o Ich rufe Frau Huhn an, um nach der Analyse der Zahlen zu fragen. Sie sagt, die Analyse lägen bei ihrer Beratungsagentur, aber ihre Beraterin wäre jetzt erstmal drei Wochen im Urlaub.
o Die Probleme in der Filiale beginnen sich zu häufen. Ich erfahre, dass Günther alles andere als ein Teamplayer ist. Er lässt meine Anweisungen reihenweise unbeachtet und macht sich sogar lustig darüber. Ich erhalte ebenfalls erste Beschwerden von Ärzten, die darauf hinweisen, dass er ihre Patienten durch schlechte Beratung verunsichert.
o Katharina fängt bei mir an und alle freuen sich. Erika ist von ihr ebenfalls begeistert – aufgrund Erikas großer Erfahrung ist ihre Einschätzung für mich ein Maßstab.
o Aishe und ich führen ein letztes Gespräch, in dessen Verlauf ich erfahre, in welche Apotheke sie wechselt. Ich kenne die Situation dort aus erster Hand und weiß, dass die Apotheke finanziell sehr schlecht dasteht. Ich erwähne ihr gegenüber das, weil ich weiß, dass sie für ihre behinderte Schwester finanziell aufkommt. Weil ich sie nicht wissentlich ins Messer laufen lassen möchte, setze ich sie von der Situation in Kenntnis. Einen Tag später weist sie meine Hinweise als Lüge (!) von sich.
o Meine leitende PTA kommt zu mir und kündigt völlig unerwartet. Sie sagt, sie hätte die Arbeitszeiten satt. Ich frage sie entgeistert, warum sie denn niemals mit mir darüber gesprochen hat und sie sagt, sie hätte Angst gehabt, dass ich sie dann sofort rausschmeiße. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Sie war viereinhalb Jahre bei mir und niemals zuvor gab es auch nur annähernd eine Situation, in der dieser Ausgang möglich gewesen wäre. Ich verstehe die Welt nicht mehr.
o In der dritten Aprilwoche rufe ich Frau Huhn wieder an und frage nach dem Stand der Dinge. Sie sagt, ihre erste Bearbeiterin hätte noch immer keine Zeit, aber sie hat jetzt jemand anderen, der sich das anschaut. Ich drücke erneut aufs Tempo wegen der engen Personallage und frage, ob sie denn überhaupt noch interessiert sei (weil von ihr dieses Tempo nicht zu kommen scheint). Sie bejaht vehement.
o In der letzten Woche des Monats arbeitet Aishe für eine andere PTA, die Urlaub hat. Am Freitagmorgen schreibt sie mir per WhatsApp, dass sie für heute krank ist. Sie wäre aber die einzige Abend-PTA gewesen. Als ich das ins Team verkünde, um Ersatz zu suchen, sind alle sauer: Aishe hat die ganze Woche für diesen Tag Ersatz gesucht, weil sie abends jemanden vom Flughafen abholen will. Im Laufe des WhatsApp-Gespräches zwischen ihr und mir verplappert sie sich zudem. Ich breche den Kontakt zu ihr daraufhin vollständig ab, wie es die anderen auch tun.
o Am Monatsende sitzt die gesamte Belegschaft der Filiale in meinem Büro und beschwert sich über Günther: er lässt alle für sich arbeiten, während er selbst im Büro sitzt. Niemand weiß, was er dort tut. Ich ebenfalls nicht, denn er hat keinerlei administrative Aufgaben, die er im Büro zu erledigen hätte. Das Team ist daher sehr belastet und enttäuscht. Meine erfahrene PTA von dort ist inzwischen von Günther völlig entnervt, fühlt sich gar gemobbt. Ich selbst habe inzwischen ebenfalls erste Kostproben bekommen, denn er wirft mir in einer sehr langen WhatsApp Ungleichbehandlung vor, weil ich ihm zugesagte Urlaube wieder versagt habe und von ihm außerdem verlangt haben soll, sich entsprechend seiner Betriebszugehörigkeit hinten anzustellen. Beide Vorwürfe sind nicht nur haltlos, sondern wurden im monatlichen Betriebsnewsletter komplett anderslautend veröffentlicht (sein Urlaub wurde beide Male zugesagt, schriftlich). Mitarbeiter erwähnen ohne Ironie, dass er ein pathologisches Problem haben könnte. Erika lässt sich ihrerseits gegenüber Günther vermehrt zu spitzen Bemerkungen hinreissen, da sie ihn für komplett unfähig und unnütz hält. Erika selbst kann seinen Job der Filialleitung aber nicht übernehmen, da sie so viele Stunden nicht arbeiten kann. Sie arbeitet immer freitags und verbringt die Zeit damit, seinen Unfug der Tage Montag bis Donnerstag zu reparieren.
o In der Konsequenz muss ich immer mehr Personal in die wesentlich kleinere Filiale stecken, da dort die krankheitsbedingten Ausfälle steigen. Das wiederum wirkt sich negativ auf den Hauptbetrieb aus. Ich dränge Frau Huhn daher erneut zur Eile, da ich eigentlich mehr Personal einstellen müsste, das wegen der Übernahmeverhandlungen aber natürlich nicht tun kann (da ein Betriebskäufer alle Arbeitsverträge mitsamt dazugehörigen Personalkosten übernehmen muss).
o Meine erfahrene PTA scheidet mit beidseitigem Hörsturz vorerst aus und beschuldigt ganz alleine Günther dafür. Am Ende wird sie fünf Wochen fehlen. Ich entwickle inzwischen größte Abneigungen gegenüber meinem eigenen Betrieb. Er verursacht einfach nur noch Probleme und bindet ungeheuer viele Ressourcen. Das Problem für mich: ich weiß, dass die Filial-Apotheke (und Günther mit ihr) in kurzer Zeit Geschichte sein wird, da der Verkauf ja quasi beschlossene Sache ist. Ich kann es jedoch nicht öffentlich machen, weil ein Vertrag eben noch nicht unterzeichnet wurde und das Thema noch nicht an die Öffentlichkeit kommen darf. Eine furchtbare Situation für mich: ich sehe mein Team leiden, habe eine Lösung dafür und darf sie nicht kommunizieren.
o Vanessa tut der Klinikaufenthalt gut und sie erholt sich. Ich melde mich immer wieder mal und frage nach ihr.
o Ich entscheide mich, Ersatz für Günther zu suchen. Ich inseriere landesweit auf mehreren Kanälen. Nach zwei Wochen erhalte ich eine einzige Bewerbung: ein Kollege aus dem süddeutschen Raum, Ägypter und seit zwei Jahren in Deutschland. Er verlangt 75.000 Euro Jahresgehalt, ein Auto und eine Wohnung. Anmerkung: in meinen besten Filialleitertagen habe ich zwei Drittel davon erhalten ohne Auto und ohne Wohnung. Ich lehne also höflich ab. Weitere Bewerbungen kommen nicht rein. Aktiv von mir angesprochene Apotheker lehnen ab, weil sie nicht in die Region wollen, sondern eher nach Wuppertal (was zehn Minuten entfernt liegt). Befreundete Apotheker aus Düsseldorf und Köln wundern sich sehr über meine Erzählungen und auch über die Gehälter, die in meiner Stadt verlangt werden; sie selbst bieten zwanzig Prozent weniger und bekommen haufenweise Bewerbungen.