Vor Ort geben Menschen ihr bestes um ihren Teil dazu beizutragen um solche Geschehnisse zu verhindern, Frauen, Männer, Rentner und junge Leute, für die der Verein viel bedeutet und die sich engagieren, doch auch sie haben ihre Grenzen.
In Dresden wird seit Jahren trotz fehlender Mittel intensivst mit den Fangruppen gearbeitet, es werden professionelle Leute hinzugezogen, von einer intensiven Zusammenarbeit mit den Sicherheitsorganen mal ganz zu schweigen. Bei Heimspielen ist man so einigermaßen Herr der Lage geworden, doch auswärts fehlt es schlichtweg an Zugriffsmöglichkeiten. Andere Verantwortliche, Erfahrungen und Sicherheitspläne, kurzum komplett andere Voraussetzungen. Was kann ein Verein präventiv tun um auch auswärts Zugriff zu haben? Er kann den Sicherheitskräften vor Ort seine Empfehlungen aussprechen und seine Erfahrungen und Informationen teilen, er kann sein eigenes Ordnerteam im Block einsetzen. Viel weiter gehen die Möglichkeiten dann aber auch nicht, denn letztlich tragen der Veranstalter und die Exekutive in dem Fall die Verantwortung. Ich denke es ist wichtig, dass man Vereine nicht losgelöst von der gesellschaftlichen und geographischen Verwurzelung betrachtet, diese haben enormen Einfluss darauf, wie wirksam die einsetzbaren Mittel sind. In Gebieten mit geringer beruflicher Perspektive und Zukunft, Arbeitslosigkeit , Armut und sozialen Brennpunkten, wird man mit Sicherheit vor größeren Problemen stehen, als in Gebieten mit viel Perspektive, Bildungschancen, Arbeitsplätzen und Wohlstand. Man sollte hier meines Erachtens also nicht vergessen, dass gesamtgesellschaftliche Probleme den Nährboden für Gewalt legen und die Vereine in dem Fall so etwas wie ein Ventil sind, ob sie es wollen oder nicht ist dabei irrelevant. Nach meiner persönlichen Meinung sind im gesamtgesellschaftlichen Kontext gesehen solche Ventile auch notwendig um den Druck abzubauen,(damit mich keiner falsch verteht, ich beführworte keine Gewalt und ich heiße sie auch nicht gut!) was passiert wenn sich dieser Druck nicht über gewisse Ventile entlädt, würde hier jetzt sicher zu weit führen, das kann man nicht mit ein paar Sätzen erörtern. In einem denke ich sind wir uns jedoch alle einig, der Fußball mit all seinen Emotionen stellt ein exelentes Ventil da, was glaube ich auch nichtzuletzt der Grund dafür ist, weshalb er Millionen Menschen weltweit fasziniert unabhängig von der Herkunft.
Was kann also noch getan werden außer Präventionsarbeit? Im Stadion befinden sich Tausende von Menschen unterschiedlichster Herkunft und jeder für sich ein Individuum, grob unterteilt in zwei Lager und in kleinem wiederum aufgesplittert in unzählige kleinere und größere Gruppen. Eine solche Großversammlung und Gruppierung von Menschen stellt immer ein Sicherheitsrisiko da und es ist schier unmöglich alles bis ins Detail unter Kontrolle zu haben. Aus diesem Grund macht man aus dieser riesigen Herausforderung, viele kleine kontrollierbare Herausforderungen. Eine davon, die unmittelbar im Zusammenhang damit steht, ist die Selbstdisziplinierung des Anhangs in Zusammenarbeit mit dem Verein. Innerhalb des Blocks gibt es sowas wie Zivilcourage sicher, jedenfals kenne ich das so, jedoch hat auch das seine Grenzen in der Überschaubarkeit der Gesamtsituation. Es ist legitim nicht einzugreifen, wenn man sein eigenes körperliches Wohlergehen damit gefährdet, jedoch bedeutet das nicht, dass man nichts tun kann. In den meisten Fällen ist die einzige Möglichkeit das Melden bei den Ordnungshütern. Im Grunde ist das einzigste was der Verein tun kann, die Fans, welche als Mitglieder organisiert sind, in Fanclubs aktiv mit dem Verein zusammenarbeiten oder anderweitig greifbar sind, dafür zu sensibilisieren einzugreifen und nicht wegzuschaun. Im kleinen bedeutet das, jeder achtet darauf was sein Nebenmann macht. In der Theorie klingt das alles toll, doch in der Praxis ist auch das keine Garantie dafür, dass man Gewaltexzesse verhindern kann, zumal es für diejenigen, welche eingreifen oft auch ein unkalkulierbares Risiko darstellen kann.
Dazu eine kleine Geschichte von mir selbst:
Ich selbst war 20 Jahre lang Anhänger beim BFC Dynamo in Berlin und ich denke ich brauche nicht erklären, weshalb mir die Probleme aus Dreseden alzugut bekannt sind.

In der Zeit nach der Jahrtausendwende, der Insolvenz und dem abklappern verschiedenster Dörfer im Raum Berlin/Brandenburg war es verhätnismäßig ruhig. Es gab Vorkommnisse jedoch waren diese aus meiner Sicht alle im Rahmen des "Normalen". Bedingt durch die Spielklasse gab es auch so gut wie keine Highlightspiele, also machte man sich seine eigenen Highlights, ein Landespokalspiel hier oder ein Derby gegen TeBe. Bei diesen Spielen kamen meistens doppelt soviele Zuschauer, wie bei den normalen Partien. Neben den altbekannten Gesichtern, Leuten die länger nicht da waren, gesellten sich aber auch in schöner Regelmäßigkeit zwielichtige Gestalten unter die Fans, die man sonst nie gesehen hat. Die brauchte man nur anschaun und man wusste, dass die sicher nich dabei sind um nen Bierchen zu trinken und Spaß am zuschaun zu haben. So kam es auch meistens ausgehend von diesen Leuten zu Vorkommnissen, Zaunkletterer, Becherwerfer, Pöbler und co. In mir persönlich löste das immer grenzenlose Wut aus und den Wunsch etwas tun zu können dagegen, zu verhindern, dass mein geliebter Verein in der Presse wieder niedergetrampelt wird und so entlud sich diese Wut bei jedem Spiel, indem ich nicht mehr zuschaute, wenn jemand Scheiße baute, sondern beherzt Eingriff. Ich freute mich in der Folgezeit endlich selbst etwas zu tun gegen diese Idioten, doch ich lernte auch schnell, dass es Grenzen des Möglichen gibt, denn in meiner jugendlichen Naivität ging ich immer davon aus, dass man sich im eigenen Lager nicht gegenseitig angreift. Weit gefehlt nach einem Pokalspiel gegen einen Verein mit Migrationshintergrund kam es zu Böllerwürfen, Raketenschüssen und rassistischen Schmähgesängen einzelner. Als ich wie gewohnt auf die Leute zuging sie packte und versuchte auf sie einzureden, fing ich mir selbst eine ein. Mir war es das zwar wert, weil in der Folge auch andere nicht mehr tatenlos zuschauten und sich gegenseitig unterstützten, doch ich kann mir auch sehr gut vorstellen, dass nicht jeder Mensch dazu in der Lage ist, auch auf die Gefahr hin selbst Schaden zu nehmen, Courage zu zeigen. Ich denke, dass ist auch durchaus ok und es kann von niemanden verlangt werden.
Was ich aber definitiv sagen kann aus eigener Erfahrung, die meisten Menschen schauen weg und tun gar nichts, obwohl es etwas gäbe was in ihrer Möglichkeit stünde, doch auch das ist ein Problem unserer gesamten Gesellschaft und ein deutliches Zeichen für die Werteverschiebung in der heutigen Zeit.