Ich bin da vielleicht auch unkonventionell. Ich finde auch Lebenslaeufe - zumindest was die beruflichen Stationen betrifft - eher uninteressant. Wenn die Stationen sehr kurz sind, oder es Wechsel gibt, die auf den ersten Blick eher wie ein Rueckschritt aussehen, dann sind das eher gute Einstiegspunkte um ins Gespraech zu kommen.
Dabei ist es fuer mich nicht relevant, wie gut einstudiert die Antwort ist und wie sehr diese "gefallen" mag, sondern wie glaubwuerdig mir die Kandidatin/der Kandidat erscheint.
Ich habe mal gefragt: "Warum sind sie von der Position XY zum Unternehmen ABC in die Position YZ gegangen, obwohl das doch eher ein Rueckschritt war, oder?"
Antwort: Meine damalige Freundin, die bei ABC gearbeitet hat, hat mich verlassen und ich konnte es nicht ertragen sie jeden Tag zu sehen, da war mir erstmal jeder Job Recht.
Hat mir damals imponiert, weil die Antwort sehr glaubwuerdig und ohne taktisches Kalkuel gegeben wurde.
In Lebenslaeufen interessieren mich aber vielmehr Dinge, die aussergewoehnlich sind. Soziales Engagement, besondere Hobbies oder andere Dinge, die darauf hinweisen, dass die Bewerberin/der Bewerber noch andere Interessen ausser den Job hat. Darueber kann man hervorragend ins Gespraech kommen und mehr erfahren, als ueber vermeintliche Fakten in einem polierten Lebenslauf.
Einen Bewerber, der nebenbei Basketballtraining fuer Kinder gegeben hat, habe ich gefragt, ob er eher LeBron oder eher Steph Curry sei. Antwort aus der Pistole geschossen: Weder noch, er sei kein Shooter, sondern eher ein Teamspieler. Er steht nicht gerne im Mittelpunkt. Hat mir mehr Infos gegeben, als vermutlich jede Frage zum Lebenslauf.
Am meisten Punkten Bewerberinnen/Bewerber aber, wenn sie von sich aus ueber Erfolge, Fehler und Herausforderungen erzaehlen und selbst auch gute Fragen stellen. Ich mache den Bewerbern immer klar, dass das ein Gespraech auf Augenhoehe ist und ich mich nicht fuer jemanden entscheide, sondern diese Entscheidung immer gegenseitig sein muss, damit das kuenftig eine erfolgreiche Zusammenarbeit wird. Wenn der Kandidat das versteht, dann entsteht auch viel eher ein Dialog als ein Frage-Antwort-Spiel, das sich ja letztlich auch immer wieder wiederholt.
Beste Frage, die mir dabei je gestellt wurde: Machen Sie ihren Job gerne?
Hintergrund: Ich moechte keine Fachidioten einstellen, sondern versuche Personen mit der richtigen Einstellung zu finden. Mein Job ist so "einfach", dass man die Inhalte lernen kann. Einstellung bringst Du aber niemandem bei - die bringt man mit, oder auch nicht.