Diese ganzen Ultra-Gruppierungen und weitere Harcdore-"Fans" überhöhen sich ja wie sonst niemand anderes - auch außerhalb des Fußballs. Dieses übertriebene Selbstverständnis ist schon faszinierend. Die halten sich teilweise für wichtiger und toller als der Verein selbst, den sie angeblich unterstützen. Was die sich auch rausnehmen wollen ist ebenso fragwürdig. Und was bringen sie? Meist monotone Gesänge, bisschen trommeln und Papier mit Parolen beschmieren. Ich persönlich brauche das nicht für einen Stadionversuch. Da ist mir ansehnlicher Fußball deutlich lieber als irgendwelche Sichtbehinderungen durch Pyrotechnik und anderes. Und genau für diese Gruppierungen bin dann ich ein Feindbild, weil ich eben ganz andere Anforderungen an einen Stadionbesuch habe, das ganze Drumherum nicht brauche und nicht ihre Auffassung vom "wahren Fußball" teile.
Deine Meinung ist deine Meinung, die möchte ich dir nicht absprechen. Ich selbst habe die Ultras in der Zeit, als zuerst niemand ins Stadion durfte und später die organisierte Fanszene noch eine Weile fern blieb, so sehr vermisst dass es fast wehtat. Die ruhigen Stadien ohne Publikum waren schon schwer zu ertragen, die vollen Stadien ohne Gesänge waren fast noch schlimmer. Wo ich mitgehe ist der Eindruck, dass sich das Benehmen einiger Ultras in letzter Zeit zu verschlimmern scheint, da man direkt nach den Corona-Beschränkungen erstmal so froh über die neu entfachte Stimmung war, dass es mir auch so vorkam, als seien Verstöße weniger hart sanktioniert worden. Da muss man jetzt gegensteuern und solche Geschehnisse wie in Frankfurt sind zu verurteilen und zu ahnden, aber einen Fußball ohne Ultras will ich mir deshalb noch lange nicht vorstellen. Mag ja gut sein, dass viele das nicht brauchen, aber die andere Seite gibt es eben auch.
Und zu der Behauptung, dass sich Ultras teilweise für wichtiger und toller als den Verein selbst halten, den sie unterstützen, dazu kann ich erstmal nur sagen, dass ich nicht in alle einzelnen Köpfe reingucken kann, aber ich habe mit Ultras viele Gespräche geführt und würde das Selbstverständnis eher metaphorisch mit dem einer Partei/einem Verband in einem Staat vergleichen. Der Fußballverein ist der Staat und unterschiedliche Teile der Fanszene sind die Parteien. Diese haben alle unterschiedliche Ansichten darüber, was am besten für den Verein ist. Du wirst z. B. im Fanlager der meisten Vereine wenn du lange genug suchst durchaus Gegner der 50+1 Regel finden, weil die aus rein sportlicher Sicht (international) konkurrenzfähige Teams und einen spannenden Wettkampf sehen wollen. Ultras ziehen ihre Faszination am Fußball und am Stadionerlebnis eben nicht allein aus der sportlichen Konkurrenzfähigkeit ihrer Mannschaft.
Dass es problematische Gruppen gibt ist leider so und dagegen muss je nach Situation entsprechend vorgegangen werden. Dadurch aber das Existenzrecht der gesamten Szene in Frage zu stellen geht mir etwas zu weit. Fußball ist ein Massenphänomen für alle Schichten und dementsprechend unterschiedlich fällt das was, das Menschen daran spannend finden, letztlich aus.
Guter Beitrag!
Auch wenn ich inhaltlich tatsächlich eher auf Rejs' Seite beheimatet bin.
Was mich an den Ultras stört, sind eigentlich exakt zwei Dinge:
1. eine oftmals unfaßbar herablassende Attitüde gegenüber allen anderen Fangruppen (sowohl des eigenen als auch anderer Vereine).
Klar, sie sind nicht alle so (niemals sind in irgendeiner Gruppe ALLE "so", was auch immer "so" dann im Einzelfall bedeutet

).
Aber dieses Selbstbild als die Elite der Fans zieht sich doch schon sehr deutlich durch die Ultragruppierungen.
Allein schon die Selbstbezeichnung "Ultra" - ich nenne mich doch auch nicht "Super" oder "Giga" oder "Mega", um anderen zu zeigen, wie turmhoch mein Fandasein über ihrem steht.
2. Keinerlei Unrechtsbewußtsein. Und während Punkt 1 oben nur ärgerlich ist, aber im Zweifelsfalle auch mal wegignoriert werden kann, hörts bei mir spätestens dann auf, wenn es um Straftaten geht bzw auch darum, die Rechte anderer Fans zu beschneiden, weils den Herren (und Damen und Diversen) Ultras gerade so paßt:
- wenn sie ihre Pyros zünden müssen, wissend, dass der Verein schon die Strafe zahlen wird und sie nicht selbst herangezogen werden (und jedem Asthmatiker (6% der deutschen Bevölkerung, also keine "bedauerlichen Einzelfälle") im Stadion den Stinkefinger zeigend, ganz nebenbei erwähnt),
- wenn sie alles mögliche auf den Platz werfen, Spielabbrüche und Punktstrafen "ihres" Vereins in kauf nehmend,
- wenn sie in der Innenstadt andere Fans tätlich angreifen ...
... es ist immer alles von der Horde gedeckt, es ist immer alles "falsch in den Medien dargestellt und eine Hetzjagd gegen die armen unschuldigen Ultras, die ja provoziert wurden"...
...Die einzige richtige Hetzjagd, die mir spontan in den Sinn kommt, waren die Schalker, die vor ein paar Jahren die Spieler ihres Vereins gejagt haben.
Und nee, das waren ganz sicher keine Familienväter, die mit ihrem vierjährigen Filius im Stadion waren.
Wie gesagt, @Bayernfahne, ich will nicht alle über einen Kamm scheren und ich verschließe auch nicht die Augen davor, dass die Ultras bei Themen wie 50+1 exakt meinen Standpunkt teilen und den auch laut kundtun.
Und so manche Choreographie ist wirklich gelungen, auch das erkenne ich an.
Aber ich hab die Faxen sooo dicke davon, dass der Name mir sympathischer Vereine regelmäßig in den Dreck getreten wird, weil ein paar (dutzend) "Besserfans" der Meinung sind, sich in einem öffentlichen Raum, der eigentlich auch Familien und Kindern zugänglich sein sollte, wie die letzten A**** zu benehmen zu dürfen und das auch noch "Vereinsliebe" nennen.
(Wenn ich ein kleines Kind hätte, wäre ein Stadion - egal welchen Vereins - der allerletzte Ort, wohin ich es mitnehmen würde.)