MeisterTrainerForum

Verschiedenes => Sonstiges => Thema gestartet von: Uwe am 12.August 2011, 19:33:38

Titel: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Uwe am 12.August 2011, 19:33:38
Dieser heute gehörte Satz löst Geschwüre in meinen Ohren aus, kann aber auch nicht genau erklären, warum.

"ich kann jetzt, wo er acht Jahre alt ist, viel besser mit ihm reden, wie als wo er noch fünf war"

Ich schätze mal, dass man für zeitliche Angaben keine örtlichen Pronomen (?) verwenden darf, aber sitze auch ziemlich auf dem Schlauch.

Kann da bitte jemand mal mit dem Grammatikskalpell rangehen?

Danke
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Emanuel am 12.August 2011, 20:08:01
Gut, dass du es ansprichst. Damit beschäftigt sich gerade eine linguistische Forschungsgruppe an der Universität des Saarlandes. Der Satz ist nämlich, so verrückt dies auch scheinen mag, im Einklang mit sämtlichen grammatischen Vorschriften der hochdeutschen Sprache. Vielleicht erinnern sich manche noch an unseren Freund Hubert. Wenn nicht : http://www.meistertrainerforum.de/index.php/topic,11900.380.html (http://www.meistertrainerforum.de/index.php/topic,11900.380.html)

Nach Konnis Aufklärung wussten wir, dass der Satz:
Zitat
Die Frau, die den Versuch Hubert unternommen hat zu küssen.
korrekt ist. Dies ist wie Konni erläuterte ein Phänomen der Generativgrammatik. Der Satz den du angeführt hast, ist hingegen ein Phänomen der Alternativgrammatik. Auch:
Zitat
"ich kann jetzt, wo er acht Jahre alt ist, viel besser mit ihm reden, wie als wo er noch fünf war"
ist somit korrekt.

Vor allem der Saarländer bedient sich solch komplexen grammatikalischen Konstrukten. Die Forschungsgruppe an der Universität des Saarlandes versucht nun herauszufinden, weshalb gerade der Saarländer in der Lage ist auch solche komplexen grammatikalischen Regeln fehlerfrei anzuwenden. Vor allem der direkte Nachbar, der Pfälzer, ist mit so etwas schlichtweg überfordert. Vermutlich liegt es daran, dass der Saarländer ein um 5% größeres Kleinhirn hat, als andere Volksgruppen. Denkbar ist aber auch, dass der Einfluss der französischen Sprache auf das Saarländisch verantwortlich ist. Der Saarländer lernt solche Konstruktionen schon als Kind durch seinen Dialekt.
Also entweder ist das größere Kleinhirn für die ordnungsgemäße Verwendung der Alternativgrammatik zuständig oder der saarländische Dialekt (mit seinen vielen Konstruktionen aus der Alternativgrammatik) regt den Wachstum des Kleinhirns an. Genau darum geht es den Forschern im Moment.

So nochmal zurück zu deiner Frage. Der Satz ist einwandfrei, vermutlich für das bundesdeutsche Ohr einfach nur ungewohnt. Wenn du mehr zum Thema Alternativgrammatik wissen willst, kann ich dir gerne per PN den Vorlesungsordner schicken ;-) Vielleicht wirds dir dann klarer.

Grüße
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Kaliumchlorid am 12.August 2011, 20:46:08
Warum sollten gerade die Saarländer ein größeres Kleinhirn haben?

Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 12.August 2011, 20:55:24
Jaja, das konsequente Ignorieren und Nichtverwenden von Relativpronomen zu Beginn solcher Relativsätze ist gerade im süddeutschen Sprachraum ein weit verbreitetes Phänomen. Allerdings eines, das sich auszubreiten scheint.

"wo" wird ganz für wunderbare Subjunktionen wie "da" oder "nachdem" oder eben Relativpronomen verwendet. Offenbar mögen sie es nicht, wenn da z.B. zweimal ein "der" unmittelbar aufeinander folgt.

"Der wo da grade num schtaht." -> Derjenige, der hier gerade herumsteht.

Und gerade die Verwendung von "wie", "wie als" oder "wie als wo" statt dem einfachen "als" geht dem Süddeutschen wesentlich leichter von der Zunge.

"I bin besser wie du. I han mehr druf wie als dr Herbert."

Und ja, es ist ganz normal, dass sich Sprechern des Standarddeutschen die Nackenhaare zu Berge sträuben, wenn sie diese Sätze hören. Allerdings haben süddeutsche Sprecher offenbar nur wenig Probleme damit, die an sich falschen (weil semantisch eigentlich unsinnig) Phrasen zu benutzen. ;)

Mir persönlich geht es so wie dir MMM. Und wenn ich unterrichte, achte ich penibel darauf, dass die Schüler möglichst einwandfrei reden, um sich nicht sofort als Schwabe (am beschten no von dr Oschtalb) zu outen. ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Emanuel am 12.August 2011, 21:54:09
Warum sollten gerade die Saarländer ein größeres Kleinhirn haben?

Eine Theorie habe ich doch schon erwähnt :-)


oder der saarländische Dialekt (mit seinen vielen Konstruktionen aus der Alternativgrammatik) regt den Wachstum des Kleinhirns an. Genau darum geht es den Forschern im Moment.

Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Der Baske am 12.August 2011, 22:04:50
In Bayern, meiner Heimat, ist das ein ganz normaler Satz :laugh:

Allerdings nicht diese Hubert Geschichte, sondern der heutige
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 12.August 2011, 22:11:20
Klar. Der Hubert-Satz ist in meinen Augen auch nur auf dem Papier korrekt. Solange linguistische Laien (verzeiht mir den Ausdruck) einen Satz bzw. den Sinn eines Satzes nicht verstehen, ist es kein korrekter Satz. Auch wenn 50 Sprachwissenschaftler was anderes behaupten. ;)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Uwe am 14.August 2011, 14:23:54
Danke für Eure Einschätzung. Ich hätte nicht gedacht, dass der Satz einer Überprüfung durch jemanden mit Ahnung standhält, weil er so schräg klingt. Ok, das liegt halt daran, dass ich ein kleineres Kleinhirn habe als wie ein Saarländer. *schluck* Diejenige, wo den Satz geäußert hat, wird sich darüber freuen.   ;)


Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Emanuel am 14.August 2011, 16:15:21
Leiter des Forschungsteams ist übrigens Klaus Enax ;)

Fällt jetzt jemand auf, dass mein Vortrag über Alternativgrammatik und größere Kleinhirne totaler Käse ist?!  :D :laugh:
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Kaliumchlorid am 14.August 2011, 16:30:20
Leiter des Forschungsteams ist übrigens Klaus Enax ;)

Fällt jetzt jemand auf, dass mein Vortrag über Alternativgrammatik und größere Kleinhirne totaler Käse ist?!  :D :laugh:

War mir doch von Anfang an klar, dass da was nicht stimmen kann. Warum sollten auch gerade die Saarländer ein größeres Kleinhirn haben.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Stefan von Undzu am 24.Januar 2012, 11:32:12
Ganz furchtbar finde ich übrigens die neudeutsche Reporter-Redwendung "es sind noch fünf Minuten zu gehen", wenn die Uhr bei 85 Minuten steht...

Was soll der Schmarrn? Das mag im Englischen richtig sein, aber im Deutschen ist es einfach nur falsch! Wie kommt man auf die Schnapsidee, das wörtlich zu übersetzen?
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: White am 24.Januar 2012, 12:52:00
Ganz furchtbar finde ich übrigens die neudeutsche Reporter-Redwendung "es sind noch fünf Minuten zu gehen", wenn die Uhr bei 85 Minuten steht...

Was soll der Schmarrn? Das mag im Englischen richtig sein, aber im Deutschen ist es einfach nur falsch! Wie kommt man auf die Schnapsidee, das wörtlich zu übersetzen?
Geht mir auch immer so, ich reg mich jedes mal auf, wenn wir Fußball gucken.
Verbrochen hat das Konami bei der Übersetzung für PES.
Allerdings finde ich es bedenklich, dass es Wolff Fuss nicht aufgefallen ist, als er die Sätze eingelesen hat.


@MMM für mich hört sich der Satz auf "Hochdeutsch" schief an, im Dialekt (der übrigens mit dem der schon erwähnten Saarländer fast identisch ist, ich bin nämlich kein richtiger Pfälzer) wäre er aber (fast) vollkommen OK. Im zweiten Teil aber eher ein "als wie."

Bei uns hat uns unser Jugendtrainer (hat uns von der E- bis zur A-Jugend begleitet) das übrigens ausgetrieben. Der Standardspruch war "die wo gibts net" - In der A-jugend war dann die Antwort auf solche Sprüche Standardmässig "doch, 'In Burundi, wo die Sonne immer scheint."

Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 14.Februar 2012, 13:53:57
Oh Gott, jetzt wurde es hier angesprochen und prompt fiel es mir auch auf..

Ich rege mich jedes Mal darüber auf, wenn Kommentatoren bei einer Abseitsentscheidung "abgewunken", "zurückgewunken" oder Ähnliches sagen. Nackenhaare. Alle hoch. Oder so.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Stefan von Undzu am 14.Februar 2012, 14:00:38
Ja, das klingt doof, ist aber doch durch die Bewegung des Linienrichters nachvollziehbar.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 14.Februar 2012, 14:01:54
Es geht um "gewunken". Es heißt richtig "gewinkt"! Wollen viele Menschen nicht wahrhaben, ist aber so! ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Stefan von Undzu am 14.Februar 2012, 15:00:00
http://www.sprache-werner.info/Winken-wank-gewunken-L.20266.html

Dacht ichs mir doch: in Bayern ist "gewunken" richtig! :-)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 14.Februar 2012, 15:26:17
Das ist manchmal das Verflixte im Deutschen. Und so wird winken urplötzlich zu einem starken Verb gemacht. Passiert eher selten, aber bei winken ist uns das mit der falschen Partizipform offenbar nicht bewusst.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 14.Februar 2012, 17:36:55
Ich freue mich inzwischen schon richtig, wenn ich mal einen Film erwischt habe, in dem "gewinkt" auftaucht...
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Ensimismado am 06.April 2012, 21:05:09
Weil hier die Frage nach richtig und falsch aufgekommen ist: Gewunken als starke Verwendung ist schon seit Urzeiten so im dialektalen Gebrauch. Selbst Uhland hat das damals so verwendet, im Gegensatz zu Luther, der Hochdeutsch geschrieben hat. ;)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 07.April 2012, 19:04:35
Das macht es trotzdem nicht "richtig".
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 07.April 2012, 19:06:30
Um auch noch mal korrekturen.de zu zitieren:

Zitat
Das zweite Partizip von winken heißt "gewinkt", nicht "gewunken". Das gilt auch in Zusammensetzungen wie "an der Grenze wurden wir direkt durchgewinkt" (nicht: "durchgewunken").
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Chris_2010 am 07.April 2012, 19:59:22
Dachte es heißt immer "gewunken"."Gewinkt" tss, wie hört sich das denn an bitte? ;) :D

Lasst uns darüber disktutieren, gerne auch die ganze Nacht!
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Topher am 07.April 2012, 20:14:19
"Gewunken" hört sich meiner Meinung auch um einiges besser an. Gewinkt klingt irgendwie zu "hart".
Was solls, deutsche Sprache, schwere Sprache.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 07.April 2012, 20:22:08
Schöner anhören heißt ja nichts! Wenn man sich klarmacht, dass es gewinkt heißt, fängt es auch irgendwann an schön zu klingen! :D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Chris_2010 am 07.April 2012, 21:31:23
Klingeling hier kommt der Eiermann.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Starkstrom_Energie am 07.April 2012, 22:06:17
Das ist ja wie der Unterschied zwischen "seid" und "seit". Das beachtet heute irgendwie keiner mehr, zumindest kommt es mir so vor.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 07.April 2012, 22:17:05
Oder das und dass, wobei ich mich da auch hin und wieder ertappe, es aber meist noch rechtzeitig bemerke. ;)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Starkstrom_Energie am 07.April 2012, 22:23:35
Das fällt mir immer sofort auf, dass statt "dass" immer das Pendant ohne das zweite "s" steht und meist auch kein Komma davor steht.
Heute zum Beispiel wurde in Köln im Stadion ein Fanplakat gehisst, da war genau dies der Fall. Stört eigentlich keinen, fiel mir aber sofort ins Auge :)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Ensimismado am 07.April 2012, 23:39:39
Ich halts für schwierig, bei Sprache von richtig und falsch zu sprechen. Seit einiger Zeit gibt es in der Linguistik z.B. das Phänomen Doppelperfekt (z.B. gelesen gehabt) - ist es damit plötzlich richtig? Es ist halt ein Phänomen, eine Sprachentwicklung. Nicht mehr, nicht weniger.

Bei Dingen wie dass/das oder seit/seid wird ein ganz anderes Problem beschrieben, denn die Unterscheidung macht einen inhaltlichen Unterschied aus. Das ist bei gewinkt/gewunken nicht der Fall, womit ich das nicht vergleichen wollen würde.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 11:29:51
Wenn zig Menschen Unfug betreiben, wird der Unfug nicht plötzlich sinnvoll.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 11:30:40
Gewunken ist genauso falsch wie der Satz: "Meine Freundin hat sich heute geschmunken".
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 11:31:58
Btw: Germanistikstudium habe ich abgeschlossen. Brauche keine Erläuterung irgendwelcher "Phänomene". ;)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 11:34:28
Gewunken ist keine Sprachentwicklung, sondern ein (leider) weit verbreiteter Irrtum! Nicht mehr, nicht weniger.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 08.April 2012, 11:36:23
So so. Deshalb sind Multipostings aber trotzdem nicht gern gesehen. Es gibt eine Edit-Funktion. ;)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 11:37:30
Aber das ist hier doch das Spamforum, sozusagen!  :angel: ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Starkstrom_Energie am 08.April 2012, 11:48:14
Heißt es eigentlich "erschreckt" oder "erschrocken"?

Ich sage immer: ich habe mich erschreckt, du hast dich erschrocken,...
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 08.April 2012, 12:21:18
Heißt es eigentlich "erschreckt" oder "erschrocken"?

Ich sage immer: ich habe mich erschreckt, du hast dich erschrocken,...
Kommt drauf an, was du damit sagen willst.

Wenn man jemandem einen Schrecken einflößen will, so ist das Verb schwach und erschreckt ist richtig.
Flexion: er erschreckt - er erschreckte - hat erschreckt

Wenn du dich erschrickst (man achte auf das i!) oder du von einem Schrecken ergriffen bist, dann ist das Verb stark und wird entsprechend flektiert:
er erschrickt - er erschrak - hat sich erschrocken


"Ich habe mich erschreckt" wäre also falsch. ;)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Ensimismado am 08.April 2012, 14:22:22
Gewunken ist keine Sprachentwicklung, sondern ein (leider) weit verbreiteter Irrtum! Nicht mehr, nicht weniger.
Und genau das halte ich halt für problematisch. Wo siehst du dann den Unterschied zu z.B. der Entwicklung des Wortes "weil", das früher ja einfach einen temporalen Aspekt ausdrückte? Ich meine, womit legst du fest, was Sprachentwicklung ist und was nicht? Am Wort schalten sieht man das auch: Früher mal ein starkes Verb, ist es heute ein schwaches. Da gibt es doch unzählige Beispiele, in denen Verben von starken zu schwachen übergehen. Bei winken hat sich dieser Prozess bislang nicht abgeschlossen - nicht mehr, nicht weniger.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 15:11:00
Das ist doch irrsinnig. Wenn sich genügend Deppen finden, die ab sofort "ich bin Auto gefährt" sagen, wird es irgendwann akzeptabel, weil sich hierdurch eine Sprachentwicklung in Gang gesetzt hat? Dann können wir auch sämtliche Duden verbrennen und uns anarchistisch der "Sprache" bedienen.

/Edit:

Habe jetzt auch eigentlich keine Lust mehr, über etwaige Sprachentwicklungen zu diskutieren. Das Argument führt die Sprache bzw. die implizierten Regeln ad absurdum. Grundsätzlich ließe sich auf diesem Wege alles in der Sprache verändern. Voraussetzung: Es finden sich genügend Dumme, die es unterstützen bzw. es nicht besser wissen.

Mit folgendem Zitat von Wiktionary, das eigentlich alles sagt, verabschiede ich mich nun aus der Diskussion:

Zitat
Anmerkung:

    Partizip: Die Form gewunken ist umgangssprachlich, in der Standardsprache jedoch nicht korrekt.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 08.April 2012, 15:26:30
Sprachwandel lässt sich aber kaum aufhalten. Es geht hier nicht um richtiges oder falsches Deutsch. Es geht um akzeptable Sätze, das ist der springende Punkt. Eine Form kann "falsch" sein, aber von (fast) allen akzeptiert werden, was das Beispiel mit gewunken ja gut zeigt.

Falls es dir aufgefallen ist: So ziemlich jedes neu aufkommende Verb wird schwach flektiert. Es ist "leichter" für uns, weil das Muster immer das gleiche ist. Ein ähnliches Schicksal wie schalten ist übrigens auch backen widerfahren. Oder sagt jemand von euch noch "Gestern buk ich einen Kuchen"? Allerdings ist da der Prozess auch noch lange nicht abgeschlossen.

Und natürlich sind weiterhin Sätze inakzeptabel wie "Ich gehe Bahnhof". Aber Formveränderungen sind normal. Die Menschen vor 100 Jahren haben anders gesprochen als wir heute und in 100 Jahren wird man nochmal anders sprechen.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 15:31:35
Natürlich wird es von vielen akzeptiert. Falsch konjugiert ist es aber trotzdem. Da ich noch nie "gewunken" gesagt habe, sträuben sich hier bei mir immer sämtliche Nackenhaare. In Bayern gibt es wohl auch keinen Unterschied zwischen "wie" und "als". Korrekt wird es dadurch dennoch nicht und ich finde es einfach furchtbar.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 08.April 2012, 17:40:41
Ich finde es auch furchtbar, aber sobald eine (überwältigende) Mehrheit das für gut befindet, kommt das immer mehr in den Sprachgebrauch und irgendwann ist es ein ganz normales Wort oder eine übliche Formulierung.

In der Stuttgarter Zeitung gibt es jeden Samstag eine wunderbare Kolumne, die sich mit der falschen Verwendung von Adjektiven oder Verben oder ähnlichen Themen beschäftigt. Fünf Minuten Deutsch. Eine wunderbare Kolumne, die ich immer wieder gern lese, weil so oft Fehler gemacht werden und das meist ja auch vollkommen unbewusst.

http://www.amazon.de/F%C3%BCnf-Minuten-Deutsch-Modischer-Sprache/dp/3608944419

Im Gegensatz zu Sick hebt er aber nicht besserwisserisch den Zeigefinger, sondern verarbeitet die Fehler in eben jenen kleinen Kolumnen und klärt über die eigentliche Herkunft, Verwendung oder (vergessene) Alternativen zu den Wörtern und Phrasen auf.
Ich habe das Buch nicht, aber es ist sicher einen Kauf wert (als Geschenk an angehende Lehrer vielleicht?)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Omegatherion am 08.April 2012, 18:11:22
keinen Unterschied zwischen "wie" und "als".

Gehört das nicht eh immer zusammen? "als wie"? ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Ensimismado am 08.April 2012, 18:38:36
Ich finde es auch furchtbar, aber sobald eine (überwältigende) Mehrheit das für gut befindet, kommt das immer mehr in den Sprachgebrauch und irgendwann ist es ein ganz normales Wort oder eine übliche Formulierung.

In der Stuttgarter Zeitung gibt es jeden Samstag eine wunderbare Kolumne, die sich mit der falschen Verwendung von Adjektiven oder Verben oder ähnlichen Themen beschäftigt. Fünf Minuten Deutsch. Eine wunderbare Kolumne, die ich immer wieder gern lese, weil so oft Fehler gemacht werden und das meist ja auch vollkommen unbewusst.

http://www.amazon.de/F%C3%BCnf-Minuten-Deutsch-Modischer-Sprache/dp/3608944419

Im Gegensatz zu Sick hebt er aber nicht besserwisserisch den Zeigefinger, sondern verarbeitet die Fehler in eben jenen kleinen Kolumnen und klärt über die eigentliche Herkunft, Verwendung oder (vergessene) Alternativen zu den Wörtern und Phrasen auf.
Ich habe das Buch nicht, aber es ist sicher einen Kauf wert (als Geschenk an angehende Lehrer vielleicht?)
Danke! Genau das meine ich. Ich finde viele Verwendungen auch sehr komisch und sage selber auch nicht gewunken, aber es ist eben diese nahezu schon arrogante Herangehensweise, die mir bei vielen Germanistikstudenten auch tierisch auf den Sack geht, dass so kategorial zwischen richtig und falsch unterschieden wird, wie es oftmals eben schlicht nicht möglich ist. Noch haben wir keine universellen Sprachregeln, die apodiktisch gelten, also ändern sich eben auch die Regeln und die Sprache. Gerade der Duden ist dabei sogar teilweise sehr anstrengend, da er viel zu strikt in bestimmten Fällen agiert - gibt dazu übrigens einen lesenswerten Aufsatz von Arno Schmidt (oder Interview? Muss nochmal nachschauen, hatte beides letztens erst wieder gelesen und bin mir gerade nicht sicher, in welchem es behandelt wurde).

@DVNO, wenn du das als falsch ansiehst, kann ich deinem Sprachempfinden ja folgen, aber nicht deiner Definition von falsch. Denn du als Absolvent des Germanistikstudiums müsstest doch wissen, wie die Grammatik im Mhd. z.B. aussieht - und so sprichst du ja wohl auch nicht mehr.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 20:02:26
Es gibt nun mal gewisse Regeln, wie man Verben konjugiert. Was interessiert mich denn jetzt ein Sprachwandel? Ich rede so, wie es aktuell richtig ist und fertig. Und für mich wird etwas nicht richtig, nur weil alle Leute es falsch machen. "Gewunken" ist standardsprachlisch falsch. Das ist einfach Fakt!

/Edit:

Wenn der Duden in 100 Jahren mal "gewunken" aufnimmt, können die Menschen es dann gerne fröhlich sagen und schreiben. Aktuell ist es zwar weit verbreitet, aber nicht korrekt.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Ensimismado am 08.April 2012, 20:06:43
Nun denn, dann lasse ich dir deine Meinung, wir werden da eh nicht auf einen Nenner kommen, da wir völlig unterschiedliche Herangehensweisen an die Thematik haben, wie es scheint.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 20:09:15
Nur mal so:

http://de.wiktionary.org/wiki/winken (http://de.wiktionary.org/wiki/winken)

Das ist ja jetzt keine Empfehlung wie bspw. Verkehrsschilder, oder so. ;)


/Edit:

Eigentlich wollte ich den Link hier posten:

http://de.wiktionary.org/wiki/winken_%28Konjugation%29 (http://de.wiktionary.org/wiki/winken_%28Konjugation%29)


/Edit²:

Vielleicht kommt ich dir da ja etwas entgegen: Ich sage ja, dass es weit verbreitet ist. Ich hör's ja auch andauernd. Ganz gleich, ob beim Fußball, in Filmen,... Dass es mittlerweile (fast) zu einem "normalen Wort" (im Sinne von "gebräuchlichen Wort") geworden ist, will ich auch gar nicht bezweifeln. Streng genommen ist es aber nicht korrekt.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 08.April 2012, 20:15:52
Und jetzt bin ich tatsächlich hier raus. Ich krieg schon Kopfschmerzen.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Ensimismado am 08.April 2012, 20:42:45
Und an dem streng genommen störe ich mich insofern, als dass Sprache eben nicht so regelhaft Veränderungen unterliegt, dass gesagt werden kann: Jetzt ist es plötzlich korrekt, obwohl es zuvor schon alle so gesagt haben, da aber noch nicht im Duden stand. Aber wie gesagt, ich sehe da eine viel größere allgemeine Thematik hinter. Und Recht hast du zumindest dahingehend, dass die Regeln das eine als falsch, das andere als richtig ausweisen - daher ging mein Angriff auch nur gegen diese strenge Einteilung in Regeln, die imo nicht phänomenadäquat ist.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Topher am 08.April 2012, 23:14:44
Frage an die Germanistikexperten: Ist jemand so lieb und schaut über meine Hausarbeit drüber? Korrekturlesen hat ja noch nie geschadet, und bevor ich die mit Interpunktionsfehlern abgeb...  ::)
Zum Umfang: Sind etwa 15 Seiten (ohne die schwachsinnige Formatierung bestimmt nur 10).
Wäre auf jeden Fall super lieb :)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 10.April 2012, 14:32:04
Worum geht's?
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Topher am 10.April 2012, 14:40:20
Guerilla-Marketing. Man muss sich da nicht großartig auskennen, allerdings würde ich es gerne von jemandem korrekturlesen lassen der Ahnung von Rechtschreibung und Interpunktion hat. hat. Rechtsschreibfehler sind bei mir seltener, Interpunktion ist da schon schwieriger, zum Beispiel setze ich Kommata nur nach Gefühl...
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 10.April 2012, 17:03:22
Wann musst du die denn abgeben?


Habe heute die ersten 1000 Wörter meiner Bachelorarbeit geschrieben (naja, fast: 959). ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Topher am 10.April 2012, 18:00:53
Mittwoch  :-X
Bin eigentlich jetzt schon etwas spät dran, aber das passiert wenn man andere Dinge füretwas wichtiger hält  :-[
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 18.April 2012, 12:45:23
Marcel Reif hat gestern "gewinkt" gesagt.  ;D  :)
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Topher am 18.April 2012, 17:40:16
Verhält es sich bei "durchwinken" eigentlich genauso?
Also, durchgewinkt oder durchgewunken? Wüsste jetzt zwar kein Beispiel indem es sich mit vorangestelltem Adverb (ist es ja in diesem Fall?) anders verhält.
Das ist aber auch immer so 'ne schwierige Sache wenn man "gewunken" jahrelang für richtig hält und dann merkt, dass es eigentlich falsch ist ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 18.April 2012, 18:20:07
Verhält es sich bei "durchwinken" eigentlich genauso?
Also, durchgewinkt oder durchgewunken? Wüsste jetzt zwar kein Beispiel indem es sich mit vorangestelltem Adverb (ist es ja in diesem Fall?) anders verhält.
Das ist aber auch immer so 'ne schwierige Sache wenn man "gewunken" jahrelang für richtig hält und dann merkt, dass es eigentlich falsch ist ;D
Klar verhält es sich da genauso wie beim Verb winken. Da ist ja einfach nur das durch dazugekommen (Affigierung des Verbs winken). Also ist durchgewinkt die korrekte Form.
http://de.wiktionary.org/wiki/durchwinken
http://www.duden.de/rechtschreibung/durchwinken
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Shakespeare am 29.August 2012, 12:46:49
Hmm bin mir gerade beim Hausarbeit schreiben ziemlich unsicher, was richtig ist...
...die Gruppe der über 60 jährigen...
...die Gruppe der über 60 Jährigen...

ich persönlich tendiere zum zweiten.
Oder kommt sogar noch ein Bindestrich dazwischen?  ???
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 29.August 2012, 13:17:02
Wenn das Wort als Substantiv verwendet wird, dann schreibt man es so:
...die Gruppe der über 60-Jährigen...

Wird es adjektivisch verwendet, dann natürlich klein.
...die Gruppe der über 60-jährigen Frauen...

Deine beiden Vorschläge wären insofern falsch, da man es ausgeschrieben auf jeden Fall zusammen schreibt:
...die Gruppe der über Sechzigjährigen...
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Shakespeare am 29.August 2012, 13:27:46
Ah, vielen Dank :)
Bei mir tritt dann der erste Fall meistens auf.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: DVNO am 29.August 2012, 14:14:51
Aber Octa, es heißt doch "insofern, als". ;D
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Octavianus am 29.August 2012, 14:44:54
Interessant, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht und werde das in Zukunft berücksichtigen.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: White am 07.September 2012, 11:23:50
Da ich ja in letzter Zeit vermehrt mein Einkommen (welches de facto nicht Vorhanden ist), mit Content für andere schreiben aufbessere, hab ich mal was ganz interessantes...
http://www.textbroker.de/page/textbroker-academy/
Zwar sind einige Sachen dort nicht interessant, weil eben nur "News" zur eigentichen Seite, aber auch einige  ich sage mal Kolumnen - über mehr oder weniger aktuelle Sprachprobleme und deren Lösungen.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Emanuel am 13.November 2012, 15:30:55
Im ostdeutschen Raum wird vermehrt das Wort "Kunde" als Beleidigung gebraucht. "Kunde" ist wohl das neue "Opfer". Sowas gibts im hübschen Saarland nicht...
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: White am 13.November 2012, 15:46:57
Doch, gibt es. Ist nur vor deiner Zeit schon wieder Out gewesen.
Titel: Re: Frage an Germanistikexperten
Beitrag von: Don-Muchacho am 13.November 2012, 16:13:13
Als ich jung war war das grad in Mode. Hab ich zwar nicht verstanden aber war halt so.