Der Rücktritt ist natürlich folgerichtig für Özil und absolut verständlich. Allerdings hat sich mein Bild vom Menschen Mesut Özil durch dieses Statement nochmals deutlich mehr verschlechtert. Mit der Rassismus-Keule macht er es sich jetzt zu einfach. Er schreibt, dass zwei Herzen in seiner Brust schlagen und er sowohl Deutscher als auch Türke wäre. Wenn ihm das aber andere vorwerfen, ist es auf einmal schlecht und böse? Nun ja. Soll er das halt meinen. Was mich aber wirklich stört ist, dass er zu keinerlei Selbstreflexion fähig ist und gar nicht einsieht oder einsehen mag, warum so viele ein Problem mit diesem Foto haben. Es gehört sich also so? Als Deutsch-Türke muss man dem "Amt" die Hand schütteln, egal welcher Mensch sich dahinter verbirgt? Absolut lächerlich und das zeigt auch, dass er daran keinerlei Interesse hat, was Erdogan so alles macht. Ein Emre Can hat auch das Treffen abgesagt, weil er es für falsch hielt. Es geht also doch.
Was er aber nicht sieht: Es war Wahlkampfzeit in der Türkei und er hat sich dafür einspannen lassen. Gerade für Jugendliche und junge Erwachsene Deutsch-Türken ist Mesut Özil ein Vorbild, weil er viel erreicht hat. Und seien wir doch mal ehrlich: Wie viele in diesem Alter werden sich wirklich mit der Türkei und der dortigen Politik beschäftigen? Machen ja auch nicht viele Jugendliche in Deutschland. Die bekommen hier und da nur Schnipsel aus den Medien mit und dürfen dennoch wählen. Dann sehen sie, dass ein Özil fröhlich mit Erdogan posiert, Gündogan ebenfalls. Der Typ kann ja dann gar nicht so schlimm sein, wenn die beiden Superstars da einen auf best friends machen und zack: Wähler sind da. Und das ist übertragbar: Was glaubt ihr welchen Schub die AFD erhalten würde, wenn einige sehr bekannte deutsche Promis sich zu solchen Fotos überreden lassen würden? Der ist gewaltig, weil die können dann ja nicht so schlimm sein. Ich sehe Wahlkampfhilfe durch Promis so oder so kritisch, weil dadurch sich eben viele nicht mehr mit dem Programm der Partei an sich auseinandersetzen, sondern auf die "Meinung" ihrerer Vorbilder bauen. Bei Menschen mit so gewagten Praktiken ist das nochmals deutlich kritischer.
Wo ich ihm zustimmen muss: Das Verhalten vom DFB. Erst stärkt man ihm quasi den Rücken, weil man ihn mit zur WM nimmt und abschirmt. Dann kommt allerdings der Dolchstoß nach einer schwachen WM. Wäre man erneut ins Halbfinale gekommen, wäre da von den Herren Grindel und Bierhoff nichts gekommen. Aber es war halt für beide einfacher, den eh in der Kritik stehenden Özil als Sündenbock darzustellen und von sich abzulenken.