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Autor Thema: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"  (Gelesen 56242 mal)

Guddy-Ortega

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Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« am: 16.Juni 2021, 11:16:14 »

Liebe Leserin, lieber Leser.

Gleich scrollst du durch die ersten Posts und siehst Text soweit das Auge reicht. Keine Spieltage, keine Tabellen, nicht mal eine einfache Kadervorstellung.
„Was zur Hölle?“, denkst du vielleicht.

Diese Story, dieser Text, will in erster Linie eine Geschichte erzählen, erst in zweiter Linie orientiert sich diese Geschichte an meinem Spielstand im Football Manager 2021.

Sie erzählt in dieser dritten Episode die Geschichte von Ryan H. Kennedy.
Meistertrainer, Fast-Absteiger, Quitter, Zyniker, Kaffeejunkie und Gelegenheits-Choleriker.

Ich hoffe sie erzählt sie so gut, dass du keine Mühe hast dich durch den Text zu arbeiten und an der Geschichte hängen bleibst.
Falls nicht: Sag’s mir! Als Storyschreiber freue ich mich über nichts mehr, als über Feedback. Egal ob Lob oder Kritik. Feedback gibt mir das Gefühl, dass die Story gelesen wird und das freut mich.

Du musst Episode 1 und 2 nicht gelesen haben, um Episode 3 folgen zu können.
Meine ersten beiden Stories habe ich hier vor über acht Jahren geschrieben und unten verlinkt.

Jetzt will ich die Geschichte zu Ende erzählen.

Genug der Vorrede, es ist Zeit für „Freiheit“!

Episode 1

https://www.meistertrainerforum.de/index.php/topic,12996.0.html

Episode 2

https://www.meistertrainerforum.de/index.php/topic,14030.msg586517.html#msg586517




Die folgende Story ist frei erfunden und basiert auf meinem Spielstand mit dem FM 21 und meiner Fantasie.

Verwendete Grafiken und Fotos entstammen folgenden Quellen:

- Screenshots Football Manager 21
- Cut-Out Megapack (Spielerbilder) https://sortitoutsi.net/graphics/style/1/cut-out-player-faces
- Vereinswappen https://sortitoutsi.net/graphics/style/3/metallic-logos
- Lizenzfreie und von mir teilweise bearbeitete Fotos und Grafiken: https://pixabay.com/de/



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« Letzte Änderung: 07.April 2022, 16:36:57 von Guddy-Ortega »
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #1 am: 16.Juni 2021, 11:20:46 »



Der starke Westwind, der vom Atlantik direkt auf die zerklüftete Küste trifft, sorgt dafür, dass der Regen fast waagerecht gegen mein Fenster schlägt und den Blick nach draußen verschwimmen lässt. Die Gestalt, die sich, in einen gelben Regenmantel gehüllt, auf mein Haus zu bewegt und dabei gegen den Wind stemmt erkenne ich trotzdem am Gang. Zögernd gehe ich zur Haustür und öffne.

„Sagst du mir jetzt, dass ich ein schwer zu findender Mann bin, Jesper?“
, ich erinnere mich kurz an meine erste Begegnung mit meinem früheren Assistenztrainer Jesper Blomqvist.
„Nein, denn ich habe lange nicht nach dir gesucht. Mir war ziemlich egal wo du bist.“

„Das kann ich gut verstehen“, ich nicke meinem Freund, den ich im Stich gelassen habe, zu und bitte ihn herein.

Blomqvist schaut mir dabei zu wie ich gehäufte Löffel mit Kaffee in die Maschine schaufle.
„Was machst du hier im nirgendwo, Jesper?“ durchbreche ich vorsichtig die Stille.

„Ich will dir helfen, deine Dämonen zu vertreiben.“ „Mein Gott, wie dramatisch“, antworte ich ironisch. „Dramatisch war deine Flucht aus Schweden. Ich habe Granath nicht geglaubt als er mir sagte, dass du gekündigt hättest und er sich nun zwangsläufig bereit erklärt hätte Västerås wieder als Cheftrainer zu coachen.“

„Das ist acht Jahre her, Jesper“, sage ich vorsichtig.
Auf dringenden Rat der Präsidentin Eva Svensson war ich damals mit dem Sportdirektor und ehemaligem Trainer meines Arbeitgebers Västerås SK ein Bier trinken gegangen, um unsere schwelenden Konflikte zu lösen. Das Gespräch verlief kontraproduktiv. Kalle Granath hatte mir ehrlich eröffnet, dass er gedenke seine langjährige Arbeit als Cheftrainer des Vereins eher früher als später wieder aufnehmen zu wollen und auf seinen direkten Draht zu Svensson und seiner langjährigen Freundschaft zu ihrem verstorbenen Vater verwiesen.

Während er mir die sportlichen Fehleinschätzungen aufzählte, die in meiner ersten Saison in Schweden fast zum Abstieg geführt hätten, fiel mein Blick auf eine Person die drei Tische weiter mit dem Rücken zu mir saß. Der Journalist Ulf Hansdottir hatte meine Zeit in Västerås von Anfang an kritisch begleitet, seine enge Freundschaft zu meinem Vorgänger (und selbsternannten Nachfolger) Granath war kein Geheimnis. Ich begriff was gespielt wurde. Cheftrainer zu sein, bedeutet Leidenschaft und Herzblut einzubringen, ich hatte alles gegeben was ich konnte, nun würde ich mich nicht durch eine Intrige abservieren lassen. Ich stand auf, packte meine Sachen, kündigte bei Svensson und verließ Schweden. Meinem Freund und Assistenten Blomqvist hinterließ ich nur eine kurze Nachricht.

Blomqvist riss mich aus meinen Erinnerungen. „Ich weiß nicht was damals passiert ist, Ryan, ich denke wahrscheinlich so ziemlich das Gegenteil von dem was in der Zeitung stand. Aber es gibt einiges was ich weiß: Nach deiner Knieverletzung mit 21 Jahren, hast du dem Fußball für 10 Jahre komplett den Rücken gekehrt und nie auch nur ein Stadion betreten.
Als erfolgreicher Trainer einer finnischen Mannschaft die du sogar in die Champions League geführt hast, hast du alles hingeschmissen, als der Präsident ein paar Spieler verkauft hat. Und zum krönenden Abschluss hast du mich und eine junge Truppe sitzen lassen, weil ein drittklassiger Journalist und ein zweitklassiger Sportdirektor eine kleine Intrige gegen dich gesponnen haben.“

Blomqvist blickt mich direkt an, ich erwidre jetzt den Blick „Bist du den weiten Weg gekommen, weil du mir nach acht Jahren dringend erzählen musst, was bei mir alles schiefgelaufen ist?“ frage ich. Mein unrühmlicher Abgang löst bei mir immer noch Schuldgefühle aus und insgeheim bin ich froh Blomqvist zu sehen. Ich hatte selber nicht den Mut gehabt nach Schweden zu reisen, um mich zu entschuldigen.

„Nein, ich bin gekommen, weil es für dich dringend Zeit ist Widerstände zu überwinden.“
„Danke für die Küchen Psychologie Blomqvist, aber mir geht es hervorragend.“ Ich breite dabei die Arme aus und lächele etwas gequält.

Du bist der talentierteste Trainer mit dem ich zusammengearbeitet habe, aber immer, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert ist und dir das Wasser bis zum Hals stand, hast du gekniffen und bist untergetaucht. Es ist Zeit für dich sich zu befreien, und ich werde dir dabei helfen.“
„Fantastisch“, sagte ich süffisant. „Und wie?“.

„Du wirst mit mir einen neuen Verein übernehmen und dieses Mal bringst du es zu Ende. Du wirst es allen noch einmal beweisen. Ohne Fußball bist du doch sowieso nur ein halber Mensch. Es warten viele alte Dämonen auf dich. Dazu ein Projekt, dass dir so viele Grenzen setzt, dass du sie einreißen musst, um etwas erreichen zu können.“ Blomqvist lächelt erwartungsfroh.

„Ich kann es nicht ausstehen, wenn ein Fußballverein von sich als „Projekt“ spricht.“, sage ich.
„Ich weiß.“, antwortet Blomqvist und hält mir seinen leeren Becher hin. Ich schütte Kaffee hinein.
« Letzte Änderung: 07.April 2022, 16:37:36 von Guddy-Ortega »
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TheGroce

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #2 am: 16.Juni 2021, 22:58:37 »

Hab deine beiden vorherigen Storys geliebt und deine Ankündigung, eine neue Story zu bringen, hat mich begeistert!
Tatsächlich war auch deine erste Story später Anlass für mich, selbst einmal im FM eine Mannschaft in Finnland zu übernehmen :D

Anfang gefällt mir schonmal gut und ich freue mich auf die nächsten Parts :)
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #3 am: 17.Juni 2021, 09:31:39 »

Stark @TheGroce. Du bist ja sogar ein Poster aus Episode 1 ! Super, dass du wieder mit dabei bist. Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt die Kennedy-Story zu Ende zu bringen und bin deutlich besser vorbereitet als in Episode 2  ;), daher wird hier jetzt regelmäßig was kommen...
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #4 am: 21.Juni 2021, 11:31:15 »



„Ich halte dieses Projekt für äußerst spannend und freue mich Sie hier in Glasgow begrüßen zu dürfen“, sagt Barstone, der junge Chairman, der an der Stirnseite eines ovalen Tisches sitzt an dem auch Blomqvist und ich Platz genommen haben. Der kleine Konferenzraum befindet sich in einem Anbau des baufälligen Stadions, seine weiße Wand ist mit zahlreichen extrem bunten Bildern geschmückt, die kubische Formen in Neonfarben zeigen.

Ich wende meinen Blick von einem schrecklichen Bild an der Wand, das mit bunt ausgemalten Kästchen überzogen ist, ab und blicke wieder Barstone an. Der Enddreißiger mit sauber gescheiteltem dunkelblonden Haar und Dreitagebart fährt fort.

„Absolute Priorität hat für uns, dass unsere Visionen Wirklichkeit werden.“ sagt Barstone.
„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ entfährt es mir etwas barsch.
Barstone zieht langsam eine Augenbraue hoch.
Blomqvist meldet sich schnell zu Wort. „Wir sprechen lieber über Ziele, Herr Barstone, das klingt konkreter.“

„Ziele, von mir aus,“ lenkt Barstone ein. „Sprechen wir also über Ziele“.
„Das Ziel dieses Projektes...“, „Nennen wir es doch Club“, sage ich nun betont freundlich, „das klingt sportlicher.“ Blomqvist kräuselt die Mundwinkel aber Barstone scheint sich an unseren Wortklaubereien nicht zu stören. Er nimmt direkt den Faden wieder auf.

„Das Ziel dieses Clubs, Partick Thistle F.C., ist es der absolute Inbegriff für Jugend und Trainerausbildung in Schottland zu werden. Dieser Idee ordnen wir alles unter. Alle Mittel die uns zur Verfügung stehen wandern in die Infrastruktur, die Jugend und die Trainerausbildung. Ich möchte Ihnen außerdem etwas über Colin Weir erzählen, ihm hat dieser Verein für die Position zu danken, in der er sich jetzt befindet. Colin Weir ist, bzw. war ein früherer Jugendspieler und lebenslanger Fan dieses sehr alten Vereins. Mit 67 Jahren hatte dieser Mann das unglaubliche Glück einen hohen Betrag im Lotto zu gewinnen. Einen wirklich signifikant hohen Betrag. Nachdem er Anteile an diesem Verein gekauft hat und einen Trust für die Finanzierung des Clubs entwickelt hat, hat er einen Teil dieses Geldes in den Aufbau einer Trainingsinfrastruktur für die Jugendausbildung investiert. In einem Vorort von Glasgow hat er ein großes Gelände erworben und dort zahlreiche Trainingsplätze und Sportanlagen geschaffen. Auch unsere Clubverwaltung befindet sich dort. Ich habe in diesen Anbau hier einen Konferenzraum untergebracht, um mit Sponsoren und neuen Mitarbeitern erste Gespräche direkt am Stadion führen zu können. Wir werden anschließend raus zum Trainingsgelände fahren. Auf die Thistle Weir Jugend Akademie sind wir hier zurecht stolz. Leider ist Colin Weir vor einem Jahr verstorben. Seine Idee, Partick zu einem, auf den britischen Inseln, bekannten Ausbildungsverein zu machen, lebt aber weiter.“ Barstone holt kurz Luft und fährt fort.

„Unser Verein hat 2018 noch in der höchsten Schottischen Liga, der Premiership, gespielt. Nach zwei Abstiegen, finden wir uns nun jedoch in der dritten Liga wieder. Die Initiative von Colin Weir hat diesem Club aber neues Leben eingehaucht, jetzt ist Zeit für einen Neuanfang, neue Ideen, neue Ziele. Nach dem Tod von Colin wurde mir durch seinen Trust die Aufgabe anvertraut seine Pläne umzusetzen. Ich habe dafür prominente Unterstützung bekommen.“ Barstone nickt Blomqvist zu.


„Jesper Blomqvist teilt unsere Ideen, auf seine drängende Empfehlung hin haben wir sie eingeladen, Herr Kennedy. Sie sollen als Cheftrainer unserer ersten Herrenmannschaft die Ausbildung unserer Spieler zum Abschluss zu bringen. Sie würden sozusagen die Abschlussklasse leiten. Ihrer Anwesenheit entnehme ich, dass sie diesem Angebot nicht ganz abgeneigt scheinen. Jesper hat ihnen sicherlich von unseren Plänen berichtet. Er hält sie für den besten Förderer von jungen Talenten mit dem er bislang Zusammenarbeit hat. Deshalb sind sie hier. Wir wollen alle Kräfte bündeln, um unser Ziel zu erreichen.“

„Jesper hat mich gebeten mir ihre Idee einmal anzuhören.“
antworte ich nüchtern.

Barstone schenkt sich etwas Matetee ein und hält mir die Flasche hin. Ich schüttele den Kopf.
„Kein Freund des Koffeins, Herr Kennedy?“,„Durchaus“, antworte ich einsilbig,„als Heißgetränk“, Barstone blickt etwas verwirrt auf die Mate Flasche findet aber schnell wieder den Fokus.

„Ok Herr Kennedy, das Ziel dieses Vereins habe ich ihnen verdeutlicht. Für den Weg zum Ziel möchte ich nun noch konkreter werden. Mit meinen Vorstandskollegen habe ich einen 5-Jahresplan erstellt der auch für ihren Arbeitsbereich bestimmte Handlungsvorschläge vorsieht. Wir sprechen gerne von Guidelines, die ich ihnen kurz erläutern möchte.“


Ich blicke flüchtig mit einem leicht fragenden Blick rüber zu Blomqvist, aber Barstone fuchtelt schon mit einer kleinen Fernbedienung in der Hand herum. Auf einen Knopfdruck hin rollt sich von der Decke eine Projektionsfläche ab, die dankenswerterweise nun immerhin eins der abscheulichen Bilder verdeckt. Nach einem weiteren Knopfdruck erscheint ein Text den Barstone mit fester Stimme vorliest.

„Guideline 1: Sie dürfen maximal 3 Spieler verpflichten, die über 18 Jahre alt sind. Die Neuzugänge sollten zudem ablösefrei sein, das Geld ist in unserer Jugendausbildung besser aufgehoben. Wir wollen den vollen Fokus auf die Ausbildung junger Talente legen. Bei Spielerverpflichtungen unter 19 Jahren haben sie aber alle Freiheiten. Wir möchten so vielen jungen Talenten wie möglich eine Ausbildung bei unserem Verein anbieten, es gibt daher keine Beschränkungen bzgl. Nationalität oder Zahl der Neuverpflichtungen. Sollten sie von ihren drei Neuverpflichtungen über 18 Jahren einen Spieler abgeben, darf sein Platz in der Mannschaft nachbesetzt werden. Auf den aktuellen Kader dürfen sie altersunabhängig zugreifen. Ihnen stehen also drei Kaderplätze für Verpflichtungen von Spielern über 18 Jahre zur Verfügung.“


"Guideline 2: Spielern, die den Verein verlassen möchten, um den nächsten Schritt in ihrer Karriere zu machen legen wir keine Steine in den Weg. Wir sind ein Ausbildungsverein und diese Spieler ermöglichen mit ihrer Ablöse anderen Talenten einen Weg in den bezahlten Fußball. Die von Colin Weir durch seine großzügige Spende zur Verfügung gestellte Infrastruktur ist eine Art Anschubfinanzierung. Der Unterhalt des Trainingszentrums und unser umfassender Staff im Jugendbereich werden monatlich einen Betrag von etwa 125K benötigen. Für diese Saison ist die Finanzierung gesichert, wir werden aber mittelfristig Transfererlöse brauchen, um die Jugendausbildung sicherzustellen und weiter zu verbessern."



Guideline 3: Unser Scouting beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit U19 Spielern. Mittelfristiges Ziel ist es die stärkste U19 Schottlands zu stellen und möglichst viele Jugendnationalspieler in unseren Reihen zu haben. Das ist für uns ein Imagefaktor der unsere gute Arbeit belegt und unseren Verein für andere Talente interessant macht. Wir zahlen am liebsten keine Ablöse für U19 Verpflichtungen, sondern geben stattdessen Spielern von Amateurvereinen oder ausgemusterten Talenten von großen Clubs eine zweite Chance.


Guideline 4: Wir etablieren ein Spielsystem mit Wiedererkennungswert, dass von der ersten Herrenmannschaft bis zu den U- Mannschaften gespielt wird und auf das alle Talente gezielt geschult werden.


Guideline 5: Wir versuchen die besten Trainer, Scouts und Analysten zu verpflichten und deren Ausbildung stetig voranzutreiben. Zudem wird neben den Human Ressources auch die Infrastruktur beständig weiterentwickelt. Das umfasst die Trainingsbedingungen aber auch die Datenanalyse, das Scouting und die medizinische Abteilung. In allen Bereichen wollen wir Schottischer Spitzenreiter werden.


Das sind unsere Guidelines für unser großes Ziel in 5 Jahren die erste Ausbildungsadresse für junge Talente in Schottland zu werden.“

Gegen Ende seines Vortrags wird Barstone fast euphorisch und seine Stimme überschlägt sich etwas. Er beendet die PowerPoint Präsentation die jeden seiner gesprochenen Sätze auf die Projektionsfläche geworfen hat und blickt mich erwartungsvoll an.

„Hochinteressant und sehr professionell“
, antworte ich nüchtern ohne auch nur einen Funken der Euphorie Barstones auszustrahlen. Was hatte sich Blomqvist nur dabei gedacht mich hierherzuholen?

„Ich hätte da noch eine kurze Rückfrage“, sage ich. „Hat dieser Verein auch sportliche Ziele?“

„Sportliche Ziele?“Barstone blickt mich fragend an. Dann scheint er sich wieder zu fangen.
„Ach so, natürlich. Wie sie sicher wissen sind wir in der letzten Saison aus der Championship, der 2. schottischen Liga abgestiegen. Viele Leistungsträger haben uns danach verlassen, wir sehen die Situation positiv und als gute Gelegenheit für einen Umbruch und die Umsetzung unseres Nachwuchskonzeptes. Hierfür wäre es aber sicherlich gut, wenn wir in der kommenden Saison den Wiederaufstieg schaffen und die 2.Liga dauerhaft halten. Zwar haben wir 2018 noch in der ersten Liga gespielt, wir betrachten die Championship aber als hervorragende Plattform, um unsere Talente zu entwickeln und möchten gerne langfristig in dieser Liga bleiben.“

„Und ein Wiederaufstieg in die erste Liga würde ihre sportlichen Pläne durchkreuzen?“ frage ich ironisch.
Barstone ist kein Freund der Ironie, oder er versteht keine, er antwortet nüchtern:
„Mit Blick auf den Kader stellt sich diese Frage nicht und Investitionen in den Kader sind, wie bereits erklärt, nicht vorgesehen.
Außerdem sind sie sich sicher darüber im Klaren welche Strahlkraft unsere Nachbarn Celtic und die Rangers auf unsere Jugendspieler haben. Wer es bei uns schafft, kann den nächsten Schritt machen. Dieser Position sind wir uns als dritter Verein in Glasgow vollkommen bewusst, da braucht es keine Luftschlösser.“


Es klopft an der Tür und eine junge Assistentin betritt den Raum. „Herr Barstone? Herr Clarke wartet auf ihren Rückruf.“ Barstone steht sofort auf.„Entschuldigen Sie mich bitte für einige Minuten. Herr Clarke ist Mitglied und ein großer Unterstützer dieses Vereins. Er ist ein wichtiger Partner für unsere Zielerreichung. Ich würde ihnen gleich gerne noch das Vereinsgelände zeigen und ihnen einige Mitarbeiter vorstellen. Ich bin gleich zurück.“
Ich nicke und Barstone schließt die Tür.

„Das hier kann jawohl nicht dein Ernst sein Jesper“, entfährt es mir sofort.
Blomqvist schmunzelt „Ich wusste, dass du auf Barstone so reagierst“,
„Was mache ich dann hier? Guidelines, Visionen, Projekte...“ äffe ich Barstone nach.
„Du hast selber lange von Vorträgen zu diesen Themen gelebt Ryan, ich hätte gedacht, dass du
dem Ganzen etwas offener gegenüber stehst.“
sagt Blomqvist.
„Du hast mich als Trainer hier hergezerrt und ich höre mir hier zwei Stunden etwas über Rahmenbedingungen für meine Arbeit an, um am Ende mitgeteilt zu bekommen, dass es keine sportlichen Ziele gibt, außer bis zum jüngsten Gericht Zweitligist zu bleiben.“

„Abwarten Ryan. Wenn du in ein paar Stunden deine Meinung nicht geändert hast, lasse ich dich kommentarlos zurück nach Irland.“

„Wie bist du überhaupt an diesen Job gekommen?“
frage ich immer noch etwas aufgebracht, „was hast du denn mit dem schottischen Fußball zu tun, du hast doch in England und Italien gespielt aber doch nie hier!“

„Ein guter gemeinsamer Bekannter hat mich angerufen und den Kontakt hergestellt“,erwidert Blomqvist süffisant lächelnd.

Bevor ich nachbohren kann, öffnet sich die Tür wieder und Barstone steckt den Kopf herein.
„Sie müssen entschuldigen, Herr Clarke könnte ein weiterer wichtiger Baustein für die Zukunft dieses Vereins sein. Ich muss noch einige Details mit ihm besprechen und kann daher die Führung über das Vereinsgelände nicht übernehmen. Unser Leiter Jugendentwicklung wird für mich einspringen und sie gleich hier abholen. Er hat mir genauso wie Herr Blomqvist viel von ihnen erzählt, Herr Kennedy. Sie kennen sich. Sein Name ist John O‘Shea.“

Ich schaue Blomqvist an, dessen Mund sich wieder zu einem Schmunzeln kräuselt.
Jesper, du alter Fuchs, denke ich.

« Letzte Änderung: 12.November 2021, 10:56:39 von Guddy-Ortega »
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fussballmonster

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #5 am: 21.Juni 2021, 14:56:16 »

Liest sich sehr gut. Und dann lese ich ständig Jesper, so heißt mein Sohn. Und dann noch in Schottland.
Viel Erfolg.
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #6 am: 21.Juni 2021, 15:02:11 »

Danke, dir auch viel Erfolg! Bei deiner Milf mit Honig bin ich gestern fast vom Stuhl gefallen  ;D.
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fussballmonster

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #7 am: 21.Juni 2021, 16:01:01 »

Danke, dir auch viel Erfolg! Bei deiner Milf mit Honig bin ich gestern fast vom Stuhl gefallen  ;D.
Sehr lecker, absolut zu empfehlen.
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #8 am: 22.Juni 2021, 12:48:21 »



Bis zu meiner Knieverletzung galt ich nun nicht unbedingt als Wunderkind aber mein Einsatzwillen und meine Entschlossenheit hatten mich als durchschnittlich talentierten Stürmer immerhin bis in die irischen U-Nationalmannschaften gebracht.

Hier bekam ich es im Training regelmäßig mit dem hünenhaften aber gutmütigen John O’Shea zu tun, es entstand eine enge Freundschaft, bis sich unsere Wege im Fußballgeschäft trennten, John machte Karriere bei Manchester United und spielte dort auch mit Blomqvist in einem Team, ich ging nach meiner Verletzung an die Uni und fand erst ein Jahrzehnt später den Weg zurück in den Fußball – genaugenommen auf die Trainerbank eines finnischen Erstligisten. Man hat sich lange aus den Augen verloren,
mein Ärger weicht und Aufregung macht sich in meiner Magengegend breit.

Blomqvist durchbricht meine Gedanken. „Wir haben über dich gesprochen Ryan. Er ist schon in deiner Zeit bei TPS wieder auf dich aufmerksam geworden. John freut sich dich wiederzusehen.“

„Du hättest es mir sagen können“
, sage ich etwas mürrisch. „Ein paar Joker wollte ich noch im Ärmel haben.“ sagt Blomqvist und die Tür öffnet sich erneut.

„Ich sehe ihr habt die Präsentation schon hinter euch gebracht“, sagt John O‘Shea und betritt lächelnd den Konferenzraum. „Schön dich wiederzusehen“, fügt er an und schüttelt mir fest die Hand.  Dreißig Minuten später wandern wir an vielen aneinander gereihten Fußballplätzen vorbei auf denen Mannschaften unterschiedlichster Altersgruppen trainieren.

„Es ist außergewöhnlich, was hier in kurzer Zeit geschaffen wurde. Colin Weir hat hier ein Vermächtnis geschaffen von dem hoffentlich viele junge Spieler profitieren werden.“ sagt O’Shea. “Die Infrastruktur ist hervorragend. Als Barstone mich anrief und mir den Job als Head of Youth Recruitment angeboten hat, habe ich gezögert. Aber dieses Trainingsgelände hier, die Akademie, das Internat und die Aussicht junge Fußballer aus Großbritannien und Irland auszubilden haben mich überzeugt. Wir haben hier trotz der Guidelines viele Freiheiten in unserer Arbeit, hervorragende Mitarbeiter und Trainingsanlagen.“

„Er ist etwas sonderbar“, sage ich. „Barstone?“ fragt O‘Shea. Ich nicke.
„Er wirkt ein bisschen als wäre er der Wahrheit auf dem Platz etwas entrückt“, sagt O‘Shea, „aber er war ein guter Fußballer. Er war talentiert, nur Verletzungen haben ihn daran gehindert im Profifußball Karriere zu machen. Was das betrifft seid ihr euch sehr ähnlich. Außerdem ist er ein absolut akribisch arbeitender Chairmen. Er wird sich umfassend über dich informiert haben. Alleine die ganzen Fragen die Blomqvist und ich beantworten mussten, als wir dich als Option für dieses Amt vorgeschlagen haben. Bei jedem Gespräch, dass du mit ihm führst solltest du davon ausgehen, dass er top vorbereitet ist. Nur das sportliche Hier- und Jetzt ist nicht so sein Bereich.“

„Ihr habt mich hier ganz schön unwissend auflaufen lassen“, ich blicke nun wieder Blomqvist an. „Alles Teil des Plans. Wärst du denn gekommen, wenn ich dir eine vorab Präsentation geschickt hätte?“, sagt dieser. „Unwahrscheinlich“, bestätige ich.

„Wie beurteilst du denn die aktuelle Perspektive der Mannschaft?“, frage ich O’Shea.

„Als schwierig“, antwortet O‘Shea nachdenklich. „Viele Leistungsträger haben den Verein verlassen. Es wird schon eine Herausforderung den Wiederaufstieg zu schaffen. Gleichzeitig haben wir bis in die U13 vielversprechende Talente, die die Perspektive Championship für Ihre Entwicklung brauchen. Es wird ein Spagat mit den wenigen verbliebenen erfahrenen Spielern und nachrückenden Talenten sportlich erfolgreich zu sein. Dazu kommt Barstones Transfer-Guideline. Kein einfacher Job.“

Inmitten der Fußballplätze taucht ein zweistöckiges Bürogebäude mit Dachterrasse auf, das obere Stockwerk ist voll verglast. Hochmodern sieht es mitten zwischen den Fußballplätzen aus, wie ein gelandetes Raumschiff.

 „Hier liegt mein Büro, die Scoutingabteilung und euer Büro. Solltest du dich bereit erklären die Aufgabe anzugehen, versteht sich“, O‘Shea zeigt auf das Bürogebäude.

Wir betreten das Gebäude und einen weiteren Konferenzraum, der jedoch in einem komplett anderen Stil gehalten ist als der Konferenzraum des Vorstandes. Eine Wand ist mit Panoramafenstern verglast, die den Blick auf die anliegenden Fußballplätze und dahinterliegenden Wald freigeben. An den anderen Wänden hängen gerahmte Partick Trikots mit Spielernamen.

„Und du betreust die U-Mannschaften, John?“, frage ich. „Alles unterhalb der U18“, antwortet O’Shea „außerdem begleite ich auch die Ausbildung der Jugendtrainer und vermittle das taktische Konzept des Vereins, das wir drei hoffentlich gemeinsam erstellen können. Ich zeige euch noch kurz das Trainerbüro.“

Das Büro, welches wir betreten ist ähnlich geschnitten wie der Konferenzraum zuvor. Eine Wand ist verglast und man überblickt die Fußballplätze. Vor dem Fenster mit Blick nach draußen steht ein Sofa. Zwei Schreibtische stehen an den Seiten des Raumes. An der Rückwand befindet sie neben einem großen Fernseher noch eine fast mannshohe Taktiktafel. Daneben sind ausgeschnittene Spielerbilder auf Magneten befestigt. Ich blicke mich um, alles erinnert mich an das gemütliche Büro von Blomqvist und mir bei Västeras.

„John kannst du uns kurz allein lassen? Ich muss kurz mit Blomqvist hier noch ein Hühnchen rupfen“, bitte ich O‘Shea. Dieser geht und ich wende mich Blomqvist zu.

„Langsam glaube ich, dass ist hier alles eine große Verschwörung. Dieses Büro zum Beispiel, alles ist gestaltet wie in Schweden. Und dann kommt noch mein alter Freund John um die Ecke, den ich zwanzig Jahre nicht gesehen habe und möchte mit mir ein „nachhaltiges taktisches Konzept entwickeln“
, ich blicke zu Blomqvist.

Der lacht. „Du sollst dich hier deinen alten Dämonen stellen, Grenzen sprengen, dich behaupten und nicht einknicken. Es hat niemand gesagt, dass du dafür nicht ein bisschen Unterstützung und ein gemütliches Umfeld bekommen darfst.“

„Du hast wirklich alles getan, um mich zu überzeugen, oder?“. Sage ich nun etwas weicher in der Stimme.

„Das hoffe ich.“
sagt Blomqvist. „Aber warum?“, frage ich. „Das war von meiner Seite vor acht Jahren kein rühmlicher Abgang.“ Blomqvist nickt. „Da hast du recht. Aber das ist lange her. Ich glaube man erinnert sich eher an die guten Zeiten, so kann man mit der Vergangenheit besser leben. Ich erinnere mich gerne an unsere guten Zeiten und hätte große Lust sie hier noch einmal aufleben zu lassen. Hier hast du einen Chairmen, der dir klare Grenzen setzt. Eine Mannschaft, von der alle Experten sagen, dass sie nach zwei Abstiegen am Boden liegt. Den Zwang Spieler zu verkaufen und die Mannschaft immer wieder neu aufzubauen. Aber du hast auch ein verdammt gutes Coaching Team und Freunde um dich herum. Es ist Zeit alte Fehler wieder gut zu machen und die Geschichte zu Ende zu schreiben, Ryan.“

„Ok“, sage ich schnell aus dem Bauch heraus. „Ok?“ fragt Blomqvist. Ich nicke. „Ich bin dabei.“



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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #9 am: 23.Juni 2021, 17:33:31 »




„Ihr Vertrag wird einen hohen Loyalitätsbonus bei Vertragserfüllung beinhalten.“
erklärt Barstone am nächsten Tag in seinem Büro. „Mit ihrer Unterschrift erklären sie sich zudem mit der Beachtung unserer Guidelines einverstanden.“
Ich murmele etwas Unverständliches, was aber affirmativ klingen soll in meinen nicht vorhandenen Bart und greife zum Kugelschreiber, den Barstone mir hinhält.

„Die zusätzliche Anschubinvestition des Weir-Trusts über zwei Millionen wird zur Hälfte in die Jugendabteilung und zu anderen Hälfte in die 1. Mannschaft fließen. Sie haben also ein Gehaltsbudget von einer Million. Wir erwarten, dass sie davon auch alle Staffpositionen bezahlen und besetzen. Ein Transferbudget ist nicht vorgesehen, da wir keine Ablösezahlungen leisten möchten. Unsere Jugend und Trainerausbildung kostet uns monatlich 125k. Eine enorme Summe für unseren Verein an der jedoch nicht gespart wird. Wir werden also Transfererlöse erwirtschaften müssen. Eine jährliche Investition des Trusts ist nicht zu erwarten, sondern es müssen zusätzliche Mittel eingeworben oder über Ablösen generiert werden.“

Ich unterschreibe einen Vertrag über 2 Jahre mit einem lächerlichen Grundgehalt.

Am nächsten Morgen sitze ich schon früh in unserem neuen Büro auf dem Sofa und blicke aus dem Fenster über die Fußballplätze und den dahinter auftauchenden Wald, über dem Nebel aufsteigt. Es ist Ende Mai. Die Saison wird bereits in einigen Wochen beginnen. Ich kann es nicht abwarten wieder auf dem Platz zu stehen.

„Also“, beginne ich und blicke rüber zu Blomqvist, der noch an der Kaffeemaschine hantiert „Wie werden wir innerhalb von 5 Jahren schottischer Meister?“ Blomqvist lacht laut „Hast du etwa eine Vision?“ fragt er. „Nein, ein sportliches Ziel“, antworte ich und grinse.

Blomqvist setzt sich mit einer Tasse Kaffee in der Hand neben mich aufs Sofa. „Wir haben drei Spots für Spieler über 18. Das müssen absolute Granaten sein, die unsere Schwächen beheben. Wir brauchen ein klares Bild von unserem Kader, anschließend müssen wir scouten, wie wir noch nie gescoutet haben.“ Ich nicke. „Schottischer Meister“, murmle ich.
„Aktuell: Schottischer Drittligist“, korrigiert mich Blomqvist. „Mittelfristig hängt unser Erfolg von den U19 Spielern ab“, sagt Blomqvist. „Hier haben wir alle Freiheiten, hat Barstone gesagt“, ergänze ich. „Die sollten wir nutzen.“

Blomqvist blickt nun auch aus dem Fenster „Während wir bei den drei Spielern über 18 Jahren Volltreffer landen müssen, können wir bei den Jugendspielern in die Breite streuen, ihnen ein oder zwei Jahre in der Reserve oder der U19 geben und dann gucken wer den Sprung machen kann.“ Sagt er. „Dann sollten wir damit beginnen, zu schauen, welche Jugendspieler von guten Clubs keine neuen Verträge bekommen haben.“ Erkläre ich.

Wir nehmen beide noch einen Schluck Kaffee und blicken in den Nebel. „Schottischer Meister“, sagt Blomqvist nun leise.
„Hör auf zu träumen und fahr die Datenbank hoch“, sage ich lächelnd.

Blomqvist, O’Shea und ich nutzen die nächsten Tage auch dazu, einen klaren taktischen Plan zu entwickeln. Da wir mit dem Aufbau des Vereins ein langfristiges Ziel verfolgen, ist uns zunächst ziemlich egal, inwieweit der aktuelle Kader zu unserer Spielphilosophie passt. Wer nicht reinpasst würde sich entweder anpassen müssen, oder könnte gehen.

Wir wollen modern spielen. Immer Druck auf den Ball ausüben und nach Ballgewinn schnell abschließen. Power, Geschwindigkeit, Spektakel. So zumindest die Idee. Ob das mit schottischem Drittligafußball vereinbar war, würde sich erst noch zeigen.


« Letzte Änderung: 23.Juni 2021, 20:27:43 von Guddy-Ortega »
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AndreH

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #10 am: 23.Juni 2021, 18:37:01 »

Sehr sehr schön geschrieben. Wünsche dir viel Glück!
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Tibor

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #11 am: 23.Juni 2021, 19:33:51 »

Da schaut man nach Ewigkeiten wieder hier ins Forum und genau da startest grade DU wieder eine Story. Großartig. Ich habe schon die ersten beiden sehr gerne verfolgt und werde das auch dieses Mal wieder mit Freude tun. Viel Spaß & Erfolg dabei!
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Karagounis

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #12 am: 23.Juni 2021, 19:42:01 »

Ohne die Stories 1 & 2 zu kennen (bei Gelegenheit werde ich das nachholen), macht das einen super ersten Eindruck. Ich bin dabei und auf ein gutes Gelingen!

Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #13 am: 24.Juni 2021, 08:46:20 »

Danke fürs Feeback @Karagounis und André!
@ Tibor: Perfektes Timing! Super, dass du als Veteran mit dabei bist. Hatte die ganze Zeit, das Gefühl, dass ich dringend noch etwas zu Ende bringen muss, nachdem ich Episode 2 einfach habe auslaufen lassen. Umso schöner, wenn meine alten Leser wieder mit von der Partie sind.
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #14 am: 24.Juni 2021, 14:51:17 »



Zwei Wochen später versammle ich die ganze Mannschaft zum Trainingsauftakt auf dem Trainingsplatz direkt vor meinem Büro.
Während alle unter Vertrag stehenden Spieler in einer Reihe stehen und versuchen nicht zu blinzeln obwohl Ihnen die Sonne ins Gesicht scheint, setze ich, flankiert von Blomqvist und O’Shea, zu meiner Eröffnungsrede an.

Ich spreche von einer neuen Art Fußball zu spielen, von kompromisslosem Pressing, 100% Einsatz, der Verpflichtung des Wiederaufstieges, der vollkommenden Identifikation mit Verein und Aufgabe. Niemand der hier sein sollte, wenn er nicht möchte.
Und dem Ziel der Vorbereitung: Mit einem eingeschworenen, kleinen Kader in die Saison zu starten in dem wirklich jeder weiß, was sein Job ist.

Als eine Stunde später urlaubsversteifte Gelenke in einem Trainingsspiel neandertalerhaft versuchen eine Art Ballsport auszuführen sacke ich innerlich ein wenig zusammen. „Wir haben 6 Wochen diesen Kader zu verschlanken und aus dem 19. Jahrhundert in die Fußballmoderne zu teleportieren“, stöhne ich. „Mein Gott, ich dachte hier spielen Profis“, murmelt Blomqvist. O’Shea kann seinen Blick vom Spiel nicht abwenden wie ein Gaffer von einem Autounfall und stöhnt bei Fehlpässen nur kurz aber merklich auf.

Eine Woche später ziehen wir im Büro eine erste Bilanz. „Die Mannschaft hat die Kreativität eines Busfahrplans“, erklärt Blomqvist ernüchtert. „Im Zentrum müssen wir handeln“. Ich nicke. „Außerdem gibt es auf den Flügeln keine Tiefe im Kader und dem einzigen brauchbaren Linksverteidiger liegt ein Angebot von Dundee F.C. vor.“ Blomqvist beendet sein Fazit.

Barstone hatte uns einige Tage zuvor informiert das Dundee F.C. Interesse an unserem Linksverteidiger James Penrice gezeigt hat. Wir hatten gemäß unserer Guideline daher Verhandlungen aufgenommen und der Deal stand vor dem Abschluss. Die am schwersten zu besetzende Position im Fußball musste also neu gescoutet werden.

„Halten wir fest:“ sagt O’Shea. „Wir brauchen mindestens zwei Kreative im Zentrum, Startelf- und Backup-Flügelspieler sowie einen Linksverteidiger.“. „Das alles mit nur drei Verpflichtungen über 18“, ergänze ich. „Ich mach mal Kaffee. Das werden lange Nächte.“, sagt Blomqvist.

Ich setzte mich aufs Sofa und blicke noch mal auf die Tafel an der wieder Spielerbilder hängen, die auf Magneten befestigt sind und unserer Kaderplanung zeigen. Immerhin gibt es einen Stamm an erfahrenen und brauchbaren Holzfüßen auf dem man aufbauen kann. Wir müssen nun die letzten Puzzlestücke finden.




Acht vakante Positionen gilt es zu besetzen, damit wir unseren 18er Kader beisammenhaben. Dieser kann dann bei Sperren oder Verletzungen aus der Reserve oder der U19 aufgefüllt werden. Am meisten drückt der Schuh auf der Linksverteidiger Position und im zentralen Mittelfeld.
« Letzte Änderung: 24.Juni 2021, 20:36:18 von Guddy-Ortega »
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Akumaru

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #15 am: 24.Juni 2021, 22:41:45 »

Einige Baustellen, die es zu beheben gilt. Bin weiterhin dabei und finde die Story bisher sehr spannend!

Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #16 am: 25.Juni 2021, 09:31:59 »

@Akumaru. Vielen Dank! Freue mich, dass sich hier schon so viele als Leser geoutet haben.





„Niemals nie werde ich mir merken können, wie man diesen Namen schreibt“, ich blicke Blomqvist finster an und schiebe die Zeitung, die O’Shea mir zuvor als Vorlage gegeben hat und in der dieser Name steht, neben die Tastatur.
„The Guardian – „NEXT Generation 2019““. „Und du bist dir sicher, dass er bei Lokomotive Moskau ablösefrei gehen kann, Jesper?“.  Blomqvist tippelt ein wenig von einem Bein auf das andere. „Das sind die Infos die O’Shea bekommen hat“, sagt er.

JASURBEK JALOLIDDINOV, tippe ich ungelenk in die E-Mail, die als Einladung zum Probetraining an die Berateragentur geht, die ihn vertritt.

„Der jüngste Spieler der jemals in der Usbekischen Liga debütiert hat!“, hatte O’Shea zuvor begeistert erklärt und dabei in die fragenden Gesichter von Blomqvist und mir geblickt. Wir waren absolute Fußballnerds, aber wie gut der jüngste Debutant der usbekischen Liga war, darüber hatten wir wirklich keine Vorstellung.

Nach einem dreistündigen Videoscouting der usbekischen U19 bei den Asienmeisterschaften wussten wir die Antwort – verdammt gut! Er würde uns als rechter Flügelspieler sehr gut zu Gesicht stehen.

Eine Woche später setzt JASURBEK JALOLIDDINOV seine Unterschrift unter einen Vertrag der ein – für einen 18-jährigen – doch recht ordentliches Grundgehalt beinhaltet. Blomqvist und ich sind mit der Verpflichtung jedoch hochzufrieden. Jolaliddinov dürfte auf unserer rechten Seite eine absolute Waffe sein.


         

Jasurbek Jolaliddinov
18 Jahre, Rechter Flügel, ablösefrei

   letzter Club:
Lokomotive Moskau
   
 
Attribute:

(click to show/hide)

« Letzte Änderung: 03.Juli 2021, 11:24:48 von Guddy-Ortega »
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Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #17 am: 26.Juni 2021, 10:47:36 »



Blomqvist und ich arbeiten auf Hochtouren, Tag und Nacht sind wir beim Videoscouting. Gleichzeitig versuchen wir die Spieler die bereits im Kader stehen, behutsam an unser intensives Spielsystem zu gewöhnen.
Nervös höre ich zwei Tage später dem Freizeichen des Telefons zu, bis Joao Teixeira, der Spielmacher unserer Wahl ans Handy geht.

Ich stelle mich und den Verein für den ich anrufe am Telefon auf Englisch vor.
„Wo sind sie zurzeit unter Vertrag?“ erkundige ich mich etwas später bei dem Franzosen.
Unsere Datenbank war in die Jahre gekommen, die Videos von Teixeira zeigten ein sehr junges Talent mit feinem Fuß, gutem Passspiel und brillanter Übersicht. Allerdings müsste er inzwischen Mitte zwanzig sein. „Nirgendwo.“, antwortet Teixeira. „Ich habe die Schuhe vor einigen Monaten an den Nagel gehangen, zuletzt war ich in der Ukraine aktiv.“

„Haben Sie Lust die Schuhe noch mal rauszuholen und bei uns ein Probetraining zu absolvieren?“
Einige Sekunden herrscht Stille in der Leitung. „Ich komme“, sagt Teixeira. „Rechnen Sie morgen mit mir!“

„Da hat aber jemand dringend auf ein Angebot gewartet“
, sagt Blomqvist wenig später nachdem ich ihm von meinem Gespräch mit Teixeira berichte.
„Erstmal trainiert er zur Probe, dann sehen wir weiter“, sage ich.

Teixeira unterschreibt drei Tage später. Man erkennt schnell im Training, dass er als 8er ein Fixpunkt unseres Spiels wird. Er ist der absolute Ballverteiler, diktiert das Tempo, spielt Seitenwechsel und fordert immer den Ball. Scheinbar haben wir früh das Gehirn unserer Mannschaft gefunden, jetzt brauchen wir noch einige Beine.





Joao Teixeira
24 Jahre, Zentrales Mittelfeld, ablösefrei


letzter Club:
FC Oleksandria

 
Attribute:

(click to show/hide)
« Letzte Änderung: 03.Juli 2021, 11:16:26 von Guddy-Ortega »
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Akumaru

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #18 am: 26.Juni 2021, 23:59:55 »

Sehr gute Transfers bisher. So kann es weitergehen!

Guddy-Ortega

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Re: Die Kennedy Story; Episode 3: "Freiheit"
« Antwort #19 am: 28.Juni 2021, 09:35:03 »

@ Akumaru. Richtig, mit den beiden Verpflichtungen bin ich schon mal sehr zufrieden. Beide klare Startelfspieler.
@ Alle. Alles gut soweit? Mir ist bewusst, dass es ein sehr langes Intro ist, bevor die ersten Spiele kommen. Aber bald geht es los.



Die Saisonvorbereitung schreitet voran aber noch sind es Wochen bis zum ersten Pflichtspiel.
Unser Kader nimmt langsam etwas mehr Form an. Einige Dauerkarten werden verkauft und Barstone ist der Meinung, dass uns etwas mediale Aufmerksamkeit hierbei gut zu Gesicht stehen würde.

„In fünf Minuten beginnt ihre erste Pressekonferenz“ erklärt mir Barstone. „Erwarten sie nicht zu viel.“. Er lächelt etwas gezwungen und führt mich in den kleinen Presseraum. Anschließend verschwindet er direkt wieder. Ich nehme auf einem Stuhl hinter einem schmalen Pult Platz und blicke in den Raum. Zehn kleine Tische sind in den Raum gequetscht. Auf neun von ihnen ist jeweils ein umgedrehter Stuhl platziert. Nur ein Tisch ist besetzt.
„Entschuldigung“ sage ich zur einzigen anderen anwesenden Person, stehe auf und beginne die Stühle von den Tischen zu nehmen und auf den Boden zu stellen. „Das hat etwas von 7. Schulstunde nachsitzen“, erkläre ich schnell. 
„Ich glaube wir können schon anfangen“, sagt der sportliche Mann Mitte dreißig, der mir bei meiner Arbeit zuschaut. „Die letzten Male war ich alleine hier“. „Warten wir doch noch, die wenigen Minuten ab“, nuschle ich und begebe mich wieder zurück an mein Pult.

Drei äußerst stille und unangenehme Minuten vergehen in denen ich mehrmals auf meine Fingernägel starre, bevor ich die PK professionell mit einer Vorstellung meiner Person und meiner bisherigen Stationen beginne.  „Gibt es Fragen?“, mein Gott ist das bescheuert, denke ich und blicke den Journalisten an.
Der lächelt und hebt nun sogar die Hand. Wenigstens spielt er den Quatsch hier mit, denke ich noch bevor ich laut „Bitte, schießen Sie los“, sage.
„Ross Cullen, Maryhill Observer“ sagt der Journalist. „Ist noch Kaffee da?“. Plötzlich müssen wir beide ob der Absurdität dieser PK loslachen. Ich nehme eine Kaffeekanne und einen Becher von meinem Pult, stelle sie auf den kleinen Tisch vor Cullen und rücke mir einen Stuhl dazu. Wir beginnen ein normales Gespräch. Cullen ist mir sympathisch.

„Das hier ist Partick Thistle Herr Kennedy.“ sagt Cullen. „Celtic und Rangers sind praktisch neben an. Nichts für ungut, aber wirklich niemand aus den Medien interessiert sich für Partick. Die letzte gute Story war die Sache mit dem Lottogewinn. Aber das ist nun schon eine Weile her. Wenn bei den Rangers ein Fußballschuh verloren ginge, gibt es einen größeren Artikel als der Bericht über ein Spiel von Partick in der Scottish League One.“
„Gegen ein ruhiges Umfeld habe ich eigentlich nichts einzuwenden.“, sage ich und denke an meinen Ärger mit der Presse in Schweden. „Aber ein wenig Aufbruchsstimmung wäre nicht verkehrt.“

Cullen nickt. Im Anschluss erkläre ich ihm etwa eine Stunde lang, was ich taktisch vorhabe. Dass wir auf junge Spieler und Offensivfußball setzen. Dass wir eine Talentschmiede für den schottischen Fußball werden wollen mit einer klaren Philosophie bis runter in den Kinderfußball. Cullen ist interessiert und hat Fußballsachverstand. Es wird ein gutes Gespräch.

Einen Tag später schickt Cullen mir eine E-Mail mit einem Scan der Sportseite seiner Zeitung. „Sorry, mehr war laut meinem Chefredakteur nicht drin.“ In etwa einer halben Spalte ist kurz unser Konzept geschildert. „Neuer Trainer, neuer Anfang bei Partick“. Lautet der Titel. Oben auf der Seite ist ein Foto von einem Fußballplatz zu sehen. Darunter ein mehrspaltiger Artikel mit dem Titel „Kann die Grashalmlänge den Rangers in dieser Saison den Titel bringen?“. Ich drucke die Seite aus und hänge Sie an die Pinnwand neben unsere Guidelines. Einige Dinge werden sich in Glasgow ändern. Wartet einfach ab, denke ich.
« Letzte Änderung: 28.Juni 2021, 13:58:01 von Guddy-Ortega »
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