Ja, so sehe ich das auch. Erstens gibt es die Unschuldsvermutung. Was wir glauben zu wissen, "wissen" wir aus Medienberichten. Wie gesagt, in den Medien war Türck einstimmig schuldig, was dann später auch dazu geführt hat, dass er trotz Freispruch nicht rehabilitiert wurde. Bei Kachelmann kann man ein ähnliches Schicksal vermuten, sollte er nicht schuldig sein. Aber das muss man abwarten. Zusätzlich fallen mir noch 3 Berichte über angebliche Gewalttäter vom 1. Mai aus Berlin ein vom letzten Jahr, die von BZ, Berliner Kurier, BILD, Morgenpost und dem ganzen anderen Springer-Mist einfach nur als "linke Chaoten", "Gewalttäter" und "Terroristen" bezeichnet wurden. Alle Personen aus den Berichten wurden freigesprochen. Ein 17-jähriger und ein 20-jähriger, die einen Molotow-Cocktail auf Polizisten geworfen haben sollen und daraufhin von besagten Zeitungen als "Terroristen" abgestempelt wurden, sind erst kurz vor Weihnachten (nach 7 Monaten U-Haft!) aus der Haft entlassen worden, komplett schuldfrei. Soviel erstmal zu den Vorverurteilungen in den Medien. (empfehlenswerte Lektüre:
http://www.bildblog.de/die-verlorene-ehre-des-andreas-tuerck/ /
http://www.bildblog.de/13381/die-feuer-chaotin-und-die-schande-rechtsstaat/ )
Was den Vorwurf betrifft, er hätte es nicht anders verdient, wenn er seine Frau betrogen hätte:
Auch hier macht man es sich zu einfach. Was viele vergessen: Ribéry ist Moslem, genau wie seine Frau. Die Scharia (islamische Ehe -> Nikah) erlaubt Polygamie grundsätzlich, zumindest für Männer. Nun ist Ribéry ja nicht mit 2 Frauen verheiratet. Wenn man den Zeitungsberichten für eine Minute mal blind Glauben schenkt, könnte Ribéry eine sexuelle Beziehung zu einer Prostituierten (gehabt) haben. Ich kann mir vorstellen, dass wenn der Koran Polygamie grundsätzlich erlaubt, dass er dann sexuelle Kontakte außerhalb der Ehe mit anderen Menschen nicht grundsätzlich verbietet. Inwiefern das stimmt, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wie gläubig die Familie Ribéry ist und ob seine Frau kein Problem damit hätte, wenn er sie betrügen würde. Ich kann nur sagen, dass man die islamische Ehe nicht automatisch mit den Werten einer christlichen Ehe, die vermutlich die meisten hier zuerst im Kopf haben, vergleichen kann.
Dann noch ein Wort dazu, er hätte es verdient, dass sein Privatleben hier breitgetreten und mit Spott und Häme bedacht wird:
Ribéry stellt sich nicht jede Woche vor die Kameras und predigt familiäre und christliche Werte. Er baut sich nicht zu einer Moralinstanz auf. Ribéry spielt Fußball, er drängt sich mit seinem Familienleben nicht in die Öffentlichkeit. Und genau das sollte der Maßstab der Berichterstattung sein. Beckham, der sein Privatleben bewusst (und kommerzialisiert) zum Bestandteil von Medienberichterstattung macht, muss damit leben, dass sein Privatleben in der Öffentlichkeit auch dargestellt wird, wenn es ihm nicht gefällt, denn er hat vorher davon profitiert. Ribéry kommuniziert sich als Fußballspieler und was auch immer mit irgendwelchen Prostituierten geschehen sein soll, ist nicht Teil eines berechtigten Interesses der Öffentlichkeit.
Dass dies trotzdem passiert, ist sehr bedauerlich, aber kaum noch vermeidbar. So ein paar Witze sind ja vergleichsweise immernoch relativ harmlos (im Gegensatz dazu, was man alles über Türck und Kachelmann ausgegraben hat). Aber ich bitte nochmals um Entschuldigung, wenn ich als Nicht-Bayern-Sympathisant trotzdem nicht darüber lachen kann.