Es ist aber nicht ganz einseitig:
Allerdings zeigen die Analysen auch, dass bei der Verwendung geschlechtergerechter Sprache die Berufe als weniger wichtig angesehen wurden und dass die Bezahlung in „typisch männlichen“ Berufen niedriger eingeschätzt wurde als nach Nennung der rein männlichen Berufsbezeichnung. „Die Studie vermittelt also eine ermutigende und eine weniger ermutigende Botschaft“, ergänzt die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Andrea Abele-Brehm. „Ermutigend ist, dass geschlechtergerechte Berufsbezeichnungen das Selbstvertrauen, entsprechende Berufe zu ergreifen, steigern können. Weniger schön ist, dass geschlechtergerechte Berufsbezeichnungen die Bewertung des Berufs, also dessen Wichtigkeit oder die Höhe des Gehalts, negativ beeinflussen.“
Dieser Text von der IDW wirkt schräg übersetzt, weil im Paper das Ergebnis nicht als negativ beschrieben wird. Ich habe nicht herauslesen können was Dr. Anne Klostermann da herausgelesen hat. Was natürlich nichts heißt...
Aber das Ergebnis in der Studie, von Experiment 1, war, dass typisch männlichen Berufen bei der männlichen Bezeichnung mehr Wichtigkeit und Höhe des Gehaltes zugemessen wurde. Und zwar im Zusammenhang, je älter die Kinder waren.
Das heißt man kann den letzten Satz von Dr. Anne Klostermann auch umdrehen. Es ist nicht negativ, dass durch die gendergerechte Sprache die Bewertung der Wichtigkeit und die Höhe des Gehaltes negativ beeinflusst wurde. Es ist negativ, dass vor der gendergerechten Sprache die Bewertung der typisch männlichen Berufe zu hoch eingeschätzt wurde.
Das Ergebnis von Experiment 2 ist, dass die Kinder die den generischen Maskulin eines Berufs hörten, ihn statistisch signifikant als schwerer einschätzten. Am wahrgenommenen Status hat sich allerdings nichts verändert:
"In summary, results indicate that it was perceptions ofjob difficulty but not perceptions of job status that mediatedthe relationship between the linguistic intervention andvocational self-efficacy beliefs: Compared to children towhom the jobs had been described in the generic masculine,children in the linguistic pair form condition perceived ste-reotypically male occupations as more accessible in termsof lower difficulty to learn and to do the job, with thestrengthened subjective accessibility in turn reinforcingchildren’s self-efficacy beliefs in their ability to meet therequirements of these jobs."Und dann geht es weiter:
When importance was introduced as anadditional indicator in our second study, an impact of thelinguistic intervention on both boys’ and girls’ job statusperceptions could be substantiated. Also, it could be shownthat the use of pair forms significantly attenuated girls’ andboys’ perceptions of difficulty to do and to learn a tradition-ally male occupation.Boys andgirls at that age have already acquired gender stereotypesaccording to which tasks with a male connotation are ‘‘dif-ficult ones’’ while tasks with a female connotation are‘‘easy ones’’ (e.g., Alksnis et al., 2008; West et al., 2012;Williams et al., 2010). As a result, they ascribe lower diffi-culty to male occupations presented with an explicit refer-ence to female jobholders and, as a result, experience astronger sense of self-efficacy toward these jobs. Withexpectations of success (being inversely related to difficultyperceptions) and self-efficacy being important predictors ofoccupational preferences (e.g., Bandura et al., 2001; Eccles,2011; Gottfredson, 1981, 2005), our findings thus also con-tribute to an explanation for why young people are typicallynot interested in advancing into domains that have astrong male, high difficulty connotation, such as the86D. Vervecken & B. Hannover: Effects of Gender Fair Job Descriptions on ChildrenAuthor’s personal copy (e-offprint)Social Psychology2015; Vol. 46(2):76–92Ó2015 Hogrefe Publishing
STEM-professions (Eccles, 2011; Eccles et al., 1983;Hannover & Kessels, 2004; Kessels et al., 2006).Wenn man die Schwierigkeit des Berufs als Bewertungsfaktor betrachtet, dann bewerten Jungs und Mädchen den Männerberuf automatisch als schwerer. Allerdings verzieht sich dieser Effekt, wenn sie von weiblichen Arbeitenden in diesen Männerberufen hören, denn die angenommene Schwierigkeit des Berufs sinkt dann. Stereotypisches Denken bei 10-12 Jährigen. Yay.
Auch im Fazit wird nochmal unterstrichen, dass die Studie zeigt, dass durch gendergerechte Bennenung der Berufe die Mädchen stärker inkludiert werden, der Zugang zu den Berufen niederiger erscheint und fördert, dass die Kinder glauben diesen Beruf eher ausführen zu können.
"The results from our two experiments support the generalnotion that gender in language influences people’s genderedperceptions (e.g., Boroditsky, 2009; Deutscher, 2010).Our results complement previous findings according towhich the use of pair forms (compared to generic mascu-lines) strengthens the mental inclusion of women. Our stud-ies add to this line of research by showing that the‘‘feminization’’ of stereotypically male occupations coin-cides with perceptions of higher accessibility of these jobs,while at the same time promoting children’s vocationalself-efficacy beliefs toward them."Und mit Kindern meine ich vor allem Mädchen, weil sie heranwachsende Jungs ja nicht vor dem ach so schwierigen Männerberuf verstecken brauchen...
Alles in allem halte ich die Studie für ziemlich eindeutig.
Interessanterweise ist ein Effekt (also überhaupt ein statistisch messbarer Unterschied in irgendeiner Form) wenn ich die Originalstudie richtig gelesen hab nur bei typischen Männerberufen eingetreten. Bei neutralen oder typischen Frauenberufen nehmen die Kinder die Berufe unabhängig von Genderbezeichnung oder nicht gleich auf.
Das findest du interessant? Genau das ist doch das Problem, das Leute die Gendern beführworten auf der Agenda haben. Typische Männerberufe: Mädchen fühlen sich abgeschreckt, weil sie den Berufen automatisch und ziemlich grundlose einen höheren Status, schwierigeren Zugang und eine höhere Schwierigkeit zurechnen und diese Gedanken statistisch signifikant Platz in ihrer Karriereplanung einnehmen. Bei einem Beruf, der schon als "Frauenberuf" gilt ist der Effekt im Kopf schon einen Schritt weiter. Es ist ja nicht wirklich schön zu lesen, dass in den Köpfen der Kinder steckt, dass Männer grundsätlich die schweren Aufgaben lösen und Frauen die leichten.