Du hast offenbar immernoch nicht verstanden, was das Grundgesetz eigentlich ist. Ich weiß auch nicht, wie ich es begreiflicher machen soll. Wir reden weder vom Strafrecht, noch vom Zivilrecht. Das Grundgesetz oder die Verfassung steckt den allgemeinen Handlungsspielraum des Staates und seiner Institutionen ab. Somit wirkt sie quasi als Schutz vor staatlicher Willkür für den Bürger.
Im Grundgesetz ist definiert, welche Staatsform in dem jeweiligen Land vorherrscht (republikanischer, demokratischer sozialer Rechtsstaat -> Art 20 I/III), dann allgemeine Staatsorganisation, die Hervorhebung von Parteien, der Gesetzgebungskompetenzen werden abgesteckt (Kompetenzen zwischen Bund und Ländern -> Art 70 ff.), bestimmte Institutionen werden verfassungsgemäß mit einem Auftrag ausgestattet (Bundesverfassungsgericht, das Amt des Bundeskanzlers/lerin -> Richtlinienkompetenz, Bundespräsident, Regierung usw). Es geht ja nummerisch nur bis Art. 146 im deutschen GG. Die Grundrechte sind bekanntermaßen in den Artikeln 1-19 niedergelegt (wobei es noch ein paar grundrechtsgleiche Richtlinien im gesamten GG gibt). Dort geht es dann um Menschenwürde, freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit, Versammlungsrecht usw. All diese Rechte werden aber natürlich beschrankt. Entweder durch das GG selbst oder eben durch nähere Bundesgesetze. Obwohl die Unverletzbarkeit der Wohnung ein Grundrecht ist, gibt es laut Strafprozessordnung das Recht auf Hausdurchsuchungen (§104 ff StPO) in bestimmten Situationen (richterlicher Beschluss, Gefahr im Verzug). Obwohl das Postgeheimnis besteht, darf der Staat (die Polizei) in genehmigten Ausnahmen Briefe abfangen, Kommunikation überwachen etc.
Genauso ist es mit der freien Meinungsäußerung. Die wird grundrechtlich erstmal gewährt, gemäß Artikel 5 I. In Art 5 II wird dieses Recht allerdings gleich beschrankt:
Diese Rechte (freie Äußerung der Meinung in Wort, Bild und Schrift) finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
Das bedeutet, wenn ich jemand anderen beleidige, dann greife ich damit seine persönliche Ehre an. Dafür gibt es ein allgemeines Gesetz, dass sich im Strafgesetzbuch findet: Beleidigung §185 StGB. Das heißt, obwohl ich grundgesetzlich eine freie Meinungsäußerung habe, findet diese ihre Schranke in Unwahrheitsbehauptungen (unter anderem).
Die Beleidigung selbst ist aber kein Teil des GG. Es wird also nicht aufgrund des GG vor Gericht verhandelt, wenn ich jemanden beleidige, sondern aufgrund einer Bestimmung im Strafgesetzbuch, die die Beleidigung als Vergehen kennzeichnet. Natürlich wird durch dieses Gesetz die Menschenwürde geschützt, aber nochmal: das hat mit dem Grundgesetz nichts zu tun.
Man kann sich das vllt so klarmachen, indem man das Grundgesetz als Anfang der Gesetzgebung und als Auftrag wahrnimmt. Am Anfang war das Grundgesetz und das sagt: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. [Hier hören die meisten auf mit dem Zitieren, was dazu führt, dass das total falsch verstanden wird] Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt" (Art 1 I GG). Der letzte Teil ist eben so entscheidend, damit man den Sprung vom Allmachtsanspruch der Würde des Menschen zum Staatsauftrag gedanklich vollziehen kann.
So, nun ist das Grundgesetz also aller Anfang der Gesetzgebung. Der Staat bekommt laut Art. 1 I den Auftrag, die Menschwürde zu achten und zu schützen. Das gilt erstmal nur für ihn selbst, der Staat darf Menschen nicht unwürdig behandeln, was Folter staatlich verordnete Erschießungen ausschließt. Der Staat darf dem Menschen also erstmal "nichts tun". Das gilt aber noch nicht für andere Menschen oder nichtstaatliche Institutionen. Und für die erlässt der Staat dann eben eigene Gesetze, weil sie eben nicht an das Grundgesetz "gebunden" sind. Dafür gibts dann eben das Strafgesetzbuch, welches unter Anderem die Menschenwürde schützt, indem es die Herabwürdigung eines Menschen durch einen anderen Menschen oder eine Organisation unter Strafe stellt. So funktioniert das Ganze.
Bei den Grundrechtsträgern habe ich mich aus Versehen unklar ausgedrückt, weil ich einen Teilsatz gelöscht habe, der aber wichtige Informationen enthielt.
Gemäß Art. 19 GG können auch juristische Personen Grundrechtsträger sein, aber nur, wenn sie ihrem Wesen nach auf diese Anwendbar sind. Soweit so gut, nur wäre bei einem Konflikt Ballack vs. DFB das Grundgesetz der völlig falsche Ort, um nach Lösungsansätzen für den Konflikt zu suchen. Der DFB ist keine staatliche Institution und das Grundgesetz regelt nunmal die Beziehungen zwischen Grundrechtsträgern und dem Staat. Also müsste der Staat mit seinem Handeln (oder Unterlassen) gegen ein Grundrecht von Ballack oder des DFB verstoßen, damit man überhaupt das Grungesetz aus dem Schrank holen kann.
Bei einem Streit Ballack vs. DFB gibt es das Zivilrecht, das Vereinsrecht und die Satzungstatuten des DFB. Das Grundgesetz hat damit nichts zu tun, außer man baut die Brücke, dass auch das Vereins- und das Zivilrecht grundgesetzkonform sein müssen (also die Grundrechte und die grundrechtsgleichen Rechte schützen). Aber das hat ja dann mit dem Konflikt gar nichts mehr zu tun und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Vereinsrecht dem Grundgesetz konträr gegenübersteht.
Als Merksatz kann man sich notieren: Nur staatliches Handeln kann verfassungswidrig sein.Wenn ich dich beleidige, verstoße ich nicht gegen das Grundgesetz, sondern gegen eine Norm aus dem Strafrecht.
Übrigens: Die Konstruktion, dass das Grundgesetz als erstes da war und darauf die anderen Gesetze aufgebaut haben, war natürlich nur fiktiv zum Verdeutlichen der Abhängigkeit. De facto ist es so, dass das Grundgesetz der BRD 1949 in Kraft getreten ist. Das BGB gibt es seit dem 1.1.1900, das StGB ist in seiner ursprünglichen Fassung vom 1.1.1872. Trotzdem müssen die Gesetze in jedem Gesetzbuch verfassungskonform sein. Also der Staat darf keine Gesetze erlassen, die nicht mit der Verfassung vereinbar sind (wie Beispielsweise das Abschießen von von Terroristen entführten Flugzeugen). Aber da das Grundgesetz ja einen sehr sehr weiten Rahmen für Gesetze erlaubt, scheitern Gesetzesinitiativen nur sehr selten an Verfassungsschwierigkeiten. Ich meine alleine die Hartz 4-Gesetze verstoßen im Prinzip gegen jedes einzelne Grundrecht und trotzdem sind sie verfassungskonform, weil die Grundrechte durch nähere Bestimmungen beschrankt werden.