"Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen", so der Polizist. "Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann."
Als ob das irgendeine Neuigkeit wäre.
Quelle: Hamburger Abendblatt, der online-Artikel ist hinter einer Bezahlschranke, daher muss man googeln nach: "Wir werden von der Politik verheizt" – Polizisten erzählen".
Die taz greift es auch auf:
http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/wie-scharfe-kampfhunde/Man kann jetzt natürlich hoffen, dass die dort zitierten Polizisten nur eine persönliche Rechnung mit der Institution der Polizei offen haben oder einfach mal in die Medien kommen wollen. Und natürlich gibt es dafür keine handfesten Beweise, aber mit meiner persönlichen Erfahrung deckt sich das absolut, ich habe das hier auch schonmal geschrieben. Manchmal ist es so, dass die Leute den ersten Stein werfen, die nachher als Zivilpolizisten aus der Menge heraus andere Steinewerfer oder beliebige Leute festnehmen. Das wird nichtmal großartig abgestritten, die Erklärung lautet dann meistens, dass man um verdeckte Ermittler in die Menge einzuschleusen, das Vertrauen der Gewalttäter erwerben muss. Das ist eine total alberne Erklärung, wenn man eine ungefähre Ahnung davon hat, wie die Mentalität im "schwarzen Block" funktioniert. Da vertraut man allerhöchsten den Leuten, die man länger persönlich kennt, aber wenn jemand den ersten Stein wirft, dann ist die Hemmschwelle herabgesetzt.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass sich Polizisten mal zu Wort melden, so wie der zitierte Thomas Mohr, der mit seiner Hundertschaft in Stuttgart war und die Szenen vom 30.September noch nicht verdaut hat. Ich kann nur sagen, dass der Großteil der Polizisten genauso ist, wie Thomas Mohr. Ich habe viele Polizisten nach der Demo sehr aufgelöst und geschockt gesehen, ein Bild, welches man aus Berlin eher nicht kennt. Es ist wichtig, dass sich die Polizei nicht von der Bevölkerung entfernt und menschlich bleibt, deshalb verstehe ich auch nicht, wie man aus Polizeikreisen diesen Einsatz in Stuttgart so undifferenziert beurteilt. Die Polizei hat nicht immer recht, diese Zeiten sollten entgültig vorbei sein. Solche Leute wie Thomas Mohr sollten in den Medien öfter Einzug erhalten als Minister Rech oder Rainer Wendt. Denn die prägen eine militaristisches Bild der Polizei, welches ihr nicht gut zu Gesicht steht und was auch durchaus eine sehr unschöne Sache ist für die vielen vielen Streifenbeamten, die ordentlich und ethisch vertretbar ihre Arbeit machen.
Ich bin gespannt auf Gorleben am 6. November. Die Anti-Atombewegung ist eine Bewegung der sogenannten Mitte, da sind so gut wie keine Linksautonomen, Neonazis und kein schwarzer Block. Die überragende Zahl von Demonstranten gegen den Castor-Transport setzt sich aus friedlichen Bürgerinitiativen zusammen, genauso wie in Stuttgart. Man darf gespannt sein, ob die Polizei etwas gelernt hat, denn aufgrund der zeitlichen Nähe und den womöglich nahenden Studentenprotesten im Herbst gegen die immernoch nicht verbesserten Studienbedingungen täte die Polizei gut daran, etwas von dem massiv verlorenen Vertrauen zurückzugewinnen. Das ist keine einfache Arbeit, es ist Schwerstarbeit, aber wenn Beamte dieser Herausforderung nicht gewachsen sind, dann sollten sie sich ein anderes Berufsumfeld suchen.