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Autor Thema: "Am grünen Feld"  (Gelesen 6831 mal)

melahide

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"Am grünen Feld"
« am: 07.August 2016, 14:18:58 »

Hallo,

ich habe nach vielen Jahren wieder einmal Lust, auf eine Managerstory. Mit Bildern werde ich sparsam umgehen, Screenshots usw. nur zu ganz wichtigen Anlässen. Mir ist der Text wichtiger. Also wenn jemand gerne liest, ist man hier mehr als Willkommen


"Am grünen Feld" - Eine Fußballgeschichte über den SV Wacker Neufeld 1954


Kapitel 1:

Liebe Leser,

mein Name ist Jochen Schwarz. Ich bin hier in unserem kleinen, verschlafenen Örtchen geborenen und aufgewachsen. Neufeld heißt unser Ort, der gut 1400 Einwohner hat und in der Nähe von Greifwald liegt. Ganz malerisch an der Ostsee. Viel haben wir hier nicht zu bieten. Es gibt einen Bäcker, eine Fleischerei, einen Gasthof,  einen kleinen Laden, ein Postamt, eine kleine Bank und eine Grnndschule. Höhepunkt, und quasi kultureller Anreiz unser Dorf zu besuchen, ist die Ahnentafel direkt im Ortskern. Hier wurden und werden Mitmenschen aus unserem Ort verewigt, die sich durch besondere Leistungen einen Platz auf dieser Tafel verdient haben. Sie sind ja vermutlich alle schon einmal durch unser kleines Örtchen durchgefahren und haben danach sicherlich halt gemacht, um diese Tafel zu bewundern. Also muss ich Ihnen hier nicht wirklich viel erzählen. Ihnen ist dort vermutlich sogleich ein Mann aufgefallen, der mit einer Bademütze bekleidet gerade einen Pass wirft? Ja? Das war ich. Und unter meinem Bild steht eingraviert:

Jochen Schwarz, geb. 1979, Wasserball, 156 Einsätze in der 2. Bundesliga, Cupfinalist.

Nicht, dass ich viel dafür geben würde, auf so einer Tafel zu sein. Ich nehme dies mit Bescheidenheit hin und spreche kaum darüber. Und sie haben die Tafel mit der Gravur ja schon sicherlich gesehen.? Vielleicht sogar ein Foto davon geschossen? Touristen lieben das. Und wenn sie das bis heute noch nicht gemacht haben – machen Sie das bitte, bei Ihrem nächsten Besuch und lassen Sie das Foto von mir unterschrieben.

Nicht ganz so erfolgreich wie unser populärster Wasserballspieler ist unser örtlicher Fußballverein. Der SV Wacker Neufeld. Gegründet 1954, in ewiger Verdammniss der Niederungen des Amateurfußballs.

Vor einigen Jahren, waren das herrliche Zeiten, damals, als die Zementfabrik sich noch auf unserem Gemeindegebiet befand, hatte  der Fußballverein so etwas wie seinen goldenen Jahre. Bis in die Verbandsliga wurden wir, auch durch einige Reformen und Rückzüge, nach oben gespühlt. Nur wurde die Fabrik leider vor drei Jahren geschlossen. Neben der Tatsache, dass die Hälfte der Einwohner unseres Ortes damit ihren Arbeitsplatz verlor, kam uns damit auch unser Hauptsponsor abhanden. Und mit dem Junior-Chef der Fabrik, auch unser Obmann.

Es kam wie es kommen musste. Der Bürgermeister übernahm die Stelle des Vereinsobmannes, das Budget wurde gekürzt, der Trainer und ein Gutteil der Spieler verließen uns, da wir sie nicht mehr leisten konnten. Zwei Jahre lang unterstützten uns die Jugendtrainer aus der Nachbargemeinde Greifwald als Cheftrainer. Und als im Frühling der letzte von ihnen das Handtuch warf, musste unser Co-Trainer provisorisch die Leitung der Mannschaft übernehmen. 10 Spiele, 3 Punkte, 4:25 Tore. Eine Horrorbilanz. Die sich aber sicherlich nicht fortsetzen würde. Denn glücklicherweise, musste man fast schon sagen, verfügte unser Co-Trainer nicht über den notwendigen Trainerschein. Und durfte die Mannschaft somit zur neuen Saison nicht betreuen.

Ich war ein bisschen Überrascht, als der Bürgermeister einen ungewohnten Weg ging. „Wir brauchen einen neuen Trainer – dringend. Wir schalten ein Inserat, in allen Zeitungen, im Internet und auf der Homepage des Verbandes. Einer muss sich ja finden“. Noch mehr überrascht war ich, als der Bürgermeister mich an einem sonnigen Junitag in der Strandbar besuchte.

„Ah, Herr Bürgermeister, was darf es sein?“ fragte ich ihn. „Gib mir ein Bier Jochen“ sagte er kurz angebunden. Wenn Sie sich jetzt wundern, sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich die Strandbar betreibe und ich nebenbei auch die Funktion als Bademeister ausübe. „Was verschafft mir die Ehre?“ fragte ich ihn. „Diese Trainersuche“ überdrehte er die Augen. „Der Verband hat mir eine letzte Frist gesetzt. Entweder ich nenne ihnen bis morgen Abend einen Trainer mit dem nötigen B-Trainerschein. Oder sie entziehen uns die Lizenz. Dann müssen wir wieder in die Kreisliga. Das wäre vermutlich sogar besser. Neu beginnen, mit jungen Spielern, weniger Kosten...dabei arbeitet der Vorstand seit Wochen höchst professionell daran“ meinte er und nahm einen kräftigen Schluck.

„Aber Du hattest doch Kontakt zu einigen Trainern?“ bohrte ich nach. „Haben alle abgesagt. Spätestens als sie erfuhren, was wir bezahlen. Nein, das wird nichts mehr. Die Zeit wird zu kurz“ erklärte er. Auf einmal klingelte sein Telefon. „Wer ist da?“ hörte ich ihn nur sagen. „Vom Landesverband? Eine Empfehlung? Bewerbung? Für uns? Unter den fünf Jahrgangsbesten? Und der würde bei uns arbeiten?? Was? Alex wer? Die Verbindung ist gerade schlecht“ stotterte er. „Mir ist das egal ob Sie mir dazu noch etwas sagen müssen. Wenn der den Trainerschein hat und willens ist bei uns zu arbeiten, schicken sie den vorbei. Der kann jung sein, alt sein, aus dem Gefängnis kommen, ist mir egal. Schicken sie mir den... Morgen... ja. Dann schicken sie mir den Lebenslauf halt zu. Ja, ich überprüfe das. Ja, danke“ hörte ich ihn nur sagen. Der Bürgermeister strahlte. „Jochen, die Antwort auf meine Gebete“ grinste er. Sein Smartphone vibrierte. „Das wird das Email sein“ frohlockte er.

Er öffnete das angehängte Dokument. „Das dauert, gibt es hier kein ordentliches Wlan?“ schimpfte er. „Habe ich bei der Gemeinde schon urgiert, der Bürgermeister tut nichts“ witzelte ich. Mit zittrigen Händen hielt er das Telefon, als der Lebenslauf öffnete. „Sieh Dir das an Jochen“ rief er freudig heraus und hielt das Smartphone in meine Richtung. „Alex Hartmann. 35 Jahre. DFB-B-Lizenz. 10 Jahre hat er in den USA in der 2. Liga gespielt. In San Diego.... Die letzten beide Jahre an einem College als Fußballtrainer. 6 Monate Interimstrainer von San Diego. Was will der hier?“ fragte er. „Fußballtrainer werden?“ fragte ich und zog meine Augenbrauen hoch. „Jochen, der kommt morgen.  Wir brauchen ein Komitee“ erklärte er. „Und wer soll dort dabei sein?“. Er überlegte. „Naja, ich selbst, der Kassier als mein Stellvertreter, den Bäcker und die Gastwirtin vom Wirtschaftsverband, den Co-Trainer lade ich ein. Und...“.. „Jochen, Du musst auch dabei sein“ erklärte er stolz. „Warte, Warte, warum ich?“ fragte ich nach. „Du bist der bekannteste Sportler den wir haben. Du warst im Wasserball in der 2. Bundesliga. Du kennst dich aus“ erklärte er. „Wasserball ist etwas anderes als Fußball“ erklärte ich. „Aber du hattest Trainer, du kannst das beurteilen. Morgen bist Du dabei, 17 Uhr, Vereinshaus. Alex Hartmann. Jochen ich sage es dir, morgen haben wir einen Trainer“.
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melahide

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #1 am: 28.August 2016, 10:58:42 »

"Am grünen Feld"
1. Staffel/2. Folge


Liebe Leser,

Wie verabredet war das Komitee im Vereinsheim zusammengetroffen. Dieses, also das Vereinsheim, nicht das Komitee, beherbergte auch ein kleines Cafe, das von der Frau Gastwirt betrieben wurde.

 Die eilig improvisierte Sitzung fand eine Stunde vor dem geplanten Vorstellungstermin statt. Hastig erklärte sich die Vertreter des „Wirtschaftsverbundes Neufeld“ dazu bereit, Sponsorenmittel zur Verfügung zu stellen, um den neuen Trainer eine Entlohnung anbieten zu können. Allerdings merkte man bald, dass es nicht mehr als 600 Euro monatlich sein konnten, zusätlich freie Kost und Logis. „Wir habne ja noch immer das leerstehende Haus an der Hauptstraße, das wir damals für den Arzt gebaut haben. Aber weiter können wir nicht“. Der Vertrag, laufend über zwei Jahre, war bereits fertig in der Mappe des Bürgermeisters.

Langsam wurde es 17 Uhr. Die Anspannung stieg. „Wenn der unser kleines Dorf sieht, dreht der doch sofort wieder um, bei diesem Lebenslauf“ erklärte der Kassier. „Rede nicht, wir haben Charme“ entgegnete der Bürgermeister. Aber nichts passierte. Niemand kam. „Wird sich wohl verspäten, hat vielleicht nicht gleich hergefunden“ begann der Bürgermeister und versuchte leicht optimistisch zu sein. „Na so ein Quatsch, es gibt bei uns doch nur die Hauptstraße. Und das Schild mit „Fußballverein“ kann wirklich niemand übersehen“ erklärte der ebenfalls anwesende Bäcker. Neben seiner Rolle im Wirtschaftsverbund, war er auch im Vorstand als Schriftführer vertreten.

 „Den Fußballplatz kann man auch nicht übersehen, den sieht man von der Hauptstraße ganz deutlich“ erklärte ich. 15 Minuten waren schon vergangen, als plötzlich ein Cabriolet die kleine Straße zum Fußballplatz abbog, sich langsam vortastete und vor dem Klubhaus zu  stehen kam.

Eine Dame entstieg dem Fahrzeug, mit langen hellbrauen Haaren, leicht lockig, einem grünen Balzer, grünem Rock und einer weißen Bluse darunter. Ich musste zweimal hinsehen, um mich zu vergewissern, dass ich noch nie in meinem Leben eine solch wunderschöne Frau gesehen hatte. Gut, im Fernsehen schon, oder in Zeitschriften. Aber so von der Nähe. Nein.

„Touristin“ schimpfte der Bäcker. „Ah, das ist vermutlich unser neuer Gast. Mein Mann wird wieder einmal nicht gewusst haben wo die Schlüssel für das Zimmer liegen und hat die arme hier heraus zu mir geschickt“ überdrehte sie die Augen. „Also als Koch, da taugt er was, aber von der Organisation wäre der ohne mich verloren“. Die Frau Gastwirtin stand auf und öffnete die Türe.

Ah Hallo, hat mein Mann Sie hergeschickt, ja?“ fragte sie freundlich und blieb dabei im Türrahmen stehen. „Wenn ihr Mann der nette Polizist ist, dann ja“ entgegnete die Frau. Die Frau Gastwirt schaute etwas nachdenklich. „Polizist? Nein! Haben sich mein Mann und der Poizist schon wieder am Bierhahn vergriffen? Da bin ich einmal nicht im Haus, und schon nutzt der es aus. Der kann mir etwas erleben wenn ich nach Hause komme“ rief sie etwas aufgebracht. Die Frau an der Türe verzog ihr Gesicht. „Naja, wie lange möchten Sie denn bei uns bleiben?“ fragte die Frau Gastwirt die Frau, von der einen zur anderen Minute plötzlich wieder sehr freundlich. „Ich weiß nicht genau, was haben Sie sich denn vorgestellt?“ kam es von der Frau, die offensichtlich schon darauf wartete, in das Cafe am Vereinsgelände gelassen zu werden. Die Frau Gastwirt machte aber keine Anstalten, ihr die Türe zu öffnen. Wollte der Dame aber auch nicht sagen, dass sie auf einen wichtigen Besuch wartete. Sie blieb gekonnt höflich. „Naja, viele bleibe so um die zwei Wochen“. Die Frau an der Türe lachte. „Zwei Wochen???“. „Naja, einige bleiben natürlich auch etwas länger. Wenn sie den gesamten Sommer bleiben möchte, dann wird es natürlich billiger“ erklärte die Frau Gastwirt. „Billiger?“ fragte die Frau nach, blickte verwirrt und schaute die Frau Gastwirtin fragend an, schüttelte sogar kurz den Kopf. Die Frau Gastwirt war nun ebenfalls leicht verwirrt.

„Nein, ich meine. Das heißt. Ich kann hier anfangen? Wollen Sie vorher nicht meine Zeugnisse sehen?“ fragte die Frau. „Zeugnisse, sind Sie nicht mein neuer Gast?“ kam es von der Frau Gastwirtin. „Nein, ich bin Alex Hartmann. Ich bin hier wegen der Stelle als Trainer. Ich wurde angerufen“ sie lächelte und hielt der Frau Gastwirt eine Mappe unter die Nase, die wohl ihren Lebenslauf und ihre Zeugnisse beinhalteten.

Ich lachte laut auf. Der Bürgermeister zuckte zusammen.

„Wie, Alex Hartmann? Sie sind Alex Hartmann? Der Fußballtrainer?“ rief der Bürgermeister von hinten. Er war leicht aufgebracht und hatte schon einen leicht roten Kopf.  „
Alex Hartmann: Ja. Ich habe ihr Inserat auf der Verbandsseite gefunden. Und der Verband sagte, sie leiten meine Bewerbung weiter. Und die riefen mich gestern an, dass ich kommen soll. Also bin ich jetzt da

Bürgermeister: Aber. Aber. Aber. Sie sind eine Frau?

Alex Hartmann: Ja. Und ich habe mich auch extra in den Vereinsfarben angezogen.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen musste bei Alex Hartmann leider das Gesicht mittels Balken unkenntlich gemacht werden


Sie lachte und zeigte stolz den Grünfarbenen Blazor und den Rock. Was auch treffend war. Die Vereinsfarben der SV Wacker Neufeld waren Grün/Weß.


Bürgermeister: Aber. Sie können doch nicht … eine Männermannschaft?
Alex Hartmann: Es war schon immer mein Traum, eine Männermannschaft zu trainieren.
Bürgermesiter: Aber. Aber. Aber... sie haben uns getäuscht. Alex Hartmann, da geht doch jeder davon aus, dass Sie ein Mann sind“

Er wirkte erzürnt.

Alex Hartmann: (seufzte) Ja, ich weiß. Das HartMANN verwirrt. Ich habe meinem Vater schon öfter gesagt, dass wir den Familiennamen in HartFRAU umändern sollten, aber er war davon nicht so begeistert. Dabei ist Gleichberechtigung sehr wichtig.

Bürgermeister: Nein, ich meine. „Alex“. Da steht „Alex“. Da geht doch jeder davon aus, dass es sich um einen Mann handelt.

Alex Hartmann: „Aber in meinem Lebenslauf steht ganz deutlich, Alex, Kurzform für Alexandra. Geschlecht: Weiblich. Haben Sie meinen Lebenslauf etwa gar nicht gelesen?

Der Bürgermeister packte sein Smartphone. Hastig versuchte er das Email von gestern zu öffnen, und den Anhang. „Was ist denn hier mit dem blöden Wlan“ schimpfte er.

Gastwirtin: Jetzt hören sie mir auf. Ich habe das schon vor Monaten urgiert, wenn die Gemeinde nicht weiter tut“

Bürgermeister: Schluss jetzt. Da … da steht es …..tatsächlich. Alexandra. Ich muss das überlesen haben. Gestern.... In.. in meiner übergroßen Freude....und.... also.... “

Co-Trainer: Die kann ja vermutlich nicht einmal selbst Fußball spielen

Alex: Haben Sie einen Ball?

Ich rollte ihr einen Ball zu, an der Frau Gastwirt vorbei, die noch immer damit beschäftigt war, die Zeugnisse von Alex Hartmann anzusehen.

Alex lupfte den Ball mit dem Fuß hoch. Kopfball, Schulter, Schulter, Kopfball, Schulter, Schulter, Kopfball, Fuß, Fuß, Schulter, Kopfball, Schulter, Kopfball.

Ich pfiff. „Beeindruckend. Wo haben Sie denn das gelernt?“

Alex: Im Gefängnis

Alle schauten ernst.

Alex: „Das war ein Scherz“ lachte sie laut los.

Bürgermeister: Alles schön und gut. Aber. Dankeschön dass sie da waren. Wir müssen Ihnen aber wohl leider absagen. Wir haben ja noch eine Vielzahl anderer Bewerber und...

Bäcker: Haben wir nicht. Sie sind unser einziger Kandidat.

Bürgermeister: Aber das kann nicht funktionieren. Sie verstehen schon.. also...

Alex: Weil ich eine Frau bin?

Gastwirtin: Moment Moment Moment. Sie hat den Trainerschein. Würden Sie für das gebotene Gehalt arbeiten, also 600 Euro im Monat bei freier Unterkunft und Verpflegung

Alex: Sehr gerne, ja

Gastwirtin. Dann sind wir uns einig. Eine Frau ist vielleicht genau das, was unser Haufen an Mimosen braucht. Hinter jedem Mann steht eine starke Frau. Ich bin dafür

(Erhöht die Lautstärke und blickt zum Bäcker)

Gastwirtin: Cornelius, Deine Stimme, und vergiss nicht, dass du mit meiner Schwester verheiratet bist

Bäcker: Ja, ich meine. Bis heute Abend müssen wir einen Trainer nennen. Sonst müssen wir in die Kreisliga. Das will ich nicht. Der Bäcker im Nachbarort, der Verein spielt eine Etage tiefer, lacht sich schon ins Fäustchen. Wir bleiben in der Verbandsliga. Ich bin dafür. Geben wir ihr eine Chance.

Gastwirtin: Herr Kassier?

Kassier: Ich habe offen gesagt meine Bedenken. Aber. Wir müssen bis heute einen Trainer nennen. Und..nachdem der Bürgermeister nicht so gut lesen kann und. mangels Alternativen... ich bin dafür

Gastwirtin: Herr Bürgermeister

Bürgermeister: Naja. Die Hälfte meiner Wähler sind ja Frauen und ich war schon immer für Gleichberechtigung. Wahlen stehen vor der Türe

Gastwirtin: HERR BÜRGERMEISTER

Bürgermeister: ich bin dafür.

Co-Trainer: Wie zur Hölle soll das gehen mit einer Frau? Was ist Ihre erste Trainingseinheit? Konditionschinden im Bett? Wollen Sie Anreize schaffen, wenn die Mannschaft gewinnt? Gruppensex?

Bürgermesiter: NUN IST ES ABER GENUG

Co-Trainer. Ich arbeite sicherlich unter keiner Frau. Das ist ja Witz hier. Ein Witzverein! Suchen Sie sich einen neuen Co-Trainer. Das brauche ich mir nicht bieten lassen, unter einer Frau. Ich trainiere ab morgen wieder die Jugend

Er stand auf und verließ kopfschüttelt den Raum. Die Türe knallte er hinter sich zu.

„Na bumm“ war noch das kreativste, was die versammelte Gruppe herausbrachte. Der verdutzte Blick wurde nur durch das Lachen von der Frau Gastwirt unterbrochen. „Na dann“ lächelte sie. „Dann haben wir ja genug Stimmen für Sie mein Kind. Unterschreiben wir den Vertrag“.

Alex freute sich. Und wir hatten damit, für unseren Verein, ein Mädchen als Trainer.... ob das gut gehen würde?

« Letzte Änderung: 28.August 2016, 11:13:01 von melahide »
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #2 am: 30.August 2016, 02:54:53 »

Cool ne Frau als Trainerin. Bin gespannt...
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #3 am: 30.August 2016, 08:20:44 »

Ach komm, Du hast den Machospruch doch provoziert: Deinem Co-Trainer sollte mal jemand erzählen, dass es durchaus Spaß machen kann, unter einer Frau zu äääääääääääh arbeiten.  ::)
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #4 am: 30.August 2016, 08:33:53 »

Ach komm, Du hast den Machospruch doch provoziert: Deinem Co-Trainer sollte mal jemand erzählen, dass es durchaus Spaß machen kann, unter einer Frau zu äääääääääääh arbeiten.  ::)


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melahide

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #5 am: 31.August 2016, 21:15:09 »

Hallo Jungs,

vielen Dank für das Feedback. Und es geht weiter...ähh... leider gibt es eben 4 Teile "Vorgeschichte" bis die Saison beginnt. Hoffe es wird Euch nicht zu lang...

"Am grünen Feld"
1. Staffen/3. Kapitel


3.

Meine lieben Leser,

Am nächsten Morgen stand ich mit einem Lächeln an der Strandbar und bediente die wenigen Touristen die noch bei uns waren. Sie können sich vielleicht denken, das Einkommen aus diesem Geschäft langt nur für einen kleinen Basisbedarf des Lebens. Wir sind nunmal keine Touristenhochburg, wie unsere Nachbarstädte. Es kommen höchstens einige Surfer, weil es hier kaum Schwimmer gibt. Und die Surfer sind meistens Selbstversorger. Etwas überrascht war ich, als sich eine wunderschöne junge Frau plötzlich zu mir an den Tresen setzte. Ihr Haar war offen, sie hatte ein Strandkleid an. Sie sah atemberaubend aus. Sie lächelte.

Jochen: Na wenn das nicht Alex Hartmann, unsere neue Trainerin ist? Kaffee?
Alex: Wenn das nicht Jochen der Bademeister ist (lacht). Bitte.
Jochen: Schon nervös?
Alex: Nein. Ich gehe gerade die Berichte der letzten Saison durch und bereite mich auf das Training vor. Heute um 17 Uhr, Sie kommen doch?
Jochen: Jeder aus dem Dorf wird kommen. Wissen Sie, bei uns ist nicht so viel los. Wenn es einen neuen Trainer gibt, oder einen neuen Pfarrer, oder einen Arzt. Dann gehen alle hin.
Alex: Na hoffentlich die Spieler auch (lacht)
Jochen: Das wird schon.
Alex: ich habe gehört Sie waren selber Sportler?
Jochen: Wasserball, 2. Bundesliga. Wir waren früher hier eine richtige Wasserballdymnastie. Ich bin auf der Ehrentafel, mit den berühmten Sportlern des Ortes. Gut, da bin eigentlich nur ich drauf. Mit Bademütze. Und irgendwelche Kinder haben mir einen Bart gemalen und meine Augenbrauen verstärkt. Aber man erkennt, wie ich gerade einen Ball werfe.

Sie lachte, als ich mich in Pose warf und so tat, als würde ich einen Ball werfen.

Jochen: Sie haben ein wunderbares Lächeln.
Alex: Noch irgendwelche beruflichen Ratschläge?
Jochen: Wenn Sie zu Mittag in die Sonne gehen, vergessen Sie nicht sich einzucremen
Alex: Danke, Bademeister Jochen. Dann bis zum Training.

Ich hatte nicht übertrieben. Gut 100 Leute waren zum ersten Training gekommen. So viele wie schon lange nicht mehr. Auch der Vorstand war komplett vertreten. Sogar der langjährige Co-Trainer Otto Dietrich, der sich weigerte unter einer Frau den Posten weiter auszuführen, war anwesend. Als Zuschauer. .

Allerdings hatten sich vier der Spieler dazu entschlossen, nicht zu erscheinen Zwei der älteren hatten überraschend am heutigen Tage ihre Karriere beendet. Einer hatte verkündet, in das Nachbardorf gewechselt zu sein. Vom Vierten wusste man nichts.

Der Bürgermeister sprach einige Worte und beendete mit dem Satz: „Wir haben für morgen bereits das erste Testspiel vereinbart. Gegen den 1. FC Greifwald“ war er stolz. „Morgen schon? So etwas müssen Sie mit mir absprechen“ erklärte Alex etwas verwundert.. „Naja, ich...also... sie fangen am besten mit dem Training an“.

Alex versammelte gezählte 14 Männer um sich. Sie bildeten einen Kreis. „So, wir beginnen mit dem Aktivieren. Meine Herren,  bitte die Hände in die Höhe und strecken. Einatmen. Dann. Hintunterbeugen. Ausatmen“.


Keiner von den Spielern machte mit: „Sie sollte das verkehrt herum machen, dann hätten wir wenigstens Ausblick auf ihren Hintern“ kam es von Udo Laimer, dem Kapitän.

Alex: Bitte?

Udo: „Ich meinte. Ich bin der Kapitän der Mannschaft. Und... das was Sie da tun, haben wir noch nie gemacht. Wir wollen Fußball spielen. Und nicht wie Mädchen herumturnen“.

Alex: Gut. Was haben Sie unter ihren früheren Trainern gemacht?“

Udo: Zum Training gekommen, 3 Mal die Woche. Gespielt und gemacht was wir wollten. Das behalten wir auch bei“.

Alex: Na gut, dann machen sie es so.

Udo: Wäre ja noch schöner, mir von einer Frau etwas vorturnen zu lassen.

Die Spieler bestritten ein Trainingsmatch. Alex verließ den Platz und setzte sich zu mir auf die Bank. Sie machte sich derweilen immer wieder Notizen in einen großen Block, der bald über mehrere Seiten gefüllt war. „Jochen, wie heißt der große, ganz vorne?“ fragte sie immer wieder und ich nannte ihr die Namen. Ich war verwundert, was sie alles sah. Sie ließ sich auch nicht davon beirren, dass aus den Zuschauerrängen immer wieder Zwischenrufe kamen. „Spiel ab, geh nach vorne, Grätsche doch hinein, halt ihn fest, steht auf du bist doch kein Mädchen“.

Nach gut einer Stunde pflff Alex das Training ab. „Unter die Dusche“ rief sie.

„Kommen Sie auch mit, wir duschen immer mit dem Trainer“ grinste Udo Laimer. „Ich dusche etwas später“ kam es von Alex. Sie wirkte nicht verlegen, aber war ob der Offenheit von Udo doch ein bisschen verwundert. 

Am nächsten Tag traf sich die Mannschaft zum ersten Testspiel. Alex hatte sich auf einem Clipboard die erste Aufstellung notiert, welche sie der Mannschaft bekannt gab. „Wie, ich sitze auf der Bank? Ich spiele immer“ kam es von Kapitän Udo Laimer, der einer von drei Ersatzspielern war. „Ich setze mich nicht auf die Bank“. „Ich denke, dass Horst Brunner in der Verteidigung spielen sollte, also... “ kam es von Alex. „Ich spiele immer im Mittelfeld“ widersprach ihr Horst. „Ach, die hat doch keine Ahnung“ meinte Udo, nahm Alex das Clipboard weg auf dem sie die Aufstellung notiert hatte. „Ich mache das schon“ erklärte er.

„Los, Peter ins Tor, ich spiele Libero, Joachim und Hesi Manndeckung. Mittelfeld und Angriff gleich wie letztes Jahr. Taktik: Flach spielen hoch gewinnen“ Die Männer lachten, klatschten  und gingen auf das Feld.

Alex setzte sich zu den Zuschauern. Neben mich. Erneut machte sie sich viele Notizen. Ich war beeindruckt, dass sie mittlerweile schon alle Namen kannte. Greifwald war uns haushoch überlegen. Nach 20 Minuten führten sie bereits mit 3:0. Sie waren schneller, organisierter, ausgereifter. Zudem patzte unsere Abwehr einige Male. Nach 60 Minuten war bei unseren Mannen die Luft draußen. Tore fielen ohne Ende. 4:0, 5:0, 6:0... mit einer 9:0 Packung wurde unsere Mannschaft in die Kabine geschickt. Der Bürgermesiter genierte sich nur noch und vergrub seine Hände immer tiefer in den Schoß. Der Bäcker war schweißgebardet. „Jetzt muss ich den Greifwaldern eine Kiste Bier bezahlen, weil wir verloren haben, so eine Erniedrigung“ fluchte er immer wieder.
Liebe Leser, Sie können sich vorstellen, dass die Mannschaft vom eigenen Publikum ausgepfiffen wurde.

Am nächsten Tag trafen sich Kapitän Udo Laimer und der Bürgermeister bei mir an der Strandbar. Ich lauschte nicht, aber ich bekam unfreiwillig den größten Teil des Gespräches mit. Er beschwerte sich massiv.. „Die hat doch keine Ahnung vom Fußball diese Frau. Holen Sie einen richtigen Trainer, sonst blamieren wir uns“. Ich sah aus der Ferne, wie der Bürgermeister versuchte ihn zu beschwichtigen. Und nickte. Ich hörte nur noch ein: „ Vielleicht lässt sie sich darauf ein, dass sie nur noch Pro-Forma auf der Bank sitzt und Sie, Udo, die Taktik und die Aufstellung machen. Ich spreche mit ihr, und heute beim Training.....“ Ich fürchtete wirklich, dass Udo den Bürgermeister überzeugt hatte, Alex wieder zu ersetzen. Diese umwerfende Frau...
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #6 am: 01.September 2016, 15:55:01 »

Klingt gut. Bin gespannt, wie es weiter geht.
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Zu weit exitiert nur in deinem Kopf

melahide

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #7 am: 04.September 2016, 16:38:31 »

"Am grünen Feld"
1. Staffel/4. Kapitel



Liebe Leser,
Verstehen Sie mich nicht falsch. ,Ich habe nichts preisgegeben oder weitererzählt. So einer bin ich nicht. Ich traf nur zufällig die Frau Gastwirt und erzählte ihr was vorgefallen war. Und Sie, liebe Leser, kennen doch die Frau Gastwirt. Da gibt es für sie kein halten mehr. Sie ging zum Bürgermeister um die Situation zu klären.

Was sie getan hatte, wusste ich nicht genau. Ich weiß nur. Die Frau Gastwirt kann höchst überzeugend sein. Um 17 Uhr, als das nächste Training angesetzt war, marschierte der Bürgermeister, mit ernster Miene, gemeinsam mit Trainerin Alex Hartmann auf den Platz. Udo Laimer hatte ein freches Grinsen aufgesetzt. So ernst hatte ich den Bürgermeister noch nie gesehen. „Meine Herren. Es kommt zu Änderungen“ sagte er streng und machte eine kurze Pause. „Udo Laimer ist bis auf weiteres nicht mehr Kapitän unsere Mannschaft. Trainerin Hartmann wird zu gegebener Zeit einen Kapitän benennen. Trainerin Hartmann ist der vom Vorstand bestellte Trainer. Ich erwarte, dass Sie alle als Gentleman und Spieler des Vereines ihren Anweisungen folge leisten. Und nun beginnt ihr mit dem Training. Sonst steht uns, wie wir gestern gesehen haben, eine schlimme Saison vor der Türe. Guten Tag“.

Alex stand nun wieder alleine vor der Mannschaft. In T-Shirt und kurzer Hose. Was diese Frau für wunderschöne Beine hatte.

Alex: Also, seid ihr bereit, mitzuziehen?
Brach sie das Schweigen.
Udo: Wir wollen einen richtigen Trainer.
Alex: Ich bin ein richtiger Trainer
Horst: Einen Trainer mit dem richtigen.... also
Alex: Weil ihr glaubt, ein Mann kann etwas besser als ich?
Udo: Das ist doch wohl jeden klar. Männer sind stärker, ausdauernder... besser....
Alex: Ist das Ihr ernst?
Udo: Wir würden Sie überall schlagen, jeder Mann würde das
Alex: Na schön...  NA SCHÖN
schrie sie nun und schmiss ihre Pfeife und das Clipboard  mit ihren Notizen auf den Boden

Alex: Wir laufen. Ich gegen Euch. Runden um den Sportplatz. Wenn ich vor Euch aufgebe, trete ich als Trainerin zurück und ihr seid mich los. Aber wenn ich länger aushalte, als ihr alle zusammen... dann weht hier ein anderer Wind. Und ihr macht das, was ich sage. Einverstanden?

Udo: Haha, wir sind trainierte Sportler. Du hast keine Chance Schnecke

Alex: Einverstanden? Bademeister Jochen wird die Runden notieren und als Schiedsrichter aufpassen, dass alles fair zugeht. Einverstanden?

Alex streckte Udo Laimer die Hand entgegen.

Udo: Einverstanden

Alex: Na dann los


Das Feld begann damit, relativ zügig Runden zu laufen. Udo, Horst, Peter zogen vorne weg. Alex folgte ihnen im Mittelfeld. Es ging Runden um Runden um den Platz. Der erste, Sascha, stolperte total außer Atem nach 15 Minuten. „Sascha, ausgeschieden“ sagte ich streng. Er setzte sich zu mir auf die Bank und versuchte sich Luft zuzuwacheln.

Der Reihe nach schieden weitere aus. Richard. Clemens. Tobias. Michael. Hain. Lukas... Andreas. Christian.

Nach einer Stunde waren nur noch Udo, Peter, Horst, Max und Trainerin Alex über. Die Gruppe an Leuten, die schon neben mir auf dem Boden saßen, wurde immer größer. Mittlerweile führten das kleine Feld Udo und Alex an. Horst und Peter trabbten nur noch hinterher. 70 Minuten waren vergangen. „Ich kann nicht mehr“ erklärte Horst. Er gab auf. „Das ist unmenschlich, das haltet ja niemand aus“. Er ließ sich mit schweren Beinen auf den Boden fallen. „Wasser“ stöhnte er und robbte zur Wasserleitung  Peter war gerade von Udo und Alex überrundet worden. „Ich höre auch auf, das bringt nichts“ und schmiss sich in den Rasen.

Udo und Alex drehten weiter ihre Runden. Auch, dass es leicht zu Nieseln begann, störte sie nicht weiter. Nur einmal sagte Udo: „Wenn es schüttet, machen wir morgen weiter, ja?“. Doch von Alex kam nur ein: „Aufgeben heißt verlieren“. Ich fasste es nicht. Weitere 20 Minuten vergingen, sie rannten, rannten und rannten. Aus der Aktion „Mannschaft gegen Trainerin“ war ein Kampf Mann gegen Mann … oder Frau... bzw. Eins gegen Eins geworden.

Alex und Udo waren auf gleicher Höhe. „Du hast, im Vergleich zu den anderen gar keine schlechte Kondition“ erklärte Alex leicht bewundernd. Udo biss die Zähne zusammen. „Eine bessere als Du auf alle Fälle“. Man merkte wie er mittlerweile um jeden Schritt kämpfte. „Um fair zu bleiben, muss ich Dir aber etwas sagen“ keuchte Alex, als sie gerade an uns vorbei liefen. „Ich laufe den Iron Man in Frankfurt...das vierte Mal dieses Jahr....“   „Was, ach du scheiße“ rief Udo aus. Das gab ihm den Rest. Das letzte Adrenalin, das ihn dazu gebracht hatte weiterzulaufen, entschwand aus seinem Körper. Udo stolperte. Aus vollem Lauf und mit voller Wucht fiel er auf den Boden. Er konnte gar nicht mehr aufstehen. Bis an das andere Ende des Platzes konnte man ihn atmen hören.

Alex schaute nur kurz zurück und beendete die Runde. Verschwitzt, aber scheinbar erleichtert, stellte sie sich vor die ausgelaugte Mannschaft. „Also, wer ist der Sieger?“ fragte sie in die Runde.

„Sie“ kam es von der Mannschaft leise zurück. „Sie wer?“ fragte Alex. „Trainerin Alex Hartmann“ kam es von der Mannschaft. 

„Und ihr haltet euch an die Vereinbarung?“

Die Spieler nickten“.

„Ja, du hast was drauf“ erklärte Max, der sichtlich schon wieder zu Kräften gekommen war.

„Ja, gar nicht mal so schlecht, für ein Mädchen“ pflichtete Peter ihm bei.

„Also dann... wo seid ihr morgen um 17 Uhr alle?“

„Bein Training Trainer“ kam es von der Mannschaft.

„Und ab mogen, mache ich aus euch Saftsäcken eine Mannschaft. Jochen, fahren Sie mich nach Hause....“

Ja... bis morgen beim Training.

Am nächsten Tag, meine lieben Leser, versammelten sich die Mannschaft wieder zum Training. Ich war einer der wenigen, Zuschauer die erneut gekommen waren. Ich kam gerade rechtzeitig, um die Spieler über deren Muskelkater klagen zu hören. Nein, ich war nicht absichtlich zu spät. Ich wollte für das Training, warum auch immer, meine Sporthose tragen. Und es dauette doch länger als gedacht, bis ich diese fand.

Alex schaute etwas überrascht, als ich mich zu ihr gesellte. „Ah, Bademesiter Jochen, Sie beehren uns?“ fragte sie. „Ja, ich... ja, ich beehre Sie“ stotterte ich. „Haben Sie mich heute gesucht?“ fragte sie etwas unschuldig und blickte mich an. „Ich Sie? Wie, ich meine, also, warum, wie kommen Sie darauf?“ stotterte ich noch einmal. „Naja, sie sind heute im Laufe des  Tages ungefähr fünf Mal an meinem Zimmerfenster vorbei gegangen und führten vor der Türe monologe? Ich dachte....“ blickte sie mich an. „Nein, das war... ich wollte... ich wollte Ihnen nur viel Glück wünschen und Ihnen sagen, dass sie bei der Überquerung der Hauptstraße aufpassen sollen. Sie sind ja nicht ortskundig.. und da gibt es einige Leute, die diese Straße gerne als Rennbahn missbrauchen und einfach durch den Ort schießen. Nicht, dass Ihnen etwas passiert“ stammelte ich hervor. „Also... außer Ihnen habe ich heute dort niemanden gesehen....“ meinte sie.  Die Mannschaft lachte.

„Gut, dann bilden wir eine Reihe und beginnen mit dem Aktivieren und etwas Kondition. Bademeister Jochen, Sie sollten sich der Reihe anschließen. Was ich so sehe, hat Ihre Hose auch schon einmal besser gesessen“ lachte sie. Ich lachte verlegen. Machte aber bereitwillig mit. Schon alleine, um weiter in der Nähe von Alex sein zu können.

„Also, Beine überkreuzen und versuchen, den großen Zehen mit dem Finger zu berühren, so wie ich“ machte Alex es vor. „Ihr habt gehört, was die Trainerin gesagt hat, nachmachen, alle“ gab Udo Laimer Kommando. Nach der Aufwärmphase vollzog sie ein Zirkeltraining. „Fitness ist sehr wichtig für das Spiel. Wir machen heute 15 Minuten Zirkeltraining und steigern uns Tag für Tag“ erklärte sie. Danach versammelte sie die Mannschaft und holte mich an ihre Seite.

„Ihr wisst es vielleicht. Vier Dinge sind im Fußball von entscheidender Bedeutung“ erklärte sie. „Bademeister Jochen, wissen Sie welche das sind?“ fragte sie und sah mich an. „Ja, also...“ stotterte ich.

Alex: Kondition
Jochen: Natürlich, Kondition, das wichtigste
Alex: Technik
Jochen: Natürlich, wie konnte ich Technik vergessen
Alex: Taktik
Jochen: Das Allerwichtigste. Die Taktik.
Alex: Und die Psychologie des Spieles
Ich schaute sie fragend an. Gleich wie die Mannschaft.

Alex: Da fällt mir ein, Bademeister Jochen, würden Sie mir einen kleinen, persönlichen Gefallen tun?
Jochen: Jeden den sie wollen
Udo: Bademeister Jochen ist in die Trainerin verknallt. Die Mannschaft lachte laut auf.
Alex: Ruhe! Beim Training wird nicht gelacht“ sagte sie streng, um mich zuckersüß anzulächeln
Alex:  Mir ist mein Co-Trainer abhanden gekommen. Hätten Sie Interesse daran diese Stelle auszufüllen?
Jochen: Co-Trainer? Ich verstehe überhaupt nichts von Fußballtraining....
Peter: Ja Jochen, du hast Jahrelang Wasserball gespielt. Die Trainingsmethoden sind da doch wohl die gleichen. Du kannst das sicherlich gut.
Jochen: Ich weiß nicht...
Alex: Für mich???? (Rehaugen)
Udo: Ja, tu es für die Trainerin Bademeister Jochen (meinte er sehr süffissant)
Jochen: Na schön, also gut.

Alex: Sehr schön. Nachdem ich gesehen habe, dass ...eigentlich das komplette Team... zwischen zwei Beschäftigungsverhältnissen steht...
Udo: Die haben die Fabrik geschlossen. Wir haben alle dort gearbeitet
Alex: Das war kein Vorworf Udo. Also alle bis auf Walter, und Du bist Lehrer... also hat jeder schön Zeit. Wir trainieren ab sofort an 5 Tagen die Woche, einmal um 10 Uhr, einmal um 17 Uhr. Ich habe angekündigt aus euch eine Mannschaft zu machen
Udo: So oft trainieren?
Alex: Herr LAIMER...
Udo: Bin dabei, ich habe nichts zu tun. Alle machen mit. Wir alle!
Alex: Da fällt mir ein. Bademesiter Jochen
Jochen: Co-Trainer Jochen bittesehr
Alex: Würden Sie mir noch eine klitzeklitzekleine letzte persönliche Gefälligkeit erweisen?
Jochen: Ähh... kommt darauf an.
Alex: Uns sind für das Team ein paar Spieler abhanden gekommen. Wäre es möglich, dass Sie uns … aus der Jugend, oder einer zweiten Mannschaft so fern vorhanden, oder sonst wie... noch 4 bis 8 Spieler besorgen?
Jochen: Also das...
Alex: Für mich?
Udo: Was ich so gesehen habe, sind zwei Leute in der Jugend ganz gut. Die sind zwar erst 16, beide, aber...
Alex: Ich nehme alles, was ich bekommen kann.

So ging es Tag für Tag. Aktivieren, Zirkeltraining. Danach sämtliche Übungen, ausschließlich mit dem Ball. Auch in die Laufübungen wurde der Ball eingebaut. Die Mannschaft wurde besser, mit jedem Tag. Von der Kondition, vom lesen des Spieles, von der Taktik, von der Technik. Jeder der Spieler lernte von Alex, die unermüdlich auf Ballhöhe war, das Spiel stoppte, erklärte, wiederholen ließ, immer neue Übungen vorzeigte und laut Anweisungen schrie. „Spielerisch lösen, nicht den Ball einfach weghauen, spielerisch“. „Nein, nicht so, mehr passen, Horst, Du hast 10 Mitspieler, lasst den Ball wandern, dann müsst ihr nicht so viel laufen“. Ausgefuchste Passübungen wurden gemacht, welche die Spieler in Spielsituationen umsetzen sollten.  „Ruhe ins Spiel bringen, passen, wenn der Gegner den Ball hat den Raum abdecken“. Meine Rolle, meine lieben Leser, überforderte mich am Anfang, und forderte mich über einige Trainingssitzungen hinweg. Ich lernte von Alex sehr viel über Fußball, leitete in der zweiten Woche das Tomanntraining  und in der dritten schon eine Trainingsgruppe. Es war fast gleich wie beim Wasserball. Fast. Nur dass man eben mehr mit dem Fuß als mit der Hand... .sie kennen das sicher?

Taktisch verbesserte sich die Mannschaft ebenso. Alex veranschaulichte alles, theoretisch und praktisch. Versammelte die Mannschaft immer wieder in den Kreis, hockte sich in die Mitte, und sprach mit den Spielern. „Ihr habt doch sicherlich alle die Europameisterschaft verfolgt?“ fragte sie an einem Tag. „Wow, wie Portugal gespielt hat. Ich werde diese Saison spielen wie Ronaldo“ erklärte Max und die Mannschaft lachte. „Frankreich war toll, Griezmann, was für ein Spieler“ schwärmte Hain. „Gute Beispiele“ erklärte Alex. „Aber wir werden uns taktisch anders orientieren“ erklärte sie geheimnisvoll. „Unser Plan wird es sein, uns zu organisieren und auf Qualität zu setzen. So wie Island. Ein Spiel wie Island“ erklärte sie. Und da wir in der Mannschaft nicht genug Spieler hatten, um Spielformen zu trainieren, musste Kurzerhand die A-Jugend für interne Trainingsspiele herhalten. Das war zwar nur zweimal die Woche möglich. Aber...man muss sich zu helfen wissen. Und helfen konnten wir uns.

Nach drei Wochen wirklich intensiver Vorbereitung waren wir bereit für unser erstes Meisterschaftsspiel in der Verbandsliga. Ich war aufgeregt und konnte es kaum noch erwarten.
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #8 am: 04.September 2016, 16:58:49 »

Ich freu mich auch aufs erste Pflichtspiel. Coole Story bisher, die diesen Namen wirklich verdient.
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #9 am: 04.September 2016, 17:22:46 »

Gefällt mir auch sehr gut, schön geschrieben, weiter so :)
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #10 am: 07.September 2016, 20:49:54 »

"Am grünen Feld"
1. Steffel/5. Kapitel



Meine lieben Leser,

im letzten Kapitel unserer Geschichte habe ich Ihnen ein bisschen von unserer Vorbereitung erzählt. Sie erinnern sich vermutlich? Und davor sprach ich auch ab und zu über die „Not am Manne“ in unserem Kader. Die Vorbereitung hatten wir wirklich mit nur 14 Mann. 1 Tormann, 13 Feldspielern, absolvieren müssen. Die Versuche, in unserer A-Jugend Spieler zu finden die wir „hochziehen“ konnten, waren nicht sehr erfolgreich. Einerseits, waren sie für den Erwachsenenfußball noch zu jung oder körperlich zu schwach. Aber, und das war wohl viel bedeutender, war auch die A-Jugend nur mit 15 Spielern gesegnet, mit denen sie die gesamte Saison bestreiten mussten. Und eine B-Jugend, die das gnnze kompensieren hätte können, gab es nicht. Es war also fast unmöglich, aus der Jugend Spieler abzuziehen. 

Sie können sich nun sicherlich denken, dass Trainerin Alex Hartmann fast täglich auf das Gemeindeamt ging, um den Bürgermeister, der auch gleichzeitig unser Vereinsobmann war, davon zu überzeugen, weitere Spieler für die Mannschaft zu verpflichten. Und diese Aufmärsche waren nicht wirklich schön.. Denn jedes Mal wurde sie mit einer Ausrede abgespeist.. „Unser Budget ist schon fast ausgereizt, wir können keine neuen Spieler holen“ oder „Wir hatten schon mit zwei Spielern Kontakt, aber als die hörten was wir bezahlen, sagten sie ab“. Oder „so sehr wir unser Dorf auch lieben. Aber große Karrieren haben hier noch nicht begonnen. In die Auslage kann sich hier niemand spielen, das wissen die Spieler...“ Oder der Höhepunkt: „Andere Vereine bezahlen halt viel mehr“. Dass es an so etwas lächerlichem wie Geld scheitern sollte, wollte Alex nicht akzeptieren.

Natürlich wusste ich, dass der Ausstieg des Hauptsponsors – der Zementfabrik - vor einigen Jahren nicht kompensiert werden können. Andere Bereiche des Vereines, wie Tennis oder Wasserball, mussten sogar ganz gesperrt werden. Der Fußball kämfte seither um sein überleben. Es war bekannt, dass der Verein unterfinanziert war und die letzten Jahre auch immer mit einem negativen Ergbnis abgeschlossen hatte. Wie hoch die Schulden genau waren, darüber machte niemand eine Angabe.

Sie hätten alle das überraschte Gesicht von Alex Hartmann sehen sollen, als unser Bürgermeister nebst Kassier bei einem Training aus dem Auto stieg, gemeinsam mit einem mir unbekannten Mann. Der Bürgermesiter lachte verlegen, als er sich auf den Weg zu uns machte. „Also, eigentlich wollten unser Kassier der Herr Albert und ich eigentlich nur nach Polen zum Einkaufen fahren. Aber irgendwie... haben wir ein bisschen mit alten Bekannten gesprochen und nun.... haben wir Ihnen einen Spieler mitgebracht. Aus Polen. Das Verlesen des Namens ersparen Sie mir bitte“. Der Bürgermeister lachte laut auf.

„Aber ich dachte... wir können uns keinen Spieler mehr leisten?“ fragte Alex etwas verwundert. „Er“ (räuspert sich), „er wird für eine Aufwandsentschädigung für uns Spielen. Ein kleines Fixum, Einsatzprämie und Siegprämie. Dann wird das nicht so teuer“ lachte er und rieb sich die Hände. „Aber“ wollte Alex ihn unterbrechen. „Außerdem“ fiel ihr der Bürgermeister ins Wort, „wird er auch noch für 10 Stunden die Woche bei der Gemeinde angestellt, in der Grünanlagenpflege. Der hat sich ein Loch in den Bauch gefreut, als ich ihm sagte, was er bei uns verdienen wird“ lachte der Bürgermeister erneut.

“Was?“ kam es nun etwas erboßt von Peter Huber, unserm Tormann. „Ich habe mich schon vor Monaten bei der Gemeinde beworben, und sie sagten mir, dass sie niemanden benötigen?“ kam es von ihm. „Sie sagten es sei kein Geld da“ beschwerte er sich. „Sonderbudget bis Jahresende.“ kam es vom Bürgermeister, immer noch lachend. „Welche Position spielt er?“ fragte Alex. „Position?“ fragte der Bürgermeister etwas überrascht. „Ja so... Stürmer... Abwehr???“ fragte Alex ihn und deutete mit den Händen nach vorne und hinten. „Achso... ja... also... achso.....“ der Bürgermeister kratzte sich. „Zentrales Mittelfeld“ kam es vom Kassier Herr Albert. „Ich wollte einen linken Verteidiger haben, oder einen Stürmer“ kam es von Alex fast schon enttäuscht.

„Also wirklich... freut Euch, dass ihr einen neuen Mannschaftskollegen habt“ rief er, drehte sich um und verließ den Trainingsplatz, fast schon beleidigt, in Richtung Vereinslokal.

Gut. Die Schwierigkeit mit dem neuen Spieler war, dass er nur Polnisch konnte. Kein Wort Deutsch, kein Wort Englisch. Zum Glück wusse einer der Spieler zu berichten, dass sein Großvater zu Hause von einer polnischen Pflegerin betreut wurde. Diese konnte, per Telefon, wirklich die wichtigsten Fragen klären. Und versprach, zu einer der nächsten Trainingseinheiten zu kommen. Der Spieler selbst kam in den nächsten Tagen immer wieder zu mir, weil er versuchte,mir etwas zu erklären. Dass eine Frau Cheftrainerin war, überforderte ihn scheinbar.

In dieser Woche vertieften wir vor allem die Taktik. Alex bildete in Abwehr und Mittelfeld zwei Viererreihen, die meistens mit einem Seil verbunden, jeweils mit Ball, über den Platz laufen mussten. Der Anblick an sich war schon eigenartig.

Schließlich stand am Wochenende das erste Bewerbsspiel an. Die Aufregung in uns allen war kaum noch aufzuhalten. Traditionell wurde die Saison mit der 1. Runde des Cups Meckelburg-Vorpommers begonnen. Unser Gegner in dieser Runde war der SV Pastow. Eine nicht so überragende Mannschaft, die sich mit uns zumindest auf Augenhöhe befinden sollte. Sollte wie gesagt.

Trainerin Alex Hartmann schickte die Mannschaft eine Stunde vor Beginn des Spieles  zum Aufwärmen/Aktivieren. Sie ließ die Mannschaft in 2 Kreisen „5 gegen 2“ spielen und holte die Mannschaft danach zur Abschlussbesprochung. Rein taktisch hatte sich die Trainerin – ich korregiere – hatte das Trainerteam, sich für ein 4-1-4-1 entschieden.

Im Tor stand Peter Huber. Peter war schon seit einigen Jahren unser Stammtorhüter. Seit 5 Jahren um genau zu sein. Er übernahm diese Rolle von Michael Kern, der unser Tor sage und schreibe 20 Jahre lang hütete. Michael war eine Legende bei uns. Seine Karriere hatte er – zumindst offiziell noch nicht beendet. Michael war auch in dieser Saison noch als Ersatztormann bei uns registriert. Er sagte jedes Jahr: „Falls etwas passiert, bin ich bereit“. Unser jetziger Tormann Peter Huber träumte davon, diesen Rekord von Michael einzustellen. Naja, 15 Jahre fehlten ihn dazu noch.

Am Rechten Flügel spielte Richard Ziemer. Ein hoffentlich sehr dynamischer junger Mann. Für die linke Abwehr hatten wir uns diese Woche nun doch einen Spieler aus der A-Jugend ausborgen können. Mario Kaufmann. Er war zwar ein Rechtsfuß, aber der 17jährige kam auf der Position des linken Verteidigers noch am besten zurecht. Denn einen Linksfuß für die Abwehr hatten wir ohnehin nicht.

Die Innenverteidigung bildeten doch etwas überraschend Maximilian Mümken und Clemens Rademacher, die Alex derzeit einfach für stärker hielt als die Alternativen. „Außerdem verstehen sich Max und Clemens auf dem Feld“ sagte sie immer wieder. Ganz am Anfang hatte sie noch Horst Brunner als neuen Abwehrchef favorisiert. Aber irgendwie fand sie die Synergien zwischen Max und Clemens besser. Das lag wohl auch daran, dass Max Ballsicher und spielerisch stärker war.. Clemens wiederrum war Kopfball- und Zweikampfstark.

Im defensiven Mittelfeld hatte Alex sich Udo Laimer ausgedacht. „Er spielte in der letzten Saison die Position eines Liberos. Die spielt er jetzt auch. Nur eben zwischen Mittelfeld und Abwehr“ erklrte sie. Udo sollte sich zwischen 16 Meter und Mittellinie aufhalten und dort als laufstarker Abräumer alles – wie die Position schon sagt - abräumen, was es nötig war abgeräumt zu werden. Da er im Training überzeugte, bot ich ihm an, bei mir an der Strandbar aushelfen zu dürfen. Haha. Abräumer! Sie verstehen den Witz? 

Die 4er Kette im Mittelfeld bestand aus zwei Flügelspielern, rechts Hain Brauer und links Christian Birkenbach. In der Zentrale wurden der bei Standardsituationen gefährliche Michael Chau als klassischer Zentraler Mittelfeldspieler (ja, Sie haben richtig gedacht, der Vater von Michael war ein in 2. Generation lebender Migrant aus Hongkong)  und unser polnischer Legionär Bartozs Syzmanski aufgestellt. Bartozs sollte hierbei die Rolle eines vorgeschobenen Spielgestalters übernehmen. Unser Tobias Scharlau, der eigentlich aufgeboten werden sollte, hatte sich nur einen Tag vor dem Spiel verletzt gemeldet. Er würde mit einer Oberschenkelzerrung wohl zwei Wochen ausfallen.

Die Solospitze, die eine Art Falsche 9 geben sollte, war Lukas Völker, der letztes Jahr noch auf der Außenbahn zum Einsatz gekommen war. Alex wollte ihn unbedingt als Stürmer ausprobieren. Auf der anderen Seite... wollte war ein bisschen übertrieben. Wir hatten keinen anderen im Kader, dem sie diese Position zutraute.

Hier sehen Sie die Aufstellung:


Und die Taktik


Gerne würde ich jetzt berichten, dass das 1. Spiel einem Volksfest gleich kam. Nur war dem nicht so. Nein. Gezählte 103 Besucher hatten sich an diesem Samstag Nachmittag „Am grünen Feld“ eingefunden. So hieß unser Stadion. „Am grünen Feld“... Deswegen waren unsere Vereinsfarben auch Grün/Weiß. Gras und Linien. Sie verstehen?

Unsere Mannschaft begann mehr als nervös. In den ersten Sekunden gab es bereits einige Fehlpässe. Pastow erkannte dies. Mit einem langen, weiten Pass versuchten sie nach wenigen Augenblicken unsere Abwehr zu überlisten. Verteidiger Clemens Rademacher und unser junger linker Verteidiger, Mario Kaufmann, waren sich uneinig, wer diesen langen Ball nun klären sollte. Im Endeffekt machte es keiner von den beiden. Ein Gegner erkannte dies, schnappte sich den Ball, lief fröhlich durch die offene Verteidigung, spielte den Ball ab, auf einen frei stehenden Strmer, der den Ball nur noch einschieben musste. TOR. 0:1 nach 90 Sekunden Spielzeit. Ein raunen ging durch das kleine Publikum. Alex tobte an der Linie. „Na, funktioniert ja super, diese Viererkette“ spottete einer aus dem Publikum. „Frau als Trainer, hab ich ja gleich gewusst“ kam es von anderer Seite. „Such dir lieber einen Mann und geh kochen“ war nun die dritte Wortmeldung die ich hören konnte. Alex stand an der Linie, sie war aufgebracht und wild. Ich stellte mich neben sie, versuchte zunächst die Mannschaft, danach sie zu beruhigen. Fast so, als wären wir Good Cop/Bad Cop.

Beim Wiederanstoß ließ die Mannschaft den Ball ein bisschen in den eigenen Reihen zirkulieren, vermutlich um sich wieder aufzurichten. Nach einigen Unsicherheiten, hatten sie aber zumindst den Ball im Griff. Pastow zog sich zurück, versuchte das Ergebnis zu halten und höchstens noch Konterschläge durchzuführen, unsere Mannschaft hatte nicht wirklich Ideen. Sie bauten zwar immer wieder Angriffe über die Flügel auf, aber die wenigen Chancen die wir erhielten, verstolperte Lukas Völkel ziemlich planlos. Mit 0:1 gingen wir in die Halbzeit.

In der 2. Spielhälte hatte sich die Mannschaft mehr als Erfangen. Mit Bedacht wurden Spielsituationen aufgebaut, immer nach vorne. 2,3 Kombinationen, pass auf den Flügel, flanke nach innen. Lukas Völker bekam in dieser Zeit drei, vier Möglichkeiten, die ein Stürmer verwerten muss.  „Der verkackt heute alles“ stammelte Alex. „Aber ich will ihn nicht raus nehmen. Er lauft, kämpft, racketr...“ nur um bei der nächsten vergebenen Möglichkeit zu fluchen. „Verdammt, warum hab ich ihn nicht rausgenommen“

Es wurde immer später. Die Zeit lief uns davon. Chau schaute in der 80. Minute auf. Sah Brauer der am rechten Flügel wartet. Bekommt den Ball, bricht durch. Passt zurück. Völker verstolpert. Bierbecher fliegen. Völker kämpft ich den Ball zurück, hat ihn, könnte schießen. Tut es aber nicht. Er passt zurück in den freien Raum. „Da ist doch keiner“ rufe ich nun fast schon agressiv auf den Platz. Doch wir alle haben Bartozs Syzmanski übersehen. Der kommt aus vollem Lauf angerannt. Zieht ab. Der Ball ist scharf, halbhoch. Der Tormann fliegt. Der Ball geht vorbei. TOR!!! 1:1. Die Mannschaft jubelt. Die 100 Menschen drumherum jubeln. Alex jubelt. Sie springt mir in die Arme, drückt mich fest. Ich erwiedere dies. Ach, würde dies nie enden. Doch Alex lässt mich los.

„Weiter Jungs, vorwärts, weiter“ kommandiert sie. Wir drücken nach vorne. Aber auch Pastow wird  wieder aktiver. Lauern auf Konterstöße, auf das entscheidende Tor. Da kommt auch schon einer durch. Nein. Udo hat ihn. Udo hat ihn. Er passt auf Chau. Der macht den Seitenwechsel auf Christian Birkenbach. Der kombiniert mit Bartosz. Birkenbach hat noch immer den Ball. Flanke. Völkel per Kopf, der Tormann wehrt ab. Nachschuss von Völkel, der Tormann hat ihn schon wieder, Christian Birkenbach hat wieder den Ball. Stoppt ihn, versucht einen Haken, geht an der 16er Linie vorbei. Flankt. Szymanski ist da, schießt, aber ein Bein ist dazwischen, der Ball springt ab. Plötzlich steht da Lukas Völkel, ganz alleine im Fünf Meter Raum, der hält lässig den Fuß hin. Toooooooooorrrrrrr! 2:1. Alex und ich können es nicht fassen. Lukas hat getroffen! Alle 11 Spieler sind ineinander gekeilt in einer Menschentraube. Ich musste Alex zurückhalten, sonst hätte sie sich in diese Traube geworfen. Die Mannschaft will gar nicht mehr aufhören zu jubeln. Mittlerweile bekam schon der 3. unserer Spieler eine gelbe Karte wegen zu ausgibigem Torjubel. Aber als ich rufe: „Jetzt lass doch, die Jungs freuen sich nur“ zeigt er mir, dass ich mich auf die Trainerbank zurückziehen soll. Nach zwei weiteren Minuten erlöst er uns. 2:1 im Cup. Wir haben gewonnen. Welch ein Balsam auf unsere Wunden.
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #11 am: 07.September 2016, 22:32:16 »

Wahnsinn, wie viel Arbeit Du da reinsteckst. Liest sich super.
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #12 am: 08.September 2016, 05:43:46 »

Macht echt Spaß deine Story zu verfolgen. Allerdings stört der ein oder andere Rechtschreibfehler den Lesefluss etwas.
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Zu weit exitiert nur in deinem Kopf

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #13 am: 11.September 2016, 17:37:47 »

Hallo,

vielen Dank für´s Lesen und die Feedbacks :)
Es geht schon weiter :)

Am grünen Feld
1. Staffel/ 6. Kapitel


Meine lieben Leser,

unsere Mannschaft hatte in dieser Woche eine wunderbare Stimmung fabriziert. Wir hatten unser Auftanktspiel gewonnen. Jene Mannschaft, die im letzten Jahr fast nur Niederlagen kannte. Die Spieler lachten. Sie fühlten sich stolz. Und befreit. Beinahe gelöst, würde ich fast sagen.
Alex Hartmann achtete aber darauf, dass die Mannschaft den Sieg nicht zu euphorisch nahm.

Im Training sprach sie immer wieder an, was nicht so gut funktioniert hatte. „Lukas, du hast viel zu viele Chancen vergeben“ sagte sie ernst und versuchte, im Einzeltraining, mit ihm daran zu arbeiten. Immer wieder ließ sie sich neue Übungen einfallen. So ließ sie die Spieler zB in Gruppen „Dreiecke“ Bilden, wobei zwei der „Dreiecke“ die Aufgabe hatten zu laufen und sich den Ball über Kurzpässe – mit einmal berühren – zuzuspielen, während die zwei anderen Dreiecke versuchen mussten, mit temporeichem Gegenpressen den Ball abzufangen. Gelang es ihnen, hatten eben diese Gruppe die Aufgabe, den Ball zu halten. Erschwert wurde diese Übung dadurch, dass die „überzähligen“ Spieler, aber auch die Trainer, sich immer wieder als neutrale Störfaktoren einmischten und somit den Unberechenkeitsfaktor hoch hielten.


Alex lebte jede einzelne Siutation auf dem Platz mit und kommentierte diese. „Bewegt euch, keiner bleibt stehen, anbieten, sofort abspielen, nicht warten“ oder sie gab Kommandos: „Dreieckspass,  nur mit einmal berühren und die anderen bewegen sich. Nein Lukas, nicht stehen bleiben, immer in Bewegung und wenn du siehst dass ein Pass zu dir kommt schon früher loslaufen. Denke daran, dein Gegenspieler wird dich im Spiel verfolgen, du musst rechtzeitig da sein. Weiterlaufen, Weiterlaufen, auch wenn es anstrengend ist und hinein in die Schnittstelle, nein, nein, nein, der 6er spielt nur einfach. Immer nur einfache Pässe. Ruhig bleiben, lasst den Ball laufen, der Ball wird niemals müde, immer nur mit einem Kontakt, ein Kontakt. Organisiert bleiben, jeder hat seine Position, diese muss abgedeckt sein“...   


Voller Vorfreude wartete die gesamte Mannschaft auf das nächste Wochenende. Denn nach unserem Pokalsieg fand hier das 1. Meisterschaftsspiel statt. Ein Auswärtsspiel. Was bedeutete, dass wir mit einem kleinen, gemieteten Bus, 19 Mann hoch, aufbrachen. Die Stimmung auf der Fahrt war ausgelassen und gut. Ich saß mit Alex Hartmann in einer  Bank, wir besprachen Varianten, Spielzüge, taktisches. Aber auch ein bisschen etwas persönliches. Ich war fast schon traurig, als unsere Fahrt nach drei Stunden zu Ende ging.

Drei Stunden? Ja. Denn unser heutiger Gegner war der SG Aufbau Bolzenburg. „Würden die in der Hamburger Stadtliga spielen, wäre der Anfahrtsweg der Hamburger nicht weiter als unserer“ schimpfte ich. Wir kannten die SG noch vom letzten Jahr. Wir hatten uns mit diesem Verein im letzten Jahr ein spannendes Duell um den Abstieg geliefert. Bis die eben gerettet waren, und wir nicht absteigen mussten,  da zwei Vereine ihre Lizenz verloren hatten. Deshalb wussten wir ganz genau, dass dieser Gegner eine Messlatte für uns war. Wir würden wissen, wo wir standen.                                                                       
 
1. Spieltag: SG Aufbau Bolzenburg – SV Wacker Neufeld

Erneut spulten wir vor dem Spiel unser Programm ab. Aktivieren, 5 gegen 2 in zwei Kreisen, danach noch kurze Besprechung, wo wir den Spielern noch einmal erklärten, wie ihre Rolle sein sollte. Von der Aufstellung her schickten wir die selbe Mannschaft auf das Feld, die in der letzten Woche gewonnen hatte. Tobias Scharlau war immer noch verletzt. Er hatte sich aber entschieden, die Auswärtsfahrt mitzumachen, um seine Kollegen zu unterstützen.

Unser 4-1-4-1 funktionierte gut. Die Mannschaft spielte, kombinierte, trat organisiert auf. Und das was der Gegner über die Mittellinie brachte, wurde zum größten Teil bereits von Udo Laimer abgeräumt. Nur nach vorne funktionierte wenig. Verstehen Sie mich nicht falsch. Wir generierten Chancen, sowohl durch die Mitte als auch über die Flügel. Aber es war unser Stürmer Lukas Völkler, der nahezu alle Chancen ausließ. Entweder schloss er zu überhastet ab, oder er verstolperte sang und klanglos. Alex fieberte an der Linie mit und bei jeder vergebenen Chance wurde sie frustrierter. „Jochen, wie viele waren das jetzt? 8? Das war doch die 8te Chance. Das gibt es doch nicht“ schrie sie irgendwann.

Doch. Das war so. Es dauerte lange, bis in die 74. Minute. Es war Szymanski der eine gute Idee hatte. Ein Doppelpass mit Chau, ein Querpass auf Lukas Völkel, der richtig startete und in Richtung Tor lief. Im Strafraum stürmte plötzlich ein Verteidiger der Bolzenburger heran. Klassisch grätschte er Lukas von hinten nieder. Der Schiedsrichter pfiff. Elfmeter. Rote Karte für den Spieler. „Hat er das jetzt als Verhinderung einer offensichtlichen Torchance gewertet?“ fragte ich Alex mit einem naiven Blick „Natürlich. War ja eine. Sie lernen es langsam Jochen“ kam es von ihr nur zurück. „Naja, aber der Schiedsrichtet hätte auch sagen können, es war keine. Lukas hätte ja ohnehin nicht getroffen“ spottete ich. Das brachte mir einen bösen Blick von Alex ein. Aber ich hatte doch recht.

Es war Udo Laimer der sich den Ball schnappte und die Verantwortung übernahm. Ihn sich auflegte. „Hoffentlich trifft er“ flehte Alex. Udo lief an, Schuss. Tor! !:0! Er ballte die Faust in die Richtung von der Trainerbank. Die Mannschaft tätschelte ihn ab. Trocken und abgebrüht spielte die Mannschaft die letzten 15 Minuten hinunter. Und um unsere Nerven noch ein bisschen zu schonen, brachten wir für die letzten 10 Minuten Andreas Meyer für Lukas Völker. Der verstolperte nicht weniger Chancen...  Bei diesem Ergebnis blieb es. Wir feierten den ersten Meisterschaftssieg, seit über einem halben Jahr.

Auf der Heimfahrt, die Mannschaft feierte verdient ihren Sieg, hatte es sich Alex Hartmann auf meiner Schulter bequem gemacht. Sie schlief friedlich. Ihre Haare durften so wunderbar...

2. Spieltag: SV Wacker Neufeld – FSV Einheit Ueckermünde

Die Woche darauf spielten wir auswärts gegen den FSV Einheit Ueckermünde. Was zur Folge hatte, dass ich unsere Auslosung loben musste. In den ersten beiden Spielen trafen wir auf Mannschaften, die Abstiegskandidaten waren. Auch dieses Spiel, Sie werden es wohl kaum glauben, konnten wir mit 1:0 für uns entscheiden. Das Tor erzielte Hain Brauer. Wir hatten einen Lauf. 3 Siege in den ersten drei Spielen. Wir fühlten uns wie Helfen. Nichts konnte uns mehr stoppen. Dachten wir.

3. Spieltag: SV Wacker Neufeld – TSG Neustreflitz II

Doch... der 3. Spieltag führte uns zu einem Heimspiel gegen die TSG Neustreflitz II. Zweite Mannschaften sind ja meistens schwierig zu bespielen. Einerseits hängt ein größerer Verein daran, weshalb die finanziellen Mittel gegeben sind. Auf der anderen Seite, weiß man auch nie genau, wer dem Kader angehören wird. Der TSG wurde bei unserem Spiel mit 3 Profispielern unterstützt. Dem wir nichts entgegen zu setzen hatten. Die 312 Zuschauer, die auf unser Grünes Feld gekommen waren, erlebten mit, dass wir mit 0:2 untergingen. Dazu verloren wir auch noch Lukas Völkel durch eine Gelb-Rote Karte. Wir waren überlegen, hatten 15 Schüsse auf das Tor abgegeben. Aber es wollte einfach kein Ball hinein. Es war wie verhext. 

Am Montag nach dem Spiel zerrte mich Alex Hartmann zum Gemeindeamt, um beim Bürgermeister vorstellig zu werden.

Jedenfalls, meine lieben Leser, stürmte Alex, mit mir im Schlapptau wie gesagt, in das Gemeindeamt, ignorierte das „der Chef ist nicht da“ der Sekretärin, schoss durch die Türe, knallte mit der Faust so richtig auf den Tisch und rief in Richtung des Bürgermeisters. „Ich brauche neue Spieler. Zumindest einen Stürmer, ich brauche jemanden“. Sie schaute den Bürgermeister herausfordernd an.

„Es geht nicht, Frau Hartmann“ erklärte dieser, ruhig aber bestimmt. „Herr Albert, könnten Sie kurz kommen“ rief er in das Nebenbüro, in dem der Kassier Herr Albert saß. Herr Albert war so etwas wie das Finanzgenie in der Gemeinde, weshalb er vor gut 10 Jahren zum Gemeindekassier ernannt wurde. Und als der Bürgermeister der Obmann unseres Vereines wurde, nahm er Herrn Albert in den Vorstand mit. Natürlich als „Kassier“

„Wissen Sie Frau Hartmann“ räusperte sich der Bürgermeister, und setzte eine staatsmännische Mine auf. „Wir müssen verantwortungsbewusst mit Geldern umgehen. Das gilt für die Gemeinde, als auch für den Fußballverein. Unsere Gemeinde und auch unser Verein haben beide ein sehr kleines Budget. Herr Albert“ übergab er.

„für unsere Spieler bezahlen wir ein kleines Fixum, Auflaufprämie, Punkteprämien, Fahrtkosten, Versicherungen. Dann kommt der Trainerstab, Ärzte, Therapien, Buskosten, Spieltagskosten wie den Schiedsrichter, Trainingsmaterial, die Buskosten....“ meinte er. „Buskosten sagten sie bereits“ kam es von Alex Hartmann nur kurz angebunden.

„Jedenfalls“ übernahm der Bürgermeister das Wort. „Wir können uns in unserem Rahmen keinen weiteren Spieler leisten. Wir haben nicht das Geld dazu. Wir machen dieses Jahr vermutlich schon wieder einen Verlust, es sei denn, die Zuschauerzahlen steigen signifikant. Da geht es auch um das Überleben des Vereines. Ich werde da kein Risiko eingehen“. „Wir haben in den letzten beiden Jahresperioden bereits mit einem Fehlbetrag abgeschlossen und weisen eine Unterdeckung auf. Machen wir dieses Jahr wieder einen Verlust, wäre dies das dritte Mal in Folge.... Und wenn wir dann keine positive Fortführungsprognose vorweisen können....“ erklärte der Kassier, wurde aber vom Bürgermeister unterbrochen „auf gut Deutsch also, kommt am Jahresende keine „0“ heraus, sperren sie uns den Laden zu. Und vergessen Sie nicht Frau Hartmann. Einen Spieler haben wir ihnen schon geholt. Mehr wäre unverantwortlich“ schloss er nun ab. .

„Das heißt aber...“ begann nun ich... „also auf gut Deutsch. Prämien bekommen ja nur die Spieler, die spielen. Wenn wir jemanden finden, der nur für die Prämien spielt... könnten wir einen verpflichten? Fragte ich.

„Herr Albert?“ gab der Bürgermeister die Frage weiter. . „Nein, so gesehen... das wäre möglich“ stotterte er etwas. „Gut, WENN Sie wirklich so einen Spieler finden, dann können wir diesen noch unter Vertrag nehmen. Vorausgesetzt, es fallen keine Kosten für uns an, und das werden wir genau prüfen. Auflaufprämie und Punkteprämie zu den üblichen Sätzen... “

Ich zog Alex vom Gemeindeamt weg. Sie überdrehte die Augen: „Gut, ich kenne immer noch ein paar Leute, mit denen ich den Trainerlehrgang gemacht habe. Vielleicht hat einer von denen einen Spieler für uns...“ meinte sie. Ich schaute sie herausfordernd an: „Warten Sie... ich … ich habe da eine Idee...“
« Letzte Änderung: 11.September 2016, 17:41:51 von melahide »
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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #14 am: 13.September 2016, 11:40:55 »

Ich kann nur den Hut ziehen vor dem Schreibstil, der Idee und allem drum und dran. Ich bin auf jeden Fall dabei
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KnappeS04

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #15 am: 13.September 2016, 15:24:17 »

Das ist mal wirklich eine Story  :)

Tolle Idee und wunderbar umgesetzt. Mich hast du als Stammleser  :)
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All meine Ratschläge, Tipps und Gedankengänge zu Taktik u.ä. beziehen sich auf den 14er. Hab keine Lust, das immer zu sagen, deshalb "signier" ich es hier :)

Plumps

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #16 am: 13.September 2016, 15:42:43 »

Auch von mir "thumbs up*! Liest sich grossartig bisher  :)
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"EL MILAGRO"

"Niemand ist eine Insel. Ausser man ist Mauricio Isla"


sgevolker

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #17 am: 14.September 2016, 21:42:14 »

Super Story bis hierher. Erinnert mich an meine Amateurfußballzeiten. Nur das es damals keine Trainerin gab.

melahide

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #18 am: 09.Oktober 2016, 14:18:17 »

7. Kapitel

„Was sollte denn das jetzt?“ fragte mich Alex, als wir auf dem Vorplatz des Gemeindeamtes angelangt war. „Steigen Sie auf das Fahrrad, ich zeige Ihnen etwas“. Wir fuhren vorbei an der Kirche, durch den Kreisverekhr. Vorbei an der Ehrentafel, wo das Bild von mir hing. Alex überdrehte die Augen ein wenig, als ich gerade dort etwas langsamer wurde.

Hinaus aus Neufeld,



Der Straße folgten wir für ca. 2 Kilometer, bis ein Ortsschlild unseren Weg kreute. „Willkommen in Tögendorf“ stand hier zu lesen. „Wo sind wir denn hier?“ fragte mich Alex etwas verwundert. „Tögendorf gehört zu Neufeld“ versuchte ich zu erklären. „Es war lange eine eigene Gemeinde, aber seit gut 10 Jahren ist die Gemeinde in Neufeld eingegliedert. Wir haben nicht so viel Kontakt mit denen“ gab ich zu. „Sind aber schöne Häuser hier“ meinte sie anerkennend. „Ja, hier wohnte früher die Hot Voilet unserer Gegend. Alle die eine leitende Position in der Zementfabrik hatten lebten hier. Auch Top-Manager hatten wir Wochenendhäuser“ erklärte ich, während wir um die Kurve bogen. „Und das hier?“ fragte mich Alex, als wir ein altes, sehr baufälliges Gebäude erreichten, das dringenst einmal einen neuen Anstrich vertragen könnte. „Das ist die andere Seite“ erklärte ich.

„Damals als die Zementfabrik blühte“ begann ich, „so in den 60er, 70er Jahren“ - Gott, ich merkte, ich klang genau so wie mein Großvater - „brauchten sie viele Arbeiter. Also haben sie dieses Arbeiterwohnheim gebaut, relavit schnell und billig. Wir hatten ja nichts im Dorf. Also Mietwohnungen oder so. Als ich hier aufgewachsen bin, war das Wohnheim schon baufällig. Und die zwei Jahrzehnte in denen es leer stand, haben es nicht besser gemacht“ erklärte ich. „Aber da wohnt doch jetzt jemand drinnen, was ist passiert?“ fragte Alex.

„Wissen Sie Alex, damals, als die Aufträge zurück gingen, hat man natürlich zuerst den auswärtigen Arbeiter gekündigt. Also stand das Haus lange Zeit leer.  Man hat es oft der Gemeinde zur Pacht angeboten, nur für die Betriebskosten, aber die hatte kein Interesse. Naja, um ehrlich zu sein, was hätte unsere Gemeinde damit auch anfangen sollen? Vor gut zwei Jahren hat es ein privater Unternehmer aus Greifswald gepachtet... und hat ein Heim für Asylbewerber daraus gemacht“ erklärte ich. „Und der verdient sich damit eine goldene Nase“.

„Da wohnen jetzt Asylbewerber?“ fragte Alex ungläubig. „Etwa 30“ meinte ich.

„Und nun schauen sie da hinunter, wir sind rechtzeitig“ erklärte ich. Denn unter dem Heim lag ein Fußballfeld. Auch das hatte schon bessere Zeiten erlebt. „Damals lebten hier gut 700 – 800 Leute. Das Dorf hatte einen eigenen Fußballverein. „Turn- und Werksmannschaft Tögendorf“. Die Werksmannschaft des Betriebes, wo eben wirklich nur Angestellte der Zementfabrik spielten. Den Verein gibt es aber schon lange nicht mehr“ meinte ich. „Und warum sind wir hier?“ fragte mich Alex. „Achso, sie möchten mir die Geschichte des Dorfes näherbringen“ meinte sie. „Nein, deshalb“ erklärte ich und streckte meinen Finger in Richtung Fußballfeld. Denn genau in diesem Moment war einer der Spieler am Ball. „Der spielt ja Katz und Maus mit den anderen“ erklärte Alex. „Ja, der ist gut. Ich war in den letzten Tagen öfter hier. Und schauen sie auf den kleinen da, der da links in der Mitte steht... auch nicht schlecht“ erklärte ich.

Alex schaute sich beide genau an. „Sie haben recht Jochen“ meinte sie. „Ich gehe da jetzt hinunter und spreche mit den beiden“ sagte Alex bestimmt. Da ich sie davon nicht abbringen konnte, begleitete ich sie. Wir winkten zunächst dem kleinen jungen Mann an der Mittellinie. „Hallo, sprichst Du Deutsch“ fragte Alex etwas schüchtern. Er nickte. „Ein bisschen“. Er war ein kautziger junger Mann. Ich schätzte ihn auf Anfang 20, er war klein, vielleicht 1,60, spindeldürr. Seine Haut war etwas dunkler. Bald fanden wir heraus, dass sein Name Idris war und er aus Afghanistan kam. Alex erklärte ihm, dass sie noch zwei Spieler für die Mannschaft von Neufeld suchen würde. „Ich darf Fußball spielen?“ fragte Idris dann irgendwann begeistert. „Ich bin schon seit drei Jahren hier in Deutschland. Seit einem Jahr bin ich hier im Heim. Ich sitze den ganzen Tag nur zu Hause und warte.  Hier gibt es ja nichts zu tun. Ich mag sehr gerne bei euch spielen“ sagte er bestimmt. „Gut... kommst Du heute Nachmittag zum Training? Um 17 Uhr?“ Idris lachte. „Ja, sehr gerne“ meinte er.

Er vollführte einen Luftsprung. Dass er dafür kein Geld bekommen würde, war ihm eigentlich egal. „Brauchen Sie noch mehr Spieler?“ fragte er. „Da sind noch ein paar. Nicht so gut wie ich, aber auch gut“ lobte er sich selber. „Ja, den großen da vorne“ zeigte Alex auf den Mann, der zuvor alle ausgespielt hatte. Idris lachte. „Mahmoud, komm“ winke er ihm. Auch er kam. „Aber er spricht nicht so gut Deutsch... aber ein bisschen Englisch“ erklärte Idirs. Alex sprach auch mit ihm. Auf Englisch. Erklärte ihm die Situation und dass sie dringend einen Stürmer für die Mannschaft brauchen würde.

Auch er stieß in das gleiche Horn. Nichts zu tun hier, immer nur warten, bis er seine Familie nachholen könne und arbeiten dürfe.  Das warten mache ihn krank. „Yes, you know,  in Syria I played football, Syria 2nd League. Srinker. I was good player. This country, Germany, is good for me. Here is safe... sure, I help you out“ sagte er, doch mit einem sehr starken Akzent.

Beide versprachen um 17 Uhr zum Training zu kommen. Alex und ich machten uns deshalb wieder auf den Weg zurück. „Dürfen Asylbewerber eigentlich Meisterschaft spielen?“ fragte sie und sah mich an. Ich wusste es nicht. Also beschlossen wir, einige Telefonate zu erledigen. Natürlich, ich bin hier in Deutschland geboren und aufgewachsen. Aber den Bürokratiejungel … den hatte ich noch nie so erlebt, wie in den nächsten Tagen.

Alex und ich riefen beim Landesverband an. Wir wurden mit 12 verschiedenen Leuten verbunden, wobei uns keiner sagen konnte, ob Asylbewerber in der Meisterschaft auflaufen durften. „Wir müssten uns schon an den DFB und nicht an den Landesverband wenden“ erklärte uns schließlich jemand. Das taten wir auch. Die konnten sich nicht erklären, warum wir sie kontaktierten. „Das ist doch ganz klar Sache des Landesverbandes“ sagte eine etwas unfreundliche Stimme. Aber wir könnten es ja auch beim Innenminister versuchen. Dies verwies uns dann schließlich an die zuständige Betreuungsstelle, die uns an die Agentur für Arbeit,, Ausländerbeschäftigung, weiterverband. Kurzzeitig war ich danach sogar mit dem Amt für Fischereiwesen verbunden, da ich irgendwann erwähnte, dass ich mich nicht auskannte und ich in einem undurchsichtigen Netz gefangen sei.

Einige Tage waren vergangen. Mahmoud und Idris waren zumeist pünktlich zum Training gekommen und hatten sich in der Mannschaft schon ein bisschen zurecht gefunden.

Alex und ich waren uns sicher, dass sie das Niveau der Mannschaft heben würden. Auch wenn die beiden Gäste auch etwas kritisch beäugt wurden. „Zuerst eine Frau, jetzt so Asylanten“ schimpfte ein etwas älterer Herr. „Nein, damals hätte es das nicht gegeben, niemals“. Die mesiten Menschen in Neufeld standen dem Heim für Asylbewerber sehr stark ablehnend gegenüber. „Jaja, sollen nur alle bei uns her kommen und das ganze Geld geht nach Greifswald, wo wir in der Gemeinde so viele Arbeitslose haben“ schimpfte ein anderer älterer Mann. Unsere beiden Gäste blieben freundlich und lächelten bei so etwas immer nur.

Als wir am füften Tage noch immer damit beschäftigt waren, uns beim Landesverband durchzutelefonieren hatte wohl jemand bei der Vermittlung Mitleid mit uns, da es bereits der dritte Tag hintereinander war, an dem wir bei der selben Dame gelandet waren. Die unaufhörlich versucht hatte, uns zu verbinden. „Warten sie kurz“ erklärte sie. Musik war in der Leitung zu hören. Eine gute Minute später meldete sich die Frau wieder.  „Meine Cousine ist die Sekretärin von Herrn Tröger“ erklärte sie. „Schicken Sie ein Fax mit den Kopien der Ausweise der beiden Männer, direkt an sie, an ihre Faxnummer. Herr Tröger wird sich das dann anschauen“ erklärte sie.

Wirklich, unverhofft und unerwartet, rief uns Herr Tröger einen Tag später retour. „Jaaa, also, ich habe mir das angeschaut. Also das Gesetz verbietet es nicht explizit, dass Asylbewerbende an der Meisterschaft teilnehmen. Maximal 3 Nicht-EU-Spieler, und wenn jemand aus Afghanistan, Syrien oder von mir aus China kommt, ist das Nicht-EU. Und nachdem die beiden das ja als reine Amateure machen, wie sie ja im Fax erwähnt haben, unterliegt das nicht der Ausländerbeschäftigung. Denn wären sie Profis, bräuchten sie die Arbeitsbewilligung ohne diese bekommt man keinen Spielerpass. Was paradox ist, denn ohne Spielerpass, bekommt man solch eine Bewilligung nicht... deswegen, kürzen wir das ab. Denn wissen Sie, meine Mutter kommt aus der Nähe von Neufeld und ihr habt mit genug Problemen zu kämpfen. Außerdem … ich gehe mit Ende des Jahres in Pension. Also kann ich das Gesetz so interpretieren, wie ich meine. Ich stelle Ihnen für die beiden Spieler Spielerpässe aus, vorerst auf ein halbes Jahr befristet. Sollte sich bei den beiden Buben etwas ergeben, mit der Flüchtlingseigenschaft oder so, geben sie uns bescheid. Sonst reicht im Dezember ein Ansuchen auf Verängerung. Schicken sie das direkt an meine Sekretärin, die kennt sich dann schon aus“ erklärte er.

Fünf Tage dauerte diese gesamte Tortur an. Die Spielgenehmigung sollten wir Anfang der nächsten Woche erhalten. Leider zu spät für das nächste Meisterschaftsspiel gegen den Grimmener SV. Obwohl wir brav kämpften und wirklich versuchten alles zu geben, verloren wir das Spiel mit 1:2 (Torschütze Bartosz Szymanski).
Nach vier Spieltagen hatten wir somit 2 Siege und 2 Niederlagen auf dem Konto. Dies brachte uns nach dem 4. Spieltag immerhin auf Platz 4 der Tabelle.
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melahide

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Re: "Am grünen Feld"
« Antwort #19 am: 15.Oktober 2016, 15:21:18 »


8. Kapitel

Der Sommer war bereits fast vorbei. Es war der 30 August.  Während andere Trainer und Manager ob des „Dead Line Days“ - dem Ende der Transferzeit – leicht in Panik verfielen um zu versuchen, noch den ein oder anderen Spieler an Land zu ziehen, saßen Alex Hartmann und ich  gemütlich im Vereinslokal.  Die Sonnenstrahlen genießend, bei einer Tasse Kaffee,  besprachen wir den Plan für das heutige Training. Nur wurden wir danach doch noch aus unsere Idylle gerissen. Denn das Telefon von Alex läutete. Sie schaute auf das Display. „Gernot“ stand darauf zu lesen. „Warum ruft mich der denn an?“ fragte sie sich selbst etwas verwundert.

Mit einem fömlichen „Ja?“ hob sie das Telefon ab. „Alex“ rief der Mann in das Telefon. Ich wollte nicht lauschen, aber Sie wissen ja alle, wie das bei Telefonen ist. Man hört immer ein bisschen mit. „Bist du jetzt wirklich Trainerin geworden. Gratuliere. Und zwei Spiele hast Du auch schon gewonnen, wie ich sehe. Nicht schlecht“. Alex überdrehte die Augen. „Was willst Du Gernot“ fragte sie. Stille. „Dir einen Gefallen tun meine Liebe“ erklärte er. Ich merkte, dass ich etwas eifersüchtig wurde.

„Ich habe da einen jungen Mann. Er spielte bei uns in der U19“ erklärte er. „Ein Genie am Ball, aber charakterlich ein bisschen schwierig. Du kennst solche Typen ja. Hat einen Latino Hintergrund. Die U19 passt für ihn nicht, ein bisschen Realität im Erwachsenenfußball würde den Jungen gut tun. Die Hand einer Frau sowieso. Das Landleben sicher auch. Ich würde ihn gerne an euch verleihen“ schloss er ab. Alex zog die Augenbrauen hoch. „Wie gut ist er?“ fragte sie ihn. „Er ist mit 17 Jahren in der U19 von Hansa Rostock, da kannst du dir denken dass er gut ist“ erklärte der Mann. „So weit ich weiß, ist unser Budget aber schon ein bisschen....“ versuchte Alex ihn auf unsere Finanzsituation aufmerksam zu machen. „Kein Problem“ kam es von der Stimme. „Ihr müsst keine Leihgebühr bezahlen und das Gehalt würde Rostock weiter bezahlen. Eine Gastfamilie suchen wir für diese Zeit auch“ meinte der Anrufer. „Wo ist der Haken?“ fragte Alex ihn. „Kein Haken. Ich sage dir nur ehrlich, er ist schwierig. Ein bisschen wie du damals, nur ohne Brüste halt“ er lachte laut auf. Alex schaute böse in das Telefon, was der Anrufer natürlich nicht sehen konnte. „Nein, ernsthaft. Der Haken ist, es könnte sein, dass ich ab und zu vorbei schaue, um mich über seinen Werdegang zu informieren. Dann treffen wir uns auf einen Kaffee und lassen die alten Zeiten wieder aufleben Kleine“ meinte er. „Gernot, hör auf damit...“ begann Alex. „Nein, ich habe wirklich eine Neuigkeit für Dich, die dich interessieren wird. Und die erzähle ich Dir nur persönlich“ Sie stand auf und verließ den Tisch. Weshalb ich den weiteren Verlauf des Gespräches nicht mehr mitbekam. Es dauerte fünf Minuten, bis Alex strahlend wieder an den Tisch zurück kam. „Er kommt morgen. Der Spieler meine ich“. Viel mehr wollte sie dazu nicht sagen. Und ich getraute mich auch nicht zu fragen.

Am nächsten Tag, zum Training, war er wirklch erschienen. Christopher Rodriguez. Ausgestattet mit einem Leihvertrag bis 31. Mai. Er bekam fast einen Schock, als er unser Dorf sah. Ich glaube, er wäre am liebsten umgedreht. „Was ist denn das für ein Scheiß hier“ nuschelte er allen Ernstes. Aber Gernot, der Anrufer von gestern, der ihn persönlich nach Neufeld gebracht hatte, redete auf ihn ein. „Das Landleben wird dir gut tun, wir haben darüber gesprochen. Wenn du hier gut spielst, bist Du nächstes Jahr bei den Amateuren ein Thema“ sagte er. „Ich will aber nicht hier bleiben“ meinte Christopher trotzig „Verbandsliga! Sie hätten mir zumindest etwas in der Regionalliga suchen können. Hier gibt es ja nichts. Kein Stadion, kein Trainingszentrum, keine Disco, nichts zum Fortgehen, keine Mädchen“ schimpfte er, so dass es wirklich jeder hören konnte. „Ja, das ist auch der Sinn der Sache“ erklärte Gernot.

Auch wenn Christiopher nicht wollte und sich darüber echauffierte dass es hier nach Kuh roch... . Er musste bleiben.

Christopher war am Ball wirklich ein Genie. Er deckte ihn ab, klebte förmlich daran, er konnte Dribbeln, Flanken schlagen. Und er war Wieselflink. Aber er hatte auch Schattenseiten. Wenn er den Ball einmal verlor, benutzte er immer wieder Kraftausdrücke um sich zu beschweren. Und ziemlich Jähzornig war er auch. Ein richtiger Hitzkopf. Als er bei einem Dribbling den Ball an Udo Laimer verlor, versuchte er ihn bei der Rückeroberung sogar umzugratschen. „Spnnst du oder so?“ fuhr ihn Udo daraufhin an. „Mach das ja nicht nochmal“, so laut, dass man ihn sicherlich in das Nachbardorf hören konnte. „Jaja“ sagte Christopher nur trotzig und kleinlaut zurück. Da würden wir noch einige Probleme haben.

Nach dem Training war Alex mit Gernot plötzlich verschwunden. Sie war mit seinem Auto mitgefahren.
Ich weiß nicht warum, aber irgendwie störte mich das. Ich meine, es war rationell nicht zu erklären, warum mich das störte. Alex war ein freier Mensch. Sie konnte machen was sie wollte. Ich könnte auch mit einer Frau irgendwo hin auf einen Kaffee gehen, gäbe es hier welche. Also Frauen. Das mit dem Kaffee würde man schon regeln.

Ironischerweise führte uns unser nächstes Spiel – erneut ein Auswärtsspiel – nach Rostock. Zum FK Rene Schneider. „Ausnahmsweise“ hatten wir unser Abschlusstraining für das Spiel bereits Freitag zu Mittag gehabt. Trainerin Alex Hartmann war gleich nach diesem nach Rostock aufgebrochen. Sie sagte nicht warum. Sie meinte nur kurz, sie „müsse sich sicher sein“...Ich wusste natürlich worum es ging. Gernot. Er lebte in Rostock

Ich wollte gar nicht wissen, was sie in dieser Nacht machte. Wollte ich nicht. Ich wälzte mich nervös im Bett her und hin, nur, weil ich gestern zu spät noch einen Kaffee getrunken hatte. Nicht, dass ich mir sorgen machte oder so etwas, nein, nein, das war es nicht.... unstellen Sie mir da nichts liebe Leser!

An diesem Tag lag es an mir, die Mannschaft am Samstag, am späten Vormittag, zu versammeln und mit dieser nach Rostock zu fahren. Alex fehlte mir dabei. Wir waren etwas zu früh im Stadion von Rostock, weshalb ich gemeinsam mit Udo Laimer das Aktivieren durchführte und die Mannschaft gut eine halbe Stunde damit beschäftigte, 5 gegen 2 in zwei Kreisen spielen zu lassen.

Eine Stunde vor Spielbeginn stieß Trainerin Alex Hartmann zu uns. Sie wirkte ausgelassen und glücklich. „Haben Sie einen schönen Tag gehabt?“ fragte ich, und tat so, als hätte ich bei dieser Frage keine Emotionen. „Sehr schön“ antwortete sie. „Ich sag es ihnen Jochen, so ein bisschen Stadtleben tut ab und zu recht gut. Ich meine, ich liebe meinen Job und Neufeld... aber Rostock hat dann doch auch etwas anderes zu bieten“ begann sie zu schwärmen. „Gernot zum Beispiel“ nuschelte ich. Was Alex Hartmann aber zum Glück nicht verstand, ich war wohl zu leise. Zum Glück.

Unsere Mannschaft war ein bisschen umgebaut. Wir schickten folgende 11 Spieler auf das Feld.

Peter Huber
Richard Zierner – Maximilian Mümken – Clemens Rademacher – Idris Parwarni
Udo Laimer
Hain Brauer – Bartosz Szymanski – Tobias Scharlau – Christian Birkenbach
Lukas Völker

Der kleine Idris, der sehr brav trainiert hatte, durfte heute zum ersten Mal von Beginn an starten. Unsere zwei weiteren Neuzugänge blieben auf der Bank.

Diese war mit David Kern, Horst Brunner, Sascha Kuche, Andreas Meyer, Michael Chau, Mahmoud Khamoudi und Christopher Rodriguez zum ersten Mal in dieser Saison voll besetzt.

Langsam versuchten wir den Ball und das Spiel zu kontrollieren und den Ball zirkulieren zu lassen. Nach 7 Minuten kam es zum ersten großen Höhepunkt. Szymanski passt auf den Flügel auf den nach vorne mitgekommenden Richard Zierner. Macht eine Flanke in die Mitte. Zum gegnerischen Verteidiger. Der fischt den Ball. Plötzlich steht dort Lukas Völker, der kommt an den Ball. Der macht einen Haken, schiebt den Ball in Richtung Tor. Der Torhüter kommt nicht mehr heran. Tor. Lukas Völker, unser Chancentot vom Dienst, schiebt ein zum 1:0.

Nur vergessen wir weiter Druck aufzubauen. Und bringen den FK Rene Schneider somit zurück in das Spiel. In der 13. Minute schiebt Nils Reiß zum 1:1 ein. In der weiteren Spielhlfte neutralisieren wir uns mehr oder weniger. Komischerweise stehe ich die meiste Zeit der 1. Halbzeit an der Seitenlinie um den Spielern motivierende Worte oder Anweisungen zuzubrüllen. Alex sitzt nur auf der Bank und sieht sich, mit einem lächeln im Gesicht, das Spiel an.

Es dauerte bis hin zur 2. Halbzeit. Bis zur 53. Minute. Der Förderkader Rene Schneider ist weit aufgerückt. Udo Laimer fängt einen Angriff ab. Passt ungeschaut auf die rechte Seite, wo wieder Richard Zierner in der eigenen Hälfte steht. Der schaut auf, versucht den langen, weiten Pass. Lukas Völker startet richtig, umgeht die Abseitsfalle. Steht frei. Er lauft auf den Tormann zu. Macht einen Haken nach links, der Torhüter fällt. Lukas schiet in Richtung Tor. TOOOOORRRR. Das gibt es nicht. 2:1 für uns, Lukas Völker. Alex und ich können es kaum glauben. Wir fallen uns, von der Trainerbank aufspringend, in die Arme. „Oh Jochen, ich bin so glücklich“ keucht sie, während ich sie fester an mich drücke.

Bis wir schließlich in Minute 64. alles klar machen. Wieder spielte unsere Achse Szymanski-Ziermer groß auf. Ziermer ist es erneut, der vorne vom rechten Flügel den Ball in die Mitte bringt. Der Torhüter des FK fährt vorbei. Dann steht da plötzlich Hain Brauer frei, der den Ball erobert, abzieht und den Ball unter die Latte knallt. 3:1! Was für eine Mannschaft, was für ein Spiel! Wir können es kaum glauben.

In unserem Jubel geht das restliche Spiel fast unter. In der 70sten Minute bringt Alex Hartmann schließlich noch Christopher Rodriguez und Mahmound Khamoudi anstelle von Birkenbach und Völker. Beide bringen immer wieder Entlastungsangriffe. Und fast wäre durch so einen auch noch ein viertes Tor gefallen. Hätte Christopher, der einen Lauf über 40 Meter startete, zum Abschluss in die Mitte gespielt anstatt es selber zu versuchen. Aber das ist am heutigen Tage nicht mehr so wichtig.

Wir gewinnen das Spiel. 3:1. Wir sind die Könige der Welt.
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