III. Akt: „Total recall“
Erwin warf sich in seinen besten Anzug – auch wenn der etwas spack saß – und seinen Wagen und rauschte zum angegebenen Zeitpunkt nach Regensburg. Der Präsident des Vereins, Kai Korte, hatte zum Termin gebeten.
Erwin erschien pünktlich und musste noch etwa 10 Minuten warten, bis ihn die Sekretärin des Präsidenten zum Präsi führte. Der, ein Mann, untersetzt, so Ende der 50iger mit ausgeprägtem Fliegenlandeplatz und lichtem Haarkranz, hatte sich hinter einem riesigen Schreibtisch von USM Haller verschanzt und schaute Erwin aus verkniffenen Augen an. Der Mann kam Erwin irgendwie bekannt vor. Es war eine unangenehme Ahnung, die er aber nicht näher einsortieren konnte.
„Sie sind also dieser Schiebulski aus Bottrop“, schnauzte Korte Schiri Schiebulski an. Um dann hämisch loszulachen: „Bruhahaha … haben Sie wirklich geglaubt, Sie würden hier Trainer der 1. Mannschaft werden können? Ich schenke Ihnen mal direkt reinen Wein ein, weil ich mein Ziel schon erreicht habe: Ich habe Sie nur hierhin bestellt, weil ich Sie für Ihre ungeheure Unverschämtheit, uns überhaupt eine „Bewerbung“ zuzusenden und uns unsere wertvolle Zeit zu stehlen, angemessen bestrafen wollte. Das Ziel ist erreicht … und ich habe schon lange nicht mehr so einen Spaß gehabt. Sie können direkt wieder gehen, um uns weitere Peinlichkeiten zu ersparen, und sich Ihrer Kneipe im Ruhrpott zuwenden. Adele … und machen Sie die Tür von draußen zu!“
Erwin sagte nichts. Ihm war als habe man ihm mit einem Schmiedehammer vor den Schädel geschlagen. Tonlos drehte er sich um und ging zur Tür. „Spaß gehabt … Spaß gehabt … Spaß gehabt“ hallten die Worte von Korte in seinem Kopf nach. „Die Stimme … die Worte …!? Woran erinnert mich das“, dachte Erwin.
Beim Hinausgehen machte es CLICK. Ein Bild tauchte in seinem Hirn auf … Korte, nur mit einem Handtuch um die Hüften, in jedem Arm ein nacktes Mädchen, umringt von weiteren halbnackten Damen, mit Champagner umher spritzend, laut „so ein Tag, so wunderschön“, gröhlend und nach einem Erinnerungsfoto rufend. Ein Foto von der Szene hatte Erwin immer noch auf seinem Handy.
Erwin drehte sich um, ging ein paar Schritte auf Korte zu, schloss die Tür – von innen – und fragte Herrn Korte: „Korte … alte Sackratte … erinnerst Du Dich noch an September 2011 … Bällebad Bottrop … eine Nacht, die niemand, insbesondere ich wegen des Erinnerungsfotos, nie vergessen kann? Hammwa immer noch aufm Handy … willse ma sehen? Watt meinste, watt die Presse und Deine Frau zu Deinen schönen Erinnerungen sagen, hm?“
Korte wurde schlagartig abwechselnd aschfahl und dunkelrot.
„Korte, Du Nacktschnecke, kommen wa ins Geschäft? Mach ma ein schönes Vertragsangebot!“
Ungefähr eine Stunde später hatte Erwin einen 2-Jahresvertrag als Cheftrainer von Jahn Regensburg, allerdings ohne Transfer Budget und einem noch leicht abzuschmelzendem Gehaltsbudget. Sein Gehalt war fair, meinte Erwin zu Korte. Mit den brutto 210.000 € unterbot er Weinzierl, dessen Vertrag schon ausformuliert bei Korte lag, um satte 40.000 €. So konnte Korte den Deal zumindest gegenüber Dritten verteidigen.
Schiebulskis Abenteuer in der Oberpfalz konnte beginnen. Allerdings hatte Erwin direkt die Liste seiner Feinde um Korte und Weinzierl verlängert.
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VI. Akt: „Apocalypse Now“
Samstag … 8. Oktober 2011 … Heimspiel gegen Jena, die genauso im Abstiegsstrudel hingen wie die Rothosen.
Das sollte und musste man gewinnen. Wen denn sonst sollte man schlagen als andere Abstiegskandidaten? Und eben zu Hause!
Erwin hatte sich am Freitag noch den Schluss der Vorbereitung auf das Spiel angesehen, die in die Verantwortung von Weinzierl fiel, weil Schiebulski noch keine Zeit hatte und mit Verwaltungssch … -kram beschäftigt war. Auch Juppi war als Zeugwart dabei und konnte sich das teilweise ansehen.
Juppi und Erwin waren der Auffassung, dass ihre Jungs eigentlich gar nicht schlecht waren du eigentlich da unten in der Tabelle gar nix zu suchen hatten. So war auch das Ziel zu Beginn der Saison auch ein Platz im sicheren Mittelfeld gewesen. Nun ging es um das nackte Überleben.
Allerdings waren die Spieler durch die Niederlagen reichlich verunsichert und agierten zögerlich. Auch schienen sie nicht die Fittesten zu sein. Da gab es dann schon Ansatzpunkte, was man ändern könnte. Zudem musste Erwin den Kader noch etwas bereinigen, um das vorgegeben Gehaltsbudget nicht zu überschreiten. In der jetzigen Verfassung der Mannschaft drängte sich jetzt nicht unbedingt klar auf, wen man rausschmeißen sollte.
Am Samstag, dem Spieltag, war ein gemeinsames Mittagessen zur Einstimmung angesetzt. Das schlabberte Erwin, da er als Hobby-Koch ud Gourmet so gar keinen Bock auf „Vegane Spaghetti Bolognese“ mit Tofu-Krümeln als Hackersatz hatte. Er fand sich als um 14:00 im Jahnstadion auf der Trainerbank ein.
„Na … Juppi … wie war die Bolognese?“ Erwin fragte hämisch Juppi. Der verdrehte die Augen und meinte nur: „ Das passte zum Tabellenplatz“. Wie gut, dass sich Alex die Spiele nie ansah du somit auch nicht auf der Trainerbank saß.
Dann begann auch schon das Spiel. Es hielt Erwin kaum auf der Bank. Die Rothosen kombinierten gar nicht schlecht, jedenfalls nicht auffällig schlechter als der Gegner. Sie hatten auch deutlich mehr Ballbesitz als Jena, Folge, des von Weinzierl verordneten Sicherheitsfußballs. Nur mangelte es erheblich an der Durchschlagskraft und an der Genauigkeit im Abschluss. S o kam es dann, wie es wohl kommen musste … in der 56. Minute verhedderte sich ein sächsischer Angreifer im 16ener der Rothosen und der Schiri erkannte auf Elfer … 0:1. Dann brach die Mannschaft zusammen, nach vorne lief nichts mehr zusammen und fast folgerichtig konnte Jena noch auf 2:0 erhöhen.
Damit wurde dieses 6-Punkte-Spiel sang- und klanglos verloren!
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Vor Erwin lag eine Menge Arbeit und vor allem musste das Team jetzt erstmal moralisch aufgerichtet werden. Erwin hatte da ein paar Ideen und ließ sein Handy glühen.