Eigentlich habe ich gar keine Lust darauf einzugehen, weil es nur noch sehr wenig mit dem Thema zu tun hat und man auch nicht wirklich vorankommt in der Diskussion. Aber da du die soviel Mühe gemacht hast, mache ich es trotzdem mal.
1. Ich habe gesagt, Rost mit einem Arbeitnehmer auf Weiterbildung oder Student auf Exkursion zu vergleichen ist nicht zutreffend. Rost dadurch das Prädikat eines Angestellten abzuerkennen habe ich wiederum nicht geschrieben. Das wäre auch abwegig, denn er ist Angestellter des HSV, etwas anderes habe ich nie behauptet.
2. Die Analogie ("[...] meldet sich ab, wie wenn man aus dem Büro zur Mittagspause geht.") hätte ich mir schenken können aus verschiedenen Gründen, das stimmt. Aber nochmal: Rost ist Angestellter. Trotzdem sind solche Vergleiche immer Schwachsinn, da gebe ich dir recht, mea culpa.
3. Die Aussage, dass man sich abzumelden hat, wenn man das Team zum Kinogehen verlassen will, steht in keinem Widerspruch dazu, dass ich Rost fehlende Professionalität vorwerfe. Da verstehe ich den Vorwurf, ich solle mich im Kreis drehen, wieder nicht. Wenn Rost vorhat, abends ins Kino zu gehen, dann muss er zuerst ungebeten zu seinem Chef gehen, um sich abzumelden (das habe ich als Selbstverständlichkeit bezeichnet). Dieser kann dann entscheiden, ob er diese mangelnde Professionalität unterstützt oder dem Angestellten Rost untersagt, das Hotel und die Mannschaft zu verlassen. Im Prinzip wäre Rost ja vom Vorwurf der mangelnden Professionalität freigesprochen worden, wenn er sich bei Labbadia abgemeldet hätte. Denn dann wäre der Vorwurf logischerweise auf Labbadia gefallen, dass er so ein Verhalten erlaubt.
4. Damit dir ganz sicher nicht schwindelig wird, unterstreiche ich nochmals: Ich habe nie gesagt, Rost seie kein Arbeitnehmer. Ich habe auch nie gesagt, Rost sei kein Student. Aber er ist weder ein Student auf Exkursion, noch ein Arbeitnehmer auf Weiterbildung.
5. In Ordnung, was meine Einstellung zur Professionalität angeht, lasse ich mich mittlerweile überzeugen, dass ich da vielleicht zu hohe Standards habe. Mich haben auch 2 PM erreicht mit Schilderungen von anderen Usern hier. Einer hatte eine ähnliche Auffassung, der andere eine lockerere. Ich habe ein Sportsystem in den USA durchlaufen, das in Deutschland so nicht existiert. Um mein Studium zu finanzieren war ich, wie sehr viele andere, auf ein scholarship angewiesen und hatte dadurch einen großen Ehrgeiz. Daraus entwickelt sich dann eine gewisse Besessenheit, die man fast jedem Sportler in den USA unterstellen kann, der nicht durch übermäßiges Talent oder reiche Eltern gesegnet ist. Ich hatte beides nicht, wollte aber studieren und war dadurch darauf angewiesen, an meine Leistungsgrenzen zu gehen. Ich bin auch der Meinung, dass es für einen hochbezahlten Sportler wie Frank Rost, nicht zuviel verlangt ist, im Saisonendspurt alles zu tun, um sich zu fokussieren. Manchmal kann man sich auch zuviel fokussieren, das ist richtig. Aber in der Regel ist es besser, zu fokussiert auf etwas zu sein, als zu wenig. Das ist meine persönliche Erfahrung. Ohne Fleiß kein Preis, heißt es im Deutschen. No pain, no gain im Football-Englisch. Rost kriegt einen Haufen Kohle und hat einen Haufen Verantwortung. Als erfahrener Spieler sollte man als gutes Beispiel vorangehen und die jungen mitziehen. Niemand würde Rost etwas vorwerfen, wenn er nach einem Spiel Entspannung im Kino sucht. Aber vor einem Wettkampf ist geistige Entspannung eigentlich niemals hilfreich.
Einen Vergleich halte ich allerdings: Wenn Michael Ballack einen Abend vor dem Viertelfinale in Südafrika (oder meinetwegen Deutschland, um den Heimspielcharakter beizubehalten) dabei beobachtet wird, wie er gemütlich mit ein paar Teamkollegen im Kino sitzt und Deutschland daraufhin im Viertelfinale verliert, wie würdet ihr reagieren? Würdet ihr keine Vorwürfe erheben, dass er sich mehr auf das Spiel fokussieren hätte sollen? Das glaube ich einfach nicht. Man ist Fan von einer Mannschaft, man unterstützt eine Mannschaft auch finanziell sehr stark und wenn man dann nicht das Gefühl hat, dass sich wirklich jeder vor einer wichtigen Phase in der Saison den Hintern aufreißt, dann ist man eigentlich über diese Person wütend oder enttäuscht. Die ganze Wut bei HSV-Fans richtet sich aber gegen Labbadia und das verstehe ich einfach nicht (fragwürdige Wechsel oder Aufstellungen einfach mal außen vorgelassen, das kann ich nicht bewerten. Es weiß ja keiner, ob andere Aufstellungen erfolgreicher gewesen wären).