Für mich sind alle diese Vereine wirtschaftlich geführte Unternehmen. Das hat sich über die Jahre entwickelt und wird auch nicht mehr weggehen. Dafür steckt zu viel Geld drin und das Produkt Fußball ist so beliebt wie nie und die Umsätze steigen und steigen. Damit beobachtet man alles was man auch in anderen Märkten beobachten kann und mich überrascht in die Richtung nichts mehr: Übernahmen der Konkurenz (im kleineren Sinne von Spielern und Mitarbeitern), Ausreizung aller Regeln die das System zulässt und ganz normale kapitalistisch systematische Prozesse (Börsengänge, Werbeverträge, Investorenkapital).
Das wirklich Besondere im Sport ist dieses Fantum und die damit einhergehenden Emotionen und der Wunsch, dass der Sport irgendwie besser sein muss als andere kapitalistische Systeme. Fantum gibt es zwar auch bei Marken wie Tesla oder Apple aber auf einem ganz anderen Niveau. Wissenschaftlich betrachtet kann man einen Fan wirklich als Kunde mit ein paar besonderen Eigenschaften betrachten.
Wenn in einer beliebigen Branche ein junges Unternehmen x/y eine Finanzierungsrunde macht und ein paar Milliarden von Investoren einsammelt, um in den nächsten Jahren enorm zu wachsen und mit der Konkurenz den Boden aufzuwischen juckt es in den wenigsten Fällen irgendwen außer Unternehmen x/y, die Stakeholder und die Konkurenz. Es wird aber ziemlich sicher nicht als niederträchtig bezeichnet. Die Konkurenz muss damit umgehen und sich anpassen können. Wenn das nicht klappt, dann kräht nach dem Unternehmen kein Hahn mehr. Oder hat in den letzten Jahren mal jemand Nokia vermisst? Würde jemand sagen, dass Nokia in Sachen Innovationen, ihren eigenen Markt verstehen, Kundenwünsche verstehen und Produktentwicklung nicht "schlecht gearbeitet" hat? Ähnliche Beobachtungen kann man auch sicher zu Fußballvereinen machen. Es geht dabei nicht um Fairness.
Im Sport wird beim gleichen Prozess der sportliche Geist gestört und das oben angesprochene einzigartige Fantum und die ganzen Emotionen schlagen zu. Klar kann man sich jetzt darüber streiten, welcher Verein die Entwicklung wie stark vorrantreibt und das alles aufarbeiten. Das ist auch gut so. Immerhin steckt in der Sache noch Energie, die sich versucht gegen die Entwicklung zu stemmen. Wenn man allerdings mit der Entwicklung abgefunden hat bekommt man eine Diskussion über die Perspektive. Und die ist anstrengend.
Ich stimme den meisten hier zu, dass die Entwicklung bedauernswert ist. Es wäre toll, wenn es im Sport einfach nur um fairen Sport ginge. Das ist aber kein realistischer Wunsch mehr und ich gehe davon aus, dass der Fußball über die Jahre sich noch wesentlich weiter Richtung "Geschäft" entwickelt als er heute schon steht. Ich hab mich damit abgefunden - war aber auch nie wirklicher Fan von irgendwas.
Das System könnte reguliert werden um den Werten des sportlichen Wettstreits Rechnung zu zollen. Aber die möglichen Stellen die das machen könnten wären Verbände wie der DFB, die UEFA und die FIFA. Also die, die im aktuellen System ordentlich mit profitieren, in den letzten Jahren nicht unbedingt durch Sportlichkeit auffiehlen und alles andere als unbefangen sind. Nene. Das ist durch.
Noch zu dem Beispiel mit der Abwerbung gegenüber dem VFB:
Was mich an der vermeintlichen Niedertracht einer Abwerbung stört, ist, dass die Aussage beide Seiten mit diesem Makel belegt. Dem kalten, grauen und bösen Unternehmen das nur nach Profit giert kann man das leicht unterstellen. Aber letztendlich stecken Menschen dahinter. Wenn jemand Geld anbietet muss es auch jemanden geben der die Hand aufhält. Entweder man geht bei der Aussage davon aus, das die, die das Geld nehmen auch niederträchtig sind, oder man geht davon aus, dass den Mitarbeitern Geld das wichtigste sei. So wichtig vielleicht, dass man sogar dafür die Werte verkauft, die der Mensch eigentlich haben sollte wenn er so denken würde wie ich - und ich denke ja richtig: Es ist ein Verrat am Sport.
Aber für einen Wechsel fallen mir noch so viel mehr Beispiele ein als nur Geld: Neues Umfeld, größere Herausforderungen, Leipzig ist die schönere Stadt (subjektiv), mehr Verantwortung und größerer Spielraum, Perspektive auf größeren beruflichen Erfolg und Weiterentwicklung, Aussicht auf ein besseres Arbeitsumfeld/Klima und so weiter.