Ich finde Scholls Einstellung dazu aber viel zu drastisch. Jahrelang glorifiziert man harten, aggressiven Fußball in England als DEN wahren Fußball, nun paaren die Südamerikaner Technik mit Aggression zu einer Kombination, die einfach für jede Art von Fußballfan ein schierer Genuss ist und ein kleiner Mann wie Scholl, dessen Expertenstatus in seiner Erfahrung und auf keinen Fall in seinem Fachwissen begründet wird, regt sich nun fürchterlich darüber auf, dass "kleine Spieler" nicht ausreichend geschützt werden. Mal davon ab, dass große Spieler sehr gerne ungerechterweise des Fouls bezichtigt werden, während ein 1,77-Gattuso jahrelang die Felder Italiens pflügen durfte, ist das eine Forderung, die lediglich von körperlich unterlegenen Spielern an den Mann gebracht wird. Scholl konnte sich körperlich nie durchsetzen, anstatt daran aber zu arbeiten, hat er sich lieber beschwert.
Bestes Beispiel ist eine Aussage von Robert Lewandowski bei BILD.de heute: "Für mich ist es wichtig, dass ich im offensiven Zweikampf meinen Körper gegenhalten kann." Wir reden hier von Leistungssport und nicht von dem Typen mit den Dreadlocks, der auf der Straße Tricks fürs Publikum zaubert. Zuniga hatte völlig Recht und ich bin heilfroh, dass er sich in seinen Gute-Besserungs-Wünschen für Neymar nicht unnötig klein gemacht hat: Es war ein normaler Zweikampf, in dem er unglücklich gegen Neymar gesprungen ist. Die ZEIT.de-Redaktion schreibt heute auch: Zuniga hat NUR auf den Ball geschaut. Das kann in einem WM-Viertelfinale doch nicht verwerflich sein. Ebensowenig wie eine gewisse Grundaggression, die dieser Sport mit sich bringt. Denn die Helden sind neben Maradona, Pelé und Messi eben auch für alle Ewigkeiten Roy Keane, Paul Gascoigne oder Vinnie Jones.
Die ganze Thematik unterstreicht aber auch nach wie vor meine Überzeugung, dass Scholl weder im TV, noch auf dem Trainingsplatz oberhalb der C-Jugend etwas verloren hat.