Ich gehe davon aus, dass wir einfach zwei unterschiedliche Ansichten haben was Kerndisziplinen vom RPG sein sollten und was hier die Evolution ist. Für mich ist das Genre vielfältig: Dragon Age in all ihren Ausführungen neben BG3 oder den alten BG Teilen, Spiele wie Diablo oder Path of Exile, die Final Fantasy oder Persona Reihe und andere JRPGs, Grandia, die Dragon Quest Reihe oder Chrono Trigger, Golden Sun, die The Elders Scroll Reihe, World of Warcraft und andere MMORPGs, Ultima und vieles mehr. Kernzdisziplin vom RPG... Viele der aufgezählten Spiele werden sicher RPG zugerechnet und pfeifen auf irgendwelche Kerndiszipline und vereinen trotzdem genug Tropes, um dazu zu gehören.
Ja, ich gebe dir Recht, dass einige Serien und Spiele gestreamlined werden. Wenn die Spiele gut sind, haben die Unternehmen damit ziemlich großen Erfolg und sprechen eine sehr breite Maße an Spielern an, was ich wiederum toll finde, weil das die ganze Industrie beflügelt und Umsatz generiert, von dem wiederum kleinere Spiele profitieren können.
Für drei Freunde von mir war Witcher 3 das aller erste Spiel überhaupt. Die konnten das Spiel spielen, weil es einen absolut leichten Storymodus hat und die fanden es gut, dass sie neben der komplizierten Steuerung nicht noch am Rätseldesign scheitern konnten. Heute spielen sie Baldurs Gate 3.
Das mit den Normen sehe ich nicht so, weil ich denke, dass dieses Streamlinen eher individuell ist. Ein Fallout, wie du es beschreibst, klingt nach einem scheiß Spiel. Ein Dragon Age: Insquistion hat gute Dialoge, eine gute Handlung, ein gutes Companion Syste, und führt eine gut erzählte Welt konsistent weiter. Bioware bleibt in diesen Punkten seiner Linie treu und in diesen liegt meiner Meinung nach auch ihre Stärke als Spielehersteller. Es macht natürlich auch einige schlechte Dinge. Aber im Vergleich zu Fallout kreidest du hier an, dass es jetzt andere mechanische Tropes als früher verwendet und dadurch weniger komplex wurde. Ich halte das für zwei unterschiedliche Punkte.
Trends gibt es natürlich auch. Aber die gab es schon immer. Kurz vor 2000 musste unbedingt 3D sein. Vor 15-20 Jahren brauchten viele Spiele ein Moralsystem. Das ist komplett eingeschlafen. Vor ein paar Jahren wollte jeder Shooter ein Zombie- oder ein Battle-Royal Modus. Ein weiterer Trend war sicher mal die Open World, die heute eine ganz normale Design Entscheidung ist. Aber es gibt für alle diese Systeme immer genug Beispiele von Spielen die es machten, nicht machten, gut machten, schlecht machten oder erfolgreich oder nicht erfolgreich waren, um eine Norm davon abzuleiten.
Ich kann einem Designer auch irgendwie nicht verübeln, dass er Trends hinterherläuft. Im Vergleich zu der Menge an Spielen gibt ingesamt es sehr wenige Revolutionen.
Welches Ubisoft Spiel vergleichst du den mit dem Witcher? Eines der letzten Assassins Creeds?
Wo ich bei dir bin, auch wenn du es nicht so ausgedrückt hast, was ich aber glaube, aus deinem Text rauszulesen, wäre eine grundsätzliche Kritik an großen kapitalistischen Strukturen. Also, dass große Konzerte mit viel Stakeholderdruck nach Gewinn eher sichere Hafen ansteuern als große Risiken mit unsicheren Investitionen einzugehen. Da bewegen sich, wie du sagst, große Spielehersteller hin. Das geht aber auch Autobauern, Technologiefirmen, Smartphoneherstellern oder Modehäusern so. Man wächst, man muss weiter wachsen. Man hat ein Kernprodukt identifiziert und spezialisiert sich darauf mühsam. Nach der Spezialisierung kommt die Erschließung neuer Zielgruppen. Das sieht man bei großen Filmprodukten genau so, wie wir es hier bei großen Spielereihen sehen. Über 150 Millionen ist nur noch technische Innovation, aber wenig Inhaltliche.
Den sicheren Hafen steuern Ubisoft oder Bioware mit ihren großen Spielen sicher auch mal mehr oder weniger stark an. Du hast das, wenn ich mich nicht irre, in einem früheren Text sogar mal zu Larian geschrieben: Das Unternehmen ist aktuell so spezialisiert, dass es genau so unwahrscheinlich aus dem Nichts ein Dragon Age: Inquisition machen kann, wie Bioware ein BG3 machen könnte.
Aber das finde ich so normal, dass es die Kritik für mich irgendwie nicht lohnt... Deswegen sage ich hier ja ab und zu, dass es Larian oder FromSoftware irgendwann genau so geht wie Blizzard, EA oder Ubisoft. Jedes große Unternehmen war irgendwann mal der junge wilde Innovationsgeber... Die Frage ist nur wie tief sie fallen.