So, der Vollständigkeit halber nun auch hier der Bericht über unsere Vorrunde. Die Serie erscheint parallel
auf meinem Blog FM.Zweierkette.de.1.2 – Die VorrundeVorbereitung schön und gut – nun gilt es, das Einstudierte auf den Rasen zu bringen. Fans und Medien beäugen neugierig, wie sich Trainer-Frischling Whenett aus der Affäre ziehen wird. Zahlt sich die mutige Entscheidung des Rostocker Vorstands aus, die Verantwortung in so unerfahrene Hände zu geben?Den Pflichtspiel-Reigen eröffnete ein Auswärtsspiel in Hagenow in der 1. Runde des Mecklenburg-Vorpommern-Pokals. Mein Fokus galt allerdings dem wichtigeren Auftaktspiel in der 3. Liga gegen Paderborn nur drei Tage später, daher stellte ich viele B-Elf-Spieler auf, teilweise sogar positionsfremd. Hauptsache die erste Elf blieb fit.
Genutzt hat es nichts: Hagenow wurde zwar mit 5:0 besiegt, gegen Paderborn zogen wir jedoch trotz früher Führung durch Benyamina mit 2:3 den Kürzeren. Durch zwei knappe 1:0-Siege gegen Werder Bremen II (Tor: Gebhardt) und Münster (unser Kapitän Möhrle traf nach einer Ecke) konnten wir jedoch einen Fehlstart abwenden.
Als nächstes stand uns Besuch aus der Bundesliga ins Haus:
Pokalnacht: Magisch oder tragisch?Zur 1. Runde im DFB-Pokal reiste der VFL Wolfsburg an – ein erster Härtetest für die neue Taktik, die ein Stück vorsichtiger interpretiert wurde (Konter statt Standard, dazu einige zurückhaltendere Duties). Der leicht angeschlagene Timo Gebhardt saß zunächst auf der Bank. Der Plan war es, möglichst lange im Spiel zu bleiben und ihn dann gegen ermüdete Wolfsburger von der Leine zu lassen.
Bereits nach 9 Minuten musste ich das erste Mal wechseln, für den verletzten Platje kam Andrist ins zentrale Mittelfeld. Der Schweizer gehört zu den Leidtragenden meiner Formationswahl: die offensiven Außenpositionen, die er bekleiden kann, gibt es nicht im 3-5-2; daher trainiert er seit Saisonbeginn als zentraler Mittelfeldspieler.
In der Folge entwickelte sich eine Abwehrschlacht bei ausgeglichenem Ballbesitz – mit einem klaren Chancenplus für Wolfsburg. Doch unsere Reihen hielten dicht, sodass ich zur Halbzeit Gebhardt ins Rennen schicken konnte. Offensive Akzente blieben dennoch Mangelware und da auch Wolfsburg kein Treffer gelang, ging es torlos in die Verlängerung.
Eine solche hätte ich gerne vermieden (alleine schon, weil Gebhardt nun mehr als 45 Minuten durchhalten musste), auf englische Wochen mit Überstunden sind wir in Rostock nicht eingestellt. Doppelt bitter: die Verlängerung war keine drei Minuten alt, schon klingelte es im Netz. 1:0 für Wolfsburg.
Trotz entsprechender Umstellungen gelang es uns weiterhin nicht, gefährlich vors Wolfsburger Tor zu kommen. Eine aufregende Szene hatte das Spiel allerdings noch in petto: in der 116. Minute musste auch Wannenwetsch verletzt vom Feld. Am Tag darauf kam die Schockdiagnose: Knöchelbruch, zwei Monate Pause.
Während wir eigentlich stolz sein könnten, so lange gegen einen deutlich potenteren Gegner mitgehalten zu haben, ärgere ich mich stattdessen über den zweifachen Personalverlust und die müden Beine …
Jungspund in AktionMit Wannenwetschs Ausfall rückte Johann Berger, der im Pokal die ganzen 120 Minuten auf dem Feld stand (Note 6,8), vermehrt in den Fokus. Mit dem Ausfall des Schlüsselspielers kamen die Einsatzzeiten nun geballt. In den sechs Partien nach dem Pokalspiel begann er in der Startelf, ehe er mit einer Kieferausrenkung vier Partien pausieren musste. Bis zur Winterpause war er dann wieder ein fester Bestandteil der Mannschaft, auch wenn er in den verbleibenden acht Partien (eine verpasste er verletzt) entweder ein- oder ausgewechselt wurde.
Ich bin immer froh, wenn ich jungen Spielern Einsatzzeiten gewähren kann – insbesondere, wenn sie sich präsentieren wie Berger. Meinem objektiven Eindruck nach fügt er sich fußballerisch nahtlos in die Mannschaft ein und scheint am Ball einer von der besseren Sorte in unserem Kader zu sein. Der Notenschnitt von 6,76 verrät, dass es noch Luft nach oben gibt; ich bin aber durchaus zufrieden und habe keinerlei Bedenken ihn auch in wichtigen Spielen einzusetzen.
Herausragend ist seine Passquote von 88% (eine Vorlage), womit er unserem Spiel Sicherheit verleiht. Das ist ein Aspekt, der mich darüber nachdenken lässt, der Empfehlung meines Trainerstabs zu folgen und ihn zum Innenverteidiger umzuschulen. Unser Aufbauspiel von hinten heraus lässt oft arg zu wünschen übrig – was beim Blick auf die fußballerischen Fähigkeiten unserer Innenverteidiger nicht unbedingt verwundert.
Volle Fahrt voraus!Nachdem die Standard-Taktik eingespielt war, erstellte ich zwei Abbilder mit jeweils etwas offensiverer bzw. defensiverer Ausrichtung. Da sich nur Mentalität und Dynamik leicht (d.h. jeweils um eine Stufe) veränderten, musste das Taktiktraining nicht bei Null starten und das Team kam gut mit den Anpassungen klar. Dadurch waren wir relativ früh in der Saison imstande, kompetent auf Spiel und Umstände reagieren zu können. In meinen Augen ein wichtiger Vorteil gegenüber der Konkurrenz, der dadurch begünstigt wurde, dass wir in der Kategorie "Taktiktraining" am besten in der Liga aufgestellt sind. Es hat sich für mich also gelohnt, die Trainerschulbank zu drücken.
Um es kurz zu machen: Der Rest der Hinrunde verlief überaus erfolgreich. Unser 3-5-2/3-6-1 spielt sich sehr kompakt, wodurch wir (meistens) ein unangenehmer Gegner sind. Mit nur zwei Niederlagen haben wir die wenigsten in der 3. Liga kassiert, mit neun Unentschieden allerdings auch die meisten Punkteteilungen zu verzeichnen. Es gibt also Optimierungsbedarf, aber auf einer soliden Basis.
Nach 19 Spieltagen steht ein guter 5. Platz in Schlagdistanz zu den Aufstiegsrängen:
Wie man sieht, kann es jedoch auch schnell nach unten gehen. Die Liga ist relativ eng und mit einer kleinen Negativserie könnten wir schnell in den Tabellenregionen landen, in denen wir vor der Saison erwartet wurden. Daher: Kein Grund euphorisch zu werden!
Ziel 1: Check!Während die Mannschaft – ganz dem Trainer folgend – auf dem Boden blieb, ließ sich das vom Vorstand nicht behaupten. Aus dessen Begeisterung für unsere Leistungen schlug ich gerne Kapital: Meine Anfrage nach einer vorzeitigen Vertragsverlängerung wurde in der Chefetage freudig angenommen. Bereits Anfang November konnte ich daher einen Haken hinter mein erstes und wichtigstes Ziel setzen. Puh!
Für einen langfristigen Vertrag hat es noch nicht gereicht – aber Hauptsache, das Projekt kann erstmal weitergehen. Unabhängig davon konnte ich noch eine automatische Verlängerung bei Aufstieg aushandeln. Ich wäre überrascht, wenn wir das Ziel während der Vertragslaufzeit erreichen würden – aber man weiß ja nie. (Und man muss ja von den erfahrenen Trainerkollegen wie Ranieri lernen, der sich bei Leicester eine Meisterprämie in den Vertrag hatte schreiben lassen und sich dadurch eine goldene Nase verdient hat.)
Die Ergebnisse der Hinrunde:Unnötig war das Aus im MV-Pokal gegen Schwerin. Kurz vor Ende der 90 Minuten kassierten wir den Ausgleich, im Elfmeterschießen versagten uns dann die Nerven. Mein Ärger hält sich jedoch in Grenzen*, auch wenn der Vorstand den Titelgewinn fest eingeplant hatte. Für mich war es in erster Linie eine Gelegenheit, den Ersatzspielern Spielzeit zu verschaffen (und sie selbst bestimmen zu lassen, wie viele solcher Gelegenheiten es für den Rest der Saison gibt) – wenn sie ausscheiden, müssen sie sich halt öfter mit der harten Bank begnügen. Selbst schuld!
AusblickIch freue mich ungemein auf die zweite Hälfte der Saison. Ein wenig bangt mir ja vor einem möglichen Einbruch nach der Winterpause – wir wären nicht der erste Verein, der über den Erwartungen agiert und damit zu kämpfen bekäme. Unsere Ausgangsbasis ist aber besser als erwartet und mit der Vertragsverlängerung im Rücken dürfte ich in jedem Fall auch im kommenden Jahr noch im Sattel sitzen – wichtig, um das Team nach und nach meinen Vorstellungen anzupassen.
Tery
* Wie Dr. Gonzo richtig feststellte, sollte ich durchaus etwas wütend sein: Um am DFB-Pokal teilzunehmen muss ich in der 3. Liga unter die ersten vier kommen - oder eben den MV-Pokal gewinnen. Die zweite Möglichkeit wurde also leichtfertig verspielt.