Das Rad der Zeit - Das Original: Band 1 bis 14 (im Schnitt ca. 950 Seiten je Band) von Robert Jordan und Brandon SandersonViele Jahre habe ich diese Geschichte gelesen. Vor zwei Tagen bin ich damit durch. Eine wahnsinnig gute Story. Das Finale war grandios. Dazu aber später mehr. Ich werde mich jetzt eine Weile in Lobpreisungen ergehen, abschließend aber auch ein wenig Kritik (teilweise in Spoilern - nur öffnen wenn schon gelesen oder wenn definitiv nicht vor) anbringen.
Charaktere: Unglaublich gut ausgearbeitet. Für mich eine der großen Stärken. Sogar Nebencharaktere haben ihre Eigenheiten und sind anhand von diesen sofort zu erkennen. Die Hauptcharaktere sind vielschichtig, unterhaltsam und sehr individuell. Storyelemente mit Rand, Perrin oder Mat lesen zum Beispiel immer auf ihre eigene Art. Für mich einer der Gründe, warum die Story so gut wie nie langweilig geworden ist. Auch die Vielfalt der Charaktere ist beeindruckend. Das Rad der Zeit steckt Das Lied von Eis und Feuer diesbezüglich sicherlich um das Doppelte in die Tasche. Dabei ist die Anzahl der Charaktere, aus deren Perspektive hauptsächlich erzählt wird, jedoch geringer (würde ich sagen). Insbesondere wenn wir die Intros der Bücher nicht mitzählen, welche ja meist einleitend aus einer völlig anderen Sicht geschrieben waren. Abschließend noch ein paar Worte zur Namensgebung: kreativ, eingängig und überaus stimmig. Das Buch arbeitet mit Vor- und Nachnamen die so klangvoll sind. In dieser Beziehung glaube ich kaum ein besseres Buch gelesen zu haben. Etwas erstaunt war ich jedoch immer, dass praktisch alle Frauen im Buch überaus zickig waren (ich höre euch förmlich denken: "Wie im wahren Leben")
Geschichte: In irgendeiner Amazon Rezension habe ich von einer Eröffnungsparallele zwischen dem Herrn der Ringe und dem Rad der Zeit gelesen. Das hielt ich für weit hergeholt. Tatsächlich finde ich den Aufbau sehr stimmig. Die Erzählstränge teilen sich immer weiter auf, nur um hin und wieder zusammenzufließen. Abschließend steuert alles auf ein großes Finale zu. Dabei werden sämtliche Fäden verwoben. Während ich auch von den meisten Antagonisten überzeugt war, hat mich der "Endgegner" in gewisser Weise enttäuscht. Dazu später mehr in den Spoilern. Dennoch war die Geschichte auf diese Art und Weise sehr rund. Mittendrin gab es mal einen kurzen Durchhänger - muss ungefähr der Storypart mit der Schale der Winde gewesen sein. Das mag aber auch Geschmackssache sein. Dennoch gehört die Geschichte, auch wegen der vielen immer wieder neuen Nebengeschichten, zu der Art Story, die man nicht aus der Hand legen kann und plötzlich ist es 3 Uhr morgens.
Schreibstil: Ich möchte das Werk als ganzes bewerten und nicht zwischen Jordan und Sanderson einen Break machen. Daher sage ich nur, dass ich den Schreibstil von beiden sehr mag. Es ist wahrlich kein Grund nicht mit der Story zu beginnen, weil sie ein anderer Autor - nach "Regieanweisung" von Jordan - beendet hat. Sanderson schreibt vielleicht noch mehr auf den Punkt. Aber Jordan hat von Beginn an jeden Charakter vielschichtig und überaus detailverliebt zum Leben erweckt.
Neutrale Kritik: Also ohne Spoiler. Ich persönlich finde es schade, dass am Ende immer so wenig Zeit für die "Nachgeschichte" ist. Was ist aus den Charakteren geworden. Das wird hier leider nur angerissen. Sicher, die Autoren möchten es der Fantasie überlassen. Aber einige Charaktere sind nicht mal in den Grundzügen angeklungen. 20 Seiten mehr hätten mir noch gefallen. Außerdem und das habe ich erst weit am Ende gemerkt, sind wohl nur gut 2 Jahre vom Start bis zum Ende der Geschichte vergangen. Von der weitschweifigkeit, den vielen Reisen und dem was die Persoenn gelernt haben, hätte ich einen größeren Zeitraum angesetzt. Im Rückblick scheint es mir so etwas unrealistisch.
Fazit: Ich bin immer noch begeistert über die Geschichte und enttäuscht, dass ich sie jetzt vollständig kenne. Zumindest fast, denn die Vorgeschichte habe ich noch nicht gelesen. Ich werde auch noch etwas damit warten. Käme mir komisch vor, wo ich gerade am Ende angekommen bin, mit der Vorgeschichte zu starten. Leider vermute ich zu wissen, was in der Vorgeschichte passiert.
Zwei Punkte meiner Kritik lassen sich nur in Spoilern verpacken - nicht öffnen wenn es noch gelesen werden soll.
Endgegner: Shaitan war formlos/gestaltlos. Der Endkampf war gut geschildert. Angeblich war diese Leere jedoch nur auf Vernichtung aus. Da stellt sich schon irgendwo die Frage, wie dann so viele Personen zur "dunklen Seite" bekehrt werden konnten. Das es hier ein klares Konzept Gut vs. Böse gab gehört übrigens zu dieser Story und wird ihr von meiner Seite nicht negativ ausgelegt. Auch mit dem Ende war ich sehr zufrieden. Allerdings waren die Kämpfe außerhalb des Hauptplots zum Schluss doch interessanter. Ging mir beim Herrn der Ringe aber auch so (der Film, die Bücher habe ich nicht gelesen).
Tot von Hauptcharakteren: Ich höre mich wahrscheinlich immer blutrünstig an wenn ich das verlange. Aber wenn ich zumindest den Verdacht habe, dass eine Hauptfigur den Löffel abgeben könnte, steigt beim Lesen einfach die Spannung. Hier ist doch aber über 13 Bände in Folge eigentlich keine Hauptperson umgekommen, oder? Der Endkampf war diesbezüglich sehr spannend und brilliant inszeniert, dass man praktisch dachte, dass viele Haupt- und erweiterte Nebencharaktere sterben. Tatsächlich war es dann leider aber nur einer. Denn die Hauptpersonen waren Mat, Perrin und Rand. In den erweiterten Rollen habe ich hier Lan, Nyenave, Egwene, Min, Eleyne und Aviendha gesehen. Alles andere, selbst wenn bisweilen aus deren Sicht erzählt wurde, waren doch vergleichsweise kleine Fische. Darunter gab es mehrere "Bauernopfer". Auch wenn ich mit dem Ende zufrieden bin, wären mir mehr Opfer lieber gewesen. Es war der größte Kampf des Zeitalters. Von der Armee waren weit über 2/3 dahingerafft. Aber die ständig gefährdeten Hauptfiguren wandelten im Licht. Übrigens sind immer nur Paare gestorben oder haben überlebt. Für Trauer war am Ende kaum Platz.
Dennoch bleiben fast nur positive Erinnerungen zurück. Die angebrachte Kritik ist marginal im Vergleich zu den vielen Stunden, die ich mit dem Rad der Zeit zugebracht habe. Vielen Dank Herr Jorden und Sanderson. Bislang habe ich noch kein Buch/keine Buchreine nochmals gelesen. Aber diese hier und das habe ich mir fest vorgenommen, will ich nochmal durchsuchten. Mit einigen Jahren Abstand natürlich. Ich vergesse Details sehr selten. Aber diese Geschichte ist so groß, so detailverliebt und trotzdem herrlich, dass ich sich auch beim zweiten mal genießen kann - auch wenn ich die Highlights sicherlich nicht vergessen werden. Irgendwie freue ich mich schon jetzt auf meinen zweiten Durchlauf. Auch weil ich für das erste mal bestimmt 8 Jahre gebraucht habe - habe hier immer auf die neuen Originalbände gewartet und hatte teilweise mehrere Jahre Pause dazwischen. Jetzt bleibt mir "nur" noch die Vorgeschichte. Aber vorerst widme ich mich einem anderen Projekt.
LG Veni_vidi_vici