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Autor Thema: Zwei Fäuste gegen Remscheid  (Gelesen 156083 mal)

LucaBall

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #380 am: 16.April 2016, 14:36:03 »

Es geht weiter, Yeah! O0
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Vestrivan

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #381 am: 16.April 2016, 21:13:03 »

JUHUUUUU, endlich, ein Wunder!! :D
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #382 am: 17.Juli 2016, 10:34:07 »

26. Spieltag
Dynamo Dresden (13.) - FC Remscheid (1.) 1:2

Weidenfeller – Zimmermann, Corstjens, Bosnjak, Contento – Lamertz – Wagner, Anderson – Markovic, Schuster - Rausch

„Jungens, hört mich an!“
Imperatorgleich stehe ich in der Tür der Gästekabine. Die Stimmen verebben und ich habe die volle Aufmerksamkeit.
„Also, n’paar von Euch ham ja vielleicht schomma hier gespielt oder sind sonstwie, durch irgendswelöche komisch Umstände, in die Stadt hier reingelangt. Jedenfalls, wat ich eigntlich sagn will is, dat mir hier immer so die Ohrn weh tun. Dat liecht getz aba nich am Wind oder sowat, sondern an wat anderm.“
Ich mache eine kurze, andächtige Pause.
Alle hören zu.
„Stellt Euch mal folgendet vor“, beginne ich dann wieder langsam.
„Ihr habt ne schöne Frau bei Euch un die is trefflicherweise auch noch vollständich entkleidet. Na, gut, Roman“, werfe ich mit einem Blick auf Weidenfeller ein. „Et kann auch n’tofte Kerl sein, wa sind ja aufgeklärt.“
Weidenfeller macht ein entsetztes Gesicht und will protestieren, aber ich rede bereits weiter.
„Also, Ihr habt also nen knackige Sexualpartner am Start und kommt grad so richtich schön in Wallung. Dann gehtet irgendwann auch los mit die wilde Fahrt, und während Ihr so schön dabei seid, da passiert Euch folgendet: Ihr denkt so ganz plötzlich an sowat, wat ich hier getz mal als Beispiel auf Jutjuub gefunden hab: https://www.youtube.com/watch?v=gVJtNPYgQMo
Eine Welle des Schreckens breitet sich durch die Kabine aus. Ganz besonders die fremdsprachigen Mitspieler, die überhaupt kein Deutsch verstehen, machen ein Gesicht, als wenn nebenan eine Bombe explodiert wäre.
„Ich seh, Ihr versteht, wat ich sagn will. Na, dat können wa jedenfalls gleich regeln. Macht schoma die ersten elf Mann von die Stadt hier fettich, damit wa sicher gehen, dat wa sowat nie wieder hörn müssen im Fußball!“

Meine Ansprache hat diese durchrotierte Elf scheinbar mehr geschockt als motiviert.
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #383 am: 17.Juli 2016, 10:36:46 »

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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #384 am: 17.Juli 2016, 11:08:11 »

„Nein, Herr Herzog. Tut mir leid.“
Die Stimme am anderen Ende des Telefons ist fest und unnachgiebig. Der westfälische Akzent und das leichte Lispeln verrät: Michael Zorc.
Herzogs Hand verkrampft sich um den Hörer. Die weißen Knöchel, die sonst in Romanen und Erzählungen hervortreten bei Handverkrampfungen dieser Art, sind hier nicht zu sehen. Dafür ist die präsidiale Hand zu speckig. Als Gegenleistung pumpt Herzogs Herz einen Großteil des Blutes in den Kopf. Hätte ein Spiegel dort gehangen, wäre Herzog stolz gewesen, denn die Ähnlichkeit mit Uli Hoeness ist in diesem Moment frappierend.
„Herr Zorc“, schnauft Herzog gedehnt, „ich verstehe ja, aber möchten sie sich nicht wenigstens das Angebot anhören?“
„Herr Herzog, ich wiederhole mich nicht gerne und das Gespräch dauert auch jetzt schon zu lange. Meine Antwort ist klar: wir werden mit Ihrem Club verhandeln, aber schicken sie uns dafür Herrn Way. Unsere Zeit ist kostbar und wir können sie nicht damit verschwenden, Ihnen oder Herrn Paul Nachhilfestunden in Transferverhandlungen zu erteilen.“
„Verstehe“, brummelt Herzog.
„Gut. Ich danke für ihr Verständnis.“ Und damit legt Zorc auf.
Wie schon fünf andere Manager vor ihm.
Die Lage ist viel schlimmer als gedacht. Was auch immer Paul veranstaltet hat, für die Außenwirkung des Vereins war es ein Desaster. Andererseits scheitert auch Herzog, und er ist immerhin ein Profi im Umgang mit Menschen und ein Meister des Honig-ums-Maul-streichens.
Aber selbst ihm wollen sie nicht zuhören.
Was für eine Katastrophe!
Herzog spielt geistesabwesend mit einem Kugelschreiber. Seine Gedanken laufen geradlinig, aber zäh. Und was an ihrem Ende steht, gefällt dem Präsidenten nicht.
Ohne Way scheint es keine Transfers zu geben.
Zumindest nicht in diesem Jahr, denn über kurz oder lang wird sich ein geeigneter Mann dafür auftreiben lassen.
Herzog schaut noch einige Augenblicke auf den Kugelschreiber in seiner Hand. Dann schließt er seine Pranke darum und zerdrückt das Metallgestell wie einen Kaffeebecher, die blaue Tinte auf der Haut ignorierend.
Der Griff zur Gegensprechanlage verläuft zitternd, ebenso wie seine Stimme.
„Schicken Sie mir Herrn Way!“



„Herzog, Junge! Wat haste?“
Ich bin bester Laune. Natürlich weiß ich von den fehlgeschlagenen Versuchen, große Transfers zu tätigen. Aber dass es diese Ausmaße annimmt, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt.
Paul hat sich wie erwartet mehr als dämlich angestellt, als er zunächst Manuel Neuer verpflichten wollte. Dann folgten Thomas Müller und Phillip Lahm. Wie von mir empfohlen, ist er auch stets sofort an die Presse gegangen. Ich will nicht behaupten, dass er damit erfolglos war. Das Magazin 11Freunde hat ihm zuletzt sogar eine Titelstory gewidmet: „Paulchen Patzer – wie man sich möglichst dämlich anstellt in zwei einfachen Schritten“.
Hab mich köstlich amüsiert.
Alle Manager haben sich amüsiert. Und alle Spielerberater.
Tobias Paul hat es damit in kürzester Zeit auf die Schwarze Liste der Transferpartner geschafft. Und weil er nicht damit zurückgehalten hat zu erwähnen, er sei stets im Team mit dem Präsidenten des FC Remscheid, Herrn Andreas Herzog, zu sehen, steht nun auch dieser auf der Liste. Die letzte Pointe ist erst vor einigen Stunden passiert: Michael Zorc hat Herzog abgewiesen, als dieser anfragte, ob der BVB nicht eine oder zwei ihrer Reinigungskräfte nach Remscheid schicken können.
Jetzt bin ich also in Herzogs Büro und flätze mich in dessen Ledergarnitur. Herzog sitzt mit unterschlagenen Beinen und gefalteten Händen vor mir. Tobias Paul sitzt seitlich in mittlerem Speichelleckerabstand.
„Herr Way, sie und Herr Paul sind bei mir, um die nächstens Transferaktivitäten zu besprechen. Was bislang versucht wurde, ist nicht das, was sich die Herren der UdSSR und wir uns vorgestellt haben. Wenn ich dieser Liste hier Glauben schenken darf, haben wir nur ein paar Jugendspieler verpflichtet.“
Ich mache ein abfälliges Geräusch.
„Siehse, Herzog, dat is nur wieder typisch für Dein mangelhaften Sachverstand. ‚n’paar Jugendspieler‘… da kriechse die Pimpanelln! Dat sind teilweise führende Talente ihret Jahrgangs, dat sin Jungens, nach den sich ganze Ligen die Finger wundlecken! Aber nee, nur ‚n’paar Jugendspieler‘. Echt ey!“
„Herr Way, ist in Ordnung!“ fährt Herzog genervt dazwischen.
Ich blicke aufmerksam auf. Gerade erschien es mir so, als wollte der Mann ein ‚davon verstehen sie mehr‘ hinterher schieben.
Kam dann aber doch nicht.
„Davon abgesehen“, fährt er stattdessen ungerührt fort, „liegen uns keine Zusagen namhafter Spieler vor. Und das ist so nicht haltbar. Leider gab es zuletzt mit den Vertretern der anderen Vereine einige Probleme und – Way, hören sie auf zu kichern!! – und… ja, wir müssen uns eine alternative Vorgehensweise ausdenken. Herr Paul hat leider wenig Erfolg gehabt und auch meine Person wurde nicht angehört. Damit kommen wir wieder auf sie zurück, Herr Way.“
Ich zucke mit dem Kopf hoch. Meine Lippen umspielt ein Lächeln. Ein Lächeln, das wenn es eine Hand wäre, es einen Mittelfinger zeigen würde.
„So?“ frage ich in entsprechendem Ton.
„Ja. Ja, Way… hören sie zu.“ Herzog windet sich. Das hier kostet ihn größte Mühe. „Way, unser Projekt braucht Reputation und ich meine nicht die Reputation durch sicherlich hervorragend veranlagte Jugendspieler. Wir brauchen gestandene Spieler, Nationalspieler und Leistungsträger ihrer aktuellen Ligen.“
Den letzten Satz begleitet Herzog mit der Faust, die auf dem Tisch aufschlägt.
Paul zuckt zusammen.
„Dat sachtese schon.“
„Ja, Herr Way, das ist keine neue Forderung. Neu ist nur die Umgestaltung der Transferdelegation, denn ich übertrage Ihnen die Aufgabe des Herrn Paul und umgekehrt. Ich hoffe, damit zum Erfolg zu kommen.“
Während Pauls Kopf gen Boden sackt, blicke ich Herzog an. Dann lache ich auf.
„Wat denn? Ich soll getz hier wieder die Verhandlungn führn?“
„Richtig.“
„Und der Paul, wat macht der?“
„Herr Paul wird ihnen assistieren.“
„Also Kaffee machen.“
„Nein, Herr Way. Herr Paul soll lernen und Kontakte knüpfen.“
„Warum denn dat?“ Ich beuge mich ruckartig vor und zeige mit dem Finger seitlich auf den Sportdirektor. „Sie wolln den doch wohl nich nochma auffe Manager loslassen?“
„Herr Way!“ Pauls Stimme ist irgendwie fiepsig. Herzog weist ihn strikt mit einer Handbewegung zurecht.
„Herr Way, ich bitte sie! Es muss doch auch in ihrem Sinne sein, wenn der Verein weiter nach vorne kommt.“
„Un genau dat isset auch. Deshalb ja dat ganze Theater hier. Ich soll doch nur aufkehrn, wat ihr da mitm Arsch umgestoßn habt!“
„Herr Way, ich biete ihnen hier die Chance, den Verein in der Ersten Liga nach Ihren Wünschen zu gestalten. Den Verein und das Team. Danken sie darüber nach.“
Ich blicke kurz zur Decke. Dann nicke ich knapp, stemme meine Hände auf die Sitzfläche und stehe auf. Mit kräftigem Schritt bewege ich mich Richtung Tür.
„Herr Way!“ Herzog dreht sich erst nach links, dann nach rechts. Sein Drehmoment kann mit meinem Schritttempo nicht mithalten.
„Herr Way, wann bekomme ich eine Antwort?“
Ich gehe schwungvoll durch die Tür, die ich natürlich offenstehen lasse, und flöte zurück:
„Gerade per WhatsApp geschickt!“

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #385 am: 17.Juli 2016, 11:21:49 »

28. Spieltag
FC Remscheid (1.) – Karlsruher SC (12.) 2:2

Vor dem Spiel palavere ich irgendwas mit DFB-Pokal-Aus und Rache und solche Sachen, aber wirklich ernst meine ich es nicht. Lässt sich auch aus der Aufstellung ersehen, in der ich Jungspund Werner Schilk den Vorzug vor allen anderen gestanden Stürmern gebe.

Weidenfeller - Zimmermann, Bosnjak, Mexilhao, Contento - Lamertz - Rubén Pérez, Felipe Anderson - Rausch, Schuster - Schilk

Der KSC tritt ebenfalls im 4-3-3 an und macht uns schon das Leben schwer. Wir erspielen uns dennoch vier CCCs, der KSC gar keine. Rubén Pérez verschießt flockig einen Elfmeter und Linksverteidiger Stefan Müller vom KSC schnürt in der 89. Minute den Doppelpack. Werner Schilk bringt 12 von 14 Pässen an den Mann, generiert dadurch zwei Torchancen und schießt außerdem vier von vier Malen auf das Tor. Das ist immerhin eine 6.6 wert. Derart befremdlich fühle ich mich ebenfalls und beschließe daher auch, dem Spiel keine weitere Beachtung zu schenken.
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #386 am: 17.Juli 2016, 11:37:27 »

„Way! Verdammt, das ist eine Unverschämtheit!“
Die Tür, die krachend gegen das dahinterstehende Regal geflogen ist, wackelt noch.
Herzog steht schnaubend im Rahmen und hält mir sein Handy entgegen. Gelangweilt blicke ich auf, aber sogleich überkommt ein erfreuter Gesichtsausdruck mein Gesicht.
Die WhatsApp-Nachricht! Der Finger!
Jetzt fällt es mir wieder ein.
„Richtich, ja! Hätt ich ja fast vergessn!!“ bemerke ich kichernd und wende mich wieder dem Monitor zu.
Herzog ist aber scheinbar noch nicht fertig. Er macht stampfende Schritte auf mich zu und bleibt erst vor meinem Schreibtisch stehen.
„Wollen Sie das alles gefährden?“ brüllt er. „Wollen Sie ihre Sturheit und verletzte Eitelkeit über den Club stellen?“ Er stampft beide Fäuste auf den Schreibtisch und blickt mich wütend an.
Langsam lehne ich mich zurück und schiebe dabei unmerklich den Monitor zur Seite.
YouPorn. Köstlich.
„Wat is denn getz?“ frage ich ahnungslos.
„Way, sie weigern sich? Sie WEIGERN sich??“
„Weigern? Wat hasse denn? Komm doch ersma runter, Junge!“
„Way, Way, ich…“ Herzog hält inne. Er beugt sich hoch, schließt die Augen und atmet tief ein.
„Siehse!“ lache ich. „Is doch viel besser getz!!“
Der Präsident öffnet wieder die Augen.
„Herr Way“, bemüht er sich. „Herr Way. Ich habe sie gebeten, die Transfers zu führen. Gebeten! Was muss ich tun, um von ihnen eine vernünftige Antwort zu erhalten? Was muss ich tun, damit sie mir – dem Club!! – diesen Gefallen tun?“
Die Worte verhallen. Das Schnaufen des Präsidenten übernimmt das Schallkommando.
Ich blicke zum Monitor und hebe langsam die Schultern, was Herzog als Zeichen der Ahnungslosigkeit deutet.
„Way, bitte. Wollen sie denn nicht Teil dieses Projektes sein?“
Ich reiße meinen Blick von der Webseite fort und schaue den dicklichen Mann in seiner Not an. Einige Augenblicke vergehen, dann schürze ich die Lippen.
„Och… och nööööööööööö.“
Herzog wirft den Kopf in den Nacken und hebt beschwörend die Hände.“
„Sie verdammter… Way, um Himmels Willen! Warum sträuben sie sich bloß so?“
„Herzoch, mein Junge. Dat is doch ganz einfach. Ich wollt immer, aso zumindest seit die Dritte Liga, ein Team haben mit allet Eigengewächse. Und getz sind wa schon et zweite Mal Meister vonne U19 geworden. Wa ham doch da’n richtich paar geile Kicker bei. Die kommn getz alle hoch. Da glaubse doch nicht, dat ich denen getz’n Kiste voller Superspieler auffe Nase setz. Nää, Herzoch, dat mach ich nich. Ich spiel die Erste Liga mit meine Jungs vonne Jugend. Dat war ja auch, wat der Gonzo gesacht hat!“
„Wer?“
„Unwichtich.“
„Aber…“
„Ich glaub nich.“
„Nur…“
„Unwahrscheinlich.“
„Jedoch…“
„Vielleicht ein andermal.“
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #387 am: 17.Juli 2016, 12:24:37 »

29. Spieltag
VfL Osnabrück (8.) - FC Remscheid (1.)

4-2-3-1 mit zwei Sechsern:
Weidenfeller – Balitsch, Corstjens, Bosnjak, Contento – Rubén Pérez, Lamertz – Rausch, Felipe Anderson, Mrkonjic - Schilk

Shots 12:8
SoT 3:1
CCC 1:0

Was für eine komische Serie und plötzlich sind wir auch noch völlig ungefährlich.
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #388 am: 17.Juli 2016, 12:35:10 »

Präsident Alexander Herzog. So steht es auf dem Schild an der Tür, durch die die drei Vertreter der Investoren nun hindurchgehen. Im Büro steht alles für eine kleine Konferenz bereit: Kaffee in kleinen, weißen Porzellan-Kännchen, die dazu passenden Tassen mit dem Wappen des FC Remscheid. Ein Teller mit Keksgebäck sowie einige kleine Flaschen Wasser, Orangensaft und Cola in Kühlern.
Sorgsam leider schließt Herzog die Tür und deutet mit ausgestreckter Hand auf die Sitzmöbel aus dunklem Leder.
Tobias Paul erhebt sich von dem Sessel und streckt jedem der drei Männer die Hand entgegen. Der Sessel war ursprünglich Herzogs Platz, aber seit dem Einlauf, den Paul bekommen und das Leder ein zweites Mal gegerbt hat, weigert sich der Präsident, dort zu sitzen.
Die drei Männer haben lederknirschend Platz genommen und sich Kaffee eingeschenkt. Herzog streicht sich in einer schnellen, nervösen Bewegung die Falten aus der Anzughose und setzt sich dann ebenfalls.
„Meine Herren“, beginnt er. „Ich freue mich, dass sie Zeit finden konnten für dieses kleine Meeting.“
Die Investorenvertreter nicken freundlich. Es handelt sich um nicht um dieselben Herren von vor einigen Wochen, sondern um Unterhändler. Alle drei der deutschen Sprache mächtig.
„Wie sie dem Bulletin, das wir ihnen per Mail haben zukommen lassen, entnehmen können, ist der aktuelle Stand der Vereinsentwicklung zweiseitig zu betrachten. Sportlich steht der Verein sehr gut da, der Aufstieg in die Erste Bundesliga – und damit das Erreichen des Hauptziels – sollte unabwendbar sein. Selbst Unvorhergesehenes wie längere Verletztenlisten müssten durch die bereits gute Zweitligaqualität des Kaders abgefangen werden können. Die Verfolgermannschaften sind auch nicht besonders konstant. Ich darf Ihnen also diesen bald erreichten Punkt Nummer Eins bereits vorab präsentieren, klopfe aber vorsichtshalber drei Mal auf Holz.“
Herzog beugt sich lachend vor und schlägt die Handknöchel auf die Walnussholzplatte des Tisches. Paul macht schnell mit, was den ihm am nächsten sitzenden Vertreter leicht erschrocken zurückzucken lässt. Die übrigen beiden quittieren Herzogs Aberglaube mit einem Lächeln.
„Herr Herzog, Herr Paul“, antwortet einer der drei, ein junger Mann von vielleicht vierzig Jahren mit beigefarbenem Anzug und vollem, dunklem Haar. „Ich freue mich, das zu hören. Natürlich haben auch wir die Leistungen des Vereins verfolgt und konnten uns daher aus erster Hand überzeugen, dass dem Aufstieg so wohl nichts mehr im Wege stehen sollte.“
„Ich freue mich zu hören, dass wir Ihr Interesse befriedigen können“, sagt Herzog freundlich. „Und es gibt weitere gute Neuigkeiten. Wie Sie wissen, wollen wir auf allen Ebenen an die Spitze. Neben dem offensichtlichen sportlichen Erfolg steht auch der Erfolg auf infrastruktureller Ebene. So arbeiten wir nicht nur permanent an unserem Vereinszentrum und den Trainingseinrichtungen, auch sollte uns bald ein neues Stadion zur Verfügung stehen. Meine guten Kontakte zu den Vertretern der Stadt und des Landes zahlen sich hier aus.“
Herzog lässt eine Pause, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Die drei Investorengesandten nicken leicht, aber offenbar ist das nicht, weshalb sie gekommen sind.
„Herr Herzog, das sind alles gute Neuigkeiten.“ Der mittlere der drei Herren beugt sich vor und nippt an der Kaffeetasse. Der Silberlöffel klirrt, als er sie wieder auf die Untertasse setzt. Er lehnt sich zurück und schaut den Präsidenten an. Der Mann ist deutlich älter als der Vertreter im beigefarbenen Anzug, wahrscheinlich etwa Ende Fünfzig. Das graue Haar ist zurückgekämmt und liegt im Mittelscheitel an. Der Gesichtsausdruck des Mannes ist freundlich, verspricht aber auch harte Verhandlungen.
„Wir freuen uns selbstverständlich, und ich darf sicher für meine beiden Kollegen sprechen“, fügt er hinzu und schaut sich nach links und rechts um. Die beiden nicken aufmerksam, „wenn ich Ihnen hier ein deutliches Lob unserer Auftraggeber übermittle. Allerdings ist das nicht gerade das, was wir uns das Top Eins und Top Zwei vorgestellt hatten, als wir vor einigen Wochen die Zusammenarbeit beschlossen.“
„Nun, meine Herren, ich bin mir selbstverständlich bewusst, dass es nicht nur Glanz zu vermelden gibt.“ Herzog spricht mit fester Stimme. „Ich nehme an, Sie sprechen auf die Meldungen in der überregionalen Presse an.“
„Das ist der Punkt“, sagt der mittlere Vertreter und lehnt sich zurück. „Sie werden sicher verstehen, Herr Herzog, wenn unsere Auftraggeber alles andere als erfreut sind über die Außendarstellung des Vereins. Leider muss ich an dieser Stelle das Wort an Sie richten, Herr Paul, und Ihnen sagen, dass unsere Auftraggeber wünschen, dass Sie in Zukunft nicht mehr federführend Transferverhandlungen leiten sollten.“
Tobias Paul hatte wohl schon mit einer solchen Ansprache gerechnet. Er nickt knapp, verzieht weiterhin aber keine Miene.
„Was das angeht“, versucht Herzog von ihm abzulenken, „so haben wir bereits Schritte einzuleiten versucht.“
„Was meinen Sie mit ‚versucht‘?“
„Wir haben mit Herrn Way gesprochen und ihn überzeugen wollen, wieder die Transferverhandlungen zu leiten. Herr Way hat daraufhin eine interessante Option vorgestellt, von der ich Ihnen gerne an dieser Stelle berichten möchte. Wie Sie wissen, verfügt der Verein FC Remscheid über eine ausgesprochen erfolgreiche Nachwuchsabteilung, die in den letzten beiden Saisons die Meisterschaft der U19 erringen konnte. Die Schlüsselspieler dieser Jugendmannschaft sind nun in einem Alter, in der sie in den Seniorenbereich wechseln. Herr Way wünscht, mit diesen Spielern in die Erstliga-Saison zu gehen, da er der Ansicht ist, auf diese Weise dem Verein ein gutes, weil bodenständiges, volksnahes und regional verwurzeltes Image geben zu können. Ich möchte anmerken, dass die U19-Spieler tatsächlich über hohe Qualität verfügen. Wir stellen den Großteil der U19- und U21-Nationalmannschaft des DFB.“
Die drei Gesandten haben gut zugehört. Jetzt verhallen Herzogs Worte im Raum und einige Momente lang regt sich niemand der Anwesenden. Dann aber gibt es Bewegung. Kurze Schulterblicke nach links, nach rechts. Der älteste Vertreter in der Mitte des Sofas, schaut wieder Herzog an. Er sitzt sehr bequem, zurückgelehnt  und mit gefalteten Händen.
„Mein lieber Herr Herzog“, beginnt er mit ruhiger Stimme und einem Lächeln. „Ihr Vorschlag ist selbstverständlich überdenkenswert und Ihre Argumente nachvollziehbar. Jugend und Regionalität sind immer Werte, die es zu erreichen gilt – für Clubs ohne unsere Ambitionen! Wissen Sie, unsere Auftraggeber sind Global Player. Ihr Wunsch ist es, ihre Marktposition zu festigen. Diese Position liegt aber nicht in Remscheid oder Köln, sondern in Deutschland und Europa, in Asien und Amerika. Der Verein FC Remscheid soll Erfolge erzielen und zwar möglichst schnell. Dafür haben wir Ihnen Geld zur Verfügung gestellt, sehr viel Geld. Für dieses Geld sollten Sie Spieler kaufen, um die Reputation des Vereins und damit der Sponsoren zu vermehren und um für Aufmerksamkeit zu sorgen. Ihre U19 in allen Ehren, aber es dürfte in Nordamerika niemanden interessieren, dass Sie regional verwurzelt sind. Die Leute dort interessieren Helden und die sollten sie nach Möglichkeit bereits kennen. Ich darf Ihnen also mitteilen, dass wir von Ihrem Vorschlag nicht besonders begeistert sind.“
Während die beiden außen sitzenden Herren nachdrücklich nicken, blickt Herzog den mittleren fest an. Ein Blickduell, und der Präsident verliert binnen Sekunden.
Er senkt den Kopf kurz, schaut dann wieder in die Runde.
„Gut, ich habe verstanden. Wir werden unsere Transferbemühungen wieder aufnehmen.“
„Nein“, sagt jetzt der neben Paul sitzende Mann, ein Mittdreißiger mit Igelfrisur und sehr teuer aussehendem silbergrauen Anzug. „Nicht ‚wir‘, Herr Herzog. Ich muss darauf bestehen, dass Herr Paul und Sie vorerst keine Transfers mehr persönlich tätigen. Wie wir wissen, besteht seitens möglicher Verhandlungspartner im In- wie im Ausland der Wunsch, nur noch mit Herrn Way zu verhandeln. So ungewöhnlich sich das auch für uns anhört, ich muss insistieren, dass diesem Wunsch nachgegeben wird!“
„Selbstverständlich.“ Macht Herzog knapp.
„Gut. Ich persönlich habe dann nichts mehr hinzuzufügen.“
Als auch die anderen beiden Vertreter signalisieren, alles gesagt zu haben, erheben sie sich.
Herzog steht ebenfalls auf, auch Paul macht Anstalten, zögert dann aber, als ihm der entlarvende Fleck auf dem Leder einfällt.
„Eine Sache noch, meine Herren“, sagt Herzog. „Wir können nicht sicher sein, dass Herr Way Ihrem Wunsch nachkommt. Er ist von seiner Idee mehr als überzeugt.“
Die Männer gehen weiter Richtung Tür. Der älteste von ihnen sagt nur über die Schulter:
„Das ist Ihr Problem, Herr Präsident. Bedenken Sie aber, dass Herr Way in diesem Moment Ihre Versicherung für die gesamte Investition unserer Auftraggeber ist.“
Er nickt noch kurz, bevor sich die Tür hinter ihm schließt und Paul und Herzog nachdenklich im Büro zurück lässt.
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #389 am: 17.Juli 2016, 12:45:29 »

Es gibt ja so Tage. So Tage, wo man schon scheiße geträumt hat, zum Beispiel von der Azubine im Büro und die ist im Traum angezogen geblieben. Oder solche, in denen einfach mal nix funktionieren will.
Und solche wie heute – wo alles klappt, selbst Dinge, die man überhaupt nicht anfasst.
Alles hat begonnen mit der offiziellen – nämlich per Mail – Anfrage nach einem Geschäftstreffen von Sportdirektor Tobias Paul. Ich bin zwar der Meinung, dass Geschäftstermine, in denen es um Geld, Investitionen oder Transfers geht, grundsätzlich am Kneipentresen stattzufinden haben, aber ich bin Pauls Bitte trotzdem nachgekommen. Und so sitzt der Mann nun im Konferenzraum und steht auf, um mir die Hand zu Gruß zu reichen, als ich ebenfalls den Raum betrete.
Barry sitzt ebenfalls schon dort und nickt mir kollegial zu.
„Paul, Junge. Wat hasse?“ ist in diesen Tagen meine Standarderöffnung.
„Herr Way, Herr Opdam“, beginnt Tobias Paul und setzt sich auf einen der Seminarstühle, bevor er uns beide abwechselnd anschaut. „Herr Herzog bat mich, noch einmal auf die letztgenannte Bitte hinzuweisen, oder ich nenne es lieber auf das großzügige Angebot. Sie sollen wieder federführend die Transfergeschäfte begleiten und erwirken. Die Liste des Herrn Präsidenten gilt noch immer.“
„Ah ja, richtich“, mache ich mit einem Ton, als wäre es mir eben erst wieder eingefallen. Dann wende ich meinen Kopf und blicke Opdam an.
„Barry, wie is denn Deine Meinung dazu?“
Opdam schaut mich kurz an und blickt dann feste zu Paul. Er sitzt entspannt auf dem Stuhl, die Arme vor der Brust verschränkt und mit geradem Rücken. Von dieser Haltung weicht er auch nicht ab, als er sagt: „Herr Paul, ich meine, das ist eine Ehre, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen.“
Pauls Gesichtszüge erhellen sich. Er hebt die Mundwinkel zu einem Lachen und will etwas sagen, doch Opdam kommt ihm zuvor: „Umso mehr schmerzte mich, von dieser Aufgabe ohne Angabe zufriedenstellender Gründe entbunden worden zu sein. Ich möchte deshalb zunächst wissen, warum genau Herr Herzog die Umbesetzung vornahm, warum wir davon nicht vorher informiert worden sind und ob dieser Rückzieher nun von Dauer ist oder nicht.“
„Gut parliert hasse, Barry“, füge ich hinzu.
Paul wendet mir langsam den Kopf zu, dann wieder zurück zu Opdam. Während der Worte des Holländers schwand sein Lächeln immer weiter. Im Moment sieht er aus wie ein Hase, der LSD-Phantasien von Möhren und Häsinnen hat. Nur mit Mühe bekommt er diesen Ausdruck aus dem Gesicht.
„Nun“, sagt er, gefolgt von einer Pause. Offenbar ringt er nach Worten.
„Nun, ich… Herr Opdam, ich muss um Verzeihung bitten. Herr Way, bitte ebenfalls. Aber zu den Plänen des Herrn Herzog respektive zu seinen Überlegungen in dieser Sache kann ich leider nichts beitragen.“
„Ach?!“ mache ich bellend und lehne mich Paul entgegen, indem ich mich mit den Unterarmen auf die Tischplatte stütze. „Nee, echt getz? Der hat Dir nichma gesacht, watter vorhat un warum er Dich hier so anne Transferaktivitätskommissionsspitze gesetzt hat?“
Paul, der scheinbar ein paar Schwierigkeiten mit meinem Slang hat, schüttelt nur widerstrebend den Kopf.
„Also nich. Dat is ja ma’n Dingen.“ Resümiere ich und lehne mich wieder zurück.
„Her Herzog ist mir gegenüber nicht auskunftspflichtig“, sagt Paul in Richtung Opdam.
Das aber zwingt mich wieder in die Position des vorgelehnten Managers und dieses Mal so schnell, dass das kleinen Blumen- und Steinearrangement klirrt.
„Ach, hömmich doch up damit, Paul! Du bis Spochtdirektor hier bei uns inne Verein! Un da sollteste auch wissen, wat hinter den Herzoch seine Gedanken für wirres Zeuchs kreucht!
„Herr Way, wir reden hier immerhin von dem Herrn Präsidenten, da sollten Sie vielleicht eine andere Ausdrucksweise…“
„Zieh den Kopp ausm Arsch, Paul! Merkse eigntlich nich, wat hier am laufen is?“
Verwirrt schaut der Mann mich an.
„Nein, Herr Way. Ich kann Ihnen nicht folgen.“
„Gut, dann sperr die Lauscher auf, weil wa dat getz mal alles inne Reihe resümmiern. Aso zunächst ma wurdeste der Transfervorsitzende und solltest die Transfers machen. Dat hat aus verschiedene Gründe nich so richtich geklappt.“
„Was? Dafür waren Sie doch maßgeblich verantwortlich!“ fährt Paul entrüstet dazwischen.“
„Sach ich doch, warn verschiedene Gründe“, fahre ich unbeirrt fort. „Jedenfalls hat dat nich geklappt, et gab schlechte Presse, dat ganze Bohei drumherum und nu wolln alle Manager nur noch mitm Barry und meiner Wenigkeit parliern. Un dann schickt der Herzoch Dich hier mit uns innen Raum und Du solls uns vermutlich zu überzeugn versuchen, richtich?“
Ich schaue Paul auffordernd an, ernte aber nur einen Blick, hinter dem offensichtlich gerade viele Gedanken umherwandern. Schließlich wiegt Paul leicht den Kopf seitwärts.
„Ja. So in etwa.“
„Aber Herr Paul“, dringt wieder Barrys Bariton durch den Raum und der junge Sportdirektor wendet sich ihm zu. „Bemerken Sie denn nicht, dass der Herr Präsident in Ihnen keinen vollwertigen Mitarbeiter zu sehen scheint? Schließlich hat er sie nach der Geschichte mit den gescheiterten Transfers nicht nur im Regen stehen lassen, nein, er bittet Schrägstrich zwingt Sie gar dazu, uns davon zu überzeugen, Ihren Posten wieder einzunehmen. Der von Ihnen so geschätzte Präsident lässt Sie sich selbst absägen und Sie folgen unumwunden.“
Nach einigen Sekunden fügt Opdam noch hinzu: „Ein Vorgang, der mir im Übrigen äußerst eigenartig erscheint, immerhin hat Herr Herzog Sie ja selbst eingestellt.“
„Ja“, entgegnet Paul langgezogen und nachdenklich. „Aber ganz richtig ist das ja nicht. Immerhin soll ich den Transfers ja weiter beiwohnen.“
„Glaubse denn ehrlich, dat auch nur ein Manager einet andern Vereins wat sacht, wenn er dann denken muss, et steht morgen wieder inne Presse? Paul, Mann, denk nach!“
„Auch Ihr Verschulden, Herr Way.“
„Von mir aus. Aber dat is getz numa dat Status Quo!“
„Und nicht von der Hand zu weisen, Herr Paul“, setzt Opdam dazu.
„Und mir scheint auch, dat der Herzoch da auch wieder bei sich wat gedacht hat. Denn eins is ja ma ganz klar: Deine Position wird dadurch nich umbedingt gestärkt, eher dat Gegenteil is der Fall. Die andern Manager und Kollegn werden sich Dein Gesicht nur noch viel bessern einprägn können.“
Paul wendet den Blick zur Tischplatte und beginnt, nachdenklich auf der Unterlippe zu kauen. Allerdings ist er wohl auch ein Mann sehr schneller Gedankengänge – oder anders: einfach sehr leicht zu manipulieren. Jedenfalls sagt er nach wenigen Sekunden:
„Gut, meine Herren. Das erscheint mir stichhaltig. Ich werde auf meine Teilnahme an Transferverhandlungen bis auf weiteres verzichten und lasse Ihnen völlige Hand.“
So endet das kurze Treffen schließlich und Opdam und ich sehen uns beide nur kurz an, wissend, dass wir den Sportdirektor möglicherweise gerade umgepolt haben.



Locker lehne ich am Zaun des Trainingsplatzes. Ich beobachte die Außenverteidiger gerade dabei, wie sie das Spiel „Zwei-gegen-Fünf“ vollkommen dominieren. Keine drei Bälle können sich die im Kreis stehenden zuspielen, ohne daß einer der beiden, Zimmermann und Dang Khoa in diesem Falle, den Pass ablaufen. Dabei heißt es hier sogar „Zwei-gegen-Acht“. Was freilich keiner der Teilnehmer weiß: die Isotonischen Getränke der beiden enthielten eine nicht zu vernachlässigende Menge Ritalin. Und genauso sind die beiden eben auch drauf.
So von mir und meinen pharmazeutischen Fähigkeiten vollkommen begeistert, bemerke ich nicht, wie sich plötzlich eine Person neben mich gesellt. Meine grenzenlose Selbstzufriedenheit wirkt wie ein Spam-Filter, und was da angekommen ist, ist Spam in Reinkultur.
Herzog.
„Hier sind Sie ja, Herr Way“, schnauft er und bringt die geschätzten 150 Kilogramm Schwungmasse mühsam kurz vor mir zum Stillstand.
Ich würdige ihn keines Blickes, schon gar nicht, nachdem Dang Khoa einen zwölffachen Übersteiger zelebriert und dafür drei Sekunden braucht.
„Herr Way, ich möchte gerne die Frage der Transferkompetenzen zu einem Ende bringen. Herr Paul hat mir vorhin offenbart, dass er von dem Posten vorerst keinen Gebrauch mehr machen und sich lieber auf anderen Ebenen der Vereinstätigkeiten fortbilden möchte. Diese Sache ist also passé und wir kehren damit zur alten Konstellation zurück.“
„Fein“, sage ich, ohne den Blick von den hyperaktiven Außen zu wenden.
Herzog blickt mich an. Im Augenwinkel sehe ich das, rühre mich aber trotzdem nicht.
„Dann nehmen Sie also an?“ fragt er schließlich.
„Klar“, erwidere ich, wieder ohne Blickkontakt.
„Gut. Na, dann…“
„Jo.“
Ohne ein weiteres Wort wendet sich Herzog und macht sich auf, den steilen Hang wieder zu erklimmen, um in die Geschäftsstelle zurück zu gelangen.

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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #390 am: 17.Juli 2016, 12:47:24 »

Tobias Paul ist schon ein armer Kerl, irgendwie. Erfolgsverwöhnt in den Betrieben, in denen er groß geworden ist, nur um dann die dämlichste Entscheidung seines bisherigen Lebens zu treffen und ausgerechnet der Ziehsohn von Alexander Herzog werden zu wollen. Jetzt sitzt er in meinem Büro, mir gegenüber, und ist gnadenlos verunsichert.
Also genau, wie ich ihn brauche.
„Tobias, Mensch. Wat bisse so bedöppert?“
„Herr Way“, seufzt er. „Ich weiß nicht. Die Dinge entwickeln sich nicht nach meinem Wunsch.“
Ich lache kurz auf und nicke.
„Ja, dat kann ich verstehn. Aber weiße, ich habe auch schon die Lösung für dat Problem parat, etwas, wat Dich wieder aufrichten tun wird!“
Paul hebt den Kopf und schaut mich an, wirkt aber nicht sehr zuversichtlich.
„Ach ja?“ macht er matt.
Ich nicke einmal zackig.
„Ja, allerdings. Pass op, wat ich Dir sach.“
Ich rücke mich kurz im Stuhl zurecht.
„Desmond Goope. Du weiß, wer dat is?“
Paul blickt kurz zur Seite, um seine Verblüffung dieser Frage wegen zu verdeutlichen.
„Klar. Der Mann aus Brasilien, den ich dort entdeckt habe.“
„Ja, der. Aber Du weiß schon, dat der Herzog den Transfer die ganze Zeit über für sich beansprucht hat, oder?“
Paul nickt leicht und lässt den Kopf wieder etwas Richtung Tischplatte sinken.
„Ja.“
„Ey, nee!“ fahre ich Paul langgezogen an. „Hör auf damit und nimm dat nich einfach so hin!“
„Was soll ich machen“, fragt Paul und schaut mich wieder an. „Das ist Alexander Herzog, der Präsident? Er hat mich eingestellt, er hat mir Perspektiven aufgezeigt. Und solange sollte ich mich still verhalten. Außerdem hat er mich nicht fallen lassen, nachdem ich mich bei den Transferverhandlungen nicht besonders vorbildlich verhalten habe. Ich stehe in seiner Schuld.“
„Pfff“, blase ich die Luft durch den Mund. „Schuld? Hömma! Du has einen Transfer eingetütet hier un auch wenn der getz nich gezündet hat, sollteste den immer noch für Dich beanspruchen und nich dem Herzog als Geschenk darreichen.“
„Ja“, sagt Paul leise. „Schon. Aber…“
„Kein Aber getz, still! Wa machen dat getz so: der Herzog hat dem Goope sein Transfer so für sich reklamiert, dat dat getz aber wie mitm Gummi geschossen zurückkommt. Ich hab gestern vonm Herzog die volle Transferbefugnis bekommen, wiede ja weiß. Un wat mach ich als erstes? Ich verticker den Goope!“
„Herr Way!“ macht Paul erschrocken. „Das wird Herrn Herzog aber in ein ganz schlechtes Licht rücken, wenn sein Schützling nach so kurzer Zeit den Verein verlässt!“
Meine Antwort: ich mild angedeutetes Lächeln und ein Kopfnicken.
„Ja“, sage ich schließlich. „Dat. Aber noch wat is: den Transfer, mein Lieber, kanns Du abwickeln.“
Paul reißt die Augen auf.
„Herr Way! Das ist Meuterei!“
Ich lächle wieder, hauptsächlich, weil sich Pauls Stimme am Satzende überschlägt.
„Ach wat. Nich mehr als sonst auch.“
Paul schüttelt heftig den Kopf.
„Nein, also… nein, Herr Way. Das kann ich nicht machen. Das KANN ich nicht machen!!“
„Nich? Schade. Weil ich nämmich dachte, dat Du dat als Schongs betrachtes. Weil Du damit nämmich Dein Name wieder reinwaschen kanns im Fußballbiseness. Un weil Du damit näxtes Jahr vielleicht wieder Transfers machen kanns. Un weil Du dammit Dein Wert inne Verein steigern tus. Aber lass ma. Ich kann dat auch allein machen.“
Paul schaut mich immer noch erschrocken an, aber die auf der Hand liegenden Vorteile dieses Deals graben sich mit jeder Sekunde tiefer in sein Bewusstsein. Langsam entspannt sich sein Gesichtsausdruck.
„Herr Way“, sagt er schließlich ruhig, aber dennoch mit einer gewissen Unsicherheit. „Ihre Argumente erscheinen mir sinnvoll, allerdings besteht immer auch die Gefahr, dass Herr Herzog Wind davon bekommt und mich dann endgültig auf das Abstellgleis stellt.“
„Ja, mein Lieber. No risk, no fun.“
Aber Paul ist überzeugt, das ist deutlich spürbar.
Eine gute halbe Stunde später greift er zum Telefonhörer und kontaktiert einige Berater.



Am Ende hat es der Paul also tatsächlich geschafft.
Könnte man meinen.
Tatsächlich hat er nur den Abschluss getätigt, denn alle relevanten Anrufe habe ich vorher getan.
Ich Fuchs.

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #391 am: 18.Juli 2016, 11:23:18 »

Es geht wieder weiter. :D Herr Fucking Way macht wieder alles um den Herzog ins Irrenhaus zu bringen! :D

Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #392 am: 24.Juli 2016, 11:45:34 »





So ist Kgope also Geschichte und dem Herrn Herzog habe ich auch ein Ei ins Nest gelegt. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Oder auch sieben Fliegen, wenn ich Herzogs Volumen entsprechend des Fliegen-Maßstabs hochrechne.
Ich sitze im Büro und überlege, was ich mit der neuen alten Freiheit, für Transfers alleine verantwortlich zu sein, anfangen kann. Lange überlegen muss ich nicht, denn ich bin in diesen Dingen natürlich gut vorbereitet: Spielerlisten, sortiert nach Prioritäten und Potential, einen Adressenroller und eine gute Datenbank.
Organisation und Überblick ist alles.
Umso erstaunlicher das, was mir heute widerfahren ist.
Alles fängt an mit Marcel Kovarik, dem 2,5 Millionen-Einkauf von Slavia Prag. Der hat mir die letzten Wochen die Nüsse rundgelutscht mit seiner ständigen Anfrage nach einem Stammplatz. Zuletzt hat er gar nicht mehr darum gebeten, sondern diesen offen gefordert.
Wie üblich habe ich diese Forderungen ignoriert und mich öffentlich über den Mann lustig gemacht.
Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis mir einer der Spieler seinen Anwalt auf den Hals hetzt. Nun ist es soweit.
Ein Mensch im Anzug von feiner Qualität, der im krassen Gegensatz zur Ästhetik des  Doppelkinns und der überkämmten Halbglatze steht, legt ein Blatt Papier auf den Schreibtisch.
Der Arbeitsvertrag von Kovarik.
Ich blicke den Mann gelangweilt an und zucke wortlos mit den Schultern.
  „Herr Way, sie kennen dieses Blatt. Es handelt sich um den Arbeitsvertrag des FC Remscheid mit meinem Mandanten Marcel Kovarik, hier und im Folgenden als ‚Spieler‘ bezeichnet.“
Ich blicke den Mann weiterhin mit demonstrativer Langeweile an und rühre mich nicht. Er fährt jedoch routiniert fort.
  „Wie ich herausgefunden habe, Herr Way, nutzen sie als Arbeitsvertrag ein Standardformular, welches von Ihnen als Manager und Trainer, hier und im Folgenden der Einfachheit halber als ‚Vereinsvertreter‘ bezeichnet, und dem Spieler unterzeichnet wird.“
Da hat er Recht, der Dicke. War meine Idee. Standards machen vieles einfacher.
  „Ihre Ignoranz ist ja allen wohl bekannt, daher erlaube ich mir, Sie auf Seite Drei zu verweisen.“
Der Mann beugt sich vor, was zu einem unschönen Knacken seiner zugeknöpften Anzugjacke führt, und blättert um.
  „Ich zitiere aus Paragraph Fünf“, sagt er und richtet sich auf, als wolle er ein Gedicht am Fuße des Balkons seiner Liebsten vortragen.
  „Die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Verein FC Remscheid e.V. und dem Unterzeichnenden bzw. dessen Vormund endet-“
An dieser Stelle beiße ich geräuschvoll in einen Apfel und blicke weiter vollkommen ungerührt.
„-zum vertraglich fixierten Zeitpunkt“, schließt der Mann mit leicht verärgertem Blick. „Nun, nichts Besonderes an dieser Stelle, wäre da nicht – ja, wäre da nicht Absatz ZWEI!“
Er spreizt Zeige- und Mittelfinger und hält mir seine Hand entgegen.
Der Apfel schmeckt ganz gut, stelle ich dabei fest.
Der Anwalt zieht den Arm wieder ein, raschelt kurz mit dem Papier und blickt wieder auf den Vertrag.
  „Paragraph Fünf, Absatz Zwei: ‚Hat der Verein in einem Zeitraum von achtzehn Monaten achtzig Prozent der möglichen Punkte geholt, so wird der Zeitpunkt des genannten Erreichten zum vertraglich fixierten Endpunkt.“
Bedeutungsschwer lässt der Anwalt das Papier sinken. Er blickt mich mit spöttischem Lächeln an.
Ich blicke zurück. Und warte.
Aber er sagt nichts.
  „Und?“ frage ich und hebe die Hände zu einer fragenden Geste.
Langsam schiebt der Anwalt das Papier in ein Kuvert und blickt dabei überlegen herab.
  „Herr Way, ihnen scheint nicht klar zu sein, was das bedeutet.“
  „Höchstens, dat ich mich langweil.“
  „Ja, sicher. Ich dachte mir das.“
Er blickt von dem Kuvert hoch, das gerade in einer bordeauxroten Ledertasche verschwindet. Das messingfarbene Schloss klackt zu.
  „Herr Way, sind sie in Kenntnis von der Anzahl der erreichten Punkte in den letzten eineinhalb Jahren? Nein? Nun, die Mühe nehme ich Ihnen gerne ab. Sehen sie hier.“
Er legt mir zwei Grafiken auf den Schreibtisch. Tabellen der Ligen. Daneben jeweils Excel-Berechnungen mit den kumulierten Punkten.
  „Wie sie unschwer erkennen können, haben sie in den letzten eineinhalb Jahren einhundertvierundvierzig Punkte eingefahren. Eine reife Leistung, das muss ich schon sagen!“
Kurz lächle ich wegen dieses Kompliments, werde aber sofort wieder ernst, als ich bemerke, dass der Kerl mich manipulieren möchte. Ich bemühe ich um einen genervten Gesichtsausdruck.
  „Möglich wären gewesen“, fährt der Kerl fort, „einhunderteinundsiebzig Punkte. Leicht auszurechnen: das macht runde vierundachtzig Prozent.“
Der Anwalt macht einen Schritt zurück. Er blickt mich stumm, aber mit triumphierender Miene an.
Ich brauche ein paar Augenblicke, um zu verstehen, was hier passiert. In mir rauscht es. In langsamen Schüben, erst schwach, dann immer stärker werdend, überspült mich die Erkenntnis. Aber wie so oft in solchen Situationen, kommt mir auch hier wieder eine unschätzbare biochemische Komponente zu Gute.
Mein Ruhrpott-Proletariats-Enzym.
Ich lasse die Hände auf den Tisch fallen. Der laute und plötzliche Knall erschreckt den Anwalt.
  „Na gut. Dann isset wohl so. Un getz? Wat willse denn damit saagn?“
  „Herr Way, verstehen sie denn nicht? Ich…“
  „Doch, doch, mein Dickerchen, ich versteh dat schon. Nur: et interessiat mich nich. Weil nämmich dat hier gar keine Rolle spielen tut. Und weisse warum? Nää? Is ganz einfach: dein kleine Spieler, wie heissta noch? Ach, egal! Dein Kleiner will spielen? Gut, kanner: an sich selbst! Der kommt inne U23 zu den anderen pubatierenden Jungens. Weil dat hier völlich egal is! So, da hasset!“
Der Anwalt ist offenbar erschrocken von meiner Wortgewalt, versucht sich aber nichts anmerken zu lassen. Seine Miene ist weiter überlegen, wenn auch mit einer Spur Unsicherheit.
  „Herr Way, schön und gut, aber sie werden doch wohl die juristischen Fakten nicht abstreiten wollen!“
  „Wat ich will is, datte mich in Ruhe lässt. Und dein Stinker auch.“
  „Ich glaube nicht, dass wir so weiter kommen.“
  „Watt willse eigentlich? Willse nich, datt Dein Stinker spielt? War dat nich, watte zuers wolltes?“
  „Korrekt.“
  „Warum dann sonne Schow hier?“
  „Nun, ich…“
Ich springe auf. Ist doch alles völlig klar!
  „Nee, ich weisset! Bekommt Dein Lütten nich mehr Spielzeit, gehse mit dem Wisch hier anne Presse? Richtich?“
Der Anwalt lächelt nur milde und schüttelt leicht den Kopf.
  „Nun, Herr Way, mir würde sowas nicht im Traum einfallen. Das wäre Erpressung.“
  „Da sachse wat.“
  „Allerdings: Herr Herzog müsste darüber natürlich schon informiert werden, als Vertreter des Präsidium.“
Oh je. Böser Fehler.
  „Ha!“ rufe ich laut aus, dass es ein brummendes Echo im Büro gibt.
Der Anwalt schreckt auf. Eine Haarsträhne gleitet von der überkämmten Glatze zur Seite.
  „Dat mach ich gleich!“
Ich drücke den Knopf auf der Sprechanlage, mit dem ich Herzogs Büro erreiche. Er ist rot und ich habe mit viel Mühe eine Hand mit ausgestrecktem Mittelfinger darauf eingeritzt.
  „Ja, bitte, Herr Way?!“, schnarrt Herzogs genervte Stimme aus dem Lautsprecher.
  „Hömma, hier steht sonnen Winkeladvokaat, der meint, unsere Verträge sin falsch. Der hat wat zu melden!“
  Der Anwalt blickt mich überrascht an, verfällt aber sofort wieder in sein triumphales Lächeln.
  „Verträge? Way, wovon reden Sie da?“, blafft Herzog zurück.
  „Soll er ihnen selbs sagen! Ich schickn hoch!“
  „Wer ist denn das überhaupt, Way?! Verdammt, was machen sie denn?“
  „Weiß nich, der Name is mir entfallen. Nennen wir ihn hier un im Folgenden einfach ‚Fusselklöte‘, dat passt.“
Der Anwalt lässt sich nichts anmerken.
  „Schicken sie ihn bitte hoch, Herr Way.“, sagt Herzog leise nach einigen Momenten der Stille.
Ich lasse den Knopf los.
  „Du kanns jetzt gehen, Du…“
  „SIE, Herr Way. Für sie immer noch ‚Sie‘“
  „Na gut. SIE können jetz gehen, HERR Fusselklöte. Tschö.“
Ich lasse mich in meinen Bürostuhl sinken und öffne demonstrativ die Website YouPorn.
Es dauert ein paar Sekunden, dann dreht sich der Anwalt um und geht wortlos hinaus.
« Letzte Änderung: 24.Juli 2016, 11:57:37 von Henningway »
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #393 am: 24.Juli 2016, 11:46:11 »

Keine sechzig Minuten später erwacht in einem opulenten Büro in einem noch viel opulenteren präsidialen Kopf eine Hoffnung.
Bisher hatte Way alle Trümpfe in der Hand.
Jetzt nicht mehr.
Dieser Fauxpas kann nur auf den zurückgehen, der zur Zeit der Vertragsaufsetzungen das Sagen hatte, und das ist ausschließlich Way.
Mit diabolischem Grinsen erhebt sich Präsident Herzog von seinem Bürostuhl und beginnt, im Büro auf und ab zu gehen, eine Kopie des Vertrages von Kovarik zusammengerollt in der Hand.
Was ist zu tun? Oh, wie die Möglichkeiten sich plötzlich scheinbar grenzenlos über ihn, Alexander Herzog, ergießen!
Man kann ja zum Beispiel prüfen, Way öffentlich zu denunzieren und so stark zu schwächen, dass er nicht mehr tragbar ist für den Verein und ihn damit feuert.
Könnte man versuchen.
Das würde diesen furchtbaren Kerl ein für alle Mal entfernen.
Herzog hält kurz inne. Kaum war der Gedanke gedacht, rufen ihm innere Stimmen zu, dass das so einfach wohl nicht werden wird.
Würde Way das einfach so hinnehmen? Würde er nicht viel eher anfangen, dem Verein und ihm, Herzog, wie eine Laus im Pelz zu sitzen? Ganz abgesehen davon, dass eine Beurlaubung vermutlich nicht so einfach ist wie gedacht. Und Way hat außerdem einen starken Rückhalt bei den Fans, trotz dieser No-Way-Kampagne. Außerdem: wer sollte übernehmen? Opdam? Der ist zu loyal.
Nein, eine Beurlaubung würde dem Verein nicht helfen und das Problem nicht lösen.
Zumindest noch nicht.
Was bleibt also? Wenn Way seinen Posten behält, dann nur, weil das Präsidium – also Herzog alleine! – das so will. Weil er Way eine Gnadenfrist ein beraumt. Weil er im Sinne des Vereins denkt und die Person, die ihn immer wieder demütigt, im Amt behält. Weil er damit zeigt, wie sehr er an den Verein und dessen Erfolg denkt, anstatt an sich selbst.
Ja. Das gefällt ihm. Damit kann man arbeiten.
Herzog setzt seinen Marsch durch das Büro fort. Seine Gedanken rotieren. Jetzt, wo er den ersten Schritt kennt, müssen die nächsten folgen. Und eines ist hier ganz klar: wenn Way von ihm schon diese Gnade erfährt und im Amt bleiben darf, dann wird ihn das etwas kosten. Dann muss er etwas für Herzog tun.
An dieser Stelle beschleunigt Herzog seinen Schritt in Richtung Schreibtisch.
Alles liegt klar auf der Hand.
Way wird spuren und ihm seine Wunschspieler besorgen. Andernfalls muss man sich von ihm trennen.
Das gefällt Herzog.
Das gefällt Herzog sehr.
Bevor er sich aufmacht, um Way wie eine Kellerassel zu zermalmen, lanciert er schnell eine kurze Pressemitteilung, anonym natürlich.
Dann steht er zufrieden auf, knöpft das Jackett zu und macht sich auf den Weg.
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #394 am: 24.Juli 2016, 11:47:16 »

„Tja, un dann bin ich wohl etwas laut geworden. Barry, du weiß schon.“
Opdam sitzt nachdenklich nickend neben mir am Tisch. Gleich nachdem ich den Anwalt rausgeschmissen (und mir ein paar Chillout-Videos angesehen habe), wurde mir die Tragweite des Problems bewusst. Opdam ist sehr schnell im Büro gewesen, nachdem ich ihn vom Trainingsplatz habe kommen lassen.
  „Nun, Herr Way. Komische Sache.“ Er schüttelt leicht den Kopf und nimmt sich das Standardformular, um noch mal einen Blick darauf zu werfen.
Nach Sekunden der Stille legt er es wieder hin und schaut mich an.
  „Ehrlich, Herr Way, so eine Klausel kenne ich gar nicht.“
  „Nee, die gibbet eigentlich auch nich. Dat is meine Idee gewesen.“
  „Aber warum?“, fragt Opdam engeistert. „Was um alles in der Welt hat sie zu so einer Klausel veranlasst?“
Ich lasse geräuschvoll die Luft entweichen. Allerdings nicht aus dem Mund.
Unter Stress neige ich zu Flatulenzen.
Opdam bleibt ungerührt. Kennt mich wohl schon gut genug.
  „Ach, dat war schon gut überlegt.“
  „Na, jetzt bin ich aber gespannt.“ Opdam lehnt sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust.
  „Ja, is doch klar! Ich hab ja immer mit schnellen Aufstiegen gerechnet. Un die Leistungssprünge unter den Ligen sin so hoch. Ich dachte: Henning, dachte ich, also: Henning, wat is denn, wenne die guten Spieler innen unteren Ligen nur mit hohen Gehältern un langen Verträgen locken kanns? Dann hasse hinterher nen Riesenhaufen von nutzlosem Kroppzeuchs im Team rumrennen. Also machset dir leicht und sorchs dafür, dat die alle von alleine verschwinden.“
  „Aha“, ist Opdams einziger Kommentar.
  „Ja.“
Ich kratze mich am Hals.
  „Wat kann ich denn dafür?“, platze ich plötzlich laut raus. „Wat kann ich dafür, dat wir schon in den unteren Ligen so gute Spieler kriegn? Kann man damit rechnen?“
  „Aber warum änderten sie nicht einfach das Formular?“
Ich schaue Opdam kurz an. Dann lehne ich mich wieder zurück und lasse denn Kopf hängen
  „Habbich vergessn“, murmele ich.
  „Nicht ihr Ernst!“, entfährt es Opdam. „Herr Way! Wissen sie, was das bedeutet? Wir haben mit den letzten beiden Siegen vierundachtzig Prozent der Punkte geholt! Alle Verträge sind damit unwirksam!“
  Ich presse die Lippen aufeinander. Opdam sieht das aber nicht, da ich noch immer mit der Nasenspitze Richtung Tischplatte blicke.
  „Aber“, fährt Opdam etwas ruhiger fort. „Warum haben sie den Mann dann auch noch zu Herzog geschickt? Das war nun wirklich völlig unnötig.“
  Ich hebe ruckartig den Kopf und spucke abfällig heraus: „Barry, dat wollte der Kerl sowieso! Soll ich mich denn erpressen lassen?“
  „Wir hätten mehr Zeit gehabt, Herr Way.“
Ich sage nichts. Ich befinde mich in diesem eigenartigen Status zwischen immensen Schuldgefühlen, die aus dem Bewusstsein heraus entstehen, so richtig Scheiße gebaut zu haben, und der verzweifelten Suche nach einer Rechtfertigung. Allerdings, und das kotzt mich am meisten an: Opdam hat Recht.
  „Tja, egal. Watt wolln wa jetzt machen?“ frage ich mit den ersten Spuren der zart aufkeimenden Leck-mich-am-Arsch-Haltung.
  „Schadenbegrenzung. Wir müssen sofort neue Verträge aufsetzen und alle Spieler oder Spielervertreter kontaktieren. Und hoffen, dass sie alle einen neuen Vertrag akzeptieren. Sonst stehen wir morgen ohne Spieler da.“
Ich grüble. Tatsache ist: uns muss schnell eine Erklärung einfallen, bevor…
  „WAY!!“
Scheppernd fliegt die Tür auf und knallt an die dahinter liegende Wand. Im Türrahmen erscheint die Michelin-Silhouette des Präsidenten.
Ich beuge mich zu Opdam rüber und flüstere ein „Ich habbet kommen sehn“ rüber, als Herzog mit schweren Schritten zu unserem kleinen Tisch stapft.
  „Way, sie… sie… sie WAHNSINNIGER! Was haben sie sich dabei nur gedacht??“
  Ich muss etwas lächeln, weil sich die Stimme am Satzende etwas überschlägt. Dennoch begreife ich den Ernst der Situation. Ich hebe beschwichtigend beide Hände.
  „Herr Herzog, immer mitte Ruhe. Et is doch noch gar nix passiert.“
  Das beruhigt ihn leider nicht.
  „Nichts passiert? Nichts passiert?! Himmel, alle Spielerverträge sind ungültig! Für die Katz! Wir stehen ohne Spieler da!
  „Herr Herzog“, beginnt Opdam ruhig, „es ist wichtig zu erwähnen, dass das nicht die Jugendabteilung betrifft, wie wir in Erfahrung gebracht haben.“
  Herzog blickt wild in Opdams Richtung.
„Barry, die Jugendabteilung ist mir scheißegal!“
Herzog hätte die Worte ‚Jugendabteilung‘ und ‚scheißegal‘  nicht deutlicher betonen können als er es getan hat.
Als er den Kopf wieder in meine Richtung dreht, beschleicht mich ein eigenartiges Gefühl. Mehr als einmal habe ich Herzog wütend erlebt. Jedes Mal hatte ich dabei die gleichen Empfindungen: tiefe Genugtuung. Und Amüsement.
Jetzt nicht.
Es liegt aber nicht daran, dass ich dieses Mal wirklich bis zum Ellenbogen ins Klo gegriffen habe. Es ist etwas anderes.
Etwas mit Herzog.
Es ist nicht die übliche Wut, nicht die übliche kurz vor der Besinnungslosigkeit dahin schleichende Panik. Es ist…
Er scheint es zu genießen.
Er erscheint nicht wirklich wütend, sondern eher…
… erregt.
Ich ziehe nachdenklich die Augenbrauen zusammen und versuche mir einen Reim darauf zu machen, was hier vor sich geht.
  „Gut, reden wir also in Ruhe.“
Herzog Stimme ist jetzt tatsächlich ruhiger. Ein weiteres Zeichen. So schnell hat er sich sonst nie beruhigt.
  „Ja?“, frage ich mit diesem Augenklimperblick, der schräg unter den Augenbrauen herauf schaut.
„Ist Ihnen eigentlich klar, welchen Schaden das verursacht? Welchen ungeheuren Schaden?“
Ich bin jetzt sicher: Herzog hat einen Plan. Seine Wut ist nur Maskerade. Der letzte Satz kam beinahe flüsternd über seine Lippen.
„Wir müssen uns etwas wegen des Imageverlustes überlegen, Herr Präsident“, wirft Opdam noch immer beruhigend dazwischen. Ihm ist wohl nicht aufgefallen, was ich bemerkt habe.
„Das Image, ja. Jajaja…“, macht Herzog langsam und richtet sich auf. Gespielt nachdenklich blickt er an die Decke.
„Also, ich will ja getz nich kleinlich sein“, sage ich betont lässig, „aber ich mein doch, dat wa damit getz auch irgendswie quitt sind, oder nich?“
Herzogs Kopf zuckt zu mir, seine Augen funkeln.
„Quitt? Way, was für eine Scheiße reden Sie da??“
„Quitt, na weil ich getz’n Fehler gemacht hab und Sie und der Paul ja vorher auch. Quitt.“
Herzog lacht auf und fasst sich an den Kopf.
„Way, das ist doch kein Basar, verdammt!“
„Also“, beginne ich langgezogen. „Also irgendwie ja doch, weil – seimer ma ehrlich: ich hab getz natürlich hier Scheiße gebaut.“
Herzog lacht wieder auf.
„Was für eine Untertreibung, Way.“
„Geht so. Weil eins is doch klar: während Ihr, also der Paul un Sie, Ihre Bullenkacke mit den Transfers direkt anne Presse gegeben habt, is mein Fopaa hier noch nich bekannt gewordn.“
„Das stimmt allerdings“, pflichtet Opdam bei. „Und das ist auch, was wir nutzen müssen.“
Herzog schüttelt nur leicht den Kopf. Wieder dieses Gefühl des Triumphes.
„Sie glauben doch nicht, meine Herren, dass das lange unter Verschluss bleibt.“
„Nee, Herzog. DAT glaube ich wirklich nich!“
„Was wollen Sie damit sagen, Way?“
„Och, nix, nix…“
Herzog reibt sich die Wange und blickt im Raum umher. Immer wieder schüttelt er den Kopf.
„Ein Desaster, Way. Opdam! Verdammte Desaster.“
Da hat er wohl Recht. Er schaut nachdenklich zur Decke.
„Was hat Sie nur geritten, ein solches Formular aufzusetzen?“
„Wissen se, dat war wirklich gut überlegt, wat, Barry?“ Ich blicke hilfesuchend in Opdams Richtung. Der wiegt nur den Kopf hin und her und schiebt unentschlossen die Unterlippe vor.
„Also, ich erklär dat Ihnen auch gerne.“
„Nicht nötig“, sagt Herzog langsam und nimmt den Blick von der Zimmerdecke nach unten, um mir in die Augen zu sehen.
„Doch, doch, Herr Herzog. Wissen se, so soll dat nich ausgehen hier! Wir ham n’super Team, ne super Runde gespielt. Wir steigen auf! Dat kann doch wohl nich sein, dat morgen nur noch Jugendspieler auflaufen sollen!“
„Darauf läuft es hinaus, Way“, sagt Herzog nickend. Ein Lächeln umspielt seine Lippen, als er fortfährt: „Die Außenwirkung ist desaströs, denn kein Spieler wird unter diesen Umständen mehr einen Vertrag bei uns unterschreiben. Damit wurde dem Verein nicht nur ein Image-, sondern auch ein massiver existenzieller Schaden zugefügt.“
„Ja, is mir klar, aber noch is dat Dingen ja nicht öffentlich, noch is Zeit, um…“ 
„Way! Dafür bluten sie.“ Herzog Stimme ist jetzt nur noch ein drohendes Flüstern.
  Ich blicke jetzt ganz auf und bemerke, dass ich nichts bemerke: meine Bedenken sind weg und auch die Angst vor möglichen Konsequenzen durch den Präsidenten.
Stattdessen höre ich plötzlich ein leichtes Rauschen, wie wenn ein Nachbar im gleichen Haus über mir die Toilettenspülung betätigt.
Ein leichtes Rauschen, das stetig lauter und leiser wird.
Das Rauschen der Rebellion.
Gerade noch hieß meine Strategie Unterwürfigkeit. Jetzt aber halten mich nur noch mein Restverstand und mein Phlegma davon ab, mir die Hose auszuziehen und einen großen, dampfenden Haufen vor Herzogs Nase zu setzen.
Außerdem gehört der Schreibtisch mir, wie ich feststelle.
Ich hebe meine rechte Hand und forme mit Daumen und Zeigefinger eine quakende Ente.
„Blabla, Herzog. Blabla.“
„Ich verbitte mir diese Unverschämtheit!“ donnert Herzog.
Tatsächlich senke ich meine Hand wieder. Man soll es ja nicht übertreiben. Aber mein Weg ist vorgezeichnet.
„Wat is denn getz, Mann?! Willse hier getz den Präsidenten spieln, der völlig entsetzt is ob dieser Geschichte? Dabei is doch noch gar nix passiert. Der Kovarik weiß dat, sons niemand. Ob dat an die Presse geht? Wer weiß?! Aber wir ham Zeit, Menschenkind!“
„Nicht viel, Herr Way“ wirft Barry Opdam ein.
Ich schüttele kurz den Kopf.
„Nein, nich viel. Aber’n bißchen is da. Nur vertrödeln wa dat hier mit schnöden Moralpredigtn.“
Herzog blickt sich langsam im Raum um.
„Way“, beginnt er schließlich in viel zu ruhigem Ton. „Way, durch Ihren Fehler steht der Verein ohne einen einzigen Lizenzspieler da. Das ist eine unglaubliche Inkompetenz, deren Folgen jetzt noch gar nicht absehbar sind. Allerdings dürfte es schwierig werden nach außen zu kommunizieren, dass Sie unter diesen Umständen weiterhin für Vertragsfragen zuständig sein werden – oder überhaupt für eine Aufgabe im Verein.“
„Dat is bloßes Geseihere, Herzog. Dat Volk liebt mich.“
„Es geht nicht um ‚das Volk‘. Es geht um Sponsoren, Geldgeber. Es geht um unsere russischen Investoren.“
„Is doch dat Volk. Meinen Se vielleicht, die Sponsorn fänden dat super, wenn man Personalentscheidungen trifft, die die Kundschaft verärgern?“
„Nein, aber der mediale Druck könnte das erforderlich machen.“
„Und den gibt es noch nicht“, beschließt Opdam den Dialog zwischen Herzog und mir.
Herzog lächelt jetzt ohne jede Maskerade und ganz offen triumphal.
„Nein“, sagt er leise. „Noch nicht. Allerdings wird das sehr wahrscheinlich passieren.“
Der Präsident wendet sich mir jetzt ganz zu und blickt mich eindringlich an.
„Und dann, Herr Way, ist es eine Frage der mir unterstellten Presseabteilung, wie die Geschichte kommentiert und schließlich auch aufgelöst wird. Sie verstehen?“
Allerdings, denke ich mir. Allerdings. Und wieder ist da dieser große Haufen, der sich vor dem Präsidenten auftürmt und das Schild ‚Meine Meinung dazu‘ trägt.
Ich kann mir ein verschmitztes Lächeln daher nicht verkneifen.
„Ma ehrlich, Herzog. Dat sin getz die Methoden hier? Erpressung?“
„Erpressung?“ entfährt es Herzog entsetzt. „Erpressung, Herr Way?“
„Hört sich so an“, sage ich locker. „Und getz sach, wat is der Deal?“
„Herr Way, bitte“, macht Herzog mit gespielter Enttäuschung. „Erpressung? Nein, so darf man das nicht nennen. Nennen wir es lieber ‚Handeln im Sinne des Vereines‘ und überlegen uns, wie man daraus genau das machen kann.“
Ich nicke spöttisch.
„Aber natürlich“, fügt Herzog genüsslich hinzu, „könnte ich Sie von Ihrem Posten entheben, nach dieser Geschichte.“
„Aber natürlich!“ antworte ich nachdrücklich.
Bedeutungsschwer nickt Herzog. Er erinnert mich in diesem Moment an einen Bison, der einem anderen Bison drohen will.
Es vergehen einige Sekunden der Stille. Opdam blickt Herzog an, der blickt ein Loch in die Luft.
Ich blicke verträumt den Pirelli-Kalender an. Hab gerade erst das Blatt gewechselt.
Dann zieht Herzog in Ankündigung einer meilensteinartigen Ansprache die Luft an.
„Herr Way. Ich machen Ihnen ein Angebot.“
Vermutlich eines, das ich nicht ablehnen kann. Und schon habe ich andere Bilder im Kopf: Herzog mit Marlon Brandos Gesichtsausdruck und der heiseren Stimmlage.
„Das Angebot ist… warum lachen Sie denn so dämlich, Way?“
„Ach, nix von Bedeutung, Herzog. Is eher cineastischer Natur.“
„Nehmen Sie das alles nicht ernst?“
‚Nehmen Sie das alles nichts ernst?‘, haucht Herzog und schickt mir Luigi auf den Hals, der das Messer springen lässt.
„Doch, doch. Mach weiter“, schmunzle ich.
Herzog straft mich noch ein, zwei Sekunden mit einem Dolchblick, bevor er wieder tief Luft holt.
„Das Angebot also. Nun, wie ich das sehe, haben Sie durch die Verwendung dieses eigenartigen Vertragsformulars, das ja wohl rechtlich nicht abgeklärt wurde, dem Verein Schaden zugefügt. Erheblichen Schaden, wenn das an die Öffentlichkeit gelangt. Und noch erheblicheren Schaden, wenn wir das nicht reparieren können und tatsächlich mit der U19 spielen müssen. Das sind die Fakten und denen müssen Sie sich entgegenstellen.“
Herzog greift gedankenverloren zu einem Stift, der auf meinem Schreibtisch liegt. Wieder muss ich schmunzeln. Es handelt sich um einen Bleistift mit löffelförmigem Radiergummi, das ich immer benutze, um mir die Ohren sauber zu machen. Herzog inspiziert nu gedankenverloren und während seiner Ansprache die Spitze und knibbelt am Radiergummi herum.
„Diese Fakten, Herr Way, reichen allemal aus, um Sie dafür Ihres Postens zu entheben.“
Der Präsident lässt, ob willentlich oder nicht, die Worte im Raum verklingen, während der ein kleines, braunes Stückchen Radiergummi versucht, von seinem Finger zu reiben.
Erfolglos.
„Aber“, macht er mit ansteigender Stimmlage weiter, „ich bin mir nicht sicher, ob das dem Verein entscheidend weiterhelfen würde.“
Herzog schwenkt den Kopf in meine Richtung und blickt mich an. Seiner Erwartungshaltung nach zu urteilen, hätte ich ihm danken sollen oder sonst eine Gunsterweisung leisten müssen.
Aber ich kratze mir nur den Bart und erwidere Herzogs Blick.
Ich bin gespannt, was jetzt noch kommt.
Als er merkt, dass er mich nicht zu einer Reaktion bringen kann, fährt Herzog ungerührt fort.
„Wir haben also nun eine interessante Option. Wir haben auf der einen Seite das Problem der stagnierenden Transfers respektive der Transferziele, die wir nicht angehen können, weil Herrn Paul die Erfahrung fehlt. Auf der anderen Seite haben wir Sie, der uns – mir! – offensichtlich nunmehr einen Gefallen schuldet. Zu was macht uns das, Herr Way?“
Ich blicke weiter Bart kratzend in Herzogs Gesicht. Erst nach einem langen Augenblick bemerke ich, dass das keine rhetorische Frage war. Ich zucke mit dem Kopf nach oben wie ein Student, den der Professor beim Schlafen entdeckt hat.
„Zu wat uns dat macht? Hm, weiß nich. Mich macht dat wat müde, um ehrlich zu sein.“
„Müde?!“ fragt Herzog erschrocken. „Müde, Way? Sagen Sie, wofür halten Sie mich?“
„Nee“, sage ich entschuldigend. „Dat sach ich nich!“
„Mir scheint, Ihnen ist die Tragweite nicht ganz klar. Es geht hier um Ihren Job, Menschenskind!“
Herzog wird immer aufgebrachter. Seine Gesichtsfarbe verdunkelt sich zusehends.
„Oder haben Sie keine Lust mehr auf den Job? Das wäre nämlich kein Problem.“
„Ach“, mache ich jetzt erstaunt. „Nich? Weil grad hasse doch noch gesagt, dat Ihr dann keine Transfers mehr machen könnt.“
Herzog zieht die Augenbrauen zusammen und macht eine wegwerfende Handbewegung.
„Ja, und? Dann macht das jemand anderes!“
„Auf einmal? Wollten Se mir nich eben noch n‘Deal anbieten, weil nur ich dat Problem von Ihnen da lösen kann? Mir is doch so, als wär da wat!“
„Way, hören Sie auf, dummes Zeug zu reden!“ Herzog wird immer wütender. Er dreht sich herum und macht zwei fensterklirrende Schritte Richtung Tür, bleibt dann aber stehen und wendet sich mir wieder zu.
„Way, so überlegen Sie doch“, sagt er jetzt mit ruhigerer Stimme und fast schon beschwörend, unterstützt von den beiden greifenden Händen.
„Es geht nicht um Sie oder um mich. Es geht um den FC Remscheid, um dieses Projekt!“
„So is dat.“
„So verstehen Sie doch und schlagen ein!“ fleht Herzog.
Ich blicke ihn an, wie er dort steht, leicht vorgebeugt, die Hände in einer Stellung, als wolle er einer prallen Blondine eine Brustmassage verabreichen.
Er wirkt auf mich verzweifelt. Sollte er tatsächlich so sehr unter Druck stehen? Könnte natürlich sein, immerhin weiß ich nicht, was er mit der dreiköpfigen Investorengruppe so alles ausgemacht oder ihnen versprochen hat. Sollte er dort tatsächlich seine Seele verkauft haben, dann war das der größte Fehler seines Lebens.
Kaum ist der Gedanke gedacht, offenbart sich mit eine bunte Blumenwiese mit Disney-Atmosphäre.
Herzogs Ende vor dem inneren Auge, fange ich an zu grinsen.
„Herzog. Mein Lieber. Mein Dickerchen.“
Er reagiert nicht einmal.
Mann, ist der angespannt!
„So wie ich dat seh, isset doch so: Sie un Ihr Lakai Paul ham sich ma so richtig mächtig verkalkuliert. Ins Klo gegriffen, aba bis zum Ellenbogen! Getz hab ich auch Mist gebaut, ja. Und? Kann man repariern. Aber ich sach getz, wat man garantiert nich kann: den Way erpressen. Weil ich weiß nämmich eins ganz genau: mich rausschmeißen? Da hasse hier aber ma richtig Schwung auffe Hütte. Wat meinse, wat dann los is?! Ma abgesehen davon, datte auch erstma n’neuen Trainer finden muss, der n’besseres Standing hat und den Verein entsprechend repräsentiert. Also sach ich getz, hier an diese Stelle: leck mich am Arsch.“
Herzog reagiert gar nicht. Zunächst. Dann erzittert er, während ich mich grinsend zurück lehne. Seine noch immer vorgestreckten Arme verkrampfen zu Klauen, seine Augen treten aus den Höhlen hervor. Sein Hals schwillt an wie ein Apfel unter Vakuum. Ich beobachte das Schauspiel mit naturwissenschaftlichem Interesse und weil ich gespannt bin, wie das ausgeht, doch da höre ich eine tiefe Stimme.
„Ich hätte eine Alternative.“
Mich durchzuckt Enttäuschung. Ich fühle mich an Kindheitstage erinnert, als man einen heimlichen Blick in die Mädchenumkleide werfen konnte und feststellen musste, dass alle Mädchen mit dem Rücken zu mir stehen. Ich werfe den Kopf herum zum Ursprung der Enttäuschung: Barry Opdam.
Herzog dreht sich ebenfalls herum zu ihm, verharrt dabei aber in dem Zustand der Metamorphose, den er bis hierhin erreicht hat.
Ein Bild für die Götter.
„Ich denke, keiner von uns möchte es darauf ankommen lassen“, sagt Opdam, nachdem er sich der Aufmerksamkeit von Herzog und mir sicher ist. „Weder wollen wir ohne Trainer da stehen noch ohne Spieler noch ohne Transfers. Wie wäre es also mit einem Kompromiss? Wenn ich daran erinnern darf, war eine der ersten Streitpunkte die zukünftige Ausrichtung des Vereins in der Frage der Teamstruktur. Herr Way und auch ich haben seit unserer Anfangszeit darauf gesetzt, immer wieder auch Spieler selbst auszubilden und in unser Team einzugliedern. Jede Saison haben wir viel Geld investiert und zuletzt auch zweimal die U19-Meisterschaft gewonnen. Die Arbeit verspricht also Früchte zu tragen und Herr Way und ich möchte gerne auf diese Philosophie setzen: junge Spieler, bestenfalls mit deutschem Pass. Andererseits haben wir auch viel Geld in einzelne Spieler investiert, die den Verein sofort nach vorne bringen. Zuletzt haben wir beides kombiniert: für Phillip Schuster und Jamel Wagner zusammen haben wir fast 30 Millionen gezahlt, wollen das aber als Einzelfall verstehen. Sie, Herr Herzog, verfolgen jetzt den gänzlich anderen Ansatz und möchten nochmals deutlich mehr Geld in Topstars investieren, kommen damit aber nicht zum Erfolg. Machen wir doch also folgendes: wir investieren, richtig, intensiv, spürbar. Aber wir holen keine vom Trainerstab nicht gewünschten Stars, sondern nach Möglichkeit vor allem junge deutsche Spieler. Aber eben auch keine Talente mehr, sondern Nationalspieler oder solche auf dem Weg dahin. Vor allem.“
Opdam macht eine kurze Pause.
„Was meinen Sie?“ fragt er schließlich.
Ich habe durchaus interessiert zugehört und bin selbstverständlich mit dem Vorschlag einverstanden. Dennoch halte ich mich zunächst zurück und warte Herzogs Reaktion ab.
Seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, ist er in die Entspannungsphase eingetreten. Er steht gerade, die Arme am Körper, und lässt seinen Blick von Opdam weg zu mir wandern.
Ich aber blicke regungslos.
Herzog scheint einen inneren Kampf auszufechten. Sein Blick zuckt zwischen Opdam, mir und dem Pirellikalender hin und her. Seine Kaumuskulatur, die wenig überraschend übermäßig gut ausgeprägt ist, tanzt Tango in seinem Gesicht.
„Wenn“, fängt er schließlich langsam an und blickt dabei zur gegenüber liegenden Wand. „Wenn wir das so machen, wie von Herrn Opdam gerade beschrieben…“
Sein Kopf dreht sich zu mir.
„… spielen Sie dann mit, Way?“
Wieder kratze ich meinen Bart. Ich lasse einige Sekunden vergehen, obwohl meine Entscheidung lange feststeht.
„Se meinen, dat ich die Transfers mach?“
„Ja.“
Wieder vergehen Sekunden. Meine Finger verursachen ein schabendes Geräusch, als ich damit meinen Hals entlang fahre. Dann aber nicke ich.
„Ja, klar. Wenn wa die Zusage bekommen, bin ich mit dabei.“
„Gut“, sagt Herzog schnell. „Dann ist das hier und jetzt beschlossen. Ich weiche von meinen auf dem Investorenmeeting formulierten Zielen ab, sich um die Besten der Besten zu kümmern. Wir planen neu und suchen Spieler: jung, deutsch, mit nachgewiesener Leistungsfähigkeit, aber auch Steigerungspotential. Und Sie, Herr Way, übernehmen die volle Transferarbeit und auch deren Verantwortung.“
„Richtiiiich.“
Herzog klatscht einmal in die Hände.
„Fein, meine Herren. Ich freue mich, dass wir das klären konnten. Bleibt uns jetzt noch das Problem mit den Verträgen zu lösen.“ Herzog wankt ein wenig, als er sich zum Gehen umdreht. Denn greift er in die Hosentasche und langt nach einem weißen Taschentuch. Ich kenne diese Tücher. Man verwendet sie auch, um in der Pathologie Leichen abzudecken. Mit einem solchen Tuch wischt sich der Präsident nun den Schweiß von der Stirn.
„Mannomann“, murmelt er mehr zu sich selbst und im Gehen begriffen. „Ich glaube, das kann auch bis morgen warten. Ist ja auch schon spät…“
Seine Worte verhallen und werden durch das Schließen der Tür vollends abgeschnitten.

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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #395 am: 24.Juli 2016, 11:57:58 »

         
« Letzte Änderung: 12.April 2017, 11:46:58 von Henningway »
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #396 am: 24.Juli 2016, 13:13:57 »

Einfach wunderbar. Ein alltime favorite. Bei Herzog denke ich immer an den fetten Viehzüchter aus einer Lucky Luke Story. Freu mich drauf, eine deutsche U23 in Remscheid zu sehen.
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #397 am: 25.Juli 2016, 19:34:50 »

Ich werd ja das Gefühl nicht los, dass Way da was im Schilde führt! :D Zwar gibt er jetzt den Fehler zu aber durch den "Fehler" mit den Verträgen müssten doch jetzt mehrere Millionen Gehaltsbudget frei werden, die neu verteilt werden können! Natürlich, man fällt um die Ablösesummen aber die kratzen den Way doch nicht die Bohne! :D

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Wir vom Remscheider Rundfunk haben für sie nun einmal die Fanmeinungen für sie aufgefangen.

Sven S. aus Remscheid: "Der Way ist einfach der geilste! Egal und wenn der mit einer Gurkentruppe aus Buffett und Putzpersonal aufläuft, wir stehen hinter diesem verrückten Kerl, wo wären wir ohne ihn?"

Ein korpulenter Mann, der dem Herzog sehr ähnlich sieht, in Remscheid aber mit Perücke und schwarzer Sonnenbrille rumläuft, obwohl die Sonne nicht scheint: "Der Way ist doch das schlimmste was dem FC Remscheid passieren konnte, unter mir *hust* unter der alleinigen Führung vom hochbegabten Präsidenten Herzog wäre das alle nicht passiert und Remscheid hätte noch alle seine Spieler."

Thorsten P. kurz nachdem der Zeitungsartikel erschienen ist: "Ja leck mich doch, die schieben sich immer den Schwarzen Peter hin und her, das will doch keiner mehr lesen. Die sollen Nationalspieler kaufen und nächstes Jahr dann Bundesligameister werden und gut is!"

Sie sehen schon meine Damen und Herren, Remscheid ist gespalten, schalten Sie auch das nächste mal wieder ein wenn es heißt: Remscheid, deine Meining zählt!

Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #398 am: 25.Juli 2016, 22:15:44 »

@ Classivo: brav geantwortet. Damit verdienst Du Dir eine Belobigung! :)

Und weiterhin:

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #399 am: 25.August 2016, 02:06:32 »

Das ist keine Story - das ist ein EPOS  ;D
 
Ganz ehrlich: wenn man Stories heiraten könnte, diese hier wäre eine ernsthafte Kandidatin  :laugh:

Weiter so  :)
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