Ich habe mir vor ein paar Tagen das "400 Days"-DLC zu "The Walking Dead" zugelegt und es heute in einem Ruck mit ungefähr zweieinhalb Stunden Spielzeit durchgespielt. Wer die ersten fünf Episoden des Hauptspiels mochte, sich auf die zweite Season freut und einstimmen will, dem kann ich das DLC empfehlen.
Ich habe selbst lange gezögert, weil mir der Preis angesichts der kurzen Spielzeit zu hoch war. Jetzt bereue ich den Kauf aber nicht, im Gegenteil. Das liegt zum Teil daran, dass ich "The Walking Dead" nicht mehr als reines Videospiel verstehe, sondern eher als Film mit interaktiven Anleihen. Es gehört für mich zu diesem neuen Adventure-Genre, das auch von Spielen wie "Fahrenheit", "Heavy Rain" oder "L.A. Noire" mitgeprägt wird. Diese Mischform aus Spiel und Film schafft es, mich mit seiner kurzatmigen Erzählweise sehr viel in kurzer Zeit erleben zu lassen, ohne, dass dies zu Lasten meines Verständnisses wichtiger Zusammenhänge oder meiner Entscheidungsfreiheit geht. "The Walking Dead" beschränkt sich in seiner Erzählstruktur auf das Essentielle - und kommt vielleicht gerade deshalb so dicht und packend daher. Jedenfalls habe ich für Filme mehr bezahlt, die mich weniger unterhalten haben und schwächer aufgebaut waren. Der Preis ist daher in meinen Augen gerechtfertigt.
Es gibt Videospiele, in denen verbringe ich Stunden damit, Ausrüstung zu sortieren, Gegenstände zu verschieben, mich durch generische Welten zu bewegen - bei "The Walking Dead" gibt es all das nicht. Stattdessen bekomme ich wirklich Spiel. Ich bekomme Erlebnisse, ich bekomme Emotionen, ich bekomme Entscheidungen und das in einer Frequenz, die dem Herzschlag eines panischen Protagonisten gleicht, der von einer Horde "Walker" verfolgt und in eine scheinbar ausweglose Situation gedrängt wird.
"The Walking Dead" hält sich nicht mit Prozessen auf, die für das Spielgeschehen selbst nur eingeschränkt von Belang sind, sondern limitiert den Spieler bewusst in seinen Möglichkeiten, beschränkt alles auf das Wesentliche, erspart ihm damit aber auch Momente der Langeweile, der Aktionslosigkeit, wie sie in manchen anderen Spielen zu finden sind. Dadurch ist die Charakter-Entwicklung in "The Walking Dead" viel ausgereifter, die Entscheidungen tun mehr weh und ich bin von der ersten bis zur letzten Spielsekunde gefesselt und nach dem Abspann vollends zufrieden.
---
Der Plot orientiert sich an dem Schema des Episodenfilms. Es gibt ein zentrales Element, um den das Spiel aufgebaut ist. Im Fall von "400 Days" ist das ein Truckstop, an dem der Georgia Highway entlang verläuft. Der Spieler erlebt den Truckstop zu verschiedenen Zeitpunkten nach Ausbruch der Epidemie aus den Blickwinkeln von fünf komplett unterschiedlichen Protagonisten. Die Geschichte jedes, dieser Protagonisten, bildet wiederum eine Art Mini-Episode, in der der Spieler das Geschehen aus dessen Augen erlebt und in seinem Namen Entscheidungen trifft.
Wie in Episodenfilmen üblich laufen die fünf Geschichten am Ende zusammen. Mehr als das möchte ich aber nicht verraten, da "400 Days" auch einen Ausblick auf die zweite Season gibt, an der "Telltale" gerade arbeiten.
Nur soviel sei gesagt: Ich finde "400 Days" ebenso gut, wie die Einzel-Episoden des Hauptspiels.