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Autor Thema: [FM 20 bis 24] Lavayeuxs Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers  (Gelesen 49561 mal)

Noergelgnom

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Winter 2038/39


Im Dezember haben wir nur vier Spiele, das erste ist ein wieder mal locker-flockiges 3:0 gegen Wiltz71, die auch in dieser Saison im Tabellenmittelfeld beheimatet sind. Gibt nicht allzuviel Spannendes zu berichten - außer vielleicht, dass Nicolas Vincent zwei weitere Fernschußtore erzielt, das zweite sogar volley aus fast 25 Metern. Kandidat für das Tor des Monats, mindestens.

Dann schieben wir ein Freundschaftsspiel beim Daring Club 1921 aus meiner Geburtsstadt Echternach ein, einfach nur, weil mir ein Freund aus Jugendtagen gesteckt hat, dass die Echternacher ein paar zusätzliche Einnahmen wirklich gut gebrauchen könnten.
Der DC 1921 spielt aktuell in der 1. Division, also der dritten Liga. Da sind Einnahmen nicht wirklich reichlich vorhanden - Ausgaben dagegen schon, denn ab der dritten Liga träumen die Vorstände gern vom Profifussball und stellen den Verein schonmal gegen den Willen des Trainers auf semiprofessionelle Füße.
Woher ich das weiß? Ach, einfach Hörensagen ...

Jedenfalls bescheren wir den Gastgebern - neben einer deftigen 0:5-Niederlage - insgesamt Einnahmen in vierstelliger Höhe.
Wir dagegen haben in diesem Spiel die Möglichkeit, Bankdrücker zum Einsatz kommen zu lassen. Beispielsweise den Innenverteidiger Patrick Haagen, der im Ligalltag keine Chance hat, an Vitelki, Ntumba und Schmit vorzukommen, hier jedoch sogar sine Torjägerqualitäten unter Beweis stellen kann.
Die Presse interessiert sich jedoch ausschließlich für unseren neuen Stürmerstar, den Isländer Natan Davidsson.
Wundert mich gar nicht ...

...denn in seinem ersten Einsatz für FOLA erzielt er gleich einen Dreierpack. Genaugenommen einen lupenreinen Hattrick. Und zwar innerhalb von grade mal 10 Minuten.
Monteiro auf der Bank wirds weniger gefreut haben, weil er jetzt doch ernsthafte Stammplatzkonkurrenz hat - wir Trainer jedoch (und die Fans und Medien sowieso) freuen sich jetzt wie Bolle auf sein Pflichtspieldebüt.

Das erfolgt eine Woche später im Pokal - da müssen im Gegensatz zur Liga ja keine Spieler registriert werden, also kann er da auch gleich starten.
Gegen wen wir spielen?
Ach, irgendso eine lokale Trümmertruppe aus dem Südwesten von Esch. Völlig langweilige Mannschaft, die keinen interessiert.
Was uns dagegen interessiert, ist die Tatsache, dass Davidsson auch in diesem Spiel trifft.
Allerdings erst, nachdem er gefühlt zehn Anläufe genommen hat, um die Größe des Tores richtig abzuschätzen - was der Isländer innerhalb der ersten halben Stunde an Schüssen knapp links daneben, knapp rechts daneben oder knapp drüber setzt, geht auf keine Kuhhaut!
Als Jean Marc Weber, der im Pokal den Vorzug von Yameogo erhaöten hat, nach einer knappen Stunde per Elfmeter (wie auch sonst?!) das 2:0 besorgt, sind die Messen endgültig gelesen und FOLA Esch hat Jeunesse Esch mal wieder aus dem Pokal geworfen.
Herrliches Gefühl!

In der Woche darauf empfangen wir den Relegationskandidaten Titus Petange zum Ligaspiel - und wir nehmen die Gäste beim 6:0 völlig auseinander.
Noch ohne Davidsson und auch ohne den gelb-gesperrten Mittelfeldregisseur Hentze (dr von Tom Raths ohne signifikanten Qualitätsverlust vertreten wird) lassen wir keinerlei Zweifel aufkommen, wer hier drei Punkte mitnimmt. Petange ist ziemlich erfolglos um Schadensbegrenzung bemüht und rutscht nach dem Spiel auf den 11. Platz in der Tabelle ab.

Danach ist erstmal kurz Winterpause und die Medien haben zwei Wochen Zeit, sich gegenseitig in Superlativen für meine Mannschaft zu überbieten.





Es fällt aber ehrlich gesagt auch mir schwer, die Jungs nicht ständig über den grünen Klee zu loben.
Der Fussball, den wir spielen, ist äußerst ansehnlich, teilweise gar spektakulär.
Und das ganz ohne das bei vielen Mannschaften Europas in diesen Jahren unverzichtbare Gegenpressing.
Dieses taktische Mittel üben wir im Training natürlich auch - aber das ist bei uns eher Mittel der letzten Wahl, irgendwann ab der 70.Minute, wenn sonst gar nichts mehr geht.
Und ganz ehrlich - diese Situation haben wir bisher in dieser Saison nicht gehabt.

Auch ohne ständiges Klopp-Gedächtnis-Pressing spielen wir in jedem Spiel mehr als genug Chancen heraus, um drei oder gar vier Partien zu gewinnen. 30, 35, teilweise gar 40 Schüsse, ein Drittel bis die Hälfte davon auch zielgerichtet aufs gegnerische Tor, sind fast schon Standard.
Wenn man meinem Team also überhaupt einen Vorwurf machen möchte, dann ist es die Tatsache, dass bei so vielen Chancen teilweise so wenige Tore herausspringen.
Aber das ist meckern auf ganz ganz hohem Niveau.

Wie hoch das Niveau ist, auf dem wir spielen, stellen wir gleich am Neujahrstag beim Spiel in Differdingen, die zu diesem Zeitpunkt immer noch Tabellenzweiter sind, unter Beweis.
Die Gastgeber schaffen es nicht, in 90 Minuten auch nur einen Schuß aufs Tor abzugeben - ein paar Fernschüsse, die weit über oder neben dem Kasten landen, sind das ganze klägliche Resultat ihrer Offensivbemühungen.
Wir dagegen erspielen uns drei, vier richtig klare Gelegenheiten, von denen Jader Monteiro gleich die erste - nach traumhaftem Steckpaß von Romulo Azevedo - eiskalt ausnutzt.
Bei diesem knappen 1:0 bleibt es auch - reicht uns ja.





Danach müssen wir im Pokal zu unserem Glückslos Bastendorf reisen. Wieso Glückslos? Weil in diesem Viertelfinale noch 6 Erstligisten, 1 Zweitligist und eben Viertligist Bastendorf in der Lostrommel stecken.
Wir machen nicht nochmal den Fehler, wie gegen Vianden einen unterklassigen Gegner zu unterschätzen, sondern spielen ruhig und geduldig unser Spiel. Und auch nachdem die Gastgeber durch einen fragwürdigen Elfmeter unsere Führung ausgleichen, verfallen wir nicht in Panik. Warum auch? Wir wissen, was wir können. Chancen herausspielen nämlich. Und Neuzugang Davidsson kann diese auch verwerten, wie sich zeigt. Am Ende heißt es 3:1 für FOLA, dreifacher Torschütze ist ein Isländer mit Namen ... Davidsson, klar.

Gute Generalprobe für das rein vom Rachefaktor wichtigste Spiel des Jahres.
Wir empfangen am 19. Spieltag Vorjahresmeister F91 Düdelingen, der eine Saison zum Vergessen spielt und aktuell 3 Punkte hinter dem letzten Europapokalstartplatz feststeckt. Siegen ist also eigentlich Pflicht für die Gäste - aber doch nicht im Stade Emile Mayrisch, noch dazu vor ausverkauftem Haus!

Wir überraschen Düdelingen dadurch, dass weder Davidsson noch Monteiro in der Sturmspitze stehen, sondern Steve Mendes. Und wir spielen auch nicht im gewohnten 4411, sondern in einem breiten 433, mit dem wir ein ums andere mal ihr 4231 und insbesondere ihre aufrückenden Außenverteidiger überrumpeln. Auf rechts haben wir offensiv dabei auch noch Monteiro als inversen Flügelstürmer aufgestellt, der sich für den Platz, der ihm dort geboten wird, schon in der Anfangsviertelstunde mit zwei mustergültigen Vorlagen für Stoßstürmer Mendes bedankt.
Dieser wiederum sagt artig danke für diese Einladungen und so kommt es, dass das "Duell der Meister" schon nach 15 Minuten 2:0 für FOLA steht.

Bei Düdelingen greift jetzt schon der Frust um sich - und nach 20 Minuten sieht ihr Offensivsechser Simon glatt rot nach einem überharten Foul an Monteiro.

Danach geht Düdelingen komplett unter.
Schon zur Halbzeit liegen sie hoffnungslos 0:4 hinten, in der zweiten Halbzeit können sie zumindest ein bißchen Schadensbegrenzung betreiben und fangen sich nur noch einen Hentze-Freistoß  zum 5:0-Endstand.
Ätsch!





Damit sind wir im Januar nicht nur ohne Punktverlust, sondern in drei Partien trotz der harten Konkurrenz sogar noch ohne Gegentor geblieben!
Herausragende Leistung meiner Jungs.





Die Medienmeute ist jetzt endgültig nicht mehr zu halten und ernennt uns jetzt schon zum "Nur-noch-Formsache"-Meister.
Und ganz ehrlich - so unrecht haben sie damit eigentlich nicht, auch wenn ich das öffentlich natürlich niemals so zugeben würde.
Bei 7 noch ausstehenden Partien könnten wir uns bei dem komfortablen Vorsprung sogar noch ein paar Ausrutscher leisten, ohne dass wir in ernsthafte Gefahr geraten, den Titel noch zu verspielen!





Am Tabellenende dagegen wird es langsam duster für die beiden Aufsteiger.
Insbesondere mein Ex-Club Red Boys Aspelt tut mir da schon echt leid. Denn auch wenn der Vorstand unerträglich war ....Fans und Mannschaft waren und sind es nicht.
Naja, vielleicht können sie ja wenigstens Relegationsrang 12 noch erreichen, so weit ist der ja noch nicht weg.



P.S.: Wo Madeleine steckt und ob es ihr gut geht, kann mir auch weiterhin keiner sagen.
Bloß gut, dass mich das nicht die Bohne interessiert.
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

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Oh oh, hat Müller-Medienschwein etwa Madeleine gekidnapt?  :o Dieser Hund!
Aber sportlich läuft es dafür richtig rund und wenn ich das richtig rauslese, zeigt Azevedo endlich das, was er kann! Freut mich richtig für ihn und auch für Lavayeux, dass er ihn zum Funktionieren gebracht hat. Wäre vielleicht auch eine Frage für die nächste PK, was dem neuerdings in die Cornflakes gemischt wurde.  :D
Ich finde es außerdem auch ganz stark, dass du keine Gegenpressing-Taktik spielst, sondern eine, die dem Gegner den Ball überlässt und anschließend schnell zum Abschluss zu kommen versucht. Davon bin ich großer Fan!
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Ich kann, dass ich nichts kann.

Noergelgnom

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« Letzte Änderung: 09.Februar 2023, 08:41:38 von Achtelprofi »
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Noergelgnom

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Frühjahr 2039



Februar. Die Straßen und Gehwege voller Schneematsch, die Ligapartien allzuoft eher Schneefestspiele als irgendetwas anderes. Kalt, naß, grau, ungemütlich.
Erstaunlicherweise tut das der Zahl unserer Besucher keinen Abbruch - ist aber auch kein Wunder, wenn mans recht bedenkt. FOLA Esch bleibt nämlich auch weiterhin das Maß aller Dinge in der Nationaldivision und läßt sich auf dem Weg zum Titel scheinbar durch nichts und niemanden mehr aufhalten.

Wobei das - also das Aufhalten - in diesem Monat auch nur von zwei Teams versucht wird.
Zuerst laden uns die Jungs von Mondorf zu sich nach Hause ins bitterkalte Stadion ein.
Das Spiel ist noch gar nicht richtig angepfiffen, da rutscht unser Mittelfeldmotor Vincent auf dem arschglatten Rasen aus und in seinen Gegenspieler hinein. Der Schiri, der sich erst während der Rutschpartie überhaupt in die Richtung des Geschehens dreht und folglich nur sieht, wie Vincent beidbeinig einen Mondorfer umsäbelt, zückt sofort Rot und wir dürfen bei der Kälte 89 Minuten lang zu zehnt für elf rennen.
Tut den Spielern auf dem Rasen vielleicht gar nicht so schlecht, so bleiben sie wenigstens warm.

Und da unser Stürmer Davidsson heute einen guten Tag erwischt, schaffen wir es sogar, in Unterzahl zu gewinnen. Knapp zwar, aber nach einem überlegen geführten Spiel definitiv verdient.





Unglücksrabe Vincent darf nach dem Spiel dennoch ordentlich blechen - Strafenkatalog bleibt Strafenkatalog. "Ausgerutscht" als Ausrede lass ich jedenfalls nicht gelten!





Beim Heimspiel gegen Wiltz zwei Wochen später fehlt er natürlich, was doppelt schade ist. Zum einen, weil er jedes mal schmerzlich vermißt wird, wenn er nicht die Fäden im Mittelfeld ziehen kann.
Zum anderen aber auch, weil ein Sieg in diesem Spiel auch rechnerisch den zehnten Meistertitel in der Vereinshistorie festzurren wird.
Und so muß Vincent leider von draußen zuschauen, wie sich Hentze und Raths seine Aufgaben so gut teilen, dass unseren Gästen auch diesmal wieder Hören und Sehen vergeht. Die werden langsam zu einem Lieblingsgegner von uns.
Das Ergebnis ist dann überdeutlich und ein schöner Auftakt für die folgende Meisterfeier.









Das ein Verein bereits nach circa 80% der Saison als Meister feststeht, passiert auch in Luxemburg nicht alle Tage.
Und so ist es vielleicht nicht das allergrößte Wunder, dass mir in den Wochen danach zum allerersten Mal Gesprächswünsche aus dem europäischen Ausland in die E-Mail-Box flattern. Diverse mehr oder weniger namhafte Vereine laden mich ein, mit ihnen über die Möglichkeit eines Wechsels auf ihren Trainerstuhl zu sprechen.









Ich gebe vor mir selbst zu, zumindest das Angebot aus der Slowakei ernsthaft in Erwägung zu ziehen - zumindest so lange, bis ich über die Stadionkapazität des ambitionierten und professionell arbeitenden Zweitligisten stolpere.
600 Zuschauer.
Nee danke, dann eher nich.

(Ich erzähle übrigens auch keinem was von diesen Gesprächen, wozu auch? Macht sich unser Präsident vielleicht noch unnötig Sorgen, neenee!)



März. Frühling. Sonne. Wärme. Krokusse blühen. Die ersten Mutigen tragen kurze Hosen und Röcke.
Bei uns im Verein wird auch getragen - und zwar Wechselwünsche an mich heran.
Vincent, Vitelki, Hentze, Davidsson, Monteiro ... die Liste ist lang und unerfreulich.
Und ich bin unnachgiebig.
Hier wird nicht gewechselt!
Das Gegrummel der Spieler kann ich mir locker leisten, wenn sie allzusehr rummosern, kann ich sie ganz entspannt auf die Bank setzen und einem Jungspund Spielzeit verschaffen. Meister sind wir ja schon - und alles andere ist eh Bonus.
Für den Pokalsieg gibts ganze 48.000€ Preisgeld, also haben wir nichtmal mehr einen echten finanziellen Anreiz.
Ja, ich nehme den Pokal zunächst nicht allzu ernst, zugegeben.
Aber zweifacher Meister klingt einfach deutlich besser als Pokalsieger, denk ich mir mehrmals.
Bis mir irgendwann auffällt, dass "Meister 2037, Doublesieger 2039" eigentlich auch ganz nett klingt.
Ab da ist der Pokal dann auch mir wieder wichtig.

Auch im März gibts nur zwei Spiele, um uns von abwanderungswilligen Spielern und sonstigen Störungen abzulenken.
Zuerst mal das Pokalhalbfinale gegen Racing Luxemburg.
Wir sind eine knappe Stunde lang hochüberlegen, führen nach einem Zehn-Minuten-Dreierpack Mitte der ersten Hälfte 3:0 und nach dem Anschlußtreffer Anfang der zweiten Halbzeit stellen wir auch schnell den alten Abstand wieder her.
Dann jedoch stochert sich Christian Vogel in die Geschichtsbücher (einen Hattrick im Pokalhalfinale gabs in Luxemburg noch nie) und plötzlich zittern und schwimmen wir und können uns mehrmals bei Keeper Zorec bedanken, dass der knappe Vorsprung bis in die Nachspielzeit bestehen bleibt.
Und dann beschließt Davidsson - dessen Slapstickeinlagen vor dem gegnerischen Tor uns heute schon mehrfach zur Verzweiflung getrieben haben - dass ihm dass Gezittere jetzt aber echt mal reicht, startet ein Solo über den halben Platz, dribbelt lässig den Torwart aus und schiebt unter dem Jubel des ausverkauften Stadions zum 5:3-Endstand ein.
Pokalfinale!






Drei Tage später kommt der quasi feststehende Auf-und-sofort-wieder-Absteiger Junglinster ins Stade Emile Mayrisch.
"Formsache, dieses Spiel. FOLA gewinnt mindestens mit 4 Toren Unterschied!", meinen die Jungs unserer Fan-Webseite www.mighty-FOLA-rulez.lu .
Leider lesen die Spieler diese Aussage auch bereits VOR dem Spiel.
Und glauben dann offenbar, dass 60% Einsatz gegen die Luschen aus Junglinster schon reichen werden.
Die schielen jedoch mit einem halben Auge noch auf den Relegationsrang 12 und rennen um ihr (Über)Leben (in der Nationaldivision).
Und wir gucken erstmal nur dumm und fangen uns ratzfatz auch das 0:1 (7.).
Dann brauchen wir die gesamte erste Halbzeit, um mal gefährlich vors Tor zu kommen und gleichen erst in der Nachspielzeit wenigstens mal aus.

In der Halbzeitpause sag ich dem Team in saftigsten Worten, was ich von derlei Schlendrian und Wettbewerbsverzerrung halte und die zweite Hälfte sieht einen dauerhaften Beschuß des Gästetores.
Allein, die Führung will und will nicht fallen... bis zur 80. Minute, als der eingewechselte Paul Borges endlich das 2:1 markiert. Ab da ist Junglinster plötzlich tot und wir gewinnen durch drei weitere Tore in den folgenden 10 Minuten tatsächlich noch mit den prognostizierten 4 Toren Unterschied...





April, April!
Veralbert komm ich mir im ersten Aprilspiel tatsächlich vor, und nicht zu knapp.
Wir gastieren bei Racing Luxemburg, die nächste Saison gerne europäisch spielen möchten. Es gießt in Strömen, der Boden ist rutschig.
Oliver Raths ruscht beim ersten Ballkontakt weg und beidbeinig in einen Gegenspieler. Der Schiri, der sich erst während der Rutschpartie überhaupt in die Richtung des Geschehens dreht und folglich nur sieht, wie Raths beidbeinig einen Luxemburger umsäbelt, zückt sofort Rot und wir dürfen bei dem Scheißwetter 89 Minuten lang zu zehnt für elf rennen.

Kommt mir irgendwie bekannt vor, der Mist...

... nur dass wir diesmal nicht gefestigt genug sind, um dennoch als Sieger vom Platz zu gehen. Racing kämpft uns regelrecht nieder, führt nach einer Stunde mit 3:1. Und obwohl Azevedo kurz vor Schluß noch den Anschlußtreffer erzielt, reichen die Kräfte danach nicht mehr für ein weiteres Tor.
Erste Saisonniederlage so kurz vor Saisonende, im 22. Saisonspiel, so ein Dreck.





Naja, unseren Ärger über das Spiel bei Racing lassen wir dann an Esch Südwest aus, die uns passenderweise besuchen kommen. Das 3:1 klingt nach einem gar nicht mal so schlechten Spiel der Jeunesse, aber ehrlich gesagt: sie hatten gute 3 Minuten. Die ersten drei nämlich, da erzielen sie auch das Tor. Danach spielt nur noch FOLA und die Jeunesse darf sich bei Pfosten, Latte und ihrem Keeper bedanken, dass sie hier nicht 1:10 verlieren.
Klassenunterschied, mindestens!

Und dann, am letzten Tag des Monats, ist großes Pokalfinale.
Ausgelost wurde, dass Niederkorn Heimrecht hat - aber das ist uns egal, wir lassen sie dennoch nie zur Entfaltung kommen.
Und obwohl wir selbst nicht unser allerbestes Spiel zeigen, ist der Sieg nie auch nur im Ansatz gefährdet, weil Niederkorn so gut wie überhaupt nicht vor unserem Strafraum stattfindet.
Wir gewinnen 2:0 durch Treffer von Vincent und Weber und dürfen uns Doublesieger nennen.







Danach ist die Saison allerdings leider noch nicht zuende, sondern es stehen noch zwei für uns komplett unbedeutende Spiele gegen die Red Boys und die Blue Boys an.
Gut, bei den Red Boys Aspelt bin zumindest ich persönlich emotional nicht ganz unberührt - das 3:1 tut mir insofern in der Seele weh, als wir die Gäste damit auch rechnerisch zurück in die Eirepromotion schießen.

Beim 4:0 gegen die Blue Boys Muhlenbach-Sandzak sitze ich allerdings völlig entspannt am Spielfeldrand, schaue mir mit Genuß die Spielzüge meines Team an und versuche den Gedanken beiseite zu schieben, dass es dieses Team möglicherweise in der Zusammensetzung keine weitere Saison lang geben wird.
Die Angebote für unsere Jungs nehmen nämlich eher zu als ab.

Schnell ablenken!
Und was wäre besser dafür geeignet als eine schicke Abschlusstabelle, die unsere geballte Dominanz nochmal so richtig deutlich auf den Punkt bringt?







Wir beenden die Saison nach 26 Spieltagen mit fabelhaften 71 von 78 möglichen Punkten, nur einer einzigen Niederlage, einem Torverhältnis von plus sechzig und demütigenden 29 (neunundzwanzig!) Punkten Vorsprung auf Esch Südwest.

Womit können wir uns noch ablenken?
Ach ja: Saisonrückblicke, Spielerehrungen und all der unwichtige Kram, mit den die Medien den geneigten Fan auch in der spielfreien Zeit bei Laune halten.
Wobei ... die Wahl zum Spieler der Saison find ich diesmal gar nicht mal so langweilig. Am schönsten finde ich, dass unser Brasilianer Romulo Azevedo nach langer Anlaufphase inzwischen wirklich nicht mehr aus dem Team wegzudenken ist. Auf dem Platz nicht - und neben dem Platz genausowenig.
Er wird zur neuen Saison wahrscheinlich auch die Kapitänsbinde erhalten, ein echter Leader ist er seit dieser Saison allemal!





Und dann hätten wir noch das hier:





Im europäischen Clubranking stoßen wir um mehr als 100 Plätze nach oben vor uns sind jetzt schon Zweitausendeinhundertundreißigster. Wow!
Falls sich jemand fragt, was Zulte-Waregem angestellt hat, um so durch die Decke zu gehen: die haben sich mal eben aus der dritten Qualirunde der Conference League bis ins Halbfinale des Wettbeqwerbs vorgekämpft und dort knapp und unglücklich gegen den FC Basel verloren.
Dieser wiederum besiegt im Finale wenig später Feyenoord Rotterdam und gewinnt damit europäische Ehren.


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Dann ist endgültig Saisonende und ich schicke die Spieler in den Urlaub und werde mir selbst auch eine kurze Auszeit gönnen.
Aber nicht zu lang - die Qualifikation für die Champions League wartet!



P.S.: Übrigens - weil mich so überhaupt nicht interessiert, wie es Madeleine Muller geht, engagiere ich in diesem Sommer einen Privatdetektiv und schicke ihn auf die Suche nach ihr.
Kann ich mir ja mal leisten.
So ein generöses Gehalt als Meistertrainer hat auch gute Seiten ...








« Letzte Änderung: 09.Februar 2023, 19:16:49 von Achtelprofi »
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Na dann mal Glückwunsch zu Meisterschaft und Pokalsieg! Was ich mindestens so beeindruckend finde wie die Dominanz deiner Mannschaft ist die Regelmäßigkeit, mit der du hier postest.  :)
Bei Inter Bratislava wäre ich wohl auch am ehesten schwach geworden, aber ich sehe es ähnlich wie du, für 600 Zuschauer bei einem Spiel musst du Luxemburg nicht verlassen. Wundert mich allerdings, dass Inter nur so einen besseren Sportplatz hat, ich hätte deren Stadion eher in der Spanne zwischen 4.000 und 7.000 vermutet.
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Ich kann, dass ich nichts kann.

Noergelgnom

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Saisonstart und Europapokalspiele 2040


Die Saison beginnt unter alles andere als perfekten Vorzeichen.
Noch vor dem Trainingsauftakt melden sich Nicolas Vincent und Laszlo Vitelki mit nachdrücklichen Wechselwünschen bei mir und sind weder mit Geld noch guten Worten von ihrer fixen Idee abzubringen.
Es dauert auch nicht lange, da melden sich die ersten Vereine mit konkreten Angeboten für meinen Mittelfeldstar und meinen Abwehrchef.
Insgeheim kann ich ihnen eigentlich nicht verdenken, dass sie wechseln wollen - bei den Gehaltsangeboten, die für beide im Raum stehen, würden sie sich dermaßen deutlich verbessern, dass sich eigentlich gar nicht die Frage stellt, OB sie wechseln, sondern lediglich das WANN noch fraglich erscheint.
Ich markiere dennoch erstmal den Starken Max und lehne alles ab, was mir auf den Tisch flattert. Das gemurre der beiden nehme ich notgedrungen in Kauf - denn ich kann schlicht und ergreifend nicht auf die beiden verzichten, wir haben in zwei Wochen bereits unser erstes Champions-League-Qualifikationsspiel.
Und es geht gegen "alte Bekannte", sozusagen.

Wir wurden nämlich erneut - wie schon vor zwei Jahren - gegen die Kasachen von FK Astana gelost.
Die sind natürlich auch diesmal wieder haushohe Favoriten und wir sind - auch das nicht neu - entschlossen, uns so teuer wie nur irgend möglich zu verkaufen.





Wir laufen wieder in unserem flachen 442 auf und wollen, da wir diesmal dankenswerterweise erst auswärts spielen, wengistens Chancen fürs Rückspiel wahren.
Und das schaffen wir auch. Aber wir fahren dennoch ein wenig frustriert und enttäuscht nach Hause.
Denn während wir mehrfach am Gebälk, dem Keeper oder unseren Nerven scheitern, können die Gastgeber eine ihrer sensationell wenigen Chancen leider verwerten.
Überdies verlieren wir kurz vor Schluß noch unseren Rechtsverteidiger mit Gelb-Rot.

Das Rückspiel ist dadurch natürlich noch nicht verloren, aber leichter wird es nicht. Wir brauchen zwei Tore und dürfen keins kassieren.
Ich versuche unsere Gäste auszucoachen und stelle das 442 auf flache Raute um - während sich Hentze eher im defensivem Mittelfeld einordnet und schon vor der Abwehr wegräumen soll, was immer möglich ist, spielt Vincent ein wenig offensiver und hat die Anweisung, aus allen Lagen die Schußchancen, die sich hoffentlich bieten, zu nutzen.

Kurz vor der Halbzeit ermöglicht er mit einem solchen Gewaltschuß unserem Kapitän Azevedo, den unvermeidlichen Abpraller zum umjubelten 1:0-Pausenstand einzuschieben.
Nach der Pause können wir also etwas geduldiger spielen und auf den einen Konter, die eine Gelegenheit lauern.

In der 72. Minute ist es dann soweit. Unsere beiden Stürmer pressen die Innenverteidiger wieder mal so konsequent, dass einer von ihnen in Bedrängnis einen etwas zu hastigen Pass spielen muß ... Karabegovic spritzt dazwischen, läuft alleine aufs Tor zu, lupft ...
... und das ganze Stadion steht kopf, denn mit einem Mal führen wir tatsächlich 2:0 und stehen kurz vor dem Einzug in die nächste Runde!

Bis zur 89. Minute.
Astana schafft es zum ersten Mal in der zweiten Hälfte vor unseren Strafraum, ihr Mittelstürmer sieht eine winzige Lücke, zieht sofort ab, Zorec sieht den Ball zu spät, um noch rechtzeitig unten zu sein und läßt die Kugel unter dem Oberköprer durchrutschen.
2:1.

Es folgen sechs Minuten wildes Anrennen unsererseits und konsequenten Ballrausschlagen und Zeitschinden seitens der Gäste.
Dann ist der Champions-League-Traum für diese Saison schon wieder ausgeträumt und wir werden in die Conference League durchgereicht.





Bei allem Frust ob der Art dieses Ausscheidens dürfen wir aber dennoch stolz sein - denn wenn wir uns mal die anderen Ergebnisse dieser Qualifikationsrunde anschauen, dann haben wir doch eigentlich eine ziemlich gute Figur abgegeben.





Drei Tage nach dem Rückspiel gegen Astana muß ich dann meinen Widerstand gegen einen Abgang von Nicolas Vincent aufgeben. Wir sind schon lange nicht mehr so solvent wie noch in der Vorsaison - und die Tatsache, dass wir definitiv keine riesigen Europapokaleinnahmen mehr zu erwarten haben, ruft das Präsisium auf den Plan.
Vincent verdient eine - für unsere Verhältnisse - Mondsumme von 56.000 Euro plus Prämien und als man uns den knapp dreifachen Marktwert als Ablöse plus 50% Weiterverkaufsbeteiligung anbietet, werde ich dazu verdonnert, dieses Angebot anzunehmen.
Ich könnte kotzen!
Aber Weisung ist Weisung.





Wir fahren also ohne das Herz und Hirn unseres Spiels nach Tirana, um beim wohl bekanntesten albanischen Verein Partizan um den Einzug in die nächste Runde zu spielen.
Vor der Partie sind die Medien sich einig, dass dieses Los kein Stück einfacher ist als Astana - auf dem Platz sieht das dann ein bißchen anders aus.
Tom Raths übernimmt den defensiven Mittelfeldpart von Kristin Hentze, dieser wiederum agiert ab sofort in Vincents Spielmacherrolle.
Und das funktioniert dermaßen gut, dass wir die gastgeber wohl geschlagen hätten, wenn Davidsson wenigstens ein oder zwei Mal den Ball in Rihtung Tor befördert hätte. Stattdessen jagt er die Kugel an die Latte, an den Pfosten, in einen Verteidigerbauch ... oder schlägt alleine vor dem Tor gleich ein Luftloch.
Das 0:0, das so am Ende unserer Bemühungen auf der Anzeigetafel steht, fühlt sich wie eine Niederlage an.





Immerhin: im Rückspiel brauchen wir also nicht unbedingt eine bessere Leistung, sondern einfach nur eine bessere Chancenverwertung.
Ich wechsle die Positionen imSturm - Monteiro soll den Vollstrecker geben und Davidsson darf sich diesmal als Vorbereiter versuchen - und siehe da, es funktioniert.# Monteiro bringt uns früh in Führung, als die albanischen Gäste zu Beginn der zweiten Halbzeit etwas offensiver werden (müssen), verwertet Davidsson gleich den ersten unserer dadurch ermöglichten Konter zur Vorentscheidung. Eine Virtelstunde vor Schluß erzielt er gar noch ein zweites Tor zum ebenso klaren wie verdienten 3:0-Endstand.
Geht doch!





Danach ist Ligaauftakt angesagt, diesmal mit einem Auswärtsspiel bei Hamm Benfica.
Wir sind noch so voller Selbstbewußtsein vom Tirana-Spiel, dass wir die bedauernswerten Gastgeber regelrecht auseinanderpflücken. Dass bei einer 0:5-Niederlage der Torhüter der unterelgenen Mannschaft zum Spieler des Spiels gewählt wird, sagt wohl alles.





Der FC Alaschkert aus Jerewan ist unser Gegner in der dritten Qualifikationsrunde.
Unsere Scouts sind der meinung, dass die Armenier auf keinen Fall stärker einzuschätzen sind als Tirana, eher sogar etwas schwächer.
Da wir zuerst zuhause spielen, wollen wir daher auch möglichst ein Polster fürs Rückspiel schaffen.
Leider kommt es ein wenig anders - und wir dürfen uns bei dem folgenden Drama wieder einmal bei Natan Davidsson (aber nicht nur bei ihm!) bedanken.
Wir sind hochüberlegen - 35 Schüsse, davon allein 15, die den Torhüter zum Eingreifen zwingen, sprechen da eine deutliche Sprache, vor allem, wenn der Gegner ganze 5 solcher Versuche zustandebringt.
Als Olivier Raths (der Bruder von Tom) schon nach 18 Minuten das 1:0 markert, scheint unser Plan mit dem Polster aufzugehen.
Aber während unsere Angreifer - allen voran unser "Wunderstürmer", bei dem man sich allerdings ein ums andere mal wundert1! - in der Folge mal wieder zig Möglichkeiten finden, um selbst klarste Tormöglichkeiten auszulassen, demonstrieren die Gäste aus der armenischen hauptstadt, was eigentlich "Effizienz" ist.
Sie schießen in der zweiten Hälfte genau dreimal aufs Tor ... und fahren mit einem 2:1-Auswärtssieg zurück nach Hause.
Wir dagegen stehen noch Minuten nach Abpfiff völlig fassungslos auf dem Rasen.





Mit einer gehörigen Portions Wut im Bauch gehen wir das zweite Ligaspiel an - unser Gast Differdingen wehrt sich nach Leibeskräften, aber am Ende gewinnen wir dennoch 2:0.
Geht es jetzt aufwärts?





Naja, nicht so richtig. Da wir im Europapokal nun komplett vor dem Aus stehen, hat unser Schatzmeister mal rasch durchgerechnet, wo wir finanziell am Ende der Saison landen, wenn wir die Gehaltskosten so beibehalten.
Und danach hat er ausgerechnet, dass Vitelki und Davidsson mit zusammen 110.000 Euro für mehr als 20% dieser gehaltskosten verantwortlich sind.
Diese Rechnung hat er dem restlichen Präsidium präsentiert und das wiederum hat mitrerklärt, dass beide Spieler gehen müssen. Und zwar am besten gestern, spätestens jedoch bis zum Ende der Transferperiode.
Ich stelle beide also pflichtschuldigst in Schaufenster - und wie nicht anders zu erwarten, findet sich sehr schnell ein Käufer.
Vitelki wechselt für 40.000 Euro, Davidsson verläßt zwei Tage später für 50.000 Euro den Verein.
Damit haben wir durch diese insegamt drei Abgänge zwar innerhalb kürzester Zeit mehr als 160.000 Euro Gehaltskosten eingespart und diese damit auf unter 350.000 Euro gedrückt, aber uns fehlt auch die heilige Dreifaltigkeit in Abwehr, Mittelfeld und Angriff.
So jedenfalls der Tenor unsrer Fans, die diesen Ausverkauf für ein Zeichen der drohenden Insolvenz halten  - oder aber für ein Anzeichen von beginnender Verkalkung der Vereinsverantwortlichen.







Wir reisen also nun auch noch ohne Abwehrchef nach Alashkert, um irgendwie doch noch das Weiterkommen zu erkämpfen.
dass uns das schlußendlich dann doch nicht gelingt, liegt allerdings nicht an der Abwehr, sondern wie schon im Hinspiel am Sturm. Owohl Davidsson gar nicht mehr auf dem Platz steht, setzt sich der Chancenslapstick fort.
Wie schon zuhause erspielen wir uns 15 teils hundertprozentige Tormöglichkeiten, können jedoch keine davon nutzen und stehen nach dem 0:0 mit leeren Händen da.




Immerhin können wir uns jetzt komplett auf die nationalen Aufgaben konzentrieren.
Und darauf, schon mal günstige Alternativen für Hentze, Monteiro, Tom Raths, Yameogo und Azevedo zu suchen, die möglicherweise im Winter ebenfalls verkauft werden müssen, um Finanzlöcher zu stopfen. Alle genannten Spieler verdienen ab 20.00 Euro aufwärts und sind damit nach Meinung des Präsidiums zu teuer und "nicht finanzierbar".

Die Stimmung in der Mannschaft ist selbstverständlich komplett im Arsch für ein paar Tage - und beinahe hätte Esch Südwest das ausnutzen und uns nach längerer Zeit mal wieder schlagen können. Wir spielen in ihrem Stadion und es ist ein Schlagabtausch auf Augenhöhe.
Dass wir schlußendlich nicht nur nicht verlieren, sondern sogar gewinnen, ist zum ersten Mal in meiner Amtszeit pures Glück.
Egal, wir haben weiterhin eine reine Ligaweste - wenigstens eine gute Nachricht!





Gegen Niederkorn muß eine Steigerung her, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wenn sich erstmal rumspricht, dass wir neuerdings iin der Liga schwächeln, kann das sehr schnell ungemütlich werden!
Leider sind wir dann aber auch in diesem Spiel ungewohnt fahrig und vor dem Tor fahrlässig unterwegs. Und als beim Stande von 1:1 auch noch unser eben eingewechselter Flügelspieler Freichel nach einer Notbremse glatt Rot sieht, befürchte ich das Schlimmste.
Zum Glück erstolpert Jader Monteiro ein paar Minuten später sein zweites Tor an diesem Nachmitag, so dass unsere weiße Weste gewahrt bleibt.





Gegen Aufsteiger Minerva Lentgen soll nun aber endlich endlich ENDLICH mal wieder ein überzeugender Sieg her.
Und auch wenn das 3:0 nicht allzu einseitig klingt - das Spiel war es. Wir gestatten den Gästen in 93 Minuten xakt einen Schuß aufs Tor (den der ansonsten komplett beschäftigungslose Zorec sicher hält), ansonsten spielt hier nur FOLA.
So soll es sein!






Wie es dagegen nicht sein sollte, zeigen wir eine Woche später.
So langsam verzweifele ich ob der Leistungsschwankungen unserer Mannschaft.
Diesmal ist es Mister Zuverlässig Gal Zorec, der dem gastgebenden Racing FC aus exakt null großen Chancen exakt 3 Tore schenkt. Ausgerutscht, verschätzt, getunnelt. Gebrauchter Tag für unseren Stammkeeper.
Einziger Lichtblick: unsere Offensive, allen voran Dreierpacker Monteiro, der mit seinen Toren (zwei davon nach der 80. Minute)  doch noch den schon entglitten geglaubten Sieg sichert.
Das war jetzt das zweite Spiel gegen Racing in Folge, in dem wir 3 Tore kassieren und dennoch gewinnen.
Racing plus FOLA ist gleich Spektakelgarantie?
Wird man in der Zukunft sehen.





Dann gehts auch im Pokal los - wir treten zum Aufgalopp bei US Feulen an.
Drittligist, aber souveränder Tabellenführer. Wir sind also gewarnt.
Die Jungs legen zur Abwechslung mal einen offensiv wie auch defensiv konzentrierten Auftritt auf den Rasen - der Lohn: 4:0.
Sehr schön!





An diesem Abend erhalte ich einen Anruf, der mich sehr nachdenklich zurückläßt. Ein mir nur dem Namen nach bekannter Zweitligist im Ausland bietet mir eine Vervierfachung meines Gehaltes an, wenn ich auf seinen Trainerstuhl kraxle.
Muß ich drüber schlafen.

Zumal jetzt auch erstmal das Ligaspiel bei Union Tetingen ansteht.
Wieder so eine souverände Vorstellung der Jungs, wieder 4:0.
Acht Spiele, acht Siege 24, Punkte. Krasse Ausbeute.





Das Telefon klingelt nun fast jeden Tag. irgendwann zwischendurch ist sogar Alex Frei in der Leitung. Ja DER Ex-Dortmunder Alex Frei, der den interessierten Verein auch maltrainiert hat, wie ich erfahre. Frei bekniet mich regelrecht, das Angebot anzunehmen. In Esch habe ich doch eigentlich alles Erreichbare erreicht - bei dieser neuen Stelle jedoch sei noch so viel Luft nach oben. Und er verbürge sich dafür, dass die Finanzen - jaja, man habe da Gerüchte gehört.... - auch kein solches Problem seien. Nichtmal im Ansatz.
Ich handle eine letzte Frist von zwei Wochen aus. Vor dem Duell gegen Düdelingen werde ich keine Entscheidung treffen.

Und vorher ist noch Mondorf unser Gegner. Karabegovic und Monteiro schießen einen ungefährdeten 2:0-Sieg heraus, wir steuern schon wieder auf eine nationale Sahnesaison zu, wie es scheint.





Dann Düdelingen. Seit Müller-Lüdenscheidts Abgang vor reichlich einem Jahr haben die weder in der Liga im allgemeinen noch in den Duellen gegen uns irgendwie gut aus gesehen - das soll, das DARF sich heute nicht ändern.
Tut es auch nicht.
Das Spiel ist keine solche Demütigung wie das 5:0 in der letzten Saison, aber 3:1 ist mir auch eindeutig genug.








Ich genieße nach dem Abpfiff ein letztes Mal den Jubel der Zuschauer im Stade Emile Mayrisch und begebe mich dann mit schwerem Herzen ins Verwaltungsgebäude.
Mein Ziel:
Flavio Marquez' Büro im dritten Stock.

Eine Stunde später ist der Verein um 50.000 Euro reicher - soviel Ablöse ist mein neuer Arbeitgeber bereit zu zahlen.
Marquez, Risch und ich dagegen treten auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz vor die Öffentlichkeit und ich verkünde meinen sofortigen Abschied aus Esch.
So schwer mir dieser Schritt auch fällt - es ist der perfekte Zeitpunkt. In der Liga sind jetzt 2 Wochen Pause, das heißt, der Verein hat etwas Zeit, einen geeigneten Nachfolger finden.
Dieser Nachfolger übernimmt eine Mannschaft, die in der Liga mit 30 Punkten aus 10 Spielen auf einen Titel zusteuert, deren Gehaltskosten wieder im Rahmen sind und die eigentlich nur eine Wagenladung Zielwasser braucht, um die verwunderlichen Ladehemmungen in einzelnenSpielen zu bekämpfen.
Wir beantworten keine Fragen und beenden die Pressekonferenz nach wenigen Minuten.

Ich habe ja noch den schwersten Gang überhaupt vor mir - den in die Kabine zu meinen Jungs.
Über die folgenden zwei Stunden breiten wir mal lieber den Mantel des Schweigens - nur vielleicht so viel: es fließen reichlich Tränen. Und nicht alle sind von mir.
Sieben Stunden später sitze ich mit dem einen Koffer, der alle meine Habseligkeiten enthält, bereits im Flieger nach Süden.

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Mittwoch, 19. Oktober 2039 - Ein sinkendes Schiff?

„Da hat doch jetzt tatsächlich einer eine zusätzliche Flasche aufs Spielfeld geworfen.“ (Werner Hansch kommentiert einen Grottenkick)


Das Pressezentrum des FC Winterthur wird gut gefüllt sein heute nachmittag.
Grob geschätzt zwanzig Reporter haben sich angemeldet und wollen live dabei sein, wenn der abgeschlagene Letzte der Challenge League vor aller Augen und mit der Kraft der Verzweiflung nach dem letzten Stohhalm greift und seinen neuen Übungsleiter präsentiert, um die katastrophal gestartete Saison vielleicht doch noch irgendwie zu retten.

Ich habe nicht unbedingt nur wegen meiner Loyalität zur FOLA mehrere Wochen gezögert, bevor ich hier unterschrieben habe.
Nein, ich habe die Zeit auch genutzt, um mich sowohl über den Verein und seine Geschichte als auch über die aktuelle Situation so gut wie möglich zu informieren.
Und wenn eines feststeht, dann dies:
Licht und Schatten liegen bei diesem Urgestein des Schweizer Fussballs aber mal ganz dicht beieinander.
Eine sehr sehr kurze Zusamenfassung:

Gegründet bereits vor der vorletzten Jahrhundertwende, genauer gesagt 1896, als Excelsior FC Winterthur, ist die ganz frühe Geschichte des Clubs geprägt von Studenten und Gymnasiasten, auch bedingt durch diverse Fusionen in den ersten Dekaden des Bestehens.
Ab 1898 nahm Winterthur am regulären Ligabetrieb teil, zunächst in der Zweitklassigkeit, ab 1902 dann das erste Mal an der Serie A, wie die erste Liga damals hieß.
In dieser Saison nahm mans mit den Regeln aber offenbar nicht allzu genau und wurde in der Rückrunde wegen Einsatzes eines nicht spielberechtigten Akteurs prompt vom Ligabetrieb ausgeschlossen (!).
Harte Zeiten für Betrüger im Fussball, dieses ganz frühe 20. Jahrhundert. War ja nicht alles schlecht früher...

Jedenfalls spielte der FCW dadurch nochmal zwei Saisons lang zweitklassig, bevor man sich zur Saison 1905/1906 erneut für die Serie A bewarb und angenommen wurde.
In den Vorbereitungsspielen täuschte der Verein alle Ligamitbewerber erfolgreich, indem er alle Spiele verlor.
Die regulären Ligaspiele wurden dann zur allgemeinen Überraschung - bis auf ein Unentschieden - allesamt gewonnen, wodurch der "Aufsteiger" auch gleichzeitig der Meister wurde.
Also eine Art 1. FC Kaiserslautern 1906. Nur ohne Otto halt. Und ohne Kaiserslautern.

1908 errangen die Winterthurer erneut den Meistertitel, ein Kunststück, das sie 1917, also mitten im 1. Weltkrieg, noch einmal wiederholten.
Damit sind die großen Erfolge des Vereins aber auch schon fast erschöpfend aufgezählt.
In den späten Sechziger und frühen Siebzigern des vorigen Jahrhunderts gelang es dem Club noch jeweils zweimal, in die Finals des Schweizer Pokals und des Ligacups vorzustoßen.
Vier Finals, die jedoch allesamt mehr oder minder deutlich verlorengingen.

Und von der Liga mag man nach dem ersten Weltkrieg eigentlich gar nicht mehr berichten. Ein einziges Trauerspiel, teilweise spielte der Verein gar drittklassig (ironischerweise aber wieder in der Serie A, weil die dritte Spielklasse inzwischen diesen Namen trug).

In den späten 1960ern begann mit der damals geradezu sensationellen Verpflichtung eines Stammspielers vom Ballspielverein Borussia Dortmund die bis heute letzte wirklich erfolgreiche (knappe) Dekade des Clubs.
Der Spieler hörte auf den Namen Timo Konietza und wer sich auch nur ein bißchen für den BVB oder die (deutsche) Bundesliga und ihre Geschichte interessiert, kennt diesen Namen selbstverständlich.
Stürmerlegende des BVB mit 126 Toren in 160 Pflichtspielen und selbstverständlich auf ewig in Erinnerung als Schütze des ganz offiziell ersten Bundesligatores.

Dieser Spieler also wechselte 1967 zum damaligen Zweitligisten FC Winterthur und stieg mit dem Club auf Anhieb auf. Das Pokalfinale wurde auch erreicht, aber mit 1:2 gegen den FC Lugano verloren. Konietzka erzielte insgesamt 72 Tore in 102 Erst- und Zweitligaspielen für Winterthur und ist damit aus der Geschichte des Clubs genausowenig wegzudenken wie aus der Dortmunder. Oder auch aus der des TSV 1860 München, ganz nebenbei gesagt.

1975 erreichte Winterthur zum letzten Mal ein Pokalfinale. Seitdem sind die Nordostschweizer im Pokal kaum wieder positiv in Erscheinung getreten - vom überraschenden Halbfinaleinzug 2023/2024 mal abgesehen, als man nach Verlängerung 2:3 bei den Young Boys Bern verlor.

International berühmte Spieler gibt es neben Konietzka zwar nicht allzuviele - aber die Namen Bora Milutinovic (1966/67), Uwe Rapolder (1981 - 1985) und vor allem Joachim Löw (1992-1994) kennt man dann doch in der einen oder andere Ecke des Erdballs.

Und wie sieht es heute aus?
Die Realität beim FC Winterthur heißt (wieder) Challenge League.
Und obwohl der Kader vor der Saison durchaus gehobenes Mittelfeld zu versprechen schien, sieht es im Moment reichlich duster aus.
Vor drei Wochen - also zum Zeitpunkt ihrer ersten Anfrage an mich - haben die Verantwortlichen die berüchtigte Reißleine gezogen und den Trainer entlassen.
Unter seinem Co Massimo Pilati, der auch mein Co-Trainer sein wird, holte der Verein 4 Punkte aus drei Spielen (1 Sieg, 1 Unentschieden, 1 Niederlage).
Kann sich jeder mit einem Blick auf die Tabelle ausrechnen, wie erfolgreich mein Vorgägner Levin Laudonnet hier war ...





Ich habe mich dank Pilati auch schon mal grundlegend mit den Registrierungs- und Einsatzregeln hier in der Challenge League vertraut gemacht.
Die  Liga ist offensichtlich als Ausbildungsliga für den Schweizer Fussball gedacht - anders kann ich mir die Regeln nicht erklären.
U-20-Spieler aus der EU bedürfen gar keiner Registrierung, andererseits müssen in jedem 18-Mann-Spieltagskader allerdings 11 (!) Spieler stehen, die als "in der Schweiz ausgebildet" gelten, also zwischen dem 15. und 21. Lebensjahr mindestens 3 Jahre lang bei einem Schweizer Verein unter Vertrag standen.
Maximalanzahl registrierter Spieler ist 21. Das ist aber aufgrund der extrem laxen U-20-Regeln kein Problem, kommt meiner bei FOLA bereits praktizierten Philosophie sogar entgegen, wie ich erfreut feststelle.

Der aktuell registrierte Kader sieht so aus:





In der U21 tummeln sich etliche Spieler, die meisten von ihnen sind jedoch an einen Club ausgeliehen, auf den ich mir im ersten Monent gar keinen Reim machen kann.

"Massimo, wieso haben wir 15 Spieler an den Verein "Winterthur/Schaffhausen U18" ausgeliehen?"
"Ganz einfach, Chefe - das ist ein Joint-Venture-Verein. Klingt vielleicht ein bißchen komisch, weil Schaffhausen - so wie auch der FC Wil und die Grasshoppers - historisch gewachsene Rivalen von uns sind, aber auf Jugendebene war die Zusammenarbeit ein guter Ansatz, um den Junioren Spielzeit in einem konkurrenzfähigen Verein verschaffen zu können. Und die Rivalität tut bei den Jungs ihr Übriges, um sie anzustacheln. Jeder will sich gegen einen Jungen vom anderen Verein durchsetzen und spielen."
"In der Tat komisch - dann sollte ich die Partnerschaft besser nicht aufkündigen lassen, doer? Eigentlich widerstrebt es mir nämlich zutiefst, unsere Junioren nicht im eigenen Verein zu haben. Bin kein großer Feund von Leihspielern..."
"Unter uns gesagt, solltest Du diese Meinung nicht laut rausposaunen. Das Partnerprojekt U18 ist eine absolute Erfolgsgeschichte, da sind sich die beiden Vorstände einig. - Eigentlich ist das fast das Einzige, wo sie sich mal einig sind. "Er lacht, wird aber gleich wieder ernst.
"Schlag Dir mal ganz fix aus dem Kopf, diesen Partnerverein loswerden zu wollen."

'Na mal sehen', denke ich, sage aber: "Gut zu wissen, danke."


Vor der für 14:00 angesetzten Pressekonferenz habe ich Zeit für eine kurze Vorstellung beim Kader und ein erstes Brainstorming bezüglich der Taktik.
Und ich hab nicht nur Zeit dafür - es ist auch dringend nötig.
Denn irgendwie haben alle vergessen, mich zu informieren, dass heute um 19:30 ein Ligaspiel ansteht.
Gegen den FC Schaffhausen.
Grandioses Timing, was eine Kacke!
Pilati hat aber - nicht nur aus seiner Erfahrung der letzten drei Spiele als Interimstrainer - eine ziemlich gute Idee, was mit dem Kader funktionieren könnte und was nicht.
Wir beschließen - ohne dass ich da groß diskutiere, ich vertraue ihm da einfach mal - dass ein schlichtes 442 mit Betonung der Flügel in der jetzigen Situation am besten ist.
Nicht überfordern, die Spieler - sondern einfach nach ihren Stärken aufstellen. Was diese Stärken SIND?
Nun, auch da muß ich Pilati erstmal vertrauen.





Das einzige, wo ich mich durchsetze - oder besser "wo ich seine Zweifel unterstütze, bis er scheinbar von allein auf die richtige Idee kommt", ist die Besetzung der offensiven und defensiven Außenpositionen.
Mein Vorgänger hat zwar auch 442 spielen lassen, aber offenbar alle vier Außenspieler invers eingesetzt!
Ich komm aus dem Kopfschütteln nicht heraus, als ich das erfahre - insbesondere als Pilati mir erzählt, dass die Gegner in jedem Spiel mehrere gute Chancen über die völlig entblößten Außen einleiten konnten.
Kein Wunder, ey!
Wir setzen Altenfeld und Quartuccio (defensiv) sowie Faure (offensiv) auf die ihrem starken Fuß entsprechenden Seiten. Einzig Gärtner offensiv rechts bleibt nach einigem Hin und Her als Inverser  Flügelspieler übrig.
Pilati versichert mir, dass er auf diese Weise sehr wirkungsvoll im Angriffspsiel sein kann - auch wenn mein Vorgänger das in der gesamten bishergien Saison komplett ignoriert hat.

Immer noch kopfschüttelnd verabschiede ich mich erstmal und haste zum Pressezentrum.
In zehn Minuten ist Antritts-PK.

Immer dieser Streß! Aber andererseits - ich habs ja so gewollt.
« Letzte Änderung: 14.März 2023, 12:09:59 von Achtelprofi »
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Mittwoch, 19. Oktober 2039 - Antritts-Pressekonferenz

„Nein, liebe Zuschauer, das ist keine Zeitlupe, der läuft wirklich so langsam.“ (Werner Hansch)


Der Himmel hängt voller dunkler schwerer Regenwolken, als ich zum Pressezentrum eile.
'Hoffentlich kommt diese Ladung Wasser erst nach dem Spiel runter, sonst wird das eine Schlammschlacht!', denke ich beklommen, dann betrete ich das Gebäude.
Links runter, dann die zweite Tür ... ah, da ist ja auch schon unser Sportdirektor Michael Kälin. Der knurrige Endfünfziger (so alt würd ich ihn zumindest mal vorsichtig schätzen wollen) winkt mich heran.
"Keine Minute zu früh! Kommen Sie. Sie laufen zwischen uns", mit 'uns' meint er den Pressesprecher Jörg Zurbriggen, der mir knapp zunickt und hinter mir stehenbleibt.
"Jörg begrüßt die Anwesenden, dann moderiere ich Sie an, dann sind Sie an der Reihe. Fragen aus dem Auditorium moderiert dann Jörg. Klar?"
"Klar.", nicke ich.
"Dann los."

Wir betreten den Presseraum durch die Seitentür und erreichen auf diese Weise mit wenigen Schritten das minimal erhöhte Podium - fast zu schnell für die gut drei Dutzend Pressevertreter, die sich hier eingefunden haben.
Das hat was von der Pressekonferenz vor unserem Auswärtsspiel in Stockholm mit FOLA, meine Güte.
Mir wird schlagartig bewußt, dass die Schweiz in Sachen 'Fussball und Medien' ein völlig anderes Pflaster als Luxemburg wird.
Hinsetzen, einmal tief Luftholen, ruhig ausatmen. - Oh, und freundlich gucken, beinahe vergessen!

Kälin wartet einen Moment, bis sich das Gemurmel der Pressefritzen gelegt hat, jeder auf seinem Platz sitz und er sich sicher sein kann, die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesednen zu haben.
Dann nickt er Zurbriggen zu, der sich etwas zum Mikro vorbeugt und zu sprechen beginnt.

"Guten Tag miteinand und herzlich Willkommen zur Pressekonferenz des FC Winterthur. Wir freuen uns, dass Sie so zahlreich erschienen sind. - Möchtest Du kurz das Thema umreißen, Michael?"
Er grinst zu Kälin hinüber, der mit einem minimalen Grunzknurren auf den kleinen Spaß reagiert und sich dann den Reportern zuwendet.

"Wir sind heute hier, um das Ende unserer Trainersuche zu verkünden und Ihnen ..."
Ein kapitaler Lichtblitz, der den fast stockfinsteren Nachmittag draußen für einen Moment fast taghell erleuchtet und durch die großen Fenster auch bei uns nicht unbemerkt bleibt und ein nahezu sofort darauf folgendes markerschütterndes Donnergrollen lassen ihn überrascht verstummen.
Zusammengezuckt sind wir wohl alle, das muß direkt in der Nähe eingeschlagen haben.
Jörg findet seine Sprache als erster wieder.
"Nanu, ich wußte gar nicht, dass wir Spezialeffekte für diese PK bestellt hatten!"

Vereinzeltes Kichern im Raum, dass sich nach und nach zu einem erleichterten Lachen auswächst, mit dem - so wirkt es jedenfalls - etliche der Anwesenden über den Schrecken hinwegtäuschen wollen, der sie soeben befallen hatte.
Kälin knurrt ein "Scherzbold!" in Richtung des Pressesprechers und nimmt den Faden dann wieder auf - nicht ohne sich vorher zu räuspern.

"Wie gesagt, wir möchten Ihnen heute unseren neuen Trainer vorstellen. Der hier neben mir sitzende Herr ist Gerard Lavayeux aus Esch in Luxemburg. Er wird ab sofort die Geschicke unserer Herrenmannschaft leiten und sie, so sind wir überzeugt, vor dem Abstieg bewahren. Herr Lavayeux kommt mit der Empfehlung von drei Titeln in drei Jahren beim luxemburgischen Verein FOLA Esch zu uns. Darüber hinaus hat er das Kunststück fertiggebracht, in diesen drei Jahren mehr Europacupspiele mit FOLA zu gewinnen als der Verein in seiner gesamten vorherigen Geschichte insgesamt. Wir trauen ihm zu, hier trotz der widrigen Umstände erfolgreiche Arbeit zu leisten. Herr Lavayeux hat heute morgen einen Dreijahresvertrag ohne Ausstiegsklausel unterzeichnet.
Soweit die kurze Vorstellung von mir - Jörg, übernimmst Du bitte die Fragen?"

Der Angesprochene nickt und schaut - genauso erwartungsvoll wie ich - Richtung der Reporter.
Es dauert auch nicht lang, da melden sich die ersten.

Pressefritze 1: "Herr Lavayeux, Sie wirken sehr jung. Haben Sie außer den drei Jahren bei FOLA Esch weitere Erfahrungen als Fussballtrainer vorzuweisen?"
Lavayeux: "Das habe ich in der Tat. Vor meiner FOLA-Zeit war zwei Jahre lang bei den Red Boys Aspelt, einem Amaturverein und bin mit dieser Mannschatf in beiden Jahren aufgestiegen. Im zweiten Jahr haben wir darüber hinaus den luxemburgischen Amateurpokal geholt."
Pressefritze 1: *nickt, murmelt ein Danke und kritzelt mit sorgenvoller Miene seinen Notizblock voll*

Wieder ein Blitz, gefolgt von Donner.

Pressefritze 2: "Herr Lavayeux, warum haben Sie FOLA so Knall auf Fall mitten in der Saison verlassen? Soweit ich das in der Kürze der Zeit recherchieren konnte, haben Sie gestern abend noch bei einem Derby gegen Trötelingen ... ist das richtig ausgesprochen? ... an der Seitenlinie gestanden?"
Lavayeux: "Es ist korrekt, dass ich gestern im Derby gegen Düdelingen noch gecoacht habe. Das war auch meine Bedingung an die Verantwortlichen hier - und ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie zugestimmt und mir diesen Aufschub gewährt haben. Ich wollte die FOLA-Jungs auf gar keinen Fall vor diesem Derby verlassen. Es war mir wichtig, eine Mannschaft zu hinterlassen, die es dem neuen Übungsleiter leicht machen wird, sich einzufinden. Und das habe ich .... haben wir ....  geschafft. FOLA steht mit zehn Siegen aus zehn Spielen an der Tabellenspitze, die Derbies gegen Esch Südwe ... äh  ... gegen Jeunesse Esch und gegen F91 Düdelingen wurden gewonnen, die Europapokalreise war ja leider vorher schon beendet."
Pressefritze 2: "Und Sie denken, dass Sie in der Lage sind, innerhalb eines halben Tages den Schalter umlegen und komplett hier beim FC Winterthur zu sein? Immerhin steht bereits heute abend ein vorentscheidendes Spiel an, noch dazu ein ebenfalls brisantes Derby gegen Schaffhausen!"
Lavayeux: "Wäre ich nicht überzeugt davon, hätte ich nicht unterschrieben."
Pressefritze 2: *nickt, murmelt ein Danke und kritzelt mit sorgenvoller Miene seinen Notizblock voll*

Der nächste Blitz, der nächste Donner - ausserdem hört es sich so an, als ob es zu tröpfeln begänne.

Pressefritze 3 (mit Käppi einer großen Boulevardzeitung auf dem Schädel): "Herr Lavayeux, bei allem Respekt vor Ihrer Leistung im luxemburgischen Fussballniemandsland - aber halten Sie sich wirklich für fähig, einen professionellen Verein, dessen erste Mannschaft unter massivem Druck steht, erfolgreich zu führen?"
Lavayeux: *denkt 'Arschloch!'* - "Gleiche Antwort wie eben - wäre ich nicht überzeugt davon, wäre ich nicht hier. Fussball ist zwar nicht unbedingt gleich Fussball, aber das Grundprinzip dieses Sports haben wir auch in Luxemburg verstanden, soviel kann ich Ihnen versichern. Ich bedanke mich jedoch ausdrücklich dafür, dass Sie Ihre Sorge mit mir geteilt haben."
Lavayeux: *spürt unter dem Tisch einen Fuß, der mit beachtlicher Geschwindigkeit, aber dennoch zielgenau von links kommend sein Schienbein trifft*
Pressefritze 3: *grummelt ein Danke und kritzelt inm Notizblock herum*

Inzwischen regnet es in Strömen, selbst wenn es blitzt, kann mandraußen kaum etwas erkennen.

Pressefritze 4: "Haben Sie die Mannschaft schon getroffen? Wie ist Ihr Ersteindruck? Und können Sie schon etwas zu Taktik heute abend sagen?"
Lavayeux: "Ja, die Mannschaften habe ich glücklicherweise heute morgen schon kennenlernen dürfen. Ich muß sagen, dass ich positiv überrascht bin - ich hatte ob der Tabellensituation mit mehr Niedergeschlagenheit, vielleicht sogar mit dem einen oder anderen Fatalisten gerechnet. Stattdessen scheinen mir hier alle hochmotiviert zu sein, die Rote Laterne so schnell wie möglich weiterzugeben. Das paßt sehr gut, ist nämlich auch mein Ziel. - Und zur taktik möchte ich nicht allzuviel verraten, nur soviel vielleicht: Winterthur spielt seit mehr als zwei Saisons mäßig erfolgreich mit inversen Außenspielern, habe ich erfahren. Das Prinzip an sich finde ich sehr interessant und ich möchte natürlich gerade bei so wenig Vorbereitungszeit nicht zu viel ändern. Gehen Sie also mal davon aus, dass die Formation so bleibt wie gewohnt."
(Damit habe ich kein Stück gelogen - denn die FORMATION bleibt natürlich ein 442! Und dass wir diese Formation mit einer völlig anderen taktischen Ausrichtung auf den Platz zu schicken gedenken, müssen wir ja niemandem sagen...)
Pressefritze 4: *bedankt sich und kritzelt ebenfalls in seinem Notizblock herum*

Nach ein paar weiteren Fragen ebbt das Interesse dann langsam, aber sicher ab und wir beenden die PK.
Gehen mag trotzdem gerade keiner, denn draußen geht immer noch die Welt unter.
Es dauert noch fast eine halbe Stunde, bis der Regen soweit abflaut, dass sich der Raum endlich leert.

Kälin erhält kurz darauf einen Anruf.
Fluchend legt er auf.
"Spiel fällt aus, wir müssen es absagen - der Platz ist absolut unbespielbar."

IHN mag das ärgern - ich freu mir ein zweites Loch in die Rückseite, denn das gibt uns eine Woche Zeit, um mit der Mannschaft wenigstens die allergrundsätzlichsten taktischen Dinge zu klären bzw einzuüben.

Pilati und ich erstellen noch am gleichen Abend drei grundsätzlich ähnliche Formationen, denen allerdings durchaus unterschiedliche Taktiken zugrundeliegen (oben die Standardtaktik):









Dieser Boulevardschmierfink wird sich noch umgucken!
Arroganter Fatzke!
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Weiterhin eine tolle Story. Ich denke es war richtig den Tapetenwechsel durchzuführen. Mit FOLA hast du ja zum Schluss schon alles kurz und klein geschossen.
Eine Anmerkung ist mir als Bremer aber noch wichtig: Rehagel hat bei Werder nicht die Raute eingeführt oder spielen lassen. Das war Thomas Schaaf. Rehagel war ein großer Freund des Liberos, einige erinnern sich sicher an den Elch Rune Bratseth oder
den Koloss von Rhodos, Traianos Dellas, bei der EM 2004.
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Mittwoch, 19. Oktober 2039 - Antritts-Pressekonferenz

„„Den Ball nach vorn und ein Gebet hinterher.“ (Marcel Reif)


Als wir uns am nächsten Morgen auf dem Trainingsplatz umschauen, brauchen wir keine drei Sekunden, um zu entscheiden, dass wir einen Alternative brauchen.
Der Platz sieht aus, als hätte hier das Wacken Open Air stattgefunden. Eine einzige Schlammwüste.
Das bedeutet zweierlei - erstens braucht der Greenkeeper mehr Budget, weil die Platzqualität ja bei jedem starken Regen bedeutet, dass wir nicht trainingsfähig sind. Da muss sich was ändern!
Und zweitens brauchen wir eine Alternative für einen Trainingsplatz - und zwar am besten gestern!
In drei Tagen steht nämlich endgültig das erste Spiel unter meiner Leitung an - und zwar leider nicht zuhause, sondern auswärts.
Und auch noch beim Tabellendritten Brühl, der genauso wie Winterthur alle überrascht hat.
Im Gegensatz zu uns aber positiv, waren die Brühler doch eher im Abstiegskampf erwartet worden.
Umso wichtiger ist es, dass wir die viel zu kurze Zeitspanne nutzen und wenigstens die Grundzüge dessen vermitteln, was wir etablieren wollen.
Vorher herauszubekommen, inwiefern die Spieler das auch wollen, wär übrigens auch nicht so schlecht ...

Naja, wozu hat man denn einen Sportdirektor?
"Der Knurrer" (also Michael Kälin) wird also von unseren Nöten in Kenntnis gesetzt und macht sich auch sofort an die Arbeit.
Und man kann von ihm halten, was man will - Problemlösungen organisieren kann er!

Innerhalb einer Stunde überredet er die Vereinsführung des FC St.Gallen (!), uns ihren zweiten Trainingsplatz für drei Tage leihweise zur Verfügung zu stellen. Ist zwar ein Eckchen weg, aber lieber 60 Kilometer fahren als gar nicht trainieren.
Danach noch zwei Busse zu organisieren, damit die gesamte erste Mannschaft plus eine Auswahl der am ehesten für eine Backup-Rolle infrage kommenden Jugendspieler nicht nach St. Gallen trampen müssen und darüberhinaus in St. Gallen eine Pension aufzutreiben, die mal eben noch Platz für 30 Menschen hat, ist für Kälin selbstverständlich auch kein Problem.
Ich bin beeindruckt - wenn er Herausforderungen generell so schnell und kreativ löst, darf er mich von mir aus den ganzen Tag anknurren!

Am Mittag kommen wir dann in St. Gallen und können endlich das tun, was Massimo Pilati und ich als unsere allerwichtigste Aufgabe ansehen.
Den Kader mit der Taktik vertraut zu machen und Abläufe einzuüben ist ja gut und schön. Aber nach dem, was ich beim ersten kurzen Videostudium (eher "Durchzappen") der bisherigen Saisonspiele gesehen habe, ist vor allem eine gewisse Verunsicherung zu spüren.
Kein Wunder, wenn man ständig verliert und darüberhinaus das Gefühl hat, dass der Trainer Unmögliches von einem verlangt!

Wir schnappen uns also als erste Amtshandlung die ganze Meute und versammeln sie auf dem Trainingsplatz. Und dann stelle ich einfach mal Fragen.
Was glaubt ihr, warum ihr auf dem letzten Platz der Liga steht?
Was glaubt ihr, warum ihr so viele Gegentore kassiert?
Glaubt ihr, dass die anderen Spieler in der Liga einfach stärker sind?
Wo seht ihr die Probleme mit dem bisherigen Training oder der Taktik?

Und - als wichtigste Fragen, für die ich mir die Jungs aber einzeln, einen nach dem anderen, für zwei, drei Minuten zur Seite nehme:
1. Was kannst Du besonders gut?
2. Was macht Dir am meisten Spaß auf dem Platz?
3. Wenn Du eine Sache an der bisherigen Taktik oder dem Training ändern könntest - was wäre das und was würdest Du stattdessen anordnen?

Das dauert, klar.
Während der Einzelgespräche lassen wir die anderen auf mehrere Tore 5 gegen 5 spielen, ohne jede Vorgaben. Selbst die Teamzusammensetzung dürfen die Spieler jeweils allein entscheiden. (Pilati hat allerdings die Aufgabe, zu notieren, wer von ihnen dabei die Organisation bzw Führung übernimmt und welche Spieler eventuell eher außen vor gelassen werden. Ich möchte die innere Kaderhierarchie kennenlernen...)

Bis in den Nachmittag hinein sind wir mit diesen aus meiner Sicht eminent wichtigen Grundlagen beschäftigt, am Ende hab ich allerdings eine Menge Erkenntnisse darüber gewonnen, wie ich nicht nur jeden Einzelnen, sondern auch die Gruppe insgesamt "packen" kann.

Gegen halb vier rufe ich dann alle nochmal zusammen.
"Danke für eure Geduld - und danke für eure Einschätzungen der Situation. - Und jetzt geht der Neue mit euch zum Italiener!"
Ich ernte sehr verwunderte, teilweise gar ungläubige Mienen.

Stammtorwart Stefan Aegerter - der Vizekapitän und einer der Leader der Mannschaft - fragt mich:
"Ist das Ihr Ernst, Herr Lavayeux? Pizza ist doch total ungesund und fettig und .... Ihr Vorgänger Herr Laudonnet hatte da eine sehr eindeutige Meinung zu..."

"Und da hat er auch durchaus recht. Gesunde Ernährung ist sehr wichtig. - Aber - und das ist genauso wichtig - das Leben ist nicht nur Verzicht. Auch als Fussballprofi darf man sich bei besonderen Anlässen etwas gönnen.
Und wenn der erste Abend unserer Mission Klassenerhalt kein besonderer Anlaß ist, dann weiß ich ja auch nicht....", grinse ich.
Die Jungs schütteln immer noch die Köpfe, bei einigen sehe ich aber durchaus verräterisches Zucken um die Mundwinkel.
"Alkohol ist aber für alle tabu! Unsere anwesenden Junioren werden noch früh genug versaut, dafür will ich nicht verantwortlich sein."
Vereinzeltes Gelächter. Na bitte, geht doch.

Kälin hat dankenswerterweise ganz in der Nähe ein kleines italienisches Restaurant aufgetrieben, das er für den Abend kurzerhand komplett gemietet hat.
Dort lassen wir es uns ein paar Stunden gut gehen - und wenn ich in die Gesichter der Spieler schaue, hat sich diese kleine Aktion wohl durchaus gelohnt.


~~~~


Am nächsten Morgen beginnt dann der Ernst unserer Mission.
Pilati und ich haben bis spätabends noch über seinen und meinen Aufzeichnungen gesessen und diese ausgewertet.
Danach haben wir sowohl die Bestätigung, dass das vorsichtige, eher auf Konter und weite Flanken ausgelegte 442 wohl tatsächlich ganz gut zu den Spielern und ihren Vorlieben paßt.
Außerdem habe ich tatsächlich eine erste Ahnung von der Kaderhierarchie.
Erste Amtshandlung auf dem Trainingsplatz (nach dem morgendlichen lockeren Trainingslauf in den Gaiserwald und zurück) ist daher, dass ich Innenverteidiger David Sibandi und Stefan Aegerter in ihren Rollen als Kapitän und Vizekapitän bestätige.
Den fünfköpfigen Mannschaftsrat, den die Mannschaft ansonsten selbst wählt, vervollständigen Stürmer Bülent Can, Linksaußen Stephane Faure und der rechte Flügelspieler Kai Gärtner.

Zweite Amtshandlung: ich erläutere der versammelten Gruppe in Grundzügen, welche Taktik wir ab sofort auf den Platz tragen werden. Nur ein erster Rahmen für die Jungs, wobei ich zugegebenermaßen auch die Reaktionen der ganzen Gruppe sehen will.
Scheint soweit ganz gut anzukommen.

Dritte Amtshandlung: taktische Grundzüge in zwei Gruppen (Abwehr inklusive zentralem Mittelfeld sowie Flügel und Stürmer), das jetzt nicht mehr als "Vorlesung", sondern anhand praktischer Übungen auf dem Platz.
Ausklang des Tages sind dann ein "Trainingsspiele", in denen Verteidiger und Stürmer das soeben Gelernte gegeneinander anwenden sollen.

Auch an den kommenden Tagen werden Taktik und Teamwork deutlich im Vordergrund stehen, auch wenn die Kondition und Technik natürlich nicht völlig vernachlässigt wird.
Was ich bisher gesehen habe, bestärkt mich allerdings in meinem Ersteindruck, dass die Jungs alle ordentlich Talent haben - der Erfolg geht hier vorrangig "über die Köpfe, nicht die Beine", um mal wieder das Phrasenschwein zu füttern.


~~~~


Am dritten Tag gibts morgens nochmal ein bißchen lockeres Technik- und Abstimmungstraining, danach fahren wir nach Brühl zum Auswärtsspiel.
Wobei wir auch laufen könnten - denn Kälin hat St. Gallen ja nicht zufällig ausgewählt.
Der vollständige Name unseres heutigen Gegners lautet schließlich "SC Brühl St.Gallen"...

Mehr als die Hälfte der Spieler wird das Geschehen von den Zuschauerrängen aus verfolgen müssen, das heißt aber immerhin auch, dass wir - egal, wer aus Winterthur noch anreist - schon mal ein paar fanatische Supporter am Start haben.

Bei der Aufstellung gehen wir keinerlei Kompromisse ein und machen auch keine Experimente.
Wir schicken die Elf auf den Platz, die wir nominell für die Stärkste halten.

Im Tor Stefan Aegerter, der seit 2036 hier in Winterthur spielt und zwar immer als Stammkeeper.
In der Innenverteidigung der kosovarische Jugendnationalspieler Beqiri, daneben Kapitan Sibanda.
Als Außenverteidiger links der deutsche Jungspund Mirko Altenfeld, rechts Andrea Quartuccio, mit 22 auch nicht allzu erfahren, aber sehr sicher in seinem Spiel, wenn er auf seiner Seite spielen darf, wie mir Pilati erklärt hat.
In der Mittelfeldzentrale soll Manuele Mosti die Absicherung übernehmen, während sich Yannis Lescure gegebenenfalls mit nach vorn orientiert und seine große Stärke (Distanzschüsse nämlich, wie er mir am ersten Tag grinsend erklärt hat) einbringen soll.
Links soll mit dem Franzosen Stephane Faure einer der ausgewiesenen Stars der Mannschaft seine Geschwindigkeit dazu nutzen, in gute Flankenpositionen zu kommen.
Rechts dagegen spielt mit Kai Gärtner ein Flügelläufer, der sich dank seines starken linken Fußes gern mal nach innen orientiert und dann entweder selbst abschließt oder eben eine zusätzliche Passoption darstellt.
Und im Sturm soll das Doppel Terek Mejri - Bülent Can für Chaos sorgen. Der Tunesier Mejri ist dabei eher der Vollstrecker, während Can lieber vorbereitet, im Falle eines Falles aber auch selbst über einen ordentlichen Schuß verfügt.

Hohe Flanken versuchen wir eher zu vermeiden, da beide Stürmer ihre Stärken eher am Boden haben - auch wenn sie alles andere als kopfballschwach sind, werden sie den hochgewachsenen Brühler Verteidigern wohl nicht das Wasser reichen können.

Kurz bevor sie auf den Platz gehen, hole ich die Mannschaft nochmal kurz zusammen.
"So, Jungs, jetzt gilts. Spielt kontrolliert. Ich nehme hier lieber einen langweiligen Punkt mit als ins offene Messer zu rennen. - Ach so, eins noch: ich weiß, ihr habt die Schnauze voll davon, in der Liga ständig auf die Fresse zu bekommen. Damit ist ab heute Schluß. Ihr seid gut - und gut genug, um Brühl standzuhalten, seid ihr sowieso!"
Ich ernte Nicken und angespannte Körperhaltungen.

Zwei Minuten später preift der Schiedsrichter vor knapp 2000 Zuschauern an.

~~~~


Neunzig Minuten später. Wir sitzen in der Kabine, allesamt. Auch diejenigen, die auf der Tribüne Platz nehmen mußten, sind mit im Raum.
Ich schaue die Jungs ein paar Momente mit gespieltem Ernst an, bevor ich zu lachen anfange.

"Was bitte war das denn? Könnt ihr mir mal verraten, wie es mein Vorgänger angestellt hat, mit euch keinen Blumentopf zu gewinnen?! Herr im Himmel, war das ein großartiges Spiel. Ihr könnt aber mal sowas von stolz auf euch sein!"

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« Letzte Änderung: 12.Februar 2023, 14:45:05 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

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Sa-gen-haft!

Richtig, richtig guter Einstieg in deine Zeit beim FC Winterthur! Die PK, der unbespielbare Platz mit daraus resultierender Klassenfahrt, welche sicherlich auch gut für die Teammoral war! Wenn das so weiter geht, seid ihr die rote Laterne spätestens im Anschluss an das Nachholspiel gegen Schaffhausen los. Glückwunsch zum gelungenen Einstand und weiter so!  :)
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Spätherbst 2039

„„Es war ein Sandwichspiel. Ein frühes und ein spätes Tor, dazwischen viel Gehacktes.“ (Werner Hansch)


Nun macht eine Schwalbe ja noch keinen Sommer, wie der Volksmund weiß.
Aber!
Wenn sich Schwalben (oder auch andere Vögel) zusammenrotten, dann machen sie zwar auch keinen Sommer, aber möglicherweise ganz ordentlich Angst.
Das wiederum wußte nicht der Volksmund, aber immerhin Alfred Hitchcock, der olle Hobby-Ornithologe.

Was das alles mit dem FC Winterthur zu tun hat?
Eine ganze Menge, wenn mans mal genau betrachtet.

Der Reihe nach:
Als wir vom ersten Spiel zurückkehren, ist die Stimmung in der Mannschaft natürlich super. Denn zusammen mit dem Unentschieden und dem Sieg, die Pilati aus den beiden letzten Spielen vor meinem Einstieg geholt hat, sind wir jetzt schon bei drei ungeschlagenen Spielen nacheinander.
Wir haben eine Serie gestartet, wie ich den Spielern grinsend erkläre, jetzt geht es nur noch darum, diese auszubauen.

Und wenn wir das im folgenden Spiel gegen Tabellennachbar Wil (8.) hinbekommen sollten, sind wir tatsächlich einen ganzen Monat ungeschlagen.
Jaja, so schnell kanns gehen, wenn man Gerard Lavayeux verpflichtet. Der braucht nur eine Woche, damit die Mannschaft einen ganzen Monat unbesiegt bleibt!

Auch ohne flache Scherze motiviert diese Aussicht die Mannschaft natürlich zusätzlich - und auch wenn wir uns offensiv mit der Chancenverwertung etwas schwer tun, ist der 1:0-Sieg defensiv zumindest nie in Gefahr. Aus dem Stand erweist sich das simple taktische System, das wir eingeführt haben, als extrem defensivstark. Wil kommt in der ganzen Partie zu einem einzigen gezielten Torschuß, während wir deren 9 vorweisen können.
Wir sind zwar immer noch Letzter, aber der Rückstand ist auf 3 Punkte geschmolzen.

Das war wichtig, denn wir müssen jetzt zum FC Luzern.
Absteiger, Ligakrösus, enteilter Tabellenführer.
Wenn es ein Spiel gibt, bei dem eine Niederlage eingeplant ist, dann dieses.
Aber Pläne sind ja nicht gleich die schlußendliche Realität, wie der erfahrene Pessimist weiß.

Vor mehr als 15.000 Zuschauern gehen wir durch einen fulminaten 20-Meter-Knaller von Lescure sogar früh in Führung - die dezent überraschten Gastgeber schaffen allerdings noch vor der Halpzeitpause den Ausgleich.
In der zweiten Halbzeit unternehmen sie dann viele, viele Versuche, den Siegtreffer zu erzielen. Aber der Großteil der Angriffsbemühungen versandet bereits vor dem Strafraum an einem Abwehrbein. Dabei stelle ich zum Beispiel auch sehr erfreut fest, dass meine beiden Flügelflitzer Faure und Gärtner nicht nur sehr eifrig defensiv mitarbeiten, sondern das auch noch wirklich grandios erledigen.
Alles, was an Schüssen dennoch aufs Tor kommt, wird eine sichere Beute unseres Keepers Aegerter, der mir im dritten Spiel das erste Mal überdeutlich seine Klasse nachweist. Der Kerl scheint sechs Arme zu haben, wenn die Situation es erfordert.
Höhepunkt seiner Hexerei ist die 82. Minute, als er erst mit einem Hechtsprung einen direkten Freistoß aus dem linken Winkel kratzt - und dann schnell genug wieder auf den Beinen ist, um den Nachschuß aus 4 Metern mit der reflexartig hochzuckenden Torwartpranke an den Außenpfosten zu lenken.
Dass wir entgegen aller Erwartungen auch nach diesem Spiel noch ungeschlagen sind (und auch nur noch 2 Punkte hinter Kriens!), verdanken wir zu einem Gutteil einer der besten Torwartleistungen, die ich bisher in meiner Trainerkarriere gesehen habe.

16. Spieltag.

Wir haben den Tabellenfünften Lugano zu Gast, gleichzeitig muß Kriens - ebenfalls zuhause - gegen Schaffhausen ran. Beides keine leichten Aufgaben.
Wenn wir gewinnen - was wir als schwer, aber nicht unmöglich ansehen - und Kriens vielleicht verliert ... tja, dann könnte es sein, dass wir die Rote Laterne loswerden.

Mehr Motivation braucht die Truppe nicht.
Bülent Can bringt uns gleich mit der ersten wirklich guten Gelegenheit per Kopf in Führung, danach verzweifeln wir allerdings mehrfach an Luganos klasse haltendem Keeper Lavergne.
Statt mit einem beruhigenden 2:0 oder gar 3:0 geht es aher mit knappstmöglicher Führng in die Kabine.
Und das rächt sich wie so oft im Fussball - denn Lugano gleicht mit der allererste wirklich guten Chance zu Beginn der zweiten Hälfte aus.
Nervt. Tierisch! Denn parallel nimmt Schaffhausen Kriens nach allen regeln der Kunst auseinandern, führt 3:0, dann 4:1.
Die Zeit verrinnt, ich bringe mit dem jungen Stürmer Martinez eine nominell noch offensivere Variante für den heute glücklosen Gärtner auf der rechten Außenbahn.
Das 2:1 will und will einfach nicht fallen.

In der 88. Minute sieht Luganos Stürmer Zender glatt rot wegen Notbremse, als er Can als letzter Mann einfach umreißt, um ihn am Sole zu hindern.

Und dann - wir sind inzwischen in der 5. Minute der Nachspielzeit - wird Martinez mit einem Sahnepaß von Lescure auf der rechten Bahn geschickt. Der Junge ist schnell, sogar richtig schnell ... er schüttelt seinen gegenspieler ab wie ein lästiges Insekt und läuft ihm einfach davon, nimmmt ihm 2 ... 3 ... 5 Meter ab ... zieht nach innen in den Strafraum ... der Keeper kommt raus, will den Winkel verkürzen ... Martinez legt sich den Ball vorbei .... der Keeper langt mit der Hand nach der Kugel, trifft jedoch einen Fuß .... Martinez rollt über den Rasen ... und der Schiedsrichter pfeift sofort.
Elfmeter.
Die offizielle Nachspielzeit ist bereits abgelaufen, als Stephane Faure zum Punkt schreitet und sich den Ball zurecht legt.
Kriens hat 2:4 verloren und bleibt bei 17 Punkten.
Wenn Faure trifft, haben wir 18 und sind zum ersten Mal in dieser Saison über dem Strich.

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« Letzte Änderung: 12.Februar 2023, 19:23:55 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

shortknife

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Heiliger Schwede, heute gibts ja wieder fast ein Buch zu lesen. Regnets bei dir zuhause???.  8)
Das nenn ich doch mal einen Start ???.... kaum da und schon die Abstiegsplätze verlassen... und ich war noch gar nicht im Stadion... ;)
Kompliment an deine Story, wenn ich so schreiben könnte.....wer weiss, wie meine Story aussehen würde...aber das lassen wir mal.
Bin gespannt wie es weitergeht. Ich ziehe den Hut...
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Schweizer, Trainer einer Juniorenmannschaft, ehemaliger U-16 Nationalspieler der Schweiz.

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Winter 2039/2040

"In jedem Kader gibt es fünf richtig blöde Spieler. Von denen würde einer auf jeden Fall unter der Brücke landen, wenn er nicht Fußball spielen würde." (Hans Meyer)


Was ein einzelner Platz in einer Ligatabelle doch für Auswirkungen haben kann!
Ganz berauscht von ihrem Erfolg trainieren die Jungs eine Woche lang extrem hart, während Pilati und ich uns die Köpfe heißdenken, als wir über einer möglichen Taktik für das nächste schwere Auswärtsspiel grübeln.
Mit dem üblichen 442 sehen wir Probleme auf uns zukommen - einfach weil Xamax Neuchatel, der aktuelle Tabellenzweite, mit einem sehr engen, zentrumslastigen 4231 auf uns zurollen wird.

"Wenn wir da Lescure und Mosti allein im Zentrum stehen lassen, gegen vier oder gar fünf Gegner ... da könnten wir die beiden auch gleich auf der Bank lassen, die werden überrollt."
"Seh ich genauso, Chefe - was hältst Du von unserem asymmetrischen 41311, mit den Flügelspielern weiter innen und mit Can als verkapptem Halbstürmer hinter Mejri, der sich immer wieder ins Mittelfeld zurückfallen läßt, um Neuchatel im Spielaufbau zu nerven?"
"Also ein 451 gegen den Ball und ein 415 bei Kontergelegenheiten? Find ich überlegenswert, Massimo."

Mein Co und ich sind bereits nach kürzester Zeit zum Du übergegangen, zu gut hat das von Anfang an zwischen uns gepaßt.
Und nicht nur menschlich!
Wir haben oftmals die gleichen Anforderungen aran, wie Dinge sein sollten, damit wir sie als "gut" einordnen.
Völlig egal, ob es dabei um Taktikfragen geht oder um den Umgang mit Spielern, um die Art, wie wir Fussball spielen lassen wollen oder darum, wie unser moralischer Kompass ausgerichtet ist.
"Et looft einfach."

~~~

Am Ende wirds in Neuchatel tatsächlich auch wieder ein Punkt, weil Gärtner Mitte der zweiten Halbzeit die Gastgeberführung mit einem Arjen-Robben-Gedächtnis-Solo ausgleicht - samt herrlichem Schlenzer ins linke Eck, um die verzweifelt ausgestreckte Hand des waagerecht in der Luft liegenden Keepers herum.
Kriens hat erneut verloren. Macht 2 Punkte Vorsprung.

Und damit ist auch der November ohne Niederlage hinter uns gebracht. Meine Startbilanz in Winterthur: fünf Spiele, keine Niederlage - trotz dreier Auswärtspartien bei Luzern (1.), Neuchatel (2.) und Brühl (3.) und insgesamt 11 Punkte.
Kann sich sehen lassen.
Und bei Schaffhausen, mit denen ich nun zum ersten Mal die Klingen kreuze, werden wir doch wohl auch was holen, oder? Die stecken im Tabellenmittelfeld fest, Tendenz eher nach unten als nach oben.
Apropos Schaffhausen - das Nachholspiel, das mein Debut werden sollte, steht immer noch aus. Inzwischen ist es bereits das dritte Mal verschoben worden. Eventuell findet es vier Tage nach der Auswärtspartie ja nun wirklich mal statt.

Aber erstmal ab zu den Rivalen.
Da wir auch die Schaffhausener in einer sehr engen, das Zentrum überladenden Formation erwarten, geben wir wieder dem 41311 den Vorzug.
Aber damit sind wir, wie sich herausstellt, komplett auf dem falschen Fuß erwischt worden. Schaffhausen agiert in einem extrem breit angelegten 4231, überrennt bereits im ersten Anlauf unseren rechten Flügel und hat in Gestalt ihres Kopfballungeheuers Nuehli keinerlei Probleme, schlußendlich doch eine Lücke zu finden und zum 1:0 einzuköpfen.
Als wir unseren taktischen Fauxpas erkennen und unsererseits im gewohnten 442 die Flügel besetzen, sind die Messen schon gesungen, denn ab sofort stehen beide Teams defensiv dermaßen sicher, dass keine weiteren Tore mehr fallen.

Serie gerissen - Kacke, verdammte. Schlechtestmöglicher Start in einen spieltechnisch gesehen heftigen Monat Dezember.
Denn es sind zwar nur drei Partien - das soeben verlorene Auswärtsderby mitgerechnet - aber die anderen beiden sind das "Rückspiel" gegen Schaffhausen, ergo Derby Numero 2, sowie der Abstiegsgipfel gegen Kriens.
Wenn wir die beiden folgenden Spiele gewinnen, können wir ziemlich entspannt in die darauf folgende vierwöchige Winterpause gehen. Wenn wir aber Derby und Abstiegsduell verlieren sollten ... ich mag gar nicht dran denken.

Pilati und ich sind uns auf jeden Fall einig, dass wir das 41311 erstmal wieder in die Mottenkiste packen. Falls wir wieder mal das Zentrum dichtmal müssen, braucht es eine Lösung, die die Flügel nicht so sehr entblößt.
Zuhause gegen Schaffhausen greifen wir aber auf das inzwischen fast schon traditionelle 442 mit sehr breiter Spielanlage zurück.
Ziel: gewinnen natürlich. Im Idealfall mit mindestens zwei Toren Unterschied, damit wir behaupten können, das Derbyduell vorerst gewonnen zu haben.

Diesmal wird das Spiel auch tatsächlich nicht nochmal verlegt und so werden über 6000 Zuschauern an der "Schützenwiese", unserem Stadion, Zeuge eines beeindruckend überlegen herausgespielten 2:0. Tore: Faure mit einem eigentlich als Flanke gedachten, aber maximal unglücklich (also unglücklich für Schaffhausen) abgefälschten Flatterball. Und Lescure, der notgedrungen wieder mal seiner Leidenschaft für Distanzschüsse frönt, weil Schaffhausen den Strafraum sehr kompakt dichthält.

Parallel verliert Kriens erneut und damit sind wir bereits 5 Punkte vor ihnen.
Selbst wenn wir in einer Woche in Kriens verlieren sollten, werden wir also auf einem Nichtabstiegsplatz überwintern. Ich fühl mich großartig bei dem Gedanken daran, wo dieser Verein noch vor 2 Monaten stand und wo wir ihn jetzt schon hingeführt haben.

Und dann - letztes Spiel vor der Winterpause, "Abstiegsgipfel", wie die Presse schreibt.
Wobei das nur bedingt wahr ist. Wir haben inzwischen Stade Nyonnais, den FC Wil und sogar den FC Lugano hinter uns gelassen und liegen vor dem Spiel auf einem trügerisch beruhigenden 6. Platz.
Dadurch, dass die Liga so klein ist und jeder viermal gegen jeden Spielt, ist das aber keine Garantie für irgendwas und kann auch ganz schnell wieder zu einer Rutschpartie richtung Platz zehn werden.
Wir schwören die Mannschaft also darauf ein, mit voller Konzentration zu werke zu gehen und Kriens vor allem auf keinen Fall auch nur in die Nähe des Strafraums zu lassen.
Gleichzeitig sollen die Jungs versuchen Can und Mejri mit langen Bällen zu füttern, damit wir vielleicht den einen Konter fahren können, der möglicherweise dieses Spiel entscheiden wird.


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« Letzte Änderung: 12.Februar 2023, 19:34:07 von Achtelprofi »
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Lavayeux' Europatour - Die Geschichte eines Luxemburgers

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Top. Ich finde, jetzt kann man den Blick in Winterthur langsam eher nach oben als nach unten richten.
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Winter und Frühjahr 2040

"Wir dürfen nicht mehr Tore kassieren als der Gegner schießt." (Friedhelm Funkel)


Nach einer zumindest für die Spieler sehr entspannten Winterpause steht am 4. Januar 2040 der Aufgalopp für die zweite Saisonhälfte an.
Ungefähr jedenfalls. Zwanzig Spiele sind absolviert, sechzehn haben wir noch vor uns.
Und eins steht mal fest - wenn wir uns diese hervorragende Ausgangsposition noch nehmen lassen und hier doch noch absteigen, trete ich freiwillig von meinem Vertrag zurück.
Es reicht ja eigentlich fast schon, wenn wir Kriens in den beiden direkten Duellen noch zwei mal schlagen.
Fast, wie gesagt.

Während die Spieler die wohlverdiente Winterruhegenossen haben, waren Massimo Pilati, unser Jugendcoachstab und ich allerdings nicht untätig und haben die ganze Nordostschweiz nach brauchbaren Ergänzungen für den Jugendkader abgegrast.
Wir haben zwar einen großen (und auch teuren!) Jugendkader, aber bis auf zwei, drei Perlen ist da nicht viel dabei, das ich in den nächsten zwei Jahren in der Ersten Mannschaft sehe.
Zu diesen Perlen gehört der inzwischen in der ersten Mannschaft spielende Yannis Martinez, aber auch der Innenverteidiger Zoran Cvetkovic. Der kommt aktuell zwar höchstens als IV Nummer fünf infrage, aber erstens entwickelt er sich mit riesigen Schritten und zweitens ist nicht sicher, ob unser Kapitän Sibanda nochmal verlängert.
Cvetkovic soll also - so der Plan - irgendwann im Frühjahr schonmal ein paar Minuten in der ersten erhalten, wenn die Situation es hergibt.

Und gleichzeitig müssen wir spätestens im Sommer, wenn die aktuell zwölf (!) Leihspieler zum Verein zurückkehren, über die Jugendstrategie nachgedacht werden.

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Wir haben wie gesagt schon vor der Pause drei Vorbereitungsspiele festgezurrt - alle zuhause und allesamt gegen unterklassige Gegner.
Die Ergebnisse - insgesamt 20:0 Tore - fallen entsprechend aus. Aber es ging ja nur darum, den Spielern nach den vier Wochen Pause wieder Wettkampfpraxis zu verschaffen. In allen Spielen werden zur Halbzeit alle Positionen einmal durchgewechselt, so dass auch insgesamt jeweils 22 Spieler zu ihren Einsätzen kommen.

Am 28. Januar findet dann unser Rückrundenauftakt statt, unser erstes und gleichzeitig einziges Pflichtspiel in diesem Monat betreiten wir gegen den aktuell Viertplatzierten der Challenge League, den FC Aarau.
Nach Spielende wissen wir alle nicht so genau, wie wir das 1:1-Endergebnis einordnen sollen. Einerseits ist ein Punkt gegen einen Aufstiegsaspiranten nicht schlecht, andererseits waren wir so dermaßen deutlich überlegen, dass sich das Unentschieden wie eine Niederlage anfühlt.

Naja. hilft alles nichts - im nächsten Spiel besser machen ist das einzige, was wir tun können.
Passenderweise kommt mit Stade Nyonnais ein Gegner an die Schützenwiese, der als einer von nur wenigen Vereinen im Vergleich zu uns als schwächer eingestuft werden kann.
Wir tun uns zwar eigentlich immer dann schwer, wenn wir das Spiel machen müssen - aber zum Glück erhalten wir nach 15 Sekunden eine Ecke, die nach 55 Sekunden durch unseren Innenverteidiger Beqiri zur Führung führt.
Da spielt es sich dann gleich deutlich leichter und am Ende steht ein 2:0 in einem ansonsten ausgeglichenen Spiel.

Als nächstes - schon wieder ein Heimspiel!
Diesmal gegen Brühl, die inzwischen punktgleich mit Neuchatel sind und damit mit einem halben Bein auf dem Aufstiegsrelegationsrang stehen.
Naja, bis zum Spiel bei uns.
Wir tragen in der 16. Minute einen nahezu perfekten Flügelangriff vor, die punktgenaue Flanke von Faure nickt schlußendlich Bülent Can zur 1:0-Führung ein, gleichzeitig auch der Endstand in einem an Höhepunkten armen Spiel.

Es bleibt auch nach der Winterpause dabei - wir sind sehr effizient, stehen defensiv meist bombensicher (und verzichten dafür auch gern auf lästigen Ballbesitz - Werte von 30-35% sind eher die Norm als die Ausnahme) und können uns zusätzlich auf unseren Magier zwischen Pfosten verlassen. Viele unserer Ligaspiele sind keine Fussballfeste - auch weil wir offensiv noch lange nicht so variabel und wuchtig sind, wie ich mir das wünsche.
Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Das Ziel, mit dem ich hier angetreten bin - Abstieg verhindern, ist rechnerisch zwar noch zu verfehlen, aber es wird von Spieltag zu Spieltag schwieriger, das hier wirklich noch in den Sand zu setzen.
Sehen die Fans übrigens genauso - hier in Winterthur werde ich das erste mal mit Menschen konfrontiert, die mir einen Filzstift und ein Trikot entgegenhalten und ein Autogramm erbitten.
Komisches Gefühl!

Das nächste Auswärtsspiel - gleichzeitig auch das vorletzte im Februar - führt uns zum FC Wil. Und dort klappt einfach alles, es ist ein unglaubliches Sahnespiel von uns.
Zunächst ist Wil gar nicht schlecht im Spiel, nach 5 Minuten erhalten sie bereits einen Elfmeter zugesprochen, nachdem Sibanda etwas ungestüm im Strafraum zu werke ging.
Aber wir haben ja Stefan Aegerter im Tor - gehalten!
Kai Gärtner bringt uns Mitte der ersten Halbzeit mit einem Doppelpack in Führung, fünfundzwanzig Sekunden (!) nach Wiederanpfiff vollendet Terek Mejri einen Konter (!!!) zum 3:0, zwei Minuten später erhöht Beqiri per Kopf auf 4:0. Den Schlußpunkt setzt wiederum Mejri in der Nachspielzeit. Erstes Pflichtspiel, in dem wir mehr als 2 Tore schießen.





Im Hochgefühl der neugewonnenen Offensivkraft reisen wir zum FC Lugano und wollen dort mein kleines Jubiläum - 200 Pflichtspiele als Trainer - natürlich mit Punkten veredeln.
Dazu beschließen wir, Can diesmal ins offensive Mittelfeld zurückzuziehen, da wir die Gastgeber im 4231 erwarten.
Sie spielen auch so, aber unser Mittelfeld ist heute trotzdem kein Faktor.
Die Außen und der Sturm auch nicht.
Und Stefan Aegerter allein kann nunmal keine Spiele für uns gewinnen.
Wir lassen katastrophale 15 große Chancen der Gastgeber zu - und Aegerter bleibt zwar 13 mal Sieger, aber das bedutet unter dem Strich dann dennoch eine 0:2-Niederlage.
Sehr ärgerlich. Jubiläen können mich ab sofort mal kreuzweise!





Insbesondere, weil wir exakt eine Woche später zuhause gegen Luzern zum zweiten Mal nacheinander verlieren.
Positiv ist nur, dass wir mit dem designierten Aufsteiger auf Augenhöhe agiert haben. Sie sind einfach nur deutlich cleverer in der Chancenverwertung.
Hilft aber alles nichts - so langsam brauchen wir mal wieder ein Erfolgserlebnis!

Da kommen uns Xamax Neuchatel gerade recht. Wir gehen hochkonzentriert ins Spiel, halten sie eine halbe Stunde erfolgreich vom Tor fern, fahren dann einen erfolgreichen Konter, en Can zur Führung abschließt.
Dann sind wir noch eine weitere Sunde defensiv stark und setzen dann in Person von Mejri in der Nachspielzeit den Schlußpunkt.
2:0, Negativlauf verhindert, Platz vier (!) verteidigt.

Eine Woche später besuchen wir den FC Aarau. Deren Führung (29.) gleichen wir fast postwendend durch Mejri aus (34.) und danken ansonsten Stefan Aegerter (mal wieder) auf Knien, dass es zur Pause noch 1:1 steht.
In der 64. verursacht Beqiri mit einem Handspiel im Strafraum einen Elfmeter, Aegerter hält uns aber erneut den Punkt fest.
Und kurz vor Schluß zeigt Mejri, dass man auch mit 30 noch über den halben Platz sprinten und danach sogar noch zielgenau abschließen kann - 2:1 (88.).
Absolut unverdienter Sieg, den wir hauptächlich Aegerter und Mejri zu verdanken haben.
Ist uns aber beim Blick auf die Tabelle egal - uns fällt nämlich kurz die Kinnlade runter.





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« Letzte Änderung: 12.Februar 2023, 21:41:38 von Achtelprofi »
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Ja leck mich fett, da scheinen sich zwei gefunden zu haben! Lavayeux' Winterthur - Die Geschichte eines Luxemburgers. Oder so ähnlich. Und ja, der musste sein!  :P Aber was soll man sagen, ich finde, man hat ab dem ersten Part in der Schweiz gemerkt, dass das irgendwie passt. Ich bin mal sehr gespannt, ob ihr beim Relegationsrang noch ein Wörtchen mitreden könnt, wäre auf jeden Fall verdient nach dieser starken Saison! Und außerdem stelle ich mir die damit verbundene PK dann sehr lustig vor, nachdem ja doch einige Akteure der Medienlandschaft eher skeptisch bzgl. Lavayeux' Verpflichtung wirkten. Für Winterthur wohl die bestangelegten 50.000€ der jüngeren Vereinsgeschichte!

*Finde das mit dem Partnerverein übrigens gut gelöst von dir. Wenn es charakteristisch für den Verein ist, kann man so etwas schon beibehalten, finde ich. Außerdem ist das wirklich ein interessantes Konzept. Einfach ein paar rivalisierenden Jugendlichen einen Ball zuwerfen und gucken was passiert.  :D Dazu vielleicht eine Frage: wie ist das im FM umgesetzt? Sind die Spieler dann an Schaffhausen ausgeliehen oder existiert ein dritter Verein, der quasi nur Jugendmannschaften hat und beide Clubs leihen ihre Jungspunde dorthin aus?
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Ich kann, dass ich nichts kann.

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Ein Interview mit der Winterthurer Abendzeitung

"Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär." (Hans Krankl)


Stefan "shortknife" Kurzmesser, Winterthurer Abendzeitung: Hallo Herr Lavayeux, wir freuen uns, dass Sie sich ein paar Minuten Zeit für uns genommen haben.
Gerard Lavayeux, Trainer FC Winterthur: Sehr gern!

SK: die Saison ist im letzten Viertel angekommen - und auch wenn noch nicht so richtig klar ist, wo die Reise für den Verein am Ende hingehen wird, kann man wohl mit Fug und Recht das Zwischenfazit ziehen, dass Ihr Wechsel auf den Trainerstuhl des FC Winterthur gelohnt hat, oder?
GL: Ich denke, das kann man in der Tat so sagen. Es erfüllt uns alle im Verein mit Stolz, dass wir seit Wochen schon nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben. Gerade angesichts der Situation bei meinem Amtsantritt war das in dieser Deutlichkeit nicht unbedingt zu erwarten. Auch meine persönlichen Erwartungen wurden bereits jetzt deutlich übertroffen.

SK: Was waren denn Ihre persönlichen Erwartungen?
GL: Ich habe ja ein bißchen Zeit für die Entscheidung pro Winterthur gebraucht. In dieser Zeit habe ich mich auch - natürlich nur "von außen" - mit der Mannschaft beschäftigt und hatte nach dem Videostudium den Eindruck, dass das Team schlechter in der Tabelle dastand als angemessen wäre. Ich habe insgeheim erwartet, dass wir uns am Ende der Saison - Teamgeist, Entschlossenheit und ein wenig Spielglück vorausgesetzt - auf Platz 8, vielleicht sogar auf Platz 7 einpendeln könnten. Dass es stattdessen gar in Sichtweite des Regelationsplatzes gehen könnte, habe ich ganz ehrlich nicht erwartet, da hat mich die Mannschaft positiv überrascht.

SK: Und Sie wiederum haben die schweizer Öffentlichkeit überrascht. Der Tenor bei Ihrer Verpflichtung war ja eher der, dass man Sie als eher ungeeignet ansah, erfolgreich den Feuerwehrmann zu spielen. Wie sehr hat Sie das getroffen?
GL: "Getroffen" ist vielleicht das falsche Wort. "Angestachelt" trifft es besser. Sehen Sie, ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Und die Herausforderung, den FC Winterthur von diesem Abstiegsplatz wegzuholen, auf dem die Mannschaft auch einfach nichts zu suchen hat, hat mich sehr gereizt. Gleichzeitig war und bin ich mir bewußt, dass meine bisherige Vita nicht gerade dazu angetan ist, den durchschnittlichen Fussballfan oder -experten vom Hocker zu reißen.
Meister und Pokalsieger in Luxemburg zu werden ist ein Erfolg, dessen Schwierigkeitsgrad doch außerhalb Luxemburgs kaum einer einschätzen kann. Und das ist auch kein Vorwurf, das sind einfach die Fakten. Einer Ihrer Journalistenkollegen hat es bei der Antrittspressekonferenz mit dem drastischen Ausdruck "Fussball-Niemandsland" umschrieben. Und obwohl ich mich über diese Wortwahl tatsächlich ein paar Tage geärgert habe - mit einem knappen Jahr Abstand kann ich ihm zugestehen, dass er in der Wortwahl zu drastisch war, in der Sache jedoch nicht falsch lag. Meine Heimat ist ein sehr kleines Land und hat weniger Einwohner als etliche Fussballvereine Twitterfollower haben. Dass wir dort keine europäische Spitzenmannschaft formen können - jedenfalls nicht in einem zeitraum von ein paar Jahren - ist allen klar, uns Luxemburgern zuallererst. Aber: Sie können sich absolut sicher sein, dass Luxemburger Spieler genauso ehrgeizig sind wie alle anderen und dass Luxemburger Fussballfans ihren Verein mit genausoviel Herzblut unterstützen wie Anhänger in anderen Ländern dieser Welt. Und wir Trainer ... wir Trainer sind mindestens genauso ehrgeizig und lernfähig wie alle anderen auch.
Langer Rede kurzer Sinn: Ich kann die Skepsis einordnen, freue mich allerdings diebisch, die Zweifel nicht bestätigt zu haben. Und ich freue mich zuallererst nicht für mich, sondern für den FC Winterthur.

SK: Es sind noch acht Partien zu spielen, Winterthur hat zurzeit 5 Punkte Rückstand auf den Zweitplatzierten Brühl, gegen den Sie ja auch noch einmal spielen. Was, glauben Sie, ist in Richtung Aufstiegsrelegation noch machbar für den FC Winti?
GL: Realistisch betrachtet: nichts. Wir spielen ja nicht nur beim SC Brühl, sondern auch noch in Luzern, in Aarau und in Neuchatel. Wir haben ein heftiges Restprogramm und müssten wahrscheinlich acht Siege holen und gleichzeitig auf zwei Ausrutscher von Brühl und Neuchatel hoffen.
Das ist mir zuviel "hätte", "wäre", "wenn", ehrlich gesagt.
Wenn wir am Ende der Saison immer noch auf dem Platz stehen, den wir jetzt einnehmen (Winterthur ist aktuell Vierter, d. Red.), sind wir sechs Plätze besser als bei meinem Amtsantritt. Und das wäre ein fantastischer Erfolg, auf dem wir in der nächsten Saison sehr gut aufbauen könnten.

SK: Letzte Frage - schauen Sie eigentlich auch gelegentlich noch auf die Tabelle der Nationaldivision (erste Liga in Luxemburg, d.Red.)?
GK: Jede Woche. Und ich schaue auch auf die Tabelle der Eirepromotion (zweite lux. Liga, d. Red.). Und ich freue mich zum einen sehr darüber, dass FOLA wohl erneut mit einer Fabelsaison Meister wird. Mein Nachfolger Georginio Wijnaldum macht dort einen fantastischen Job, das muß man so klar sagen. - Gleiches gilt für Dennis Zakaria in Aspelt, der den Absteiger wohl sofort zurück ins Oberhaus führt. Von hier aus: ich drücke beiden alle Daumen!

SK. Herr Lavayeux, wir danken für dieses Gespräch.
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