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Autor Thema: [FM 20 bis 24] Lavayeuxs Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers  (Gelesen 48353 mal)

Noergelgnom

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23.06.2036, Frisingen, Bistro "Op de Canal" im Bahnhof

Eine halbe Stunde später habe ich mich mit einem großen Kaffee und zwei Buttercroissants in die hinterste Ecke des Bahnhofscafés zurückgezogen, um in Ruhe googlen zu können.
Ich brauche eine möglichst preiswerte Bleibe, damit ich mit den wenigen Rücklagen, die ich mir in den letzten beiden Jahren schaffen konnte, möglichst ohne Zeitdruck nach einer neuen Anstellung suchen kann.
Von Minute zu Minute wird mit allerdings klarer, dass das dauern könnte.
Luxemburg ist teuer - insbesondere, wenn man wie ich vorzugsweise in Luxemburg-Stadt oder in Esch (den beiden größten Städten des Herzogtums) unterkommen will.
Warum mir das so wichtig ist?
Nun, hauptsächlich weil hier im Südwesten - also vereinfacht gesagt dem Gebiet zwischen Esch im Westen, Luxemburg im Nordosten und Frisingen im Südosten - die übergroße Mehrheit der Fussballvereine des Landes beheimate ist. Das hat historische Gründe, soweit hab ich meinen Onkel Gernot noch im Ohr.

Für einen Moment schweifen meine Gedanken ab, aber ich krieg die Geschichte nicht mehr ganz zusammen. Wie war das nochmal?
Kurz entschlossen öffne ich einen neuen Tab und suche nach Artikeln zur Geschichte des Fussballs in Luxemburg. Ach, sieh an, das Luxemburger Tageblatt hat vor kurzem einen ziemlich langen Artikel dazu veröffentlicht, wie praktisch!
"Die Geschichte des luxemburgischen Fussballs". -... Oh, was?! "Teil 1 - die frühen Jahre". Das wird eine Artikelserie?! Ich grinse vorfreudig und speichere die Seite gleich mal als Lesezeichen ab.
Wie heißt der Autor? Madeleine Muller ... irgendwas klingelt da in meinem Hinterkopf ... egal, wird mir schon wieder einfallen!
Ich fange an zu lesen.

"Wer weiß, wie die Geschichte des luxemburgischen Fussballs verlaufen wäre, wenn nicht im Jahre 1890 der angehende Englischlehrer Jean "John" Roeder eine Studienreise nach Mittelengland unternommen hätte.
Aus der Studienreise wurden fast zwölf Jahre.
Und als Roeder 1902 nach Esch zurückkehrte, hatte er nicht nur unzählige wertvolle Erfahrungen in seinem angestrebten Pädagogenberuf sammeln können, sondern hatte sich auch heftigst mit der "englischen Krankheit" angesteckt, wie man den Fussball in Teilen des bürgerlichen Deutschlands zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch nannte.
(Roeder hatte an den Universitäten Englands die "association football" genannte Variante des Spiels kennengelernt, da auf der Insel die Trennung in Fußball und Rugby bereits erfolgt war.)
Der junge Lehrer weckte an der Schule in Esch, an der er unterrichtete, eine solche Begeisterung für den "football", dass es ihm gelang, am 09. Dezember 1906 den ersten luxemburgischen Verein - den Football and Lawntennis Club Esch, kurz FOLA Esch - zu gründen. Die Mitglieder und Spieler stammten zunächst allesamt aus den gehobenen Schichten der Stadt.

Wie auch in anderen Staaten Europas war der "neue" Sport zunächst ein Elitenvergnügen. Nicht zufällig entstanden die Fussballclubs in der Anfangszeit oft genug als Seitenzweige von bestehenden Kricket- oder Tennisclubs im universitären Umfeld. Zwei Beispiele von unzähligen seien hier genannt: der Old Etonians Football Club der Universität Eton (FA-Cup-Sieger 1879 und 1882) und der Sheffield Wednesday Football Club (als The Wednesday Cricket Club gegründet - Fussball wurde zunächste nur gespielt, um den Mitgliedern auch in den Wintermonaten die Leibesertüchtigung zu ermöglichen).

Auch FOLA Esch galt in den ersten Dekaden des Bestehens als Club der wohlhabenden Mittelschicht bzw des Bürgertums - im Gegensatz zur ein Jahr später, also 1907, aus der Taufe gehobenen Erzrivalin Jeunesse la Frontière d'Esch (die heutige AS la Jeunesse d'Esch/Alzette). In dieser war zu Beginn vor allem ein hoher Anteil italienischstämmiger Arbeiter organisiert, die fast sämtlich in den Bergwerksschächten und Stahlöfen im Escher Umland arbeiteten.

Bei FOLA dagegen spielten eher die Söhne jener Einwohner, die ..."

Ausgerechnet jetzt klingelt mein Telefon. Ich schaue aufs Display, wer da stört.
Unbekannte Nummer. Hmm.

"Lavayeux?"
"Herr Gerard Lavayeux?"
"Ja, bin dran. Mit wem spreche ich bitte?"
"Hier ist Madeleine Muller vom Luxemburger Tageblatt. Ich weiß nicht, ob Sie sich an mich erinnern ..."

Ka-ching! Und ob ich mich an sie erinnere! Die Stimme in Verbindung mit ihrem Namen und dem Zeitungsnamen bringt mir plötzlich meine Erinnerung zurück.
Die Pressekonferenz!

"Natürlich erinnere ich mich an Sie! Wie komme ich denn zu der Ehre, dass Sie mich anrufen?"
Ich höre ein unterdrücktes Lachen. "Neuigkeiten sprechen sich eben herum. Die Red Boys haben vor einer halben Stunde eine Mitteilung auf ihren sozialen Kanälen veröffentlicht - stimmt es, dass Sie gekündigt haben?!"
"Das ist korrekt, ich möchte allerdings keinen weiteren Kommentar dazu abgeben."
"Nicht mal, wenn ich Sie zum Essen einlade und Sie einen Gefallen bei mir gut haben?" Ihre Strimme hört sich fast so an, als wäre da ein schelmisches Grinsen auf ihrem Gesicht.
"Hmmm ... kommt darauf an. Wo sind Sie denn?"
Wieder dieses Glucksen. "Sie sollten ihr Croissant wirklich langsam mal essen, das sieht ein bißchen trocken aus..."
Ich blicke hektisch auf und sehe drei Tische weiter eine schlanke Frau mit kastanienbraunen, schulterlangen Locken sitzen, die in ein Mobiltelefon spricht und dabei in meine Richtung schaut ...

~~~

Eine Stunde später.
Wir sitzen immer noch in meiner kleinen Ecke im Bistro. Frau Muller ist auf dem aktuellen Stand, was meine berufliche Situation angeht.
Den Streit mit Kümmernich habe ich ihr gegenüber allerdings nicht erwähnt.
Die Pressemitteilung des Vereins blieb mit der Floskel "unterschiedliche Auffassungen zur sportlichen Ausrichtung" sehr diplomatisch, das lasse ich einfach so stehen, so dass dieser Teil des Gespräches keine fünf Minuten dauerte.
Wir haben stattdessen umso ausführlicher über meine Hoffnung gesprochen, eine andere Anstellung als Trainer zu finden.

Und ich habe die Gelegenheit genutzt, um auch endlich etwas über sie zu erfahren.
Wobei sie da mit einer Mischung aus Belustigung und Frustration schnell abwinkt.
"Zu mir gibts nicht viel zu sagen. 24, eigene kleine Wohnung in Esch, Volontärin beim 'Tageblatt', mit wenig Aussichten, dass sich das schnell ändert. Ich bräuchte halt irgendeine gute Story, irgendwas, um zu beweisen, dass ich verdammt nochmal was besseres verdient habe als die Zuarbeiterin für die Redakteure zu spielen ... "

Ich zucke entschuldigend mit dem Schultern. "Ich würde Ihnen ja gern helfen, aber im Moment ist mein Leben alles andere als berichtenswert. Ich wäre echt gern weiter Trainer, aber wüßte nichtmal, welchen Verein ich dafür kontaktieren soll - von einer Wohnung ganz zu schweigen."
Madeleine schweigt einen Moment und scheint zu überlegen. Dann greift sie in ihre Jackentasche und holt eine Visitenkarte heraus. "Hier, melden Sie sich mal bei Stephane. Der hat eigentlich immer noch irgendwo ein billiges Zimmer frei. Sie dürfen nur keine großen Ansprüche stellen..."

Sie legt mir die Karte auf den Tisch und spricht weiter.
"Und ich hör mich mal um, ob irgendwo ein Trainerstuhl wackelt. - Wenn ich Ihnen helfe, eine neue Anstellung zu finden, bin ich dafür diejenige, die als erste erfährt, wenns klappt und Sie denken auch danach an mich, wenn irgendwas Berichtenswertes passiert. - Deal?"
Sie streckt mir lächelnd die Hand entgegen.

Ich nicke und ergreife die Hand. "Deal!"
Das Wort stirbt mir beinahe in der Kehle ab.
Hat die Frau einen Händedruck ... Aua!!

~~~

Nach diesem Treffen geht es plötzlich voran.
Stephane entpuppt sich als Rettungsanker - denn er kann mir tatsächlich ein kleines Mansardenzimmer in der Rue de Hiehl in Esch vermitteln. Es sei an den Wochenenden manchmal etwas lauter in der Straße, sagt er entschuldigend. Die Fussballfans ... er zuckt entschuldigend mit den Schultern.
Was für Fussballfans das seien, frage ich neugierig ... nur um zu erfahren, dass ich ab sofort in direkter Nähe zum "Stade de la Frontiere" bzw "Stadion op der Grenz" wohnen werde, der Heimstätte des früheren Rekordmeisters Jeunesse d'Esch!
Na damit werde ich leben können, vielleicht brauchen die ja noch einen Praktikanten oder so...

Zwei Tage, am 29.06.2036, später tut sich dank Madeleine allerdings etwas besseres auf.
Etwas viel besseres.
Etwas, das so gut, ist, dass ich zunächst glaube, sie hat sich einen Scherz mit mir erlaubt, als sie mir eine whatsapp-Nachricht folgenden Inhalts schickt:

"[unbekannte Telefonnummer] [unbekannte E-Mail-Adresse] Sofort kontaktieren! Jeff Strasser wechselt zum 1. FC Saarbrücken, FOLA sucht ab 01.07. neuen Trainer. Öffentliche Bekanntmachung erfolgt in 10 Minuten. - Viel Glück, Madeleine"

Ich schlucke und mir wird ein bißchen schwummrig bei der Aussicht, vielleicht mit dem Vorstand von FOLA darüber zu sprechen, dass ich gern ihr Trainer wäre.
Dann schüttele ich mich, stelle mir Onkel Gernots Gesicht vor, wenn er DAS erfährt ... und dann rufe ich die Nummer an.

Einen Tag, zwei Telefonate, ein Vorstellungsgespräch und einen Jubeltanz später bin ich neuer Trainer des ältesten Luxemburger Clubs Cercle sportif FOLA Esch.
Madeleine wird das als Erste twittern können, dafür habe ich gesorgt.
« Letzte Änderung: 19.Januar 2023, 04:24:08 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

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Nationaldivision - Vorbereitung 2036/2037


Die ersten Tage in meinem neuen Amt sind ein veritabler Kulturschock.
Ich begreife tatsächlich erst hier, unter welch einschränkenden Bedingungen ich in Aspelt gearbeitet habe.
ALLES ist hier größer, heller, professioneller, komplexer, mehr im Rampenlicht, schwieriger ... wobei, das letzte eigentlich nicht unbedingt.
Aber der Reihe nach.

Ich werde noch am Tag der Unterschrift auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.
Und das ist kein "Ein Tisch, zwei Bier und drei gelangweilte Volontäre"-Szenario - nein, hier haben sich - neben Madeleine, die ja tatsächlich immer noch Volontärin ist - tatsächlich fast ein Dutzend Reporter eingefunden, um den Nachfolger der luxemburgischen Legende Jeff Strasser zu begutachten.
(Es ist übrigens noch ein zweiter Volontär da, der kommt allerdings - man höre und staune! - vom deutschen "Kicker". Werd ich jetzt etwa berühmt oder was?!)

Die Fragen sind aber genauso schnell abgehakt wie vor zwei Jahren in Aspelt.
Boulevardpresse ist zwar auch anwesend, verzichtet aber dankenswerterweise auf allzu neugierige Fragen nach Unterhosengröße, Sexleben und dergleichen.
Nach einer halben Stunde ist der Spuk auch schon wieder vorbei und ich kann mich zusammen mit meinem Co-Trainer Jan Hoffmann ums Sportliche kümmern.
Und das heißt als allererstes mal - Antreten zum Guten Tag sagen und Überblick verschaffen.

Wir versammeln also alle, die im weitesten Sinne zum Kader gehören. (Das hab ich mir von William Rosa abgeschaut, fand ich eine richtig gute Idee damals.)

Die Erste Mannschaft natürlich, die U21 und U19.
Dazu alle Trainer, die Physios, die Scouts und Datenanalysten, die beiden Köche (!), Greenkeeper ... halt wirklich alle, die direkten Einfluss auf das Tagesgeschehen haben.
Aus dem Augenwinkel sehe ich ein paar Gestalten im Vereinsgebäude an den Fenstern stehen - das Management weiß zwar, was ich vorhabe, aber offenbar ist dieses Vorgehen für sie neu und dadurch spannend.
Mir solls recht sein - ich hab ja nichts zu verbergen.

Die versammelte Meute folgt mir sodann in den "Biergarten", wie der offene, mit Bänken und Tischen versehene Bereich vor der Vereinscafeteria scherzhaft genannt wird.
Hier gehe ich den Jungs (und ein paar Mädels) in der nächsten Stunde mit meinem Lebenslauf und meiner Vorstellung für die sportliche Ausrichtung auf den Geist.
Gleichzeitig kann ich mir einen ersten Überblick über eventuell auffällige Charaktere verschaffen.

Der eindeutige Wortführer der ersten Mannschaft, das wird sehr schnell klar, ist Cedric Lopez. Der Linksverteidiger ist bereits seit dreizehn Jahren im Club und hat sagenhafte 271 Spiele für FOLA Esch auf dem Buckel. Klingt nicht so beeindruckend wie die 602 von Charly Körbel in Deutschland? Richtig, nur dass eine Saison hier in Luxemburg auch selten mehr als etwa 30 Spiele hat - Pokale inbegriffen.
Mit dem Herrn Lopez sollte ichs mir jedenfalls nicht verscherzen, soviel steht fest. Dem hängen quer durch alle Mannschaften etliche Augenpaare bei jedem Satz dermaßen gebannt an den Lippen, dass man glauben könnte, er verkündet das lang verschollene Cedric-Evangelium.

Direkt nach der "Vollversammlung" bitte ich dann noch alle Spieler und Trainer auf den Trainingsplatz und lasse zwei kurze, lockere Übungsmatches laufen.
Danach steht etwas anderes fest - aus den Jugendmannschaften ist aktuell nur ein Spieler brauchbar. Marko Karabegovic stellt eine gute Alternative fürs zentrale Mittelfeld dar und wird - da wir auf der Position ein bißchen dünn besetzt sind - sofort in die erste Mannschaft versetzt.
Die Erste sieht ansonsten soweit eigentlich gut aus, sagt mir mein Ersteindruck.
Nur im Sturm und im defensiven Mittelfeld fehlen die Alternativen.
Na dann wird es wohl Zeit für ein Gesuch über die Zeitung.
Natürlich nicht per Kleinanzeige, sondern per Interview mit meiner neuen Lieblings-Reporterin Madeleine Muller.

Diese darf in einem Artikel im "Luxemburger Tageblatt" dann verbreiten, dass FOLA Esch aktuell auf der Suche nach insgesamt zwei oder drei Verstärkungen insbesondere im Angriff ist.
Wo dieser Artikel überall gelesen wird, weiß ich zwar nicht - aber in den nächsten tagen werden wir regelrecht überschüttet mit Spielerberater-E-Mails, die uns junge (und auch weniger junge) "Schnäppchen" aus aller Herren Länder anpreisen wie Sauerbier.
Von A wie Antigua bis Z wie Zentralafrikanische Republik ist wirklich alles dabei.
Wir laden insgesamt mehr als zwanzig dieser Spieler zum Probetraining ein - und schlußendlich verpflichten wir den jungen Dänen Kristin Hentze (zentrales und defensives Mittelfeld) und das ungarische Innenverteidigertalent Laszlo Vitelki.






Einzig für den Sturm findet wir einfach keinen passenden Spieler.
Wobei ... einmal kommen wir (also der ganze Trainerstab= schwer ins Grübeln - nämlich als der junge Stoßstürmer Adriano Junior bei uns vorspielt.
Der dribbelt nicht nur jedem unserer Abwehrleute Knoten in die Beine, der hat auch grundsätzlich Rückenwind und einen wirklich strammen Schuß.
Leider leider .... leider verlangt er allerdings ein deutlich höheres Gehalt als jeder andere im Verein bekommt. Und zwar so dermaßen deutlich höher, dass wir mit Tränen in den Augen abwinken.
Es wundert uns kein bißchen, dass Adriano keine zwei Wochen später bei Red Bull Salzburg unterschreibt. Der war einfach weit außerhalb unserer Möglichkeiten.

Naja, man kann nicht alles haben, denken wir uns und eröffnen unserer eigentlich nicht mal bedingt erstligatauglichen Sturmhoffnung Dennis Stamatovic, dass er ab sofort zum Kader der Ersten gehört.
Stamatovic macht natürlich einen Luftsprung vor Freude ... kommt unglücklich auf und knackst sich den Knöchel an. Sechs Wochen Pause.
Sind wir hier beim BVB oder was?!




Wir grummeln kurz und stellen die geplante Standardtaktik von 442 auf 42211 mit 2 defensiven Mittelfeldspielern um.
Glücklicherweise haben wir für die Defensive Mittelfeldzentrale mit Tom Raths, Hugo Candeias und Neuzugang Hentze drei wirklich herausragende Optionen. Raths und Hentze sind dabei eher diejenigen für den Pass mit Augenmaß (obwohl gerade der Däne auch eine echte Abwehrkante ist), während Candeias mit seiner Tackling-Stärke eher für den defensiven Part infrage kommt.


Vorn haben wir nominell reichlich Auswahl, aber außer Marco Alves (der genaugenommen auch nur schnell unterwegs und nervenstark ist, sonst aber nicht allzuviel kann) und Olivier Mubumbyi (spiel- und passtark, aber ungefähr so schnell wie eine bewußtlose Schnecke) haben alle Stürmer mehr Defizite als Stärken.
Notgedrungen wird Alves also den Stoßstürmer mimen und Mubumyi hinter ihm im offensiven Mittelfeld die Bälle verteilen - vor allem auch auf die beiden Flügelspieler Freichel und Oliveira.
Und ansonsten müssen wir hoffen, dass sich von den beiden keiner verletzt.

Für alle anderen Positionen sind wir gut und breit aufgestellt - selbst auf dem linken Flügel tut sich eher überraschend eine sehr gute Alternative für die Zukunft auf.
Der gerade erst beförderte Karabegovic hat bis zur U16 noch Flügel gespielt und kann sich durchaus vorstellen, dass im Notfall auch wieder zu tun.
Wir geben ihm daraufhin in den Testspielen Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen - und sind danach überzeugt, dass man ihm diese Position anvertrauen kann.

Dann ist das Transferfenster zu, wir haben die Planungen für die Hinrunde abgeschlossen - und plötzlich steht ein wild gestikulierender Berater samt schlaksigem und offensichtlich kein Wort verstehendem brasilianischem (!) Supertalent auf unserem Trainingsgelände und wir  möchten am liebsten ins Geländer beißen.

Registrieren können wir diesen Goldjungen erst im Januar, bis dahin wird er - Starspieler, der er nun mal ist - wahrscheinlich längst unzufrieden sein.
Aber wir beschließen, es dennoch zu riskieren - und verpflichten Romulo Azevedo für einen Schnäppchenpreis.



Wobei Geld eh kein großes Problem darstellt.
Schon bei meinem Amtsantritt hatte FOLA Esch schlappe 400.000 Euro auf der Bank ... und dann erwähnt der U19-Trainer eines Tages ganz nebenbei und in einem Ton, als wolle er mitteilen, dass er noch eine Tafel Schokolade für schlechte Zeiten im Spind habe, dass vor zwei Jahren unser mit Abstand größtes Jugendtalent im Alter von 14 Jahren zum FSV Mainz 05 gewechselt ist und unser Vorstand damals eine Weiterverkaufsbeteiligung von 5% ausgehandelt habe.
Als ich unseren Sportdirektor neugierig frage, was es damit auf sich habe, murmelt dieser, dass er das ja beinahe vergessen habe - Mainz habe kürzlich angefragt, ob sie diese Klausel vielleicht abkaufen dürften.
Meine logischerweise direkt anschließende Frage, von was für einer Summe wir denn da sprechen, beantwortet der vor Verlegenheit feuerrot angelaufene Sportdirektor kaum hörbar mit einer gar nicht mal so geringen Zahl.


Das sei aber inzwischen leider gegenstandslos, Mainz habe das Angebot zurückgezogen - sie seien bezüglich dieses Spielers in Verhandlungen mit Real Madrid.
Während ich noch überlege, ob ich den Herrn Sportdirektor würgen, schlagen oder filetieren soll, geht eine weitere Mail der Mainzer ein, in der sie uns mitteilen, dass der Wechsel des Jungspielers nach Spanien in trockene Tüchern ist und sie gleich morgen früh eine kleinere Summe anweisen werden.


Mit diesem Geld ist FOLA Esch auf mehrere Jahre hinaus durchfinanziert, wenn wir keine verrückten Sachen machen (wie zB unbedingt die Trainingseinrichtungen oder das Stadion auszubauen oder irgendwelchen Altstars hunderttausende Euros in den nimmersatten Rachen werfen), dann können wir ganz entspannt an eine vernünftige, rein sportlich orientierte Kaderplanung gehen.

Dies hier ist der aktuelle Stand unserer Sportplanungen:




Zu diesen Spielern kommen noch vier Jugendspieler (darunter der dritte Torwart), die wir zwar für die erste Mannschaft registriert, aber vorerst im Kader der U21 belassen haben, damit sie dort Spielpraxis erhalten können).
Mit diesem Team fühlen wir uns gut gerüstet, das offizielle Vereinsziel für diese saison - obere Tabellenhälfte, also mindestens Platz 7 - zu erreichen.
Die Medien sehen uns - spätestens als durch eine neuerdings ungewöhnlich gut unterrichtete junge Reporterin des "Luxemburger Tagelattes" das Gerücht von der Azevedo-Verpflichtung durchsickert - dagegen sogar in den Top 4.
Lediglich Düdelingen, Differdingen und Erzrivale Jeunesse Esch werden vor uns erwartet.
Auf die beiden Derbies gegen die Jeunesse freue ich mich jetzt schon wie ein kleines Kind, auch wenn es schwer werden wird, Heim- und Auswärtsspiel auseinanderzuhalten.

Die beiden Stadien liegen gerade mal reichlich einen Kilometer Luftlinie auseinander...


« Letzte Änderung: 19.Januar 2023, 19:57:30 von Achtelprofi »
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Nationaldivision - Hinrunde 2036/2037


Die Vorbereitung ist - obwohl die bei meinem Arbeitsbeginn bereits feststehenden Testspielgegner durchweg stärker sind als von mir gewünscht - eine sehr erfreuliche Angelegenheit.
Insbesondere das 1:1 gegen den belgischen Zweitligisten Virton, das wir aufgrund unserer Überlegenheit im Spiel auch gut und gern hätten gewinnen können macht Mut.


Wir fühlen uns also gerüstet - auch wenn der erste Gegner Mondorf-Les-Bains heißt, wir zu Gast sind und die Gastgeber aufgrund mehrerer namhafter Spielerzugänge als Geheimfavorit auf den Titel gelten.

Umso länger sind unsere Gesichter nach Abpfiff meines ersten als Trainer erlebten Erstligaspiels.
Mondorf-Les-Bains ist uns über 90 Minuten in allen Belangen überlegen - zwar nicht turmhoch, aber doch so auffällig, dass wir es zum Beispiel nicht hinbekommen, vor der 68. Minute überhaupt zielgerichtet aufs gegnerische Tor zu schießen!
Dass wir am Ende nur 1:0 verlieren, verdanken wir in erster Linie unserem Keeper, dem rechten Pfosten (der gleich zweimal ein Tor verhindert) und der Großzügigkeit der gegnerischen Stürmer, die selbst beste Chancen reihenweise versemmeln.

Das 42211, das wir notgedrungen spielen, hat sich zumindest in diesem Spiel als nicht allzu hilfreich erwiesen.
Wir wechseln auf ein 4231-Kontersystem mit zwei defensiven Mitelfeldspielern (das eigentlich ein verkapptes 433 ist, da die beiden Flügelspieler sehr offensiv ausgerichtet sind)...

... und gleich im nächsten Spiel (gegen den ganz und gar nicht geheimen, sondern ganz offen selbsterklärten Titelkandidaten Differdingen) läuft es wesentlich besser. Diesmal sind wir es, die den Gegner fast nach Belieben dominieren. Und nur, weil wir diesmal selbst (bis auf unseren rechten Flügelspieler Paul Oliveira, der zwei von zwei Torschüssen im Kasten unterbringt) sehr großzügig mit unseren Chancen umgehen, kommen die Gäste mit einem 0:2 davon.

Wir behalten die Taktik natürlich bei und studieren in der Folgewoche lediglich ein paar leicht unterschiedliche Varianten ein - zur Kontertaktik kommt noch ein klassisches "Bananenflanke-Kopfball-Tor"-HSV-Gedächtnis-System hinzu. Alles andere glauben wir durch spontane Anpassungen in den Spielen regeln zu können.

Und das läuft auch gut an, muß man sagen.
Gegen Wiltz71 gewinnen wir zwar nur 2:1, aber das hätte das auch locker ein 6:1 sein können. Das 1:0 ist übrigens ein Elfmeter, den spontan unser Rechtsverteidiger Jean-Marc Weber schießt - wir hatten vorher gar keinen festen Schützen vereinbart und er übernimmt dann einfach die Verantwortung, weil er sich gut fühlte, wie er nach dem Spiel grinsend zu Protokoll gibt.

Das nächste Spiel - auswärts beim SC Steinfort - ist auf dem Papier ein Pflichtsieg, den die Jungs auch souverän einfahren. 3:1, das Gegentor fällt in der Nachspielzeit.

Und zum Abschluß des August-Spielplans dürfen wir dann noch zuhause gegen Titus Petange spielen, die wir (ebenfalls locker-flockig) 2:0 schlagen. Das Erwähnenswerteste an diesem Spiel: Jean-Marc Weber erzielt sein zweites Elfmetertor.

Alles in allem ein guter Monat, fast perfekt sogar, wenn man vom ersten Spiel absieht.
Aber Tabellenführer (punktgleich mit Düdelingen ) sind wir schonmal.
Schmeckt!



Im September gibt es vier Spiele - drei in der Liga und der erste Auftritt im Coupe de Luxembourg.
Der Monat läuft auch gut an - das 2:0 bei den Blue-Boys Muhlenbach-Sandzak ist ein weiteres überlegen geführtes Spiel.

In der Woche darauf verzweifeln wir allerdings an der Abwehr der Gäste aus Niederkorn und geben beim 0:0 zum ersten mal wieder Punkte ab.
Keine gute Generalprobe für den Pokal ...

... und dass wir da ausgerechnet in Differdingen antreten müssen, macht die Sache jetzt auch nicht besser.
Das Spiel selbst ist hochklassig und von beiden Seiten ab der ersten Sekunde mit offenem Visier geführt. Was wir auch versuchen - wir bekommen diese vogelwilde Partie einfach nicht beruhigt. Am Ende gehts mit 1:1 sogar in die Verlängerung - und dort haben die Gastgeber einfach mehr zum zusetzen und knocken uns knapp, aber verdient aus.
Erstes Saisonziel (mindestens 4. Runde erreichen) schonmal klassisch in den Sand gesetzt...

... und weil das noch nicht reicht, kommt uns jetzt der neue Tabellenführer F91 Düdelingen besuchen. Die sind in bestechender Form und zeigen uns in den ersten 30 Minuten sehr deutlich unsere Grenzen auf.
Wir gehen zwar durch einen hammerharten Gewaltschuß von Hentze schon nach 11 Minuten in Führung, aber das drehen die Gäste mit zwei mustergültigen Angriffen noch in der Anfangsviertelstunde auf 1:2 um. Danach können wir uns im Minutentakt beim Keeper und/oder bei Vitelki bedanken, die in ums andere Mal das 1:3 verhindern.

Nach etwa einer halben Stunde kommen wir sichtlich besser ins Spiel - auch bedingt durch eine taktische Umstellung (ich ziehe den zentralen Mittelfeldspieler ins offensive Mittelfeld vor und gebe ihm "Narrenfreiheit", die er mit etlichen klugen Läufen und Pässen auch nutzt).

Eine Ecke nutzt Innverteidiger Soares per Kopf zum Ausgleich, mit 2:2 gehts in die Kabine.
Und nach der Pause folgt die wahrscheinlich schrägste Halbzeit, die ich bisher als Trainer erlebt habe.
Düdelingen kommt mit Wut und Entschlossenheit aus der Kabine und belagert unseren Strafraum regelrecht, scheitert jedoch ein ums andere mal... und bekommt in den ersten fünf Minuten des zweiten Durchgangs gleich 2 Tore aberkannt. Eines wegen Abseits (vertretbar), das andere wegen Offensivfoul. Ein Witz, unter uns gesagt.
Je länger die zweite Halbzeit andauert, desto verzweifelter werden die Angriffsbemühungen der Gäste - insbesondere, nachdem Tom Raths nach knapp einer Stunde per Sonntagsschuß aus 25 Metern unsere Führung besorgt.
Wir verteidigen mit Mann und Maus, finden offensiv eine halbe Stunde lang überhaupt nicht mehr statt - am Ende des Spiels werden die Statistiker 21 Schüsse aufs Tor (!) der Gäste zählen, gegenüber gerade einmal 8 von FOLA.
Aber den Ausgleich erzielen sie nicht.
Stattdessen gelingt Mubumbyi, unserem gefühlt langsamsten Spieler auf dem Platz, ein einsamer Konter-Sololauf über das halbe Spielfeld, an dessen Ende er in der 89. Minute den 4:2-Endstand herstellt.
Wir sind wieder Tabellenführer!



Und als solcher reisen wir gleich zum nächsten Spitzenspiel - wobei wir diesmal auch hätten laufen können, denn wir treten im Stade de la Frontiere bei unseren Lieblingserzfeinden von Jeunesse Esch an.
Es ist ein ähnliches Spiel wie vor Wochenfrist - nur halten wir diesmal gar unseren Kasten sauber und begnügen uns mit einem einzigen Tor - ein Elfmeter von Weber, der seine Bilanz damit auf ein makelloses "3 Tore aus 3 Versuchen" erhöht.
Damit haben wir vor dem Stadtrivalen nach neun Spielen bereits sechs Punkte Vorsprung.

Sowas beflügelt natürlich - und die Leidtragenden sind unsere nächsten Gäste: Rapid Mansfeldia Hamm Benfica nehmen wir beim 4:0 regelrecht auseinander.
Das 1:0 ist übrigens ein Elfmetertor von - richtig! - Weber.

Dass wir im letzten Oktoberspiel zuhause nicht über ein 0:0 gegen Racing FC Luxemburg hinauskommen, ist zwar ärgerlich, aber nicht dramatisch - wir haben auch danach noch 5 Punkte Vorsprung auf unsere ärgsten Verfolger aus Differdingen und Düdelingen. Und wir haben nun schon seit 3 Spielen - trotz teilweise starker Gegner - kein Gegentor mehr kassiert.
Läuft!



Im November geht das Spielchen direkt so weiter.
Die ersten Leidtragenden sind Union 05 Petange, beim einseitigen 3:0 erzielt Weber sein fünftes Elfmetertor im fünften Versuch.

Danach besiegen wir Tabellenschlußlicht Viktoria Rosport gnädigerweise nur mit 2:0 - hätte auch deutlich höher ausfallen können, aber wir treffen lieber mehrmals Pfosten und Latte als ins Tor.

Es folgt - nach einem lockeren Testspielsieg gegen Etzella Ettelbrück, unseren Noch-Partnerverein (Zusammenarbeit bestand schon und wurde als erste Amtshandlung von mir gecancelt, das wird aber erst zum Ende der Saison wirksam) - das sechste Zu-Null-Spiel in Folge.
Beim Rückrundenstart revanchieren wir uns bei Mondorf-Les-Bains für die Start-Niederlage. Passenderweise durch ein Tor von Kapitän Cedric Lopez, der sonst eigentlich nie trifft.

Zum Abschluß des Novembers kassieren wir dann in einem slapstickgeprägten Spiel doch mal wieder Tore, gleich drei an der Zahl.
Da wir selbst allerdings gleich sechs erzielen, hält sich mein Ärger am Ende doch in Grenzen.
Erwähnenswert: Paul Oliveira mit Dreierpack (wobei das erste Tor nach exakt 28 Sekunden fällt), Weber mit seinem sechstem Elfmetertor. Noch immer kein Fehlschuß von ihm.

Zweiter ungeschlagener Monat in Folge!



Im Dezember stehen zwei Pflichtspiele an, gleich als erstes die Auswärtspartie in Differdingen. Im Pokal konnten sie uns noch bezwingen, diesmal drehen wir den Spieß um und gewinnen 2:1 - was deutlich knapper klingt als es war.

Um die Moral im Team hochzuhalten und allen mal die Chance zu geben, sich zu zeigen, veranstalten wir in diesem Monat auch zwei Testspiele, beide gewinnen wir locker mit 4:0.
Das zweite dieser Spiele haben wir dabei gegen die Red Boys gelegt - auch weil es Gerüchte über finanzielle Probleme gab, haben wir mit ihnen vereinbart, dass alle Einnahmen bei ihnen bleiben. Sind immerhin fast 3000€ am Ende.
Mein früheres Team steht übrigens ziemlich souverän auf Platz eins der 1. Division!

Das letzte Pflichtspiel des Jahres 2036 bestreiten wir dann auswärts bei Wiltz71 - und auch dort lassen wir nichts anbrennen und gewinnen mit 3:0. Doppeltorschütze: Weber, der erst sein siebtes Elfmetertor erzielt und danach beweist, dass er auch aus dem Spiel heraus treffen kann.



Den Jahreswechsel genießen wir in vollen Zügen - wir haben inzwischen 8 Punkte Vorsprung auf Düdelingen und gar deren 13 (!) auf die Jeunesse.
Irgendwie hab den ich den Verdacht, dass ich in der nächsten Saison auch international meine Visitenkarte abgeben darf.
Denn wie wir es noch schaffen sollen, aus den internationalen Startplätzen zu fallen, kann mir keiner glaubwürdig erklären...

« Letzte Änderung: 20.Januar 2023, 17:46:32 von Achtelprofi »
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Nationaldivision - Rückrunde 2036/2037


Das neue Jahr beginnt mit guten Nachrichten - zum einen ist unser brasilianischer Wunderspieler  endlich spielberechtigt und zum anderen sichern wir uns die Dienste eines spanischen Torwarts, der Jeff Ewert einen harten Konkurrenzkampf um die Nummer Eins liefern soll.

Das erste Pflichtspiel führt uns nach Petange, wo wir knapp, aber verdient mit 2:1 gewinnen. Weber erzielt dabei schon wieder ein Tor per Elfmeter und berichtigt mich danach grinsend, als ich ihm zum achten Penalty-Tor gratuliere. "Nee, Trainer, ist das neunte."
Ich zähle später nach und stelle fest, dass der Bengel recht hat.
Romulo Azevedo kann übrigens wegen einer rechtzeitig zur Spielberechtigung erlittenen Zerrung noch nicht mitwirken, die Ärzte schätzen, dass es vielleicht Ende Januar was wird ...

Zum ersten Heimspiel 2037 begrüßen wir die widerwillig angereisten Gäste aus Steinfort - widerwillig deswegen, weil sie natürlich ahnen, dass es für sie hier nichts zu holen geben wird.
Haben sie auch völlig richtig geahnt. Wir gewinnen 4:0. Klar, deutlich, einseitig.

Am letzten Januartag kommen uns dann die Blue Boys aus Muhlenbach besuchen.
Und Azevedo ist fit! Wir stellen ihn natürlich sofort ins Sturmzentrum (wo ich mir aufgrund seiner Allroundfähigkeiten großen Impact erhoffe) - und er macht sofort Schlagzeilen.
Und was für welche!
34., 38., 90. - der Brasilianer startet mit einem Hatttrick in seine Zeit in Esch und hat damit großen Anteil daran, dass wir 5:1 gewinnen.



Das erste Februarspiel ist eine deutlich engere Kiste - kein Wunder, ist es doch Düdelingens letzten Chance, irgendwie in Reichweite zu uns zu kommen.
Schaffen sie aber nicht. Wir halten sie erfolgreich vom Kasten fern und in der 90. Minute erzielt der eingewechselte Nachwuchsstümer Andy Weis das Goldene Tor. Jetzt haben wir zehn Punkte Vorsprung vor Düdelingen auf Platz 2.

Auswärts in Niederkorn. Hätte spannend sein können (immerhin schielen die Gastgeber noch auf die Europaplätze), aber zwei Tore von Weber, darunter sein zehnter erfolgreicher Penaltyversuch, ziehen ihnen den Zahn.



So langsam wird es auch rechnerisch schwer, uns die Meisterschaft noch zu nehmen.
Zumal wir auch das einzige Pflichtspiel im März wenn schon nicht schön, so doch zumindest ungefährdet 3:1 gewinnen.
Von Azevedo ist seit seinem Debüt-Hattrick übrigens nichts mehr zu sehen, er taucht regelmäßig unter. Meine Versuche, die Taktik auf ihn anzupassen, führen bisher nicht zum Erfolg, was mich - ganz im Gegensatz zur Tabellensituation - doch ein wenig frustriert.



Im April haben wir im Heimspiel gegen unsere Erzrivalen einen ersten Matchball, um die Meisterschaft klarzumachen.
Paul Oliveira bringt uns auch in Führung, aber die Schwarzgelben erzielen mit der buchstäblich letzten Aktion der Partie doch noch den Ausgleich.
Und da auch Düdelingen spät den Auswärtssieg eintütet, ist die Meisterfeier leider vorerst geplatzt.

Na dann eben bei Racing Luxemburg!
Naja, oder auch nicht, wir treffen das Tor nicht mehr....
Düdelingen gewinnt mit 7:1 in Steinfort und ist damit zwei Spieltage vor dem Ende wieder auf sechs Punkte ran. Und der Kantersieg hat auch das Torverhältnis angeglichen.

Verstolpern wir das hier etwa auf den letzten Metern doch noch?



Die Antwort bringt das nächste Heimspiel gegen den designierten Absteiger Viktoria Rosport.
Und die Antwort lautet "Nö, wir verstolpern hier gar nichts."
Webers elftes Elfmetertor (weiterhin ohne Fehlversuch!) läutet dabei den Sieg ein.
Danach gibt es kein Halten mehr.
FOLA Esch ist endlich mal wieder Meister geworden (zum nunmehr neunten Mal) und hat die dekadenlange Düdelinger Serienmeister-Langeweile durchbrochen!
Da diese außerdem auch im Pokalhalbfinale ausgeschieden sind (Pokalsieger wird Differdingen), geht in dieser Saison - völlig überraschend - gar keine Silberware nach Düdelingen.
Ätsch!

Wir feiern allerdings ein bißchen zu ausgiebig, wie sich im letzten Spiel der Saison zeigt.
Die Spannung fehlt bei uns komplett und wir verlieren nach einer grausigen Leistung verdient mit 1:2 bei Union 05.
Hat glücklicherweise überhaupt keine Auswirkungen mehr auf ihren Tabellenstand oder den eines anderen Vereins, da die Gastgebers im Niemandsland der Tabelle stecken.



Die Abschlußtabelle sieht aus FOLA-Sicht natürlich echt klasse aus.

Wir treten in der nächsten Saison in der Champions-League-Qualifikation an!
(Und unser Schatzmeister reibt sich tagelang die Hände, nachdem er erfahren hat, dass uns selbst eine Niederlange in dieser ersten Runde bereits ein Antrittsgeld von 280.000€ und damit ziemlich genau soviel einbringt, wie wir mit dem aktuellen Kader pro Saison als Deckungslücke verbuchen.)

Düdelingen, Mondorf-Les-Bains und Pokalsieger Differdingen können sich mit der Conference-League-Quali trösten.
Für unsere schwarzgelben Erzfeinde bleibt dagegen nur der Blick in die Röhre.
Ätsch zum zweiten!



Einen Wermutstropfen bietet der Saisonabschluß aber dann doch.
Kapitän Cedric Lopez geht nach 14 Jahren und 304 Pflichtspielen für FOLA von Bord.
ich hatte noch versucht, ihn umzustimmen, aber das war letztlich nicht möglich.

"Ganz ehrlich, Trainer, mein Körper sagt, es reicht. Und ich trete als Kapitän der Meistermannschaft ab. Ich wollte immer Meister werden - es gibt also keinen besseren Zeitpunkt als genau jetzt."

Wir werden Lopez schmerzlichst vermissen - auf und neben dem Platz.




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« Letzte Änderung: 20.Januar 2023, 19:27:22 von Achtelprofi »
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Jetzt gehst du aber plötzlich ein Tempo, das mir doch etwas den Genuß nimmt. Hab das jetzt überflogen und muss es nochmal in Ruhe lesen dieser Tage. Glückwunsch jedenfalls zur Meisterschaft, soviel mal vorab.
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« Letzte Änderung: 20.Januar 2023, 21:31:11 von Achtelprofi »
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Glückwunsch zur Meisterschaft und zur Teilnahme im internationalen Wettbewerb! Hoffe du überwirfst dich nicht wieder mit dem Vorstand :D

Kann die "Kritik" von Lancelot ein wenig verstehen. Deine Story glänzt vor allem durch deine erzählten Geschichten die einem auch Freude machen zu lesen und nicht wie wahrscheinlich bei anderen und bei mir (Achtung! subjektive Meinung) den Text meistens überfliegen und sich die Geschichte von den Bildern erzählen zu lassen. Nicht falsch verstehen, die Teile waren jetzt bei weitem nicht schlecht oder so, aber ich vermisse auch ein wenig die Geschichten die du sonst immer drumherum erzählt hast. Anderseits kann ich aber auch verstehen, dass du ein wenig voran kommen willst und dann frisst so eine Geschichte natürlich immer viel Zeit. Freue mich aber natürlich trotzdem auf die nächste Saison :)
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Glückwunsch zum Titel. Bin auf die CL Quali gespannt.
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Lancelot

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Zwei Anmerkungen noch von mir, zum einen zucke ich instinktiv beim Wort "Kritik". Natürlich ist es eine, das steht außer Frage, doch das Wort ist trotz besseren Wissens bei mir negativ besetzt. Und um da gewissen Dingen vorzubeugen, nein ich meine das nicht negativ!

Zum anderen, deine Story gefällt mir so gut, das ich sie genießen möchte, tue ich auch, hab die beiden Updates jetzt nochmal in Ruhe gelesen. Es ist quasi wie mit einem gutem Essen, das schlingt man auch nicht herunter. Wenn man da aber Vorspeise, Hauptgang und Nachtisch mit einem Mal auf den Tisch geknallt bekommt denkt man "boah ist das viel". In diese Richtung meinte ich das mit dem Tempo. Naja so ungefähr jedenfalls.

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"Ein absoluter Traumjob"
Aus unserer Serie "Menschen aus der Region" heute: Gerard Lavayeux.

von Madeleine Muller

Er macht sich (meist unter entschuldigendem Verweis auf die ungeheure Menge an Arbeit, die im Zuge der jüngsten Erfolge auf ihn wartet) im allgemeinen sehr rar, wenn es um Interviews geht.
Für das "Luxemburger Tageblatt" hat er sich jedoch zwischen den Trainingseinheiten, internen Meetings, Spielerbeobachtungen und nicht zuletzt der Vorbereitung auf die erste Europapokalteilnahme des CS FOLA Esch unter seiner Verantwortung ein wenig Zeit genommen.
Die Rede ist natürlich vom Trainer des neuen luxemburgischen Meisters, Gerard Lavayeux.

Herr Lavayeux, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben, zwischen all den Terminen, denen Sie nachkommen müssen, ist das ja nicht selbstverständlich.
Nichts zu danken, Ihrer Einladung bin ich gern gefolgt!

Das freut uns. Dann lassen Sie uns keine wertvolle Zeit verschwenden und direkt einsteigen: wie fühlt es sich an, nach gerade einmal drei Jahren Trainertätigkeit den Meistertitel in Luxemburg errungen zu haben? Haben Sie überhaupt schon realisiert, was Sie erreicht haben?
Kurze Antwort: Sehr gut. Ja. Und nein. *lacht*
Ein bißchen ausführlicher: der Meistertitel fühlt sich zugegebenermaßen immer noch etwas surreal an. Ich meine - vor vier Jahren hab ich nichtmal daran gedacht, überhaupt Trainer zu sein. Und nun gehöre ich schon zu dem kleinen Prozentsatz an Trainern, denen es vergönnt ist, einen Titel zu erringen.

Genaugenommen ja sogar mehrere.
Stimmt, da haben Sie recht. Aber das unterstützt den Punkt, den ich meine, ja nur noch. Ich fühle mich sehr privilegiert und bin gleichzeitig unfaßbar stolz auf die Mannschaft und das Team drumherum. Es war ja nicht unbedingt vorherzusehen, dass wir Meister werden - aber die Jungs haben einfach Biss, das merkt man in jedem Training und jedem Spiel.

Sie haben es gerade angesprochen: Sie sind einer der erfolgreichsten Trainer in Luxemburg in den letzten Jahren. Sowas weckt ja bestimmt auch Begehrlichkeiten. - Hand aufs Herz: gab es schon Anfragen aus dem Ausland?
Nein.

Und angenommen, es gäbe sie: wären Sie solchen Anfragen gegenüber aufgeschlossen?
Man soll ja niemals "nie" sagen - aber um ehrlich zu sein, habe ich mir bisher überhaupt keine Gedanken über ein solches Szenario gemacht. Ich bin jetzt gerade mal eine Saison bei FOLA, wir stehen am Anfang einer Entwicklung und haben mindestens zwei aufregende Europapokalspiele vor uns. Ein Wechsel - egal wohin - kommt für mich zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht infrage. Ich bin in der glücklichen Lage, einen absoluten Traumjob ausüben zu dürfen. Noch dazu bei einem Verein, der mir seit Kindertagen sympathisch ist.
Also nochmal: nein, keine Anfragen, keine Planspiele. Ich bin FOLA-Trainer mit Leib und Seele - und ich bleibe das erstmal auch. Was vielleicht in fünf oder zehn Jahren ist, wird man sehen, dazu kann und will ich nichts sagen. Zumal ich ja nicht derjenige bin, der entscheidet, wie lange ich im Stade Emile Mayrisch an der Seitenlinie stehen darf...

Gutes Stichwort. Soweit bisher bekannt ist, läuft Ihr Vertrag bis zum Ende der kommenden Saison. Gibt es schon eine Tendenz bezüglich einer möglichen Verlängerung?
Bisher nicht und das hat zum jetzigen Zeitpunkt auch überhaupt keine Priorität.
Wir stecken in der Vorbereitung auf die Qualifikationsspiele zur Champions League. Das ist - sportlich wie finanziell - eine sehr große Chance und gleichzeitig eine riesige Herausforderung. Auch die Ligasaison will vorbereitet sein. Die Erwartungshaltung der Fans und der Öffentlichkeit wird eine völlig andere sein als letzte Saison, das heißt, dass wir noch viel akribischer arbeiten müssen, um erfolgreich zu sein.
Irgendwann in der Saison werden wir uns zusammensetzen, um in Ruhe darüber zu sprechen, ob wir weiter zusammenarbeiten wollen. Und zumindest von meiner Seite aus gibt es absolut nichts, was dagegen spricht.

Ein Interview am Saisonende wäre unvollständig ohne die obligatorische Frage nach dem schönsten und schlimmsten Moment..
Der schönste Moment ist schwer ... da gibt es mehrere Kandidaten. Die Jungs mit der Meistertrophäe feiern zu sehen war toll, auch die Feier mit den Fans, logisch. Die Pfiffe der Jeunesse-Fans nach unserem Auswärtssieg (FOLA gewann mit 1:0, Anm. d. Red.) gingen auch runter wie Öl.
Der schlimmste Moment war aber ganz klar der, als Cedric Lopez sein Karriereende bekannt gab. Der Verein verliert damit eine absolute Identifikationsfigur und die Mannschaft einen Leitwolf und Führungsspieler. Ich meine, wo gibt es das heutzutage noch, dass ein Spieler trotz mehrerer besserer Angebote seine gesamte Karriere im Erwachsenenbereich bei einem einzigen Club verbringt?
Cedric wird auf allen Ebenen eine riesige Lücke hinterlassen. Sportlich sowieso, er war ja bis zuletzt Stammspieler auf seiner Position (Linksverteidiger, Anm. d. Red.). Aber auch als Spieler, der bis zum Abpfiff in jedem Spiel bedingungslos fightet und als Vaterfigur für die vielen jungen Spieler im Kader wird er uns echt fehlen.
Ich kann seine Entscheidung seine Beweggründe genauso wie jeder im Verein verstehen, aber für den CS FOLA Esch ist das ein sehr sehr trauriger Tag gewesen.

Und ohne ihn wird es in der Champions-League-Qualifikation nicht unbedingt leichter werden, oder? Was rechnen Sie sich in diesem Wettbewerb aus?
Kurz und auf den Punkt: nichts.
Egal, gegen wen wir ausgelost werden - wir werden Außenseiter sein. Selbst die sogenannten "leichten" Gegner haben allesamt mehr Erfahrung als wir in diesem Wettbewerb. Wenn wir auch nur eine Runde überstehen sollten, werden wir das feiern wie einen Pokalsieg.

Das klingt aber schon arg fatalistisch. Stapeln Sie da nicht ein wenig zu tief?
Keineswegs. Schauen Sie sich den Pool unserer möglichen Gegner doch mal an. Oder einfacher: lassen Sie uns in zwei Monaten nochmal über dieses Thema sprechen, dann wissen wir, wie "tief" ich gestapelt habe. *lacht*

Wir nehmen  Sie beim Wort! Anderes Thema: gibt es schon Neuigkeiten in Sachen Spielerzugänge - oder auch -abgänge - zu vermelden?
Nein. Es ist kein Geheimnis, dass wir nach einem Ersatz für die Linksverteidigerposition suchen, da es fahrlässig wäre, nur mit Vlajic in die Saison zu gehen.
Ansonsten bleibt Stand jetzt der aktuelle Kader so zusammen.

In Ordnung. Letzte Frage: was rechnen Sie sich für die neue Saison aus?
Wir wollen natürlich wieder in der Spitzengruppe der Liga vertreten sein, idealerweise sogar um den Titel mitspielen. Mindestziel ist die erneute Qualifikation für den internationalen Wettbewerb.

Herr Lavayeux, wir danken Ihnen für dieses Interview.
Sehr gern.
« Letzte Änderung: 23.Januar 2023, 16:36:32 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

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Schlußendlich stellen wir auch einen neuen Chefscout und einen Chefphysiotherapeuten ein.
Beide sind allerdings bestenfalls temporäre Lösungen: der eine wird Chefscout, weil es sonst keine Bewerber gibt und er immerhin weiß, dass man auf dem Transfermarkt keine Lebensmittel kaufen kann, der andere bringt als Qualifikation die höchst beruhigende Aussage mit, dass er vor 2 Jahren mal ein vom Arbeitsamt gesponsertes 5-tägiges Probearbeiten bei einem Physiotherapeuten mitgemacht habe. Das habe er allerdings nach 2 Tagen abbrechen müssen, weil ihm die "ganze Muskelwalkerei auf die Eier ging". Wir beschließen, für beide Positionen weiterzusuchen und ansonsten gute Miene zum inkompetenten Spiel zu machen.

 ;D ;D ;D Meine Lieblingsstelle bis jetzt in der gesamten Story. Ich musste beim erstmaligen Lesen richtig drüber lachen und jetzt beim Raussuchen zum Zitieren ebenfalls, danke dafür!  ;D

Und Glückwunsch zur Meisterschaft! Bin mal gespannt, gegen wen es in der CL-Quali geht, vielleicht übersteht ihr mit Losglück 1-2 Runden... Viel Erfolg!
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Ich kann, dass ich nichts kann.

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Sehr schöne Story! Abwechslungsreich und spannend geschrieben, gerne weiter so. Bekomme ich gleich mal wieder Lust auf ein Langzeitsave mit dem Racing-FC ;D
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Juni und Juli 2037

Wie in meinem einzigen größeren Interview erwähnt, suchen wir relativ dringend einen Nachfolger für den in den Ruhestand getretenen Cedric Lopez.
Er sollte möglichst kein Nicht-EU-Ausländer sein (da die Liga hier ein Maximum von 4 Spielern für die Registrierung erlaubt).
Und wenn er auch noch innerhalb Luxemburgs ausgebildet worden wäre, wär das noch schöner.

Dank meiner Scouts (die aus irgendeinem mir völlig unerfindlichen Grund total verlegen aus der Wäsche gucken, als sie mir mitteilen, dass sie "da jemanden gefunden hätten") haben wir nach wenigen Tagen tatsächlich einen brauchbaren Linksverteidiger an der Angel und weitere drei Tage später auch im Kader.





Er ist zwar definitiv kein 1:1-Ersatz für unseren Ex-Kapitän, aber ganz ehrlich: damit hat auch keiner gerechnet. Lopez ist nichtmal im Ansatz ohne Qualitätsverlust ersetzbar, wir werden versuchen müssen, die nun fehlende Qualität hinten links "im Kollektiv aufzufangen", wie jedes halbwegs gut ausgebildete Phrasenschwein grunzen kann.

Wir basteln auch ein wenig an den Taktiken, denn so erfolgreich die Vorsaison auch war, ein dickes Manko bleibt: Romulo Azavedo ist nur mangelhaft eingebunden.
Das wollen, ja das MÜSSEN wir abstellen, denn der Brasilianer ist miteinem jährlichen VErdienst von 21,500€ (plus Prämien) einer der Topverdiener im Kader. Wir können es uns weder sportlich leisten, seine Klasse ungenutzt zu lassen, noch ist es finanziell machbar, ihn zu bezahlen, ohne dass er Einfluss auf unser Spiel nimmt.
Leider verletzt er sich relativ früh in der Vorbereitung, so dass unser Experiment eine 4231 mit ihm als Schaltzentrale noch warten muß:




Stattdessen setzen wir auf die beiden relativ bewährten Taktiken des Vorjahres, zum einen das aus der Not (Verletzungsmisere im Sturm) geborene 42211:




Und zum anderen das weniger defensive 442, das in der Liga unser Standardsystem werden soll:





Und dann ist Trainingsauftakt und zwei Tage danach erfahren wir endlich, wer unser gegner in der ersten Runde der Qualifikation zur Champions League sein wird.
Als wir den Namen lesen, wird uns ein bißchen flau ....

FK Astana mag für viele Fussballbegeisterte in den "größeren" Ligen Europas eher als Fallobst erscheinen, aber Luxemburg ist nunmal ein Fussballzwerg - und FOLA Esch ist es auch.
Verglichen mit uns ist der kasachische Serienmeister der Jahre 2014 bis 2019 ein Schwergewicht.
Das hat mehrere Gründe.
Erstens: der Verein ist zwar erst 2009 gegründet worden - und zwar als Zusammenschluß mehrerer Vereine aus Almaty.
(Die genauen Details sind nicht bekannt - ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass die Fans dieser Vereine es sonderlich toll fanden, als ihre Klubs mal eben gleichzeitig nach Astana "umzogen" und aufhörten zu existieren...)
Aber er arbeitet vom ersten Tag an vollprofessionell und ist inzwischen mit weitem Abstand der erfolgreichste kasachische Verein der Geschichte - national wie international.
Und gerade die internationalen Erfolge sind es, die uns das Zittern beibringen.

Erste Teilnahme an der Europa League-Qualifikation (dank des Pokalsiegs ein Jahr zuvor): 2013, allerdings gleich in der ersten Runde gegen Plowdiw ausgeschieden.
Ein Jahr später überstand man bereits 3 Qualirunden in der Europa Leauge (und warf da mit Hapoel Tel Aviv und vor allem AIK Solna durchaus namhafte Konkurrenz aus dem Rennen), durch 2 Niederlagen in den Playoffs zur Gruppenphase gegen Villareal gescheitert.
In diesem Jahr auch erstmal Meister geworden, dadurch qualifizierte man sich für die zweite Runde der Champions-League-Quali.
In dieser Runde wurde NK Maribor bezwungen, in der dritten Runde HJK Helsinki.
In der vierten Runde gelang dann durch ein 1:0 zuhause und ein 1:1 auswärts gegen APOEL Nikosia der große Coup: erstmalige Teilnahme eines kasachischen Vereins an der CL-Gruppenphase.
Die Gruppenphase beendete man mit 4 Punkten (4 Unentschieden) und 5:11 Toren als Letzter. Allerdings hießen die Gegner auch Benfica Lissabon, Atletico Madrid und Galatasaray Istanbul!
Da ist nicht das Ausscheiden verwunderlich, sondern die 4 Unentschieden.

Wiederum ein Jahr später - wieder Meister geworden - scheiterte Astana zwar in der dritten CL-Quali-Runde an Celtic Glasgow (und zwar mit 1:1 und 1:2 denkbar knapp),  konnte in den folgenden Playoffs zur Europa League jedoch BATE Borissow ausschalten und damit in die Gruppenphase der Europa League einziehen.

2017/18 scheiterte man erneut in der Quali zur Champions-League-Gruppenphase, wieder an Celtic. Allerdings bedeutete diese Niederlage die automatische Qualifikation zur Gruppenphase der Europa League, wo man wieder mal für Furore sorgte - als Gruppenzweiter zog Astana nämlich in die K.O-Phase des Wettbewerbs ein.
2018/19 wurde man Gruppendritter in der Europa League.


Auch wenn die letzten anderthalb Dekaden nicht mehr ganz so spektakulär waren, so ist FK Astana dennoch ein Dauergast in der Champions- und Europa-League-Qualifikation und selbstverständlich - daran gibt es überhaupt gar keinen Zweifel - haushoher Favorit für das Duell mit uns.
Die Buchmacher geben Quoten von 50:1 aus...

Gemessen daran schlagen wir uns allerdings gar nicht schlecht.
Wir spielen zuerst auswärts und laufen in unserem etwas defensiveren 42211 auf, mit Mendes als einziger Sturmspitze.
Die gastgeber versuchen die erste Viertelstunde, uns regelrecht zu überrenen, unsere Defensive steht jedoch bombensicher - erst in der 38. Minute kommt überhaupt der erste echte Schuß auf unser Tor.
Mitte der zweiten Halbzeit - Astana wird langsam ungeduldiger und durch die Hereinnahme eines zusätzlichen Stürmers auch offensiver - fahren wir dann einen mustergültigen Konter, den der junge Karabegovic im Fallen zum 1:0 vollendet.
Die Sensation liegt in der Luft!

Allerdings nur 10 Minuten lang, dann passen wir das erste Mal bei einer Ecke nicht hundertprozentig auf und kassieren per Kopfball den Ausgleich.
Und weitere 10 Minuten später geht Astana in Führung, als wir nach einem Ballverlust in der gegnerischen Hälfte nicht schnell genug wieder sortiert sind.
Dabei bleibt es auch.




Wir haben uns zwar durchaus Respekt verschafft - der Trainer der gastgeber spricht auf der Pressekonferenz nach dem Spiel ehrlich und anerkennend von einem "ungeheur schweren Spiel, das wir so nicht erwartet hatten" - aber wir stehen eben auch mit leeren Händen da.
Naja fast jedenfalls - denn das 1:2 läßt uns durchaus Chancen im Rückspiel.

Vor neuer Rekordkulisse von 3058 Zuschauern (im Stade "Alphonse Theis" in der Hauptstadt, da unser eigenes Stadion die Mindestanforderungen der UEFA nicht erfüllt) gehen wir zwar entschlossen in die Partie, merken allerdings schnell, dass die Kasachen uns kein zweites Mal unterschätzen werden.
Sie halten uns eine halbe Stunde lang komplett von ihrem Tor fern, fahren dann einen Vier-Ballkontakte-Angriff zum 0:1 (35.) und kontern uns zwei Minuten nach der Halbzeit klassisch aus (47.)
Mit dem 0:2 sind die Messen gelesen.
Astana erhöht in der 66. sogar noch auf 3:0, bevor Claude Schmit zehn Minuten vor dem Ende wenigstens noch "mein" erstes Heimtor im Europapokal schießt.

Wir haben zwar das absolute Mindestziel erreicht und sind nicht aus dem Stadion geschossen worden, aber zufrieden ist bei uns keiner.





Damit ist unsere Europareise allerdings noch nicht zuende, denn trotz des Ausscheidens dürfen wir jetzt noch in der Qualifikation zur Conference League antreten - unser Gegner dort ist der FK Riteriai aus Litauen.
Ein Name, der jedem einzelnen Mitarbeiter unseres Vereins ein dickes Fragezeichen ins Gesicht zaubert.
Keiner von uns hat jemals diesen Namen gehört.

Zeit, dass wirdie Scouts in die Spur schicken ...
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Die Conference League hat auch unterschätzt coole Vereine dabei, vielleicht jetzt auch Fola Esch? :)
Hoffe die nächsten Spiele sind erfolgreich. Ich stelle mir Herrn Lavayeux schon auf dem roten Teppich bei Promi Events vor :laugh:
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August 2037, Kadervorstellung

Die ganze Aufregung um die Champions-League-Qualifikation hält uns natürlich nicht davon ab, auch für die nationale Liga zu planen - und demzufolge auch den Kader nochmal kritisch unter die Lupe zu nehmen.
Nach der Verpflichtung von Martins, der für beide Außenverteidigerpositionen mindestens als Backup gut genug ist, brauchen wir eigentlich erstmal keine weiteren Verstärkungen (vorausgesetzt natürlich, es verläßt uns niemand).
Zumal wir aus der Jugend mit Paul Borges einen sehr brauchbaren Stürmer in die erste Mannschaft hochgezogen haben, der sowohl über eine gute Grundschnelligkeit verfügt als auch weiß, wo das Tor steht. Er benötigt zwar noch ein wenig charakterliche Nachhilfe, aber da wird unser inzwischen sehr professionell arbeitender Kader hoffentlich einen guten Einfluß haben.

Alles in allem entscheiden wir uns, die in der Conference League erlaubte Maximalzahl von 25 Spielern mit der ersten Mannschaft zwar auszureizen, nicht aber die 30 Spieler, die in der Nationaldivision erlaubt sind. Stattdessen werden die drei für den nationalen Wettbewerb zu vergebenden Plätze mit Jugenspielern besetzt, denen klar gesagt wird, dass sie in dieser Saison ausschließlich Notfall-Optionen sind, falls sich in der Abwehr oder auf den Flügeln - auf einer oder mehrerer dieser Positionen sind alle fünf nämlich heimisch - ein solcher Notfall ergibt.

Auf diese Art und Weise umgehen wir hoffentlich etwaige Unzufriedenheitsprobleme, da voraussichtlich alle 25 Spieler zu ihren Einsätzen kommen werden - den dritten Torwart Andy Rodrigues eventuell ausgenommen.

Und dies ist unser Kader für die Saison 2037/2038, nachdem das Transferfenster geschlossen ist.

(ACHTUNG - die Bilder in den Spoilern sind sehr groß!)


Torhüter



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Der Spanier Oriol de la Red ist klare Nummer eins. Jeff Ewert kann auf Einsätze im luxemburgischen Pokal hoffen. Für Andy Rodrigues werden wohl nur dann Einsätze herausspringen, wenn sich beide anderen Torhüter verletzen sollten.


Abwehrspieler



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Klare Hierarchie auch auf den meisten in der Abwehr zu besetzenden Positionen.
Das Innenverteidiger-Duo bilden Laszlo Vitelki und Claude Schmit, links ist zunächst der Bosnier Stefan Vlajic gesetzt, rechts unser "Mister Elfmeter" Jean-Marc Weber.
Neuzugang Valentin Martins scharrt allerdings auf beiden Außenpositionen mit den sprichwörtlichen Hufen und wird gerade zu Beginn der Saison mit mehreren englischen Wochen zu Einsätzen kommen. Das gleiche gilt für Gilles Jans zentral in der Abwehr.
Hugo Candeias kann sowohl rechts hinten als auch im defensiven Mittelfeld auf Jokereinsätze hoffen.
Jorge Semedo und Andre da Silva sind dagegen klare Ergänzungsspieler, für die außer bei extrem kurz aufeinanderfolgenden Spielen oder bei Verletzungen des erweiterten Stammpersonals kaum mehr als Kurzeinsätze herausspringen dürften.


Mittelfeldspieler



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Im Mittelfeld ist die Rollenverteilung nicht ganz so klar - am eindeutigsten sind die Plätze noch im Zentrum vergeben - Tom Raths gibt den etwas offensiveren, dynamischeren Part, während einer er beiden Stars der Mannschaft, Kristin Hentze (der seit dieser Saison auch frischgebackener Nationalspieler der Färöerinseln ist) den defensiver orientierten tiefen Spielmacher gibt.
Auf der linken Außenbahn duellieren sich Platzhirsch Steve Freichel und Eigengewächs Marko Karabegovic um Einsatzzeiten.
Rechts dagegen ist Paul Oliveira gesetzt, wenn wir flankenlastig spielen wollen, Olivier Raths, wenn wir einen zentraler orientierten Außenspieler benötigen.
Andy Weis ist rechts nominell die Nummer drei, kann jedoch durch seinen ausgeprägten Offensivdrang auch im Sturm aufgeboten werden (vor allem dann interessant, wenn wir mit zwei Stümern auflaufen wollen).
Für Michel Loes gilt sinngemäß das gleiche wie für die Abwehrspieler Semedo und da Silva - klarer Ergänzungsspieler, der im Kader ist, weil er sehr flexibel beide Seiten (und das linke Mittelfeld bis hin zum offensiven Außen) beackern kann. Wirklich auf Augenhöhe mit den jeweiligen Stammspielern ist er jedoch nirgends. Sollten wir zukünftig einen Spieler im Kader ersetzen, ist er trotz seiner Flexibilität die erste Wahl.

Wenn wir einen Spieler im offensiven Mittelfeld aufstellen wollen, ist an Olivier Mubumbyi in der Vorsaison kaum ein Vorbeikommen gewesen. Und auch jetzt ist er ganz offensichtlich wild entschlossen, den Kampf um seinen Platz an- und aufzunehmen. Herausragende Trainingsleistungen unterstreichen diesen Ehrgeiz nachdrücklich.
Dabei hat er wahrscheinlich das schwierigste Duell um einen Stammpltz vor der Brust.
Er konkurriert nämlich mit unserem brasilianischer Superstar Romulo Azevedo, der nach einem eher schwierigen ersten Halbjahr nun endlich durchstarten möchte. Wir haben die ideale Position für ihn allerdings noch nicht gefunden.
In der Vorbereitung hat er immerhin vielversprechende Ansätze im offensiven Mittelfeld gezeigt, wo er als aus der Tiefe startender verkappter Stürmer glänzte.
Genauso wohl scheint er sich allerdings als Zielspieler zu fühlen, dank seiner guten Technik kann er diese Rolle mit deutlich mehr Überraschungsmomenten ausfüllen als jeder andere im Kader.


Stürmer



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Im Sturm sind die Rollen dann wieder sehr klar verteilt. Stammspieler ist mit Steve Mendes ein weiteres Eigengewächs, erster Herausforderer ist der aus derJugend hochgezogene Paul Borges. Denis Stamatovic verdankt seinen Kaderplatz dagegen eher der Tatsache, dass er als im Verein ausgebildet gilt, was für die Registrierungsregularien im internationalen Geschäft durchaus wichtig ist. Rein sportlich betrachtet steht er deutlich hinter den beiden anderen Stürmern zurück.


Alles in allem haben wir einen der nominell stärksten Kader der Liga.
Mal sehen, was das auf dem Platz wert ist...







« Letzte Änderung: 24.Januar 2023, 19:42:45 von Achtelprofi »
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August 2037, Ligastart und Conference-League-Qualifikation


Unsere Scouts kommen mit nur wenig verwertbaren Informationen aus Litauen zurück.
Der Verein FK Riteriai wurde 2005 als FK Traiai gegründet und zog einige Jahre später wegen Stadionproblemen in die Hauptstadt um.
Ursprünglich in der 4. litauischen Liga an den Start gegangen, spielen die Hauptstädter seit 2014 erstklassig.
International sind sie bisher wenig aufgefallen (ach!).
Zur Spielanlage können die Jungs nur sagen, dass Riteriai ein eher rustikales Langholz-442 pflegt, das sich mit den richtigen Verteidigern eventuell sehr einfach ausbremsen ließe.

Wir entscheiden uns, ebenfalls im 442 aufzulaufen, mit schnellen Pässen auf die Außen zu arbeiten und zu versuchen, Mubumbyi und Mendes mit Flanken zu füttern.
Das Spiel läuft dann geradezu erschreckend smooth nach Plan. Tom Raths versenkt nach nicht einmal zehn Minuten einen Flachschuß vom linken Strafraumeck im gegnerischen Tor, weitere zehn Minuten später nickt Claude Schmidt eine Mubumbyi-Ecke ein.
Der Rest des Spieles ist konzentriertes Gegner-vom-Tor-Weghalten, was uns einfach famos gelingt. Zur Pause haben die Gäste exakt null (!) Torschüsse, am Ende des Spiels sind es zwei, davon immerhin einer aufs Tor.




Dieses 2:0 gibt uns Sicherheit und Selbstbewußtsein - allerdings mussen wir für das nächste Spiel dennoch die komplette Mannschaft umbauen. Denn nur 3 Tage nach meiner Conference-League-Premiere steht auch der Ligaauftakt auf dem Plan. Wir empfangen mit einer auf mehreren Positionen veränderten Startelf Titus Petange. Die Taktik haben wir ebenfalls geändert - so kraftschonend wie möglich, lautet die Devise.

Wir sitzen also gemütlich in der eigenen Hälfte und warten darauf, dass die Gäste bei ihren Angriffsbemühungen die Mittelinie überschreiten. Dann nehmen wir ihnen den Ball ab und spielen unsererseits gemütlich auf ihr Tor zu. Und das funktioniert geradezu gespenstisch gut. So langweilig, wie das Spielsystem in der Theorie klingt, so ansprechend ist das Ergebnis.
4:0 und Tabellenführung. Guter Start, darf so weitergehen!




Beschwingt und voller Optimismus reisen wir nun nach Litauen, damit unsere nun wieder volle Kapelle das Rückspiel bei FK Riteriai bestreiten kann.
Erneut lassen wir die Gastgeber gar nicht erst in die Nähe unseres Tores, um die Null zu sichern. Linksaußen Freichel bingt uns Mitte der ersten Halbzeit in Führung, der zur Halbzeit für Vitelki eingewechselte Jans macht kurz nach der Halbzeit den Sack zu.
Insgesamt 4:0 - souveräner Einzug in die 3. Qualifikationsrunde. Außerdem durch Kartenverkäufe und Prämien insgesamt 100.000 Euro eingenommen.
Da nickt sogar der Vorstand sehr wohlwollend. Die Fans und Medien sind eh begeistert, es kommt nicht allzuoft vor, dass eine luxemburgische Mannschaft eine Qualifikationsrunde übersteht.




Ob noch eine zweite dazukommt, erscheint uns nach der Auslosung allerdings extrem fraglich. Wir werden gegen Breidablik aus Island gelost - und die sind ziemlich eindeutig Favorit.
Wir haben eine ganze Woche Zeit zur Vorbereitung - und entscheiden schlussendlich, dass wir gegen das 4231 der Hausherren unser bewährtes 42211 auspacken - mit Mendes als einzige Spitze und mit Mubumbyi dahinter. Azevedo ist noch nicht fit, den schonen wir fürs Rückspiel.
Wobei - so wie die erste Halbzeit läuft, schonen wir den Brasilianer wahrscheinlich für  eventuelle internationale Spiele im nächsten Jahr.
Wir kommen überhaupt nicht ins Spiel - dass wir zur Halbzeit nur mit 0:2 hinten liegen, hat vor allem was mit unserem Keeper zu tun, der mehrere Hundertprozentige entschärft.
Wir dagegen haben exakt einen Torschuß zu verzeichnen, der auch noch meilenweit am Gehäuse vorbeirauscht.
In der zweiten Halbzeit zunächste da gleiche Bild -nach einer Stunde fangen wir uns sogar das 0:3.
Jetzt isses eh egal - wir stellen auf 442 und lange Bälle um - und siehe da, damit kommen die Isländer deutlich schlechter zurecht. Mendes erzielt nach 70 Minuten immerhin den Ehrentreffer, profitiert dabei allerdings von einem kapitalen Schnitzer des Keepers.
Und als alle sich schon auf den Schlusspfiff einstellen, kommt Mubumbyi bem allerletzten Angriff etwa 25 Meter vor dem Tor nochmal an den ball, wird nicht richtig angegriffen, zieht einfach mal ab und erzielt tatsächlich noch das 2:3.
Keine Ahnung, womit wir das verdient haben - aber wir fahren plötzlich mit einer gar nicht mal so schlechten Ausgangslage zurück nach Esch.




Bevor das Rückspiel steigt, steht noch das zweite Ligaspiel an. Wir bauen aus Gründen der Belastungssteuerung wieder ein bißchen um und fahren auch im zweiten Spiel einen Sieg ein.
Das Wie allerdings macht mir echt Sorgen. Denn dass wir gewinnen, liegt vor allem an einem - Steve Mendes. Unser Stammstürmer erzielt einen Hattrick!
Der Rest der Mannschaft spielt allerdings eher unauffällig - und Keeper de la Red hat gar einen rabenschwarzen Tag erwischt und läßt zwei eigentlich harmlose Schüßchen durchrutschen. Damit sorgt er für eine extrem aufgeheizte Schlußphase, die wir nur mit viel Glück ohne dritten Gegentreffer überstehen.




So wirklich Auftrieb für das Rückspiel gegen Breidablik hat das jedenfalls nicht gegeben.
Und das Spiel selbst - in dem wir zum ersten Mal seit der letzten Saison auf Azevedo zurückgreifen können, der Anfang der zweiten Halbzeit eingewechselt wird - ist dann auch eine sehr harte Geduldsprobe. Wir haben die favorisierten Gäste sehr gut im Griff, erspielen uns Chance um Chance, aber scheitern ein ums andere Mal am Keeper, einem Abwehrbein, dem Pfosten oder den eigenen Nerven.
Und dann, als wir schon mit einem sehr unglücklichen Ausscheiden rechnen, retten uns erst Hentze mit einem fulminanten Gewaltschuß durch die Beine zweier (!) Abwehrspieler und quasi mit dem Schlußpfiff Vitelki mit einem Stochertor im Fünfmeterraum in die vierte und letzte Qualifikationsrunde.




Wir haben es tatsächlich fast geschafft! Zwei Qualifikationsspiele noch, dann könnten wir tatsächlich in der Gruppenphase stehen (und ganz nebenbei ein oder anderthalb Millionen Euro an Prämien einstecken).
Wir sind extrem euphorisch - bis wir die Auslosung sehen.
Wir spielen gegen ...
... AIK Stockholm.
Richtiger muss es eigentlich AIK Solna lauten, denn dorthin ist der Verein 1937 umgezogen, aber das tut gerade nichts zur Sache. Wir müssen gegen ein absolutes Conference-League-Schwergeqwicht antreten. Die Schweden sind uns dermaßen haushoch überlegen, dass ein Weiterkommen ungefähr so wahrscheinlich wäre wie ein veganer Löwe.

Vor dem David-gegen-Goliath-Kräftemessen steht aber erst noch ein Ligaspiel an - dankenswerterweise gegen Etzella Ettelbrück, also einen Abstiegskandidaten. Wir gewinnen auch ohne mehrere Stammkräfte und mit angezogener Handbremse locker-leicht mit 2:0.




Und dann - Heimspiel der vierten Qualifikationsrunde zur Conference League.
CS FOLA Esch gegen AIK Solna.
Wir versuchen, mit einer dicht gestaffelten Abwehr und schnellen Außen den ebenso schnellen Mendes im Sturmzentrum in Szene zu setzen. Konter also.
Und es geht absolut nach hinten los - denn die Schweden kontern unsere Konter. Nicht ein,al, nicht zweimal - nein, gleich dreimal verlieren wir bei einem eigenen Konter den Ball und ich muss von der Trainerbank aus hilflos zusehen, wie wir ein Tor nach dem anderen kassieren.
Ganz ehrlich und unter uns - mit dem 1:3 (Azevedo gelingt wenigstens noch sein Premierentor in dieser Saison) sind wir sowas von gut bedient!




In den Tagen bis zum Rückspiel gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht für uns.
Die gute - wir gewinnen auch das 4. Ligaspiel - diesmal knapp mit 1:0 gegen Alisontia Steinsel.




Die schlechte - im luxemburgischen Pokal starten wir am 27. September direkt mit einem Spiel gegen die schwarzgelben Erzfeinde von Jeunesse Esch. Mit etwas Pech könnte das übel werden ... ach, daran denken wir lieber erstmal nicht, alle Konzentration gilt jetzt dem Rückspiel.
Dass wir in Schweden ein 1:3 aus dem Heimspiel umbiegen können, glaubt zwar ehrlicherweise keiner - aber wir wollen uns mit einer guten Leistung aus dem Wettbewerb verabschieden.
Und das gelingt uns auch.
Also vom Ergebnis mal abgesehen. Eigentlich sind wir gar nicht schlecht im Spiel - aber AIK ist einfach gnadenlos effektiv.




1:3 und 1:4 lauten die Ergebnisse der vierten Qualirunde also aus unserer Sicht.
Deprimierend.

Aber auf der Leistung, die die Mannschaft in diesem Rückspiel gezeigt hat, kann man aufbauen.
Muss man aufbauen - denn jetzt kommt der erste echt harte Gegner in der Liga auf uns zu - der FC Differdingen.




Wir haben zwei nervenaufreibende, finanziell lohnende, sportlich durchaus gute Monate hinter uns - und ab sofort können wir uns zu einhundert Prozent auf die nationalen Wettbewerbe konzentrieren - und können uns immerhin mit dem schönen gedanken trösten, das kleine Luxemburg international gut vertreten zu haben.
Ganz nebenbei haben wir merh als 800.000 Euro an Prämien erspielt - und jetzt schon doppelt soviel Einnahmen aus Kartenverkäufen (nämlich 200.000 Euro) zu verzeichnen wie in der gesamten letzten Saison.
Inwieweit uns unsere unvermutet lange Europareise sonst noch voranbringt, wird man sehen.
Eine Duftmarke haben wir jedenfalls schonmal gesetzt.

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Montag, 31. August 2037, Staffmeeting

"Moin zusammen", begrüßt uns Ben Weber, unser Vereinspräsident und schenkt uns ein freundliches Lächeln, während er, offensichtlich voller Energie, zu seinem Platz geht ... nein, federt.
"Wie kann man nur so früh am Morgen schon so gut gelaunt sein?", frotzelt Jan Hoffmann, der Co-Trainer und erntet damit allgemeines Gekicher.
Ben, inzwischen bei seinem Stuhl angekommen, läßt sich nieder, greift im selben Atemzug nach der Kaffeekanne und einer Tasse und erwidert, scheinbar ganz beiläufig: "Indem man nicht wie ein Höhlenbär bis acht in der Falle liegt, Jan."
Das Gekicher steigert sich zum Gepruste, auch bei Jan.

Ich mag diese monatlichen Meetings -eine der ersten Neuerungen, die wir nach meinem Amtsantritt im letzten Jahr eingeführt haben.
Am ersten Montag eines jeden Monats (oder auch mal am letzten des Vormonats, so wie dieses Mal) treffen sich alle, in irgendeiner Art Verantwortung für das sportliche und/oder finanzielle Wohl es Vereins tragen.
Und daher ist das Meeting auch mit wachsenden Staffzahlen deutlich größer geworden und wir treffen uns schon lange nicht mehr in Bens Büro, sondern belegen ausnahmsweise für zwei Stunden die Cafeteria.
Der Präsident ist dabei, logisch - aber auch der Sportdirektor und der Jugendabteilungsleiter, die Trainer der Jugendmannschaften, der Chefscout, die Physios und und und.
Alles in allem sitzen zwei Dutzend Leute um die zusammengeschobenen Tische, bedienen sich vom appetitlich angerichteten Frühstücksbuffet - und aktuell schauen sie alle gespannt auf unseren Präsidenten, der soeben den Laptop aufklappt und per beamer eine Grafik an die Wand klatscht.
Diese zeigt eine von links nach rechts gesehen stark ansteigende blaue Linie in einem Koordinatensystem, deren Anstieg allerdings deutlich von einer roten und noch viel deutlicher von einer grünen Linie übertroffen wird.

"Könnt ihr das alle gut sehen?"
Allgemeines Nicken.
"Sehr schön! Das, Leute, sind unsere Einnahmen." Er deutet auf die grüne Linie, deren Grün mit dieser neuen Information gleich etwas vertrauenerweckender aussieht.
"Das hier", blau wird hervorgehoben, "sind unseere Gehaltskosten. Und das hier", die häßliche rote Linie gerät ins Visier, " das hier sind unsere gesamten Ausgaben im Verein."

Er macht eine kurze Pause, um die Information sacken zu lassen, dann fährt er fort.

"Das soll hier nicht in eine Mathevorlesung ausarten, daher kommt jetzt nicht die allseits beliebte 'Na, wer kann mir erklären, was das bedeutet?'-Fragerunde, sondern ich sags euch.
Diese Grafik hier zeigt gute und schlechte Nachrichten. Die guten zuerst: wir sind durch die sehr erfolgreiche internationale Qualifikationsreise und auch immer noch durch den extrem lukrativen Verkauf von Alessandro Becker in der Vorsaison finanziell auf einem wirklich guten Stand.
Allerdings - und das bringt mich zu den schlechten Nachrichten - ist das keine Selbstverständlichkeit. Denn unsere mit Abstand signifikantesten Einnahmen - Qualiprämien und Transfererlöse - sind allesamt einmalig. Soll heißen: wenn wir keine Spieler teuer verkaufen können und uns auch nicht wieder für Europa qualifizieren können, sind wir früher oder später pleite.
Warum?
Weil sich unsere Gehaltskosten seit dem Amtsantritt unseres geschätzten Meistertrainers", jetzt fixiert er mich direkt, während zwei Dutzend Augenpaare sich ebenfalls bereits in meine Richtung drehen, "Gerard mal eben um reichlich dreihunderttausend Euro erhöht haben. Ja, pro Saison!"
Einige der Anwesenden schnappen nach Luft, andere sind mit dem verdauen dieser Zahl noch nicht weit genug, um schon Entsetzen zu spüren.

Und ich? Ich spüre ungläubige Verwunderung in mir aufsteigen und entgegne: "Aber Ben, wie kann das denn sein? Wir haben doch lediglich drei wirklich teure Neuverpflichtungen getätigt und im gleichen Atemzug mehere Spieler abgegeben, die deutlich mehr verdient haben. Im Gehaltsbudget sind noch deutlich mehr als dreihunderttausend Euro frei!"




Weber schüttelt den Kopf. "Nein, sind sie nicht. Ihr habt ja nicht nur Spieler verpflichtet, sondern auch die meisten der hier Anwesenden in den Club geholt. Allein die Ausgaben für Mitarbeiter sind um über zweihunderttausend Euro pro Jahr gestiegen."




Ich reiße die Augen auf. "Das Gehaltsbudget muß auch für alle Mitarbeiter reichen?!"
Ben lächelt, ein wenig zu ironisch, wie ich finde. "Natürlich. Was dachtest Du denn, aus welchem Topf ich die bezahle? 'Spenden und Almosen'?"

Ich spüre, wie mir die Hitze den Hals empor auf die Wangen kriecht, Wahrscheinlich werde ich gerade rot wie eine Tomate. Himmel, ist das eine peinliche Situation! Ein Teil von mir drängt mich dazu, aufzuspringen, ein paar saftige Flüche loszuwerden und aus dem Raum zu stürmen. Ein anderer, deutlich objektiverer Teil schüttelt den emtaphorischen Kopf und fragt 'Aha, also so wie in Aspelt? Wenn der Herr Lavayeux Probleme bekommt, beleidigt er die Anwesenden und ergreift die Flucht?!'

Mühsam beherrsche ich mich. 'Nein, nicht wie in Aspelt', denke ich. 'NIE WIEDER wie in Aspelt!'
Ben nimmt mein Schweigen als Eingeständnis, einen Fehler gemacht zu haben. Er nickt mir zu und fährt in einem deutlich versöhnlicheren Ton fort: "Es geht ja gar nicht darum, den Teufel an die Wand zu malen, Angst zu verbreiten oder irgendwem die Schuld für irgendetwas zu geben. Mir geht es nur darum, dass uns allen bewußt ist, dass der jetzige Status Quo - mit allen hier Anwesenden, mit der famosen Mannschaft, die wir uns leisten und mit all den Annehmlichkeiten, die wir uns genehmigen können, wie zum Beispiel dem Arbeitsfrühstück auf Vereinskosten, das wir gerade durchführen - nicht für alle Zeit so bleibt, wenn wir nicht dafür sorgen. Absolutes Minimalziel muß in jedem Jahr das Erreichen der internationalen Plätze sein. Und wenn wir es "nur" in die Conference-League-Qualifikation schaffen, müssen wir dort mindestens zwei Runden überstehen, um genügend Einnahmen für das gegenwärtige jährliche Defizit zu erwirtschaften."

Ich nicke und erhebe dann die Stimme. "Dafür sollten wir aber auch über nötige Investitionen sprechen, Ben."
Der Präsident schüttelt den Kopf. "Ich weiß, was Du meinst, Du betonst es ja bei jedem Meeting: Verein auf professionelle Füße stellen, Stadion und Trainingseinrichtungen erweitern. Und ich kann  Dir nur immer wieder das gleiche dazu sagen, Gerard: ist nicht finanzierbar. Das Stadion auch nur um eintausend Plätze zu erweitern, fräße unser gesamtes Vereinsvermögen auf. Die Erweiterung der Trainingsanlagen desgleichen. Und dass wir nicht professionell werden können, habe ich doch auch schon mehrfach erklärt. Es gibt einfach gute Gründe, warum kein einziger luxemburgischer Verein diesen Schritt jemals gegangen ist - weder Jeunesse noch der Abomeister Düdelingen haben diese Mehrausgaben jemals stemmen wollen. Wir sind und bleiben semiprofessionell. Wer bei uns arbeitet, muß das akzeptieren."

Ich seufze, seufze noch einmal und nicke dann schicksalergeben.
"Wie siehts mit den Jugendcoaches aus? Können wir wenigstens dort über eine moderate Budgetanpassung sprechen?"

Weber zögert und nickt dann in Richtung des Sportdirektors und des Jugendabteilungsleiters..
"Macht uns mal einen Budgetvorschlag mit konkreten Änderungsideen, damit wir beim nächsten Meeting darüber sprechen können."

Der Rest des Meetings ist mit weniger dramatischen Themen gefüllt und nach zwei Stunden gehen wir wieder an unsere jeweilige Arbeit.

Und eins steht mal fest: ich habe noch lange nicht aufgegeben, FOLA auf ein anderes Level zu heben. Wir brauchen einfach nur deutlich mehr Einnahmen.
Irgendwas wird mir einfallen, da bin ich sicher.

« Letzte Änderung: 26.Januar 2023, 22:34:44 von Achtelprofi »
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Schönes Stück, aber willst du das wirklich?
Ich wollte gerade das Für und Wieder eines erneuten Wechsels, vor allem ins Ausland, aufbauen, doch dann ist mein Blick auf den Titel der Story gefallen.
Herr Lavayeux träumt also davon einst den FC Barcelona trainieren zu können, ähm der FC Barcelona wird sich geehrt fühlen, wenn Herr Lavayeux sich seiner annimmt.
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Anfang September 2037

Ich wache aus einem sehr angenehmen Traum auf, der FOLA, den FC Barcelona und ein Champions-League-Halbfinale beinhaltete. Als ich wach werde, hat Azevedo gerade das 4:0 geschossen ....
Aus meinem Telefonlautsprecher schallt der Tod.
Also buchstäblich - ich hab Madeleines Telefonnummer mit dem Klingelton von Deaths "voice of the soul" verknüpft. Ganz ohne irgendeine versteckte tiefere Bedeutung natürlich.

Ich rolle mich auf die Seite und taste im Halbdunkel nach meinem Smartphone. Irgendwann, wahrscheinlich kurz bevor sie fluchend wieder auflegt, schaffe ich es, ranzugehen und mich bemerkbar zu machen.
"Hm?"
"Guten Morgen Schlafmütze!", ihr seltsam vertrautes, warmes Lachen verschwindet nach einem Sekundenbruchteil und macht Madeleines ernster Stimme Platz.
"Sag mal, hattest Du mir nicht versprochen, mich bei interessanten Begebenheiten und wichtigen Ereignissen sofort zu benachrichtigen? Wieso erfahre ich erst aus einem deutschen Fussballmagazin, dass Du bei Esch gefeuert bist?! - Und ...", das etwas ruhiger, deutlich besorgt, "...was ist denn überhaupt passiert?"

Von einem Moment zum anderen sitze ich kerzengerade im Bett und mache große Augen (die natürlich ausser der halbvertrockneten Topfpflanze am Fenster keiner sieht, nichtmal ich).
"ICH BIN GEFEUERT ? ? ? ? ?"
Kurze Stille in der Leitung.
"... steht zumindest so auf der "Ticker"-Webseite. Muss eine ziemlich heiße News sein, die haben sofort den ersten Entwurf online gestellt, ist noch voller Schreibfehler und Recherchehinweise. - Du weißt also noch nichts davon?"
Ich schüttele fassungslos den Kopf, bis mir nach einem Augenblick einfällt, dass Madeleine das nicht sehen kann.
"Nein, ich bin völlig perplex. - Paß auf, ich ruf mal rasch Lex an, dann meld ich mich bei Dir zurück, ja?"
"In Ordnung."

Nachdem ich aufgelegt habe, stehe ich auf, mache mir einen Kaffee und wähle währenddessen die Nummer unseres Sportdirektors Lex Risch.
Besetzt. Mist!
Vier Versuche später hab ich ihn endlich in der Leitung.
"Moin Lex, Gerard hier. Ich wollte mal fra...."
Risch fällt mir hastig ins Wort. "Mensch, gut, dass Du anrufst, Gerard, ich wollte ich vorhin schon erreichen, aber es war besetzt. Sag mal, hast Du mit dem "Ticker" gesprochen?"
"Nein hab ich nicht - und wieso bin ich eigentlich gefeuert? Hättet ihr mir das nicht vorher sagen können?"
Zum zweiten Mal an diesem Morgen höre ich während eines Telefongesprächs einen Moment lang nur noch Stille. Dann fragt Lex:
"Wie kommst Du denn auf diesen Unfug?!"

Ein paar Augenblicke später ist mein Morgen wieder in Ordnung.
Wir haben zunächst keine Ahnung, wer sich diesen üblen Scherz erlaubt hat - und ein Scherz muss es sein, denn sowohl der Sportdirektor noch der Präsident versichern mir nachdrücklich, dass ich "selbstverständlich" das Vertrauen der Verantwortlichen habe.
Und da ich auch kein Interesse hege, FOLA zu verlassen, legen wir den Vorfall als Zeitungsente zu den Akten.

Als ich Madeleine zurückrufe und sie auf den neuesten Stand bringe, hat sie eine Information für mich, die mir gar nicht schmeckt.
Offensichtlich hängt dieser inkompetente deutsche Trainer, dieser Müller-Lüdenscheidt, irgendwie in der ganzen Geschichte drin.
Denn zum einen hat sie durch eine kurze Recherche seinen Kommentar im "WILD"-Magazin gefunden und zum anderen läuft aktuell eine andere Meldung im Boulevard heiß: Herr Müller-Lüdenscheidt hat das Vertragsangebot von FOLA per geschickt lancierter Pressemitteilung höflich abgelehnt und stattdessen - genauso medienwirksam - bei F91 Düdelingen unterschrieben.

Und während der erste Teil dieses Satzes hanebüchener Unsinn ist, stellt sich der zweite Abschnitt als nur allzuwahr heraus, wie der Redaktionsticker Madeleine verrät (die es mir natürlich unter großzügiger Umgehung des Redaktionsgeheimnisses sofort brühwarm weitertratscht).
Klaus Müller-Lüdenscheidt hat es mehr als drei Jahre nach seinem letzten, eher unrühmlich geendeten Abenteuer in Aspelt tatsächlich geschafft, die Verantwortlichen des Luxemburger Rekordmeisters von sich zu überzeugen und wird - unter allerlei Medientamtam - tatsächlich per sofort neuer Cheftrainer bei F91 Düdelingen.
Die zugehörige Pressekonferenz soll in einer Stunde im Pressezentrum der Düdelinger stattfinden.

Madeleine verabschiedet sich also aus der Leitung und macht sich rasch auf den Weg.
Seit sie vor einigen Monaten zur Sportreporterin des "Luxemburger Tageblattes" ernannt wurde, fallen solche Ereignisse schließlich in ihr Aufgabengebiet.

Während sie zum Termin hastet, habe ich Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, wie charakterlos es ist, den Tag eines Kollegen bewußt und mit tagelanger Vorarbeit zu ruinieren, nur damit die eigene Vertragsunterschrift von genügend Medieninteresse begleitet wird.

Ich mochte Müller-Lüdenscheidt schon vorher nicht, aber jetzt ist er endgültig unten durch bei mir.

Die Saison ist damit allerdings nochmal ein bißchen brisanter geworden. In ein paar Tagen spielen wir nämlich beim bisher verlustpunktfreien Tabellenführer - der seinen vorherigen, sehr erfolgreich arbeitenden Trainer unerwartet an den SC Verl verloren hatte und daher unter starkem Zugzwang einer "prominenten" Neuverpflichtung stand.
Man muß kein sonderlich begabter Hellseher sein, um zu ahnen, wie dieser Tabellenführer heißen könnte....
« Letzte Änderung: 27.Januar 2023, 12:58:32 von Achtelprofi »
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