Private E-Mail Korrespondenz am Arbeitsplatz ist an der Tagesordnung. Und dabei wird vielleicht auch Negatives über den Vorgesetzten geäußert. Merkt ja keiner, ist die landläufige Meinung. Die Realität sieht allerdings anders aus. "Eingehende E-Mails sind fast mit Postkarten zu vergleichen – nur, dass diese nicht über die Posteingangsstelle eines Unternehmens laufen, sondern über den Unternehmensserver", erläutert Anne Kronzucker, Rechtsexpertin der D.A.S. Versicherung, Europas Nr. 1 im Rechtsschutz.Wer also Zugriff auf den Server hat, kann auch sämtliche E-Mails lesen. In größeren Unternehmen nehmen diese Position Systemadministratoren ein, in kleineren Büros sind es die Chefs persönlich, die darauf zugreifen.Die rechtliche Seite gestaltet sich allerdings etwas schwieriger. Die Gerichte machen die Zugriffsrechte des Arbeitgebers davon abhängig, ob und in welchem Umfang er die private Korrespondenz via Internet erlaubt oder verboten hat. Hat er die private Mailnutzung ausdrücklich verboten, dann darf er davon ausgehen, dass alle ein- und ausgehenden Mails geschäftlicher Natur sind und folglich er als Chef die Berechtigung hat, diese wie die übliche Geschäftspost zu lesen. Sind private Mails erlaubt oder über längere Zeit geduldet, darf ein Chef private Mails nicht einfach lesen – selbst wenn sie über die elektronische Firmenpost laufen. Hier schränken Datenschutz und Fernmeldegeheimnis die Rechte des Arbeitgebers ein. Systemadministratoren dürfen ebenfalls ihre Vertrauensposition und ihre technischen Zugriffsmöglichkeiten nicht nach Belieben ausnutzen. Laut Arbeitsvertrag ist die Post der Kollegen meist tabu. Das Lesen privater E-Mails des Vorgesetzten stellt sogar einen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, wie das Arbeitgericht Aachen entschieden hat (Az: 7 Ca 5514/04).Wer trotz Verbots private E-Mails schreibt, riskiert im Normalfall eine Abmahnung, aber erst beim zweiten Verstoß darf der Arbeitgeber unter Umständen eine Kündigung aussprechen. Eine sofortige Kündigung ohne Abmahnung ist in der Regel nicht zulässig. "Hat der Arbeitgeber die private E-Mail-Korrespondenz erlaubt, so ist dies dennoch kein Freibrief für die ungeschränkte private Nutzung", so die D.A.S. Juristin. Gibt es einen Betriebsrat, so legt dieser häufig zusammen mit dem Chef die Spielregeln in einer Betriebsvereinbarung ganz genau fest. Besteht im Unternehmen weder eine Betriebsvereinbarung noch eine sonstige Regelung über die E-Mail-Nutzung – und das ist in der Praxis sehr häufig so - streiten sich die Gelehrten, was erlaubt ist oder nicht. Duldet der Arbeitgeber die private Nutzung über längere Zeit, dann darf er die Mails nicht einfach öffnen – denn er muss davon ausgehen, dass private Mails dabei sind. Die Praxis zeigt allerdings, dass Verstöße gegen diese Maßgabe gerade in kleineren Firmen ohne Betriebsrat häufig vorkommen und das bei einer hohen Dunkelziffer. Im seltensten Fall gesteht der Arbeitgeber die Kenntnis von der privaten E-Mail-Korrespondenz seines Mitarbeiters ein, da er sich damit wegen Verletzung des Fernmeldegeheimnisses strafbar macht.