages: 520Watt ist eigentlich gar nicht soviel. Bei einem Einzelzeitfahren über 40km tritt Cancellara über 50Minuten fast 600Watt. Im Sprint erreichen die besten Fahrer 1500 Watt. Am Berg tritt Contador bei Angriffen auch so mit mindestens 700 Watt in die Pedale.
Trotzdem freut es mich gerade für Vino sehr. Er ist ein ganz besonderer Fahrer, seine Auftritte bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, bei Paris Nizza, bei der Dauphine, bei der Vuelta und natürlich bei der Tour bleiben immer in Erinnerung. Besonders die Jahre 2003 und 2005, in denen er mit seiner extrem kämpferischen Fahrweise immer für Spannung gesorgt hat. 2005 hat er immerhin auf den Champs Elysee gewonnen, das war ein Stück Radsportgeschichte. Kurzum: ich habe mich wirklich sehr gefreut