es wird wohl wirklich so kommen

LVZ von Heute:
Zentralstadion-Chef Michael Kölmel: Da kann nichts mehr schief gehen
Leipzig. Der Mega-Deal mit dem Brause-Tycoon Dietrich Mateschitz lässt den deutschen Blätterwald rauschen. Frage aller Fragen zwischen Flensburg und Garmisch: Wann setzt der Red-Bull-Gründer seine Unterschrift unters historische Vertragswerk?
Für die in Leipzig nicht eben seltenen Bedenkenträger ist eh klar, dass das Ganze ein Marketing-Gag ist, dass Fußball-Leipzig die nächsten 250 Jahre unbedeutend bleibt. Fragen wir also nach bei den Verhandlungspartnern der Ösis. Bei den Machern des SSV Markranstädt und dem Chef des Zentralstadions, Michael Kölmel. SSV-Manager Holger Nussbaum: „Wir sind uns in allen Punkten einig, erwarten die unterschriebenen Verträge noch am Wochenende zurück.“
Der Oberligist ist Steigbügel der Bullen, verschafft dem neu gegründeten RB Leipzig (Rasenball e.V.) die Lizenz zum Kicken. In der kommenden Saison wird RB im Stadion am Bad spielen, dann folgt der Umzug ins Zentralstadion. „Das ist so verabredet“, sagt Stadion-Chef Michael Kölmel, der nach jahrelangem Alleingang jetzt seine Kreditlinie schonen kann. Red Bull wird ab der Saison 2010/11 Hauptmieter im WM-Stadion, die Namensrechte am Sportforum wohl schon im Sommer an sich reißen. „Das alles wird noch größer und sensationeller als Sie denken“, glaubt Kölmel, der ebenso wie Nussbaum keine Zweifel am vertraglichen Abschluss hegt. „Da geht nichts mehr schief.“ Bis zum 31. Mai muss die Nummer über die Bühne sein, ansonsten geht das Oberliga-Startrecht flöten.
Auch das Thema Nachwuchszentrum, ganz hoch angehängt bei Red Bull, sieht Kölmel entspannt. „Das habe ich indirekt bisher sowieso alleine bezahlt, das kann der FC Sachsen nicht leisten. Wir werden einen Modus finden, der allen Bedürfnissen gerecht wird.“ Dass der FCS ohne Nachwuchs seine Daseinsberechtigung verliert, weiß Kölmel. „Dazu wird es nicht kommen.“ Klar ist, dass RB die hohen Spielklassen der A- und B-Junioren braucht, um effektiv arbeiten zu können. Denkbar ist, dass dem FCS eine Grundversorgung erhalten bleibt, die Asse aber im Ösi-Paket verschwinden. Die Sachsen-Chefs können Kölmels Wünschen gar nicht widerstehen. Der Mathematiker ist Hauptgläubiger, kann den Verein kraft seiner Wassersuppe liquidieren.
Zwei Details des österreichischen Masterplans sickerten durch. Erstens: Das mit viel Geld unterfütterte Unternehmen ist auf zunächst zehn Jahre angelegt, alle zwei Jahre soll ein Aufstieg gelingen, Fernziel ist – natürlich – die Bundesliga. Zweitens: RB wird dabei nicht nur auf eigenes Personal und eigenes Knowhow setzen, sondern dem Ganzen einen regionalen Anstrich verleihen, sächsische Kräfte einbauen. Auf dass die Identifikation nicht vollends über Bord geht.
Ein Frieden stiftender Umstand, den Hans-Georg Moldenhauer, Präsident des NOFV und DFB-Vize, begrüßt. „Red Bull darf nicht als Eindringling daherkommen, muss die Fans mitnehmen.“ Dass ein Zweit- oder Erstligist RB Leipzig das Zentralstadion füllen wird, ist für Moldenhauer klar. „Leipzig ist eine Fußball-Stadt.“ Ist sie. Und wie! Guido Schäfer
Hoffen, Bangen, Spekulieren
SSV Markranstädt vor der Ära Red Bull: Vogel will kämpfen, Kujat hat keine Illusionen
Markranstädt. „Wir können noch gar nicht einschätzen, was da auf uns zukommt“, sinniert Tino Vogel, Trainer des Oberligisten SSV Markranstädt. Nun, was kommt, ist Red Bull, ist eine Fußball-Revolution. Aus dem SSV wird der Rasenball e.V., kurz RB Leipzig, ein Verein, der mit Millionen aus Österreich in höhere Ligen klettern soll. Was vom alten Team und Trainerstab übrig bleibt, steht in den Sternen. „Wir wissen noch sehr wenig“, sagt Vogel, der von der Entwicklung völlig überrascht wurde, „aber es wäre ein tiefer Einschnitt für uns alle, etwas ganz Neues, eine große Herausforderung.“
Vogel, der morgen 40 wird, hat seinen Vertrag beim SSV bis 2010 verlängert, er würde ihn gern bei RB erfüllen. „Aufstiegsdruck bin ich aus Plauen und Chemnitz gewöhnt, nur waren da die Kassen leer“, erzählt Vogel, „jetzt wäre das anders und die Aufgabe sehr reizvoll.“ Er hofft, dass er sein Konzept den Red-Bull-Machern vorstellen darf. „Ich kenne die fünfte Liga wie meine Westentasche“, sagt er selbstbewusst, „das ist ein Faustpfand, und ich glaube nicht, dass es einen Oberliga-Trainer mit einer besseren Punktequote gibt.“
Auf Anhieb fallen Vogel etliche Spieler ein, „die uns sofort weiterhelfen würden. Wir brauchen ein Gerüst mit Akteuren aus der Region, die genau wissen, was sie erwartet“. Nämlich bissige Gegner mit hämischen Fans, für die der neureiche RB Leipzig das Feindbild schlechthin darstellt. Vogel hat auch nicht vergessen, wie der FC Sachsen mit überbezahlten Kickern unter Eduard Geyer scheiterte. „Da sind eben auch Kämpfertypen gefragt.“
Vogels Mannschaft wurde am Dienstag von der SSV-Führung informiert. Botschaft: Niemand wird fallen gelassen, alle Verträge werden erfüllt. „Vielleicht aber nur in unserer zweiten Mannschaft“, meint Ronny Kujat. Er hält das Red-Bull-Projekt für „eine tolle Idee, ich habe mir aber nicht vorstellen können, dass sie in Markranstädt verwirklicht wird“. Der 34-Jährige hat bei VfB und FC Sachsen genug erlebt, um sich wieder Fortschritte für den Leipziger Fußball zu wünschen. Doch Illusionen über das SSV-Personal hegt Kujat nicht: „Ich denke, Red Bull wollte nur unseren Oberliga-Platz, die fliegen ihre eigenen Leute ein, das wird Profifußball. Die bringen zehn Spieler mit, vielleicht nehmen sie auch noch sechs oder sieben von uns, damit ein paar Identifikationsfiguren da sind.“ Kujat wäre eine. Sein Vertrag läuft bis 2010, er würde sich noch eine Saison bei RB zutrauen, seinen Job als Fitnessfachwirt an einer Rückenschule aber nicht vernachlässigen wollen.
Das Unheil nimmt seinen Lauf.