Also, ich bin evangelischer Christ und glaube auch an Gott. Ich gebe zu, daß dieser Glaube auch Mittel zum Zweck ist, seit mein Vater starb. Ich will mich einfach nicht damit abfinden, daß ich ihn nie wieder sehe...
Ich finde es sehr wichtig, was Tex gesagt hat: jedwede Art der Gängelung, der Kanalisierung des Lebens anderer in übertriebenem Maße ist nicht akzeptabel. Ich meine damit beispielsweise das christliche Zölibat. Würde sich Gott sowas ausdenken?? Sicher nicht. Ich meine damit die Rolle der Frau im Islam. Was würde Allah dazu sagen? Ich meine damit die Beschneidung der Juden. Es gibt viele Dinge, die im Namen der Religion (und vielleicht sogar in guten Absichten) das Leben anderer ohne höheren Sinn zum negativen verändern.
Wenn man über ein solches Thema diskutiert, dann muss man sich fragen: was ist denn Religion überhaupt. Und was bringt sie uns? Die Frage soll unabhängig von der Existenzdiskussion gestellt werden: gibt es einen Gott oder nicht? Die Religion hat nämlich sehr viel wichtigere Funktionen als das. Es hat einen Grund, daß Völker oder Stämme, so "unterentwickelt" sie auch sein mögen, fast immer doch einen religiösen Glauben besitzen. Religion übt hier die Funktion einer übergeordneten Regeleinheit aus. Menschen brauchen Regeln. Religion liefert sie. Dabei sind Dinge wie die zehn gebote ja durchaus nicht verachtenswert. Würden sich alle an sie halten, hätten wir eine sehr viel bessere Welt. Ganz sicher gibt es auch in den anderen Religionen Moralregeln von erstrebenswerter Wichtigkeit. Religion dient also der Gemeinschaft.
Weiterhin ist der Glaube eine wichtige seelische Stütze. Jeder Mensch glaubt an etwas, auch Atheisten (sie glauben, daß es keinen Gott gibt). Als solche ist die Religion sehr wichtig. Neulich erst habe ich eine Studie gelesen: religiöse Menschen leben im Schnitt länger und vor allem sehr viel gesünder. Ich kann das nachvollziehen. Eine seelische Stütze zu besitzen mit der Möglichkeit, in Not beten zu können und zu glauben, erhört zu werden, das ist etwas sehr beruhigendes.
Was die zahlreichen Religionen angeht, so meine ich, daß wir alle im prinzip den gleichen, großen Elefanten betrachten, nur jeder von einer anderen Seite. Ich bin da sehr liberal, ich akzeptiere und toleriere jede Glaubensrichtung. Ich sträube und verabscheue, wie eingangs erwähnt, jedoch jede Art der unsinnigen und menschenverachtenden Lebensgängelung. Von verbrecherischen Unternehmungen im Namen der Religion brauchen wir ja gar nicht reden.