Hmm, ich habe die Befürchtung, dass das hier jetzt zu sehr Off-Topic werden könnte, aber mit einigen deiner Darstellungen habe ich ein kleines Problem.
Also erstmal bin ich in der Tat kein Polizist und weder in die Arbeit der DPolG involviert, noch habe ich etwas mit der GdP zu tun. Von einem massiven Mitgliederschwund der GdP sprechen die Zahlen allerdings nicht, im Gegenteil.
Für die GdP gibt es konkrete Daten aus den Erhebungen für den DGB aus Material für ein rechtswissenschaftliches Arbeitsrechtsmodul (
http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=5&cad=rja&ved=0CFEQFjAE&url=http%3A%2F%2Fwww.uni-goettingen.de%2Fde%2F305512.html&ei=oLHTUPbSB8jjtQbE8oGQCA&usg=AFQjCNFjGA9BWox3bxKvf-mO3gKE20wbgQ&sig2=UbSSsNnTpujqDLJJwnjx1w&bvm=bv.1355534169,d.Yms) und die Zahlen belegen ein stetiges schwaches Ansteigen von Mitgliedern.
Für die DPolG habe ich leider keine aktuellen offiziellen Daten vom DGB (lassen sich aber jederzeit erfragen). Dafür habe ich einen Wert auf einer Seite der DPolG gefunden (
http://www.dpolg-hessen.de/index.php?option=com_search&Itemid=99999999&searchword=mitgliederzuwachs&searchphrase=any&ordering=newest&limit=5&limitstart=0 -> hier auf "2. Wir über uns" klicken, das sind Daten vom 2.2.2007) wo von 85.000 Mitgliedern die Rede ist. Der Bundesverband der DPolG gibt auf seiner Homepage die heutige Mitgliederanzahl mit 86.000 an, der DGB führt für 2010 etwa 80.000 Mitglieder auf. Also von signifikanten Mitgliederveränderungen kann da nicht die Rede sein, dass sich beide Gewerkschaften eher "skeptisch" gegenüberstehen ist allerdings auch mein Eindruck.
Nun, zu der Gewalt gegenüber Polizeikräften. Ob die jetzt in den letzten Jahren zugenommen hat - sowohl qualitativ als auch quantitativ - ist relativ undurchsichtig (weil nicht immer klar ist, auf welchen Daten die Statistiken beruhen...das Anspucken oder Beleidigen, so widerwärtig es ist, würde ich noch nicht unter Gewalt gegen Polizeikräfte zählen), ich gehe aber schon davon aus. Nur muss ich aus eigener Erfahrung sagen, dass die Polizei nicht immer ganz unschuldig daran ist. Ich bin öfters auf Demos oder der ein oder anderen Massenveranstaltung und was ich dort von Einsatzkräften gesehen habe, war schon nicht ohne. Ich würde schon so weit gehen zu behaupten, dass es in den Reihen der Polizei teilweise ein Gewaltproblem gibt. Wie immer sind das nur einige wenige, die sich nicht unter Kontrolle haben, aber von Einzelfällen mag ich nicht mehr sprechen, nachdem ich in Stuttgart war; an der Freiheit statt Angst Demo teilgenommen habe; auf Anti-Nazidemos in Hamburg und Dresden war und gegen steigende Mietpreise in Berlin auf die Straße gegangen bin. Es ist schon so, dass einzelne Züge am Beginn einer Veranstaltung die Stimmung aufheizen, indem sie in Kampfmontur einfach durch die Reihen der Veranstaltungsteilnehmer durchlaufen und Leute wegschubsen. Das ist pure Provokation, der Zug könnte sich auch ganz sachte von A nach B bewegen, wenn es denn überhaupt sein muss, dass das Teilnehmerfeld einer Veranstaltung durchquert werden muss. Jedenfalls ist die sehr löbliche Deeskalationsstrategie der Polizei, die ich unter Glietzsch noch erlebt habe, in den letzten Jahren immer mehr ad acta gelegt worden. Mein Highlight war Dresden im Februar im letzten Jahr, als morgens um 11 Uhr kurz nach dem friedlichen Beginn einer Demo ein Wasserwerfer aus einer Seitenstraße angerauscht kam und ohne Vorwarnung direkt draufgehalten hat. Es lag Schnee und es war eiskalt, ich habe eine volle Ladung abbekommen und lag den Rest der Woche mit Fieber im Bett. Es flog nicht eine Flasche, nicht ein Stein...der Einsatz war pure Provokation. Was in Stuttgart passiert ist, wurde ja zum Glück ausreichend dokumentiert und ist bei weitem kein Einzelfall. Aggressives Auftreten von Polizisten erlebe ich auf manchen Demos immer wieder, nicht selten direkt in Verbindung mit dem Einsatz von Gewalt.
Ich habe den Eindruck, dass diese Provokation oft gewollt ist, um die Stimmung anzustacheln und letztendlich fernsehreife Bilder von steinewerfenden Demonstranten produzieren zu können. Die möchte ich nicht in Schutz nehmen, ganz im Gegenteil. Die Steineschmeißer sind auf so ein paar erlebnisorientierte Arschlöcher, die mit dem eigentlichen Sinn der Veranstaltung meist gar nichts am Hut haben, sondern auf Krawall und Zerstörung aus sind. Aber die Darstellung, dass die Polizei defensiv agiert und erst den Knüppel auspackt, wenn Demonstranten Straftaten begehen, ist ein Ammenmärchen in meinen Augen. Es gibt einige wenige Demonstranten, die nur auf eine Veranstaltung gehen, um Gewalt auszuüben, aber genauso gibt es in den Reihen der Polizeikräfte ebene auch einige wenige, die sich darauf freuen mal kräftig zuzulangen und dafür auch gerne mal vorher die Muskeln spielen lassen.
Das Problem ist, dass die knüppelnden Beamten/innen nicht belangt werden können. Sie agieren mehr oder weniger vermummt und anonym in der Gruppe. Der Korpsgeist verhindert dann, dass der ein oder andere, der mit dem Auftreten der Kollegen ein großes Problem hat, lieber doch nichts sagt, sondern "nichts gesehen" hat oder sich "an nichts mehr erinnern" kann. Es gibt in Berlin jetzt glücklicherweise die Kennzeichnungspflicht von Beamten im Einsatz, ein Meilenstein, der schon vor sehr sehr langer Zeit hätte erreicht werden müssen, aber am Widerstand von GdP und DPolG immer wieder gescheitert ist, da diese die Angst des Beamten/der Beamtin um ihre Familie vor Racheangriffen als Argument aufgeführt haben. Das ist ein unglaublich schwaches Argument, schließlich gibt es verschiedene Arten, die Kennzeichnungspflicht durchzuführen. Es muss ja nicht gleich der Name mit Bild an der Brust sein, es reicht eine vier- bis fünfstellige Nummer, wobei die Identifizierung nur mit Hilfe eines Schüssels erfolgen kann, der nicht öffentlich bekannt ist (Nummernliste im Tresor des Polizeipräsidenten).
Die Einführung der Kennzeichnungspflicht ist deshalb so wichtig, weil es bundesweit jährlich mehr als 2000 Anzeigen gegen Polizisten gab (wobei die Dunkelziffer von tatsächlichen Delikten weitaus höher liegen dürfte aber nicht zur Anzeige gebracht wurde aus diversen Gründen von Ablehnung des Systems, über geringe Erfolgsaussichten bis zum Hemmniss keine eigenen Straftaten bei der Ermittlung ans Licht kommen zu lassen). Im Jahr 2010 wurden 2133 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten abgeschlossen (Quelle: Staatsanwaltschaftsstatistik). In gerademal 63 Fällen wurde ein Strafbefehl beantragt, bzw Anklage erhoben, 93% der Verfahren wurden eingestellt. Das ist eine verdammt hohe Zahl und nicht alleine mit dem Fluchtargument der "ungerechtfertigten Strafanzeige" zu rechtfertigen. Das sorgt natürlich auf der einen Seite für Frust bei den Betroffenen und auf der anderen für einen immensen Vertrauensverlust in die gesetzestreue Arbeit der Polizei, was die Spirale der Gewalt gegen Polizeibeamte wiederum begünstigt. Ich lebe (außer auf dem Football-Feld) gewaltfrei, aber ganz ehrlich: wenn ich bei -4°C ohne jeglichen Grund von einem plötzlich heranrauschenden Wasserwerfer erwischt werde und dabei zusehe wie vermummte Polizisten ohne Rücksicht auf Verluste Pfefferspray auf alte Menschen, Jugendliche, Studenten Frauen und Rentner sprühen, dann wächst auch in mir Gewaltpotenzial heran.
Dazu kommt, dass ich in den letzten 3 Jahren auf Demos 4 Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt (§340 StGB) eingereicht habe. Die konnte ich leider immer erst nach einer Veranstaltung aufgeben, und da straftatbegehende Polizisten selten zu Gesprächen über ihre Dienstnummer bereit sind (wobei sie dazu verpflichtet sind, mir diese auf Nachfrage auszuhändigen oder in irgendeiner Form zugänglich zu machen) erfolgte diese meist gegen Unbekannt, wodurch die Aussicht auf Erfolg natürlich gen 0 tendiert, zumal in Deutschland ja auch noch Polizisten gegen die eigenen Kollegen ermitteln müssen, da es keine Dienstaufsichtsbehörde gibt (ein unglaublich misslicher Umstand!). Etwas überrascht war ich nach der ersten Anzeigenstellung, als mich eine Woche später ein Schreiben eines Staatsanwalts erreichte. Ich dachte erst, dass das der Brief ist, der mir die Einstellung des Verfahrens mitteilt, aber es war die Inkenntnissetzung darüber, dass gegen mich wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB) ermittelt wird. Weniger überrascht war ich dann, als ich nach der 4. Anzeige, die ich gestellt habe, die 4. automatische Gegenanzeige bekommen habe. Ich habe das als Einschüchterungsmaßnahme aufgefasst und fast das ungeheuer repressiv. Natürlich wurden meine Strafanzeigen eingestellt, genauso wie die Ermittlungen gegen mich, dafür habe ich dann kurze Zeit später zufällig erfahren, dass ich in der Datei "Straftäter linksmotiviert" gelandet bin. Da war ich dann entgültig sauer. Erstens bin ich dort gelandet, nachdem ich eine Anzeige wegen KV im Amt auf der Freiheit statt Angst Demo gestellt und die automatische Gegenklage erhalten habe...Freiheit statt Angst...ich hätte in die Datei "Straftäter liberalmotiviert" rücken müssen

Freiheit ist doch nun wirklich alles anderes als ein zwingendes Merkmal "linker" Politik. Und natürlich war ich sauer über den Umstand wie es überhaupt dazu kommen konnte, wo ich doch niemals auch nur in die Nähe einer Verurteilung gekommen bin. Angeblich eine Verwaltungspanne.
Übrigens ist auch meine Anzeige gegen den Polizeibeamten/in, der/die den Wasserwerfer bedient hat leider nicht weiter verfolgt worden, da "die fragliche Person, die den Wasserwerfer betrieben hat nicht ermittelt werden konnte". Ja neee is klar...der Mensch am Wasserwerfer wird vor dem Einsatz bei einem kleinen geheimen Pokerturnier ermittelt.
Ich habe aber in der Zwischenzeit auch sehr nette und sehr aufrichtige Polizisten kennengelernt, das möchte ich auch nochmal betonen. Bei den Studentenprotesten vor 3 Jahren haben die Einsatzkräfte größtenteils sehr zurückhalten agiert und gute Arbeit abgeliefert. Außerdem muss natürlich zwischen Einheiten der Bereitschaftspolizei, die auf großen Veranstaltungen wie Fußballspielen oder Demonstrationen zum Einsatz kommen und den Streifenpolizisten unterschieden werden. Streifenpolizisten erlebe ich in Berlin eigentlich durchweg äußerst positiv und sehr korrekt. Da mag es auch schwarze Schafe geben, aber das sind dann wirklich nur Einzelfälle und ich habe eigentlich keine schlechten Erfahrungen mit der normalen Schutzpolizei gemacht. Auf der anderen Seite habe ich erlebt, wie der Umgang der Bevölkerung mit den normalen Streifenpolizisten immer heftiger und gefährlicher wird. In den allermeisten Fällen sind Alkohol und junge Männer im Spiel. Da kommt es in letzter Zeit schon häufiger zu Gewaltätigkeiten von alkoholisierten Menschen gegen Streifenpolizisten, die vorher nicht im geringsten provoziert haben oder Gewalt angewendet haben. Auf die Verteidigung dieser Polizisten sollten sich die Gewerkschaften der Polizei meiner Meinung nach konzentrieren und die Einsätze der Einsatzhundertschaften mit einer schützenden Hand und einem kritischen Auge betrachten. Letztendlich schießt sich aggressiv und eskalierend auftretende Bereitschaftspolizei selbst ins Bein, denn das trägt zum allgemeinen Gewaltpotenzial bei.
Trotz allem kann ich einige Forderungen der DPolG und GdP wie das Verbot von 1-Mensch-Streifen, die Ausstattung von Beamten/innen mit stichfesten Materialien und die Verstärkung von Präventivkursen an Schulen besonders in Problemkiezen nur unterstreichen.
Auch von mir ein Entschuldigung für Off-Topic.