Wie wir sehen, bewegt Mass Effect die Gemüter.
Für mich persönlich ist es eine der prägendsten Spieleerfahrungen überhaupt. Als das erste Mass Effect 2007 rauskam war ich 16 Jahre alt, vermutlich in meiner intensivsten Zockerphase. Und meine Fresse, hat mich das damals umgehauen! Es ist auch meine liebste Spieleserie und ich finde alle Teile der Trilogie herausragend. Jedes Spiel ist aus seine Weise besonders. Dennoch gibt es eine Sache, die ich den Entwicklern, aber insbesondere EA, das diese Sache wohl zu verantworten hat, vorwerfe: Mass Effect (Teil 1) wurde nie wirklich fortgesetzt. Das, was einem am Ende des ersten Teil quasi als Ausblick gegeben wird, tritt nie ein. Stattdessen gibt es einen erzählerisch harten Schnitt (auch personell: das Writer-Team wurde komplett ausgetauscht) und man macht im Grunde etwas völlig Anderes, indem man den Kollektoren hinterherjagt. Ja, Teil 2 und 3 waren die runderen Spiele und wirklich großartig und viele sehen das mit guten Gründen auch anders, aber wenn ich mir eine Sache im Spieleuniversum wünschen dürfte, dann wäre es eine echte Fortsetzung von Mass Effect 1.
Auf Andromeda habe ich mich riesig gefreut. Das Setting für ein tolles Spiel war bereitet: weg von der abgeschlossenen alten Trilogie, auf in eine neue Galaxie. Ich habe dem Spiel lange eine Chance gegeben, war am Anfang sogar noch ziemlich begeistert. Ich erinnere mich, wie ich auch hier ME:A gegen harte Kritik verteidigt habe. Nur irgendwann kam auch bei mir die Ernüchterung. Dieses "Mehr", auf das ich die ganze Zeit gewartet hatte, worauf ich hingearbeitet hatte, kam nicht. Das Spiel wurde monoton, repetitiv und irgendwann eben langweilig. Und irgendwann wurde es mir egal. Die Story war mir egal, weil mir die Charaktere egal waren. Sie waren für mich uninteressant, konnten mich nicht begeistern oder mich für sie erwärmen - und doch, das war in ME1 trotz ebenfalls nicht sehr viel Tiefgang deutlich besser gelöst. Ich fand sogar, dass die Charaktere teilweise wie aus einer Teenie-Serie geschrieben wirkten. Über all das und weitere unbestreitbare Schwächen habe ich viele, viele Stunden hinweggesehen. Weil es Mass Effect war. Weil ich
wollte, dass dieses Spiel gut ist. Irgendwann habe ich den Controller weggelegt und eine Weile getrauert, mich geärgert und mich schließlich damit abgefunden, dass von BioWare nichts mehr zu erwarten ist.
Und trotz allem kann ich natürlich auch verstehen, wenn Leute sagen, sie würden gerne wissen, wie es in Andromeda weitergeht. Die Voraussetzungen für tolle Geschichten sind da. Das stimmt. Nur muss man halt auch sehen, dass Andromeda bei Weitem nicht die Strahlkraft hat, wie die Marke Mass Effect, wie die Trilogie - und das, obwohl selbige schon viel länger zurückliegt. Die Entscheidung also, zumindest emotional an die Trilogie anzukoppeln, ist rein aus Marketinggründen verständlich. Es gibt keine Marke Andromeda, die in irgendeiner Form ausreichen Zugkraft entwickeln könnte. Die Kernmarke Mass Effect kann das. Übrigens bin ich der Überzeugung, dass das neue Dragon Age ziemlich egal ist. Das nächste Mass Effect wird über das Schicksal von BioWare entscheiden. Kriegen sie das gut hin - und das heißt bei Mass Effect: Geschichte, Atmosphäre, Charaktere - dann könnte das Studio einen zweiten Frühling erleben. Ansonsten ist irgendwann sicher Schicht im Schacht.
Ich fände es übrigens gar nicht schlimm, wenn sie wirklich, wie es die plausibelsten Theorien ja nahelegen, an die Trilogie andocken und es (gezwungenermaßen) einen erzählerischen Schnitt gibt, wie auch immer der aussehen mag. Mich persönlich würde das emotional stärker packen und das erzählerische Umbrüche der Serie nicht schaden müssen, hat der Cut nach ME1 ja gezeigt. Womit wir wieder beim Anfang wären.
Warten wir's einfach ab. Ich hoffe, sie lassen sich ausreichend Zeit für die Entwicklung.