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Autor Thema: Zwei Fäuste gegen Remscheid  (Gelesen 162342 mal)

Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #400 am: 01.September 2016, 12:21:07 »

Ich nehme das mal als Antrag und überlasse es der Story, darauf entsprechend zu reagieren. ^-^ Auf jeden Fall mal ganz herzlich Danke!!!

An alle Leser: wie so oft schon muss die Story eine kleine Pause einlegen. Das liegt an meiner aktuell laufenden Selbstständigkeit sowie einem längeren Urlaub davor. Ich habe ziemlich viel Content, der "nur" noch richtig zusammengefügt werden muss. Also bleibt mir treu, es geht auf jeden Fall weiter!  :)
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #401 am: 01.September 2016, 13:14:28 »

Wir wollen Way! Wir wollen Way!!! :D

Gut Ding hat eben Weile! :)

Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #402 am: 12.April 2017, 08:56:19 »

„Jungens, setzt Euch. Machtet Euch bequem und nehmt Euch n’Mettbrötchen oder auch n’Saft. Der Barry hat Euch wat geschmiert. Un et gibt wat zu beredn. Selbstverständlich heiße ich auch die Herrn Berater und Anwälte herzlich willkommen!“
Wir befinden uns in der großen Sporthalle direkt am Trainingsgelände. Meiner Einladung mit dem Titel „Intim im Team – folge Deinem Herzen! Top 1: Neuer Vertrag; Top 2: Häppchen, Alkohol und Nutten bis zum Abwinken; Top 3: Scherzanrufe bei Herrn Herzog privat (erst ab 1:00 morgens)“ sind tatsächlich alle gefolgt und setzen sich nun auf die Bierbänke, die ich von meinem persönlichen Getränkegroßhändler habe liefern lassen. Im Hintergrund zischt leise die Bierzapfanlage, als sich die Jugendspieler Stein und Dang Khoa drauf stürzen. Ich nicke milde. Schön, sturmfrei zu haben.
„Bevor et hier losgeht mit die Gaudi, lasst mich noch’n paar Worte an Euch richten“, fange ich an, aber die Meute denkt gar nicht daran, mich ausreden zu lassen. In heller Aufregung reden alle wild durcheinander, fuchteln mit den Armen und schieben sich gegenseitig vor mir herum auf der Suche nach dem besten Gesprächsplatz.
Aha, denke ich. Die sind also schon ‚von irgendjemandem‘ informiert worden. Aber ich entspanne mich. An Herzogs Stelle hätte ich dasselbe gemacht.
Ich schiebe den wild gestikulierenden Kenneth Zohore beiseite, wehre die greifenden Hände von Manuel Zeitz ab, der offenbar die Gelegenheit nutzt und sich hier und an dieser Stelle für meine Verbalkritik revanchieren will, und wühle mich durch Richtung Torraum, der um das Handballtor herum markiert ist. Hier steht ein Mikrofon.
Aber nein. Ich schaffe es nicht.
In mir regt sich bereits der Plan, einfach jedem Einzelnen zu erklären, was jetzt passiert, als ein gellender Pfiff durch die Halle ertönt.
Schlagartig ist alles still.
Ich ebenfalls. Mit einer bangen Bewegung meiner Zunge teste ich, ob der Schall meine Kronen zerstört haben könnte.
„Alles setzt sich sofort auf einen Platz!“ donnert es da.
Die Stimme kommt von einer Position hinter mir. Als ich mich umdrehe, sehe ich Barry mit einer metallenen Trillerpfeife um den Hals. Ich kann nicht anders als in diesem Moment zu denken, dass das Dritte Reich Holland wohl nicht so einfach überrollt hätte, wäre die Menschen von damals so gewesen wie mein Co-Trainer. Dieses Gefühl geht sogar so weit, dass ich bereits den Weg mit den anderen Richtung Sitzbänke antrete. Opdam ist aber hinter mich getreten und lenkt meine Schritte kräftig in die Gegenrichtung.
„Besten Dank, Jung.“ Bringe ich durch den nur langsam abklingenden Tinnitus hervor.
Barry nickt zackig und nimmt dann neben mit Position ein.
„Nun, ähh…“ fange ich an. „Ja, also… guten Tach ersma. Ihr habtet schon vernommen, dat Eure Verträge just in diesem Moment keine Gültigkeit besitzen.“
Ich werfe meinen Blick in die Runde. Einige nicken nur, andere starren Löcher in die Luft. Einige schauen durchaus verärgert in meine Richtung. Tolga Cigerci etwa hat mich direkt nach Bekanntwerden dieser Geschichte wissen lassen, dass er das als ungehörigen Vertrauensmissbrauch betrachtet. Ähnliches hat David Simao von sich gegeben.
Hier hat Herzog tatsächlich keine Zeit verloren. Noch am Abend des gestrigen Tages – des Tages mit dem Einigungsgespräch – hat er allen Spielern und Beratern eine vertrauliche E-Mail zukommen lassen. Eine davon hält Cigercis Berater nun hoch.
„Herr Way, was soll diese Unverschämtheit?“
Ein lautes Murmeln geht durch den Raum.
„Das ist ein Vertrauensbruch von nie dagewesener Größenordnung! Wir verlangen eine Erklärung dafür!!“
Wieder bricht eine Welle durcheinanderredender Stimmen los, die aber alle plötzlich aufhören, ohne dass etwas passiert ist.
Ich schaue nach rechts, wo Barry überzeugend die Hand von der Pfeife nimmt.
Wieder blicke ich in die Runde.
„Lasst mich getz ma bitte die Sätze zuende sagen, ja, seid so gut. Punkt Eins is: et stimmt, die Verträge sind alle ungültig – im Moment noch. Punkt Zwei is: wenn Ihr gleich hier wieder raus geht, habt Ihr, wenn Ihr wollt, alle einen neuen Vertrag beim FC Remscheid inne Tasche. Und ich würd mich freuen, wenn Ihr mich dat kurz erklärn lasst.“
Ich blicke einmal schnell in die Runde und stelle tatsächlich fest, dass mir ungeteilte Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die gilt es zu nutzen.
„Jut, also: richtich is, dat die Klausel meine Idee war. Getz fragt Ihr Euch, warum ich dat wohl gemacht habe. Und glaubt et oder nich: mir ging et darum, Euch am Erfolg teilhaben zu lassen. Nämmich weil wenn der Verein sone Serie hinlegt mit sovieln Siegen in so kurzer Zeit, dann muss er erfolgreich sein und sehr wahrscheinlich auch dann wesentlich mehr Geld ham als zum Zeitpunkt vonne Vertragsunterschrift. Spieler, die dat dann geleistet ham für den Club, sollten davon profitiern. Inne Wirtschaft kann man sowat auch Änderungskündigung nennen. Meine Idee war, nich einfach irgendwelche Klauseln mit Prozenten oder sowat zu machen, sondern Euch tatsächlich die Gelegenheit zu geben, n’komplett neuet Papier aufzusetzen mit komplett neue Konditionen. Dat war mein Gedanken hinter dem Text vonnem Vertrach. Mein Fehler war einzich un allein, genau dat nicht reinzuschreibn oder zumindest dabei zu schreiben, dat der Verein die Vertragsneuaufsetzung garantiert. Ich geb offen un hier un an diese Stelle zu, dat mir dat durchgegangen is. Dat war keine böse Absicht, sondern eher Unerfahrenheit. Aber getz sin so viele Menschen hier, dat ich Euch dat offen sach: Ihr bekommt alle ein neuet Vertragangebot vonnem FC Remscheid.“
Die Menge reagiert nicht, sondern hört weiter gebannt zu.
„Ich hoffe getz, dat die Messitsch gut angekommen is. Un hier sin die weiteren Schritte: Ihr alle bekommt gleich n’neuet Vertragsformular. Da steht bereits alles drin, wat nötich is. Aber eins fehlt: dat Gehalt. Zusätze un Klauseln un so bleiben gleich, aber dat Feld mittem Gehalt is leer. Tracht ein watter wollt.“
Es folgt Stille. Dann folgt Gemurmel. Dann folgen einige Gesichter, die diesen Freibrief schneller erkannt haben als andere.
Es folgen aber auch schneidige Stimmen einiger Anwälte.
„Wer garantiert uns, dass da nicht wieder versteckte Frechheiten lauern, Herr Way?“
Ich recke den Hals auf der Suche nach dem Absender, finde aber nichts.
„Keine Ahnung, wer dat getz gesacht hat, is aber auch egal. Is wahrscheinlich besser, wennet nich rauskommt, weil die Antwort nämmich lautet: ein guter Anwalt garantiert dat. Ihr dürft den Vertracht vorher nämmich sogar lesen, bevor Ihr dat unterschreibt. Dat war übrigens auch beim ersten Mal schon so, nur so nebenbei bemerkt. Un nochwat: da et ja nu so aussieht, als ob wa uns recht zackich nich mehr vonne Spitze vonne Zweite Liga wechdrängen lassen un weil dat unumgänglich heißt, dat wa aufsteigen un weil dat dann zimlich sicher darin resultiert, dat der Verein vonne DFL n’Arsch voll Kohle kricht, sollta auch da dann wat von abham. Deshalb is die Laufzeit auf ein Jahr befristet. Nach ein Jahr vahandln wa neu oder Ihr sucht Euch wat anderet. Aber solange bekommter, watta wollt!“
Es folgen keine weiteren Stimmen aus dem Auditorium. Insgesamt herrscht Ruhe. Das kann gut oder schlecht sein, aber mein Essener Gemüt entscheidet sich für ‚gut‘.
„Fein, Jungens. So hab ich mir dat gedacht.“
Ich drehe mich um zu einem Tisch, wo einige Stapel mit Papieren liegen. Die vorgefertigten Vertragswerke für jeden Spieler, der betroffen ist.
„Kommt bitte nach vorn und holt Euch Eure Formulare ab. Da die meisten ja ihre Anwälte oder Berater dabei ham, seid bitte so gut, und schaut, ob Ihr dat nich schon gleich hier unterschreiben wollt. Die Zeit drängt natürlich etwas, Ihr versteht ja sicher. Ihr habt daher eine Dädlein bis heute 23:59 Uhr. Dat sollte reichen, weil der Vertrachstext eigntlich der gleiche is.“
Die Menge erhebt sich langsam, während ich hinter den Tisch gehe, um mit Barry zusammen die Verträge zu sortieren.
„Ach un nochwat: sone Klausel wie getz hab ich wieder in den Vertrach eingebaut, aber diesmal mit dem Zusatz, dat Ihr auf jeden Fall n’neues Angebot bekommt, wenn die Klausel greift. Ich find die Idee nämmich anunfürsich nich schlecht.“
In der Annahme, hier wirklich maximal auf die Spieler zugegangen zu sein, teile ich die Verträge aus und sammle sie auch später wieder ein.
Die Versammlung löst sich anschließend recht schnell auf.

Einen Tag später – nach Verstreichen der Deadline – liegen mir die meisten Verträge vor. Allerdings fehlen L’Hostis, Zeitz, Lüthi, Cigerci, Juca, Simão, Klement, Zohore, John und Sascha Kotysch. Interessant, denke ich, dass diese Spieler scheinbar irgendwo anders mehr verdienen können oder sicherere Verträge erhalten. Mir soll’s recht sein. Wenigstens fehlt kein Leistungsträger.
Das Gehaltsbudget ist übrigens um 30 % geringer, was zum großen Teil auf den cleveren Leandro zurückgeht. Der hat sich einfach mal 10 Millionen eingetragen.
Ich nehme es schmunzelnd zur Kenntnis und bereite mich auf den nächsten Schritt vor:
Herzog davon in Kenntnis setzen.
Das wird ein Spaß!!
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #403 am: 12.April 2017, 08:57:29 »

„Meine Damen und Herren, ich heiße Sie herzlich auf dieser Pressekonferenz willkommen!“
Herzog sitzt zentral am Tisch, der auf einer kleinen Empore steht. Seine füllige Figur dominiert die Szenerie geradezu, auch wegen des schwarzen Anzugs, der sich in starkem Kontrast von der weiß getünchten und obendrein beleuchteten Wand hinter ihm abhebt.
Zahlreiche Journalisten sind anwesend und alle größeren Medien des Landes vertreten. Kicker und SportBild ebenso wie der WDR, die Bild selbst, der Kölner Express und die Rheinische Post. Und natürlich auch Jörg Kovac vom Remscheider General-Anzeiger.
Blitze zucken durch den Raum, als Fotografen beginnen, das Bild des Präsidenten einzufangen. Herzog schaut kurz nach unten auf einige seiner Zettel und ordnet diese mit stoischer Ruhe. Seine Inszenierung ist perfekt getimt.
„Ich habe Ihnen auf dieser außerordentlichen“ – dieses Wort erlebt eine ungeahnte Betonung – „PK eine Meldung von nicht unerheblicher Tragweite zu machen.“
Herzog räuspert sich kurz und schaut wieder nach unten.
„Sie alle sind Zeuge der Vorgänge der letzten Tage geworden. Dennoch will ich kurz eine Zusammenfassung geben: wie sich herausgestellt hat, enthalten alle Spielerverträge, die seit Amtsantritt den Managers Herrn Henning Way abgeschlossen wurden, mit Ausnahme der Jugendspielerverträge, eine Klausel. Diese Klausel führt bei Erreichen einer bestimmten Gesamtpunktzahl über mehrere Saisons hinweg zur sofortigen Auflösung des Vertrages. Die genannte Gesamtpunktzahl wurde schließlich mit letzten Spiel erreicht. Ab exakt diesem Zeitpunkt wurden, wie erläutert, alle Verträge ungültig. Der FC Remscheid steht ohne Vertragsspieler im Wettbewerb der Zweiten Fußball-Bundesliga.“
Herzog blickt kurz von den Papieren auf. Er lässt seine Augen einmal im Halbkreis über die Journalistenschar wandern, ehe er tief Luft holend fortfährt.
„Eine solche Situation hat es im deutschen Fußball wie wohl auch im Fußball überhaupt bislang unseres Wissens noch nicht gegeben. Es fiel uns also auch nicht leicht, Strategien zu entwickeln, wie darauf reagiert werden soll. Unsere Beratungen innerhalb des Präsidiums betrafen zunächst die Schuldfrage, die uns nach kurzer Zeit eindeutig erscheint. Herr Henning Way trägt in seiner Funktion als Manager und damit als Hauptverantwortlicher für Spielertransfers und Vertragsgespräche die größte, wenn nicht alleinige Schuld. Wir im Präsidium des FC Remscheid e.V. stehen vor einem großen Berg Arbeit, denn es müssen umgehend neue Verträge für die Lizenzspieler ausgearbeitet werden.“
Erneut lässt Herzog einige Augenblicke verstreichen. Die Spannung knistert. Vereinzelt sind Kamerageräusche zu hören, Blätterrascheln.
„Entgegen der vielleicht zu erwartenden Reaktionen seitens der Vereinsführung“, fährt Herzog nun fort, „haben wir uns – vorläufig – gegen eine Freistellung von Herrn Way entschieden. Das geschieht vor allem vor dem Hintergrund der laufenden und nicht erfolglosen Saison, den Erfolgen des Trainers und Managers für den Verein sowie der Zusicherung des Herrn Way zur Kooperation. Allerdings…“ Herzog blickt auf und nimmt mit bedauernder Geste die Lesebrille von der Nase.
„… sehen wir uns gezwungen, Herrn Ways Befugnisse im Transfer- und Vertragssektor deutlichst zu beschränken. Somit kann er uns auch leider nicht helfen bei der Lösung des aktuellen Vertragspro-“
„Sorry! ‚Tschuldigung! Nee, lass mich ma – lass mich ma da durch. Uff – meine Schuld, Jörg!“
Herzog blickt entgeistert von seinem Blatt auf. Ihm bietet sich ein zutiefst verstörender Anblick.
Ich.
Ich, der sich schubsend und drängelnd durch die Journalistenmeute arbeitet.
Schubsend und drängelnd. Und laut.
„So, getz, getz ham wat. Nee, doch nich… nee. Nee!! Du da, Mann vonne Bild, tu Dich ma wech machen da! So, getz.“
In voller Pracht richte ich mich direkt vor Herzog auf und strahle ihn an. Er schaut auf mich herab wie der Satan persönlich, der bei der Eintreibung einiger Seelen von den Zeugen Jehovas in ein Gespräch verwickelt wird.
Ich zwinkere ihm zu.
Dann drehe ich mich um und breite kurz meine Arme aus. Mit plötzlich eintretender Entspannung, wie man sie nach einer größeren Anstrengung erlebt, atme ich laut aus.
„Nä, wie schön! Schön, datter alle da seid! Ich hab nämmich wat richtich wichtiches zu erzählen.“
Ich drehe mich wirbelnd herum und besteige das PK-Podest. Direkt neben Herzog nehme ich Platz und greif nach dem Schwanenhalsmikrofon, das bis gerade noch perfekt auf Herzogs Sprechorgan ausgerichtet war. Behände biege ich es zu mir herüber. Ich schlage aus Versehen mit dem Handrücken gegen den Sprechkopf. Eine kurze Rückkopplung entsteht.
Herzog verfolgt meine Handbewegungen mit aufgerissenen Augen und offen stehendem Mund. Seine Hände halten krampfhaft seine Gesprächsnotizen fest.
Ich räuspere mich kurz. Die Journalisten sind mucksmäuschenstill.
„Tach, meine Lieben! Ja, also, ich sach ma: danke annen Herzog für dat Vorspiel. Aber getz kommen wa ma zu wat wichtigem. Wie ihr also schon gehört habt, war da dat Gedöns mit die Verträge. Mannomann, da habter ja vielleicht wat hineinintapretiert, mein lieber Herr Gesangsverein! Heute nun bekommter zu hörn, wodrum et sich wirklich dreht. Ich hab zu diesem Zweck ma den Roman dabei geholt, den Weidenfeller. Kommse grad ma hoch, hier bei mich bei?“
Mit deutlich weniger Aufwand – die Journaille macht artig Platz – kommt Roman Weidenfeller vom hinteren Teil des Raumes nach vorne. Er besteigt das Podium und setzt sich direkt neben mich. Ein weiteres Mikrofon liegt bereit, welches er ergreift.
„Der Roman hier“, sage ich erläuternd, „hat Euch wat zu vamelden. Roman?!“
Weidenfeller legt sich eine kleine Karteikarte bereit, von der er in das Mikrofon abliest:
„Als Gesandter des Mannschaftsrates des FC Remscheid möchte ich bekannt geben, dass bis auf einige Ausnahmen jeder Spieler rückwirkend ab dem Tag des Erlöschens der alten Verträge jeweils einen neuen Vertrag unterzeichnet hat. Die Entscheidung wurde jedem Spieler frei überlassen. Es wurde kein Druck oder sonst irgendeine geartete Beeinflussung seitens des Managements unter Führung von Herrn Henning Way unternommen. Die Vertragsunterzeichnung fand in jedem einzelnen Fall völlig freiwillig statt.“
Weidenfeller legt das Mikrofon beiseite.
Ich klatsche in die Hände. Herzog neben mir gibt einen erstickten Laut von sich.
„Ja, so is dat!“ sage ich lachend. „Und ich erklär euch dat auch, also passt auf. Dat, wat da so geschrieben wurde von wegen Sklavenhaltung und Ausbootung un sonen Zeuchs: alles Käse. In Wirklichkeit war die Maßnahme als einmalige Option gedacht, Spieler für ihre Erfolge zu belohnen. Achtzig Prozent der Punkte in eineinhalb Jahren!! Wenn Du nen Team has mit sonne Spieler, die sowat geiles erreichen, dann musse die auch entsprechend entlohnen. Sicher, man hätte auch mehrere Klauseln oder so einbauen können, aber dat war uns alles zu kompliziert. Besser einmal alles auf Null und wieder von neu machen. Hätte man dat vielleicht vorher mal kommuniziern können? Ja, vermutlich. Mea Culpa. Et is ebenfalls meine Schuld, damit nämmich, mit die nicht stattgefundene Kommunikation, dat hier son Wirbel entstanden is. Tut mir echt leid, wirklich!“
Ich hebe entschuldigend beide Hände.
„Aber ich steh zu mein Wort. Alle Spieler konnten ihre eigenen Vertragsbedingungen diktiern. Wir ham so viel Kohle, getz noch mit die Investorn vonnem Herzog, dat wa dat locker machen konnten. Ein paar Spieler allerdings zogen es vor, den Verein zu verlassen. Die Gründe solln die Euch selbs sagen. Aber et is, wie et is: der Kader steht beinahe unverändert, alle sin mehr als glücklich un der Spielbetrieb geht normal weiter. Und at is auch unser Stichwort, also vonnem Roman und mir: es ist Training.“
Ich springe auf und schiebe dabei laut quietschend den Stuhl nach hinten. Dann halte ich kurz ein und lege, beinahe freundschaftlich, Herzog meine Hand auf die Schulter.
Ich spüre, wie er leicht zittert.
„Tut mir leid, dat wa getz nich mehr für Fragen oder so zur Verfügung stehen können. Aber dat macht der Herr Herzog hier.“
Mit einem freundlichen Kopfnicken verlasse ich die PK. Beinahe sofort bricht ein Sturm von Fragen los, untermalt von knipsenden Fotoapparaten und blitzenden Blitzlichtern.
An der Tür drehe ich mich noch einmal um und schaue zu Herzog.
Mit demselben völlig entgeisterten Gesichtsausdruck schaut er mich an. Ich hebe meinen rechten Arm und forme aus Daumen und Zeigefinger eine Pistole. Mit einen Zungeschnalzen und Augenzwinkern ziehe ich symbolisch den Daumenabzug.
Dann gehe ich mit federndem Schritt.
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #404 am: 12.April 2017, 09:31:53 »

     
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #405 am: 12.April 2017, 09:42:21 »

30. Spieltag
FC Remscheid (1.) – FC Augsburg (10.) 3:3

Weidenfeller - Zimmermann, Bosnjak, Corstjens, Contento - Lamertz - Rubén Pérez, Felipe Anderson - Roye, Schuster - Torp

1:0 Bosnjak (41.)
2:0 Roye (FE, 45.)
2:1 Ndjeng (49.)
3:1 Corstjens (69.)
3:2 Wellington (81.)
3:3 Wellington (90.+1)

Interessant. Mit dem Tor zum 2:0 hat Jimmy Roye nunmehr in jeder Liga mindestens ein Tor erzielt. Ansonsten ein "typisches" FM-Spiel ;)


« Letzte Änderung: 12.April 2017, 11:38:46 von Henningway »
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #406 am: 12.April 2017, 09:45:59 »

‚Notwendige Umstrukturierungen der Vereinssatzung mit Hinblick auf die veränderten Rahmenbedingungen‘ – das steht auf der Tagesliste. Drei Tage nach der Pressekonferenz, die Way so schändlich zu seinen Gunsten genutzt hat, hat Herzog ein Treffen mit den russischen Investoren anberaumt. Anwesend sind nur die drei Geldgeber, Paul und Herzog selbst.
Was für eine Peinlichkeit Way ihm da auf das Auge gedrückt hat. Aber Herzog ist ebenfalls Profi und bereits seit einiger Zeit stets auf der Hut vor solchen Vorkommnissen. Nachdem Way die PK verlassen hatte, prasselten natürlich Fragen auf Herzog ein, die er nach eigenem Empfinden geschickt umschifft hat. Richtig, hat er gesagt, es hat eine Übereinkunft mit den Spielern und deren Beratern gegeben und er war gerade im Begriff, den anwesenden Pressevertretern diese Nachricht zu überbringen, als Herr Way und Herr Weidenfeller die PK so niveaulos störten. Das hatte die Fragen zunächst abebben lassen. Aber Herzog kochte innerlich, als er ebenfalls den Raum verließ.
Auf dem Weg in sein Büro schossen ihm tausend Gedanken durch den Kopf. Sie alle drehten sich um seine Vision des FC Remscheid und wie Way immer mehr zum Hindernis wurde auf dem Weg dahin, diese Version Wirklichkeit werden zu lassen. Schlussendlich würde sich kein Weg um diesen Schritt vorbei finden lassen: Way musste kaltgestellt werden.
Eine handelsübliche Entlassung war dabei leider nicht drin. Dazu hatten die Investoren mittlerweile zu viel Vertrauen in Herzogs und Pauls Bemühungen, die gemeinsamen Ziele zu erreichen, verloren. Und bei aller Antipathie, leistete Way ja auch – leider! – keine schlechte Arbeit. Der Schachzug mit den neuen Verträgen hat ihn auch bei dem Großteil der Mannschaft glaubwürdig und beliebt gemacht, mehr noch als zuvor.
Außerdem fehlten Herzog die Kontakte zu einer Alternative. Opdam schätzte er als loyal ein. Der Holländer würde mit Way den Verein verlassen oder, wenn das nicht, sich zumindest nicht als Marionette missbrauchen lassen. Das nämlich war genau das Anforderungsprofil an einen Ersatzmann für Way: Erfahrung und Fähigkeiten auf dem Sektor der Mannschaftsführung und darüber hinaus keinerlei Ambitionen. Keine eigenmächtigen Handlungen bei Transfers, keine Alleingänge bei Vertragsgesprächen. Alles das sollte Herzogs Aufgabe sein. Aber so jemanden zu finden, war im Moment nicht möglich. Herzog wusste einfach keinen Namen, der diesem Profil entsprach.
Nein, Way entlassen war keine Option.
Way in die Schranken weisen allerdings sehr wohl.
Aber wie?



Herzog und Paul sitzen bereits seit zwei Stunden in dem großen präsidialen Büro. Die Dinge haben sich ganz und gar nicht in ihrem Sinne entwickelt. Von der ursprünglichen Vision eines international anerkannten und mit Topstars gespickten Teams des FC Remscheid ist man weit entfernt. Stattdessen scheint ein Verein zu entstehen, der zwar deutsche Spieler von Rang und Namen anlocken könnte – hier bleiben die Transferbemühungen von Way abzuwarten – aber die wirklichen Spieler mit Reputation sind unerreichbar. Aber auch das kann eigentlich nicht mit Sicherheit gesagt werden. Unerreichbar? Nein, viel schlimmer: ein Kontakt wird nicht einmal gesucht. Es ist überhaupt nicht gesagt, dass der FC Remscheid diese Spieler nicht bekommt.
Aber Way – dieser Way! Wie er sich stur und plump gegen diese Vision stemmt. Lässt Tobias Paul vor der gesamten Fußballfachwelt lächerlich erscheinen! Blamiert ihn, Herzog, vor laufender Kamera auf der PK! Und hat es außerdem irgendwie geschafft, seinen eigenen Wahnsinnsfehler noch zu seinem Vorteil zu nutzen!
„Dia Aufgabe, Paul, vor der wir stehen, ist im Grunde einfach zu umreißen.“
Herzog beugt sich vor und stützt sich mit den Ellbogen auf der hölzernen Hochglanztischplatte ab.
„Wir müssen einen Irren mit guter Lobby bei Mannschaft und Investoren dazu bringen, mit anderen Irren zu verhandeln, die uns nicht leiden können, um Spieler zu verpflichten, die er nicht will.“
Paul nickt nur mit starrem Blick.
Den beiden Männern ist im Laufe der vergangenen Stunden klar geworden, dass ihre Optionen viel schlechter sind als bislang angenommen.
Ways großer Trumpf ist sein Netzwerk und seine Glaubhaftigkeit bei den Verhandlungspartnern. In der Zwischenzeit kennt er einen Großteil der Berater und Agenturen, kennt Manager und Präsidenten der größeren Vereine. Und zu allem Überfluss haben die drei russischen Investoren einen Hang zu katastrophalem Pragmatismus. Völlig egal, wie – der FC Remscheid muss ihre Produkte und ihre Namen positiv besetzen. Auch hier hat Way die Nase vorn.
„Können wir Way nicht einfach kaltstellen? Mundtot machen?“ fragt Paul wenig überzeugt.
„Wie denn, Mann?“ blafft Herzog. „Er würde sich überhaupt nicht an eine solche Weisung halten. Er würde wissen, dass wir ihn nicht einfach entlassen können. Er kennt seine Verhandlungsposition verdammt gut!“
„Vielleicht“, gibt Paul zurück. „Aber warum entbinden wir ihn nicht zumindest von den Transfergesprächen?“
Herzog denkt einen kurzen Moment nach, blickt den Sportdirektor dann aber mit einem Blick an, der ihm deutlich zu erkennen gibt, wie ungeheuer dämlich seine Frage war.
„Paul, was ist denn dann die Konsequenz?“
„Er holt keine Spieler mehr?“ fragt dieser vorsichtig zurück.
„Richtig! Er holt keine Spieler mehr. Und dann? Wer spielt dann?“
„Was meinen Sie, Herr…“
„Denk nach, Mann! Er würde keine Spieler mehr verpflichten und stellt dann wen auf? Die Jugendspieler. SEINE Jugendspieler! Die Spieler, derer wegen er uns seit Monaten in den Ohren liegt. Diese…“ Herzog sucht einen Moment nach dem richtigen Wort. „Diese Hosenscheißer sind doch das, was dieser Penner will! Also gut, prima, entziehen sie ihm die Transferbefugnis! Er wird lauthals lachen und sich darauf einen runterholen!“
„Und wenn wir dann die Spieler einfach kaufen?“
Herzog nimmt die gestrafften Schultern etwas zurück. Sein Blick drückt jetzt ganz eindeutig blankes Mitleid aus.
„Tatsächlich, Herr Paul? Wollen Sie etwa wieder die Verhandlungen führen?“
Paul schweigt.
„Und selbst wenn“, fährt Herzog fort. „Dann haben wir noch einen Desmond Kgope. Wir können schließlich schlecht vorschreiben, wer zu spielen hat.“
„Aber was können wir denn überhaupt tun, Herr Präsident?“ fragt Paul mit ansteigender Stimme. „Keine Transfers, keine Verträge, keine Eingriffe in die Mannschaftsaufstellung! Zu was, in aller Herrgotts Namen, sind wir denn überhaupt befugt?“
Herzog, der immer noch den mitleidigen Hundeblick aufgesetzt hat, zieht jetzt nachdenklich die Brauen herab.
Ja. Ein guter Punkt.
„Nun“, beginnt er und blickt durch die Brauen nach oben. „Infrastruktur. Nichtspielendes Personal. Buchhaltung. Vereinssatzung. Budgets.“
Beide Männer schauen zur Decke. Doch als wäre irgendwo, in weiter Entfernung, ein Feuerwerk zu hören, das einen aufmerksam werden lässt, blicken sich beiden langsam in die Augen.
Das ist es!
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #407 am: 12.April 2017, 12:49:30 »

31. Spieltag
FSV Frankfurtz - FC Remscheid

Mein Team ist irgendwie undönig, irgendwie aufgerieben. Warum eigentlich? Auf der Fahrt nach Frankfurt haben wir uns vorbereitet wie immer: leichtes Anschwitzen mit einer DVD der besten MMA-Kämpfe, dazu eine halbe Stunde Übung für unseren Haka, dann etwas YouPorn. Und natürlich Bio-Elektrolyte (aka Reissdorf® oder Bitburger®). Trotzdem. Ich muss eine etwas freundlichere Ansprache wählen, um Druck abzubauen.
Genau in diese platzt der Spielanalysator Patrick Kirsch in die Kabine und meint.
„Äh, Chef, ich habe das mal gerade durchgerechnet: wenn wir gewinnen, sind wir aufgestiegen. Deshalb sollten Sie versuchen, den Druck niedrig zu halten.“
Er dreht sich um und geht mit einem Daumen-Hoch an das aufmerksam zuhörende Team.
Idiot.

Weidenfeller – Zimmermann, Corstjens, Bosnjak, Contento – Lamertz – Wagner, Anderson – Markovic, Schuster – Rausch

„So Jungens, machtet. Ich will Euch siegn sehn!“
Der Anstoß wird ausgeführt und Markovic wird gleich mal sauber umgemäht.
„Ey, Mann Schiri, watt soll dat denn?“
Opdam legt mir beruhigend die Hand auf die Schulter.
„Ruhig, Herr Way. Es ist noch genügend Zeit.“
„Ruhig, ruhig, Barry, immer nur ruhig, ruhig. Hier is nix mit ruhig. Wie lange is noch?“
Opdam schaut auf die Uhr.
„Noch 89 Minuten und dreißig Sekunden, Herr Way“, sagt er dann mit Psychiaterstimme.
„Ker!“ wende ich mich wieder dem Spielfeld zu. „Uns läuft die Zeit wech, so’n Dreck!“
Opdam schnauft ein wenig genervt, aber ich habe schon abreagiert. Ein gut gezielter Vollspannstoß in das Gesicht eines Balljungen samt dessen abrundenden Rückwärtssalto hat dazu nicht unerheblich beigetragen. Gerade als das Blag auf dem Arsch landet, brandet Jubel auf.
Ich verneige mich salbungsvoll, werde dann aber auf einen meiner Spieler hingewiesen, der in meine Richtung gestürmt kommt.
„Herr Way, Her Way!“ jauchzt Philip Schuster – und springt mir an den Hals.
„Watt – Junge!! Watt is denn? Mann, nimm Dein Gesicht von mein Hals!“
Mit Mühe wehre ich den jungen Spieler ab, der aber wieder an meinen Hals springt. Das Bild eines jungen Boxerhundes dürfte der Szene am nächsten kommen. Ich wedle mit den Armen, als ob ich einen Schwarm Mücken verjagen will.
„Ein Tor, Trainer, ein Tor! Sieh doch! Ich habe ein Tor geschossen. Juchu!“
Dann dreht er sich um und rennt wieder zum Mittelkreis.
Meine Jacke richtend wende ich mich Opdam zu, der grinsend neben mir steht.
„Echt getz? Ker, sieh zu, datt der nich am Auspuff schnüffelt.“
Ich streiche sorgsam meinen Mantel glatt und will mich wieder hinsetzen, als ich eine deutliche Bewegung auf dem Zuschauerrang wahrnehme. Die Menge der jubelnden Zuschauer sieht an einer Stelle unrund, ja unsymmetrisch aus. Ich bleibe stehen und blicke genauer hin.
Dann erkenne ich es.
Herzog bahnt sich den Weg aus der oberen VIP-Zone durch den schmalen Abgang nach unten. Wie eine pyroklastische Wolke donnert er ins Tal hinab, Zuschauer weichen sprunghaft nach links und rechts weg, Hot Dogs, Bierbecher und Nachoschalen fallen und fliegen. Ein erster Fluchtreflex wird kräftig unterbunden – von Opdam.
„Herr Way, Sie sollten sich wieder dem Spiel zuwenden. Es sieht doch ganz gut aus.“ Dann sieht auch Barry den Präsidenten.
„Was will er denn?“ fragt er mit leicht erstaunter Stimme.
„Ich weisset nich, aber dat will ich nich auch noch ham getz.“
Mit entschlossenem Ruck drehe ich mich wieder um.
„Et is hier anstrengend genuch, Barry. Hab ich wat verpasst?“ frage ich in die Runde, während ich wieder auf der Bank Platz nehme.
Lautes Gemurmel lässt mich vermuten, dem sei nicht so. Ich greife, einem Automatismus folgend, in die Innentasche und taste nach dem Flachmann, da werde ich von lautem Geschrei und Gezeter gestört.
Offenbar wurde ein Tor erzielt.
„Wie? Watt is denn getz, verdeckens nochma!?“
Mit seiner schon zur Routine gewordenen Botschafterstimme sagt Opdam, ohne mich dabei anzublicken: „Felipe Anderson, Foulelfmeter, 0:2 für uns.“
„Fein, fein“, entspanne ich nach ein paar Augenblicken und bemerke tatsächlich, wie die Spannung sich löst. Ich lehne mich zurück, knöpfe den Mantel auf und schlage die Beine übereinander.
Das Wetter ist schön, die Zuschauer glücklich. Ich habe Alkohol dabei, einige Zigarren und einen Zettel mit den Telefonnummern der besten Frankfurter Begleitagenturen. Die Eindrücke des Stadions, die Spieler, die Bank, alles beginnt in blümchenartigen Farben zu glitzern.
Ich atme tief ein, um die Atmosphäre vollständig aufzunehmen, da spüre ich ein Gewicht auf meiner Schulter.
Der Präsident hat es zur Bank geschafft und seine Hand auf den kostbaren Mantel gelegt.
Ich blicke ihn von unten an. Er scheint glücklich zu sein.
Um den unangenehmen Kontakt zu lösen und auch um meinen Unmut deutlich zu machen, dass er mich aus dem schönen Tagtraum gerissen hat, stehe ich auf. Dabei bemerke ich die Schneise der Verwüstung, die er auf der Tribüne hinterlassen hat.
„Way, wie schön!“ grinst er und will mich drücken, doch ich springe schnell nach hinten. Stattdessen erwischt es Barry.
„Way, Opdam, das sieht doch gut aus. Sehr gut, wirklich.“
Damit nimmt er Platz, wo ich gerade noch saß.
„Jetzt legen wir noch schnell drei, vier Tore nach, oder, meine Herren? Damit wir hier gar nicht mehr in die Bredouille kommen!“
Opdam, der verzweifelt versucht, seine Taktikmappe unter dem Hintern des Präsidenten hervorzuziehen, hält inne. Ich drehe meinen Kopf ebenfalls in die Richtung des monströsen Anzugs, beschließe aber, mich wieder auf das Spiel zu konzentrieren und den Einwurf zu überhören.
Opdam stellt sich einige Minuten später neben mich, ohne Mappe, wie mir auffällt. Es läuft die dreißigste Minute und das Spiel ist voll unter unserer Kontrolle. Einige Bewegungen in unserer Abwehr gefallen mir nicht und ich beuge mich zu Opdam, als ich aus dem Hintergrund ein langgezogenes „Vorwääääääärts!“ vernehme.
Ich drehe mich ruckartig herum und zeige auf Herzog, aber Opdam hält mich mahnend fest.
„Ker, lass dat sein, hörsse?“ zische ich noch in Richtung Bank, aber Herzog scheint von dem Spiel völlig gebannt zu sein.
Das bringt mich nur noch mehr auf die Palme.
Kraftvoll reiße ich mich von Opdam los und mache zwei Schritte auf Herzog zu, der mich jetzt auch bemerken will.
„Jung, lass dat sein, Du has hier nix verlorn! Wat machse überhaupt hier auf meine Bank? Auf mein Stuhl“, schiebe ich noch nach und zeige auf den Präsidenten, der nur den Kopf schüttelt und theatralisch versucht, an mir vorbei zu schauen.
„Way, Sie… Sie Irrer! Ich bin der Prä… nun bewegen Sie doch endlich Ihren Hintern aus meinem Blickfeld!“
Mit beiden Händen wedelt Herzog, als wäre ich eine lästige Taube.
Jetzt reicht es endgültig und ich will mich auf ihn stürzen, doch Opdam ist wieder da und rettet damit die Situation. Die ersten Kameras beginnen, sich in unsere Richtung zu drehen.
Glücklicherweise bemerke ich das auch, ebenso die ganzen Fotografen seitlich der Trainerbank. So kann ich mich schnell zivilisiert neben Herzog stellen und konzentriert auf das Spiel schauen. Hin und wieder wechsele ich ein Wort mit Opdam, der neben mir steht.
Andreas Herzog, Präsident des FC Remscheid, in seiner ganzen Fülle auf der Bank thronen, bekommt von der gestiegenen medialen Aufmerksamkeit derweil nichts mit.
Er ergeht sich in einer Schimpftirade nach der anderen, droht mit Gehaltskürzung, Jobverlust, Streichung von Urlaubstagen und Mitarbeitern, Verkauf von Leistungsträgern und Nichtleistungsträgern. Letzteres bekommt leider Leandro mit, greift zum Handy und tippt hektisch irgendwas Portugiesisches ein.
Das würde ich später lösen müssen.
Bis dahin spiele ich weiter den vollkonzentrierten Mitarbeiter.
Irgendwann später – es läuft die sechzigste Minute und Herzog hat auch in der Pause durch die geschlossene Kabinentür gezetert – macht Björn Schlicke das 1:2.
Ich quittiere das mit einem Kopfnicken.
Das Publikum jubelt lautstark, was wiederum Herzog zum Verstummen bringt. Irritiert schaut er sich um auf der Suche nach dem Grund und entdeckt schließlich die Jubeltraube der Frankfurter.
„Da!“ entfährt es ihm und er zeigt auf das hessische Rudel. „Da, Way! Sehen Sie? Sehen Sie?“
Ich reagiere erneut nicht auf ihn, sondern hebe den Arm und zeige auf Lothar Rausch, der auf der gegenüberliegenden Seite des Feldes auf den Anstoß wartet. Dann zeige ich auf das gegnerische Tor.
Der Junge nickt und rennt los.
„Way, verdammt“, wettert Herzog. „Wie können Sie so ruhig sein? Wieso tun Sie das? Oder… oder… oder spielen Sie hier ein abgekartetes Spiel? Jawohl, Way! Ich habe Sie durchschaut! Durchschaut!!!“ Mit triumphalem Gesichtsausdruck streckt er mir den Zeigefinger vor die Nase.
Herzog stemmt beide Hände auf die Sitzfläche und will sich erheben, doch wird er von den aufspringenden Ersatzspielern wieder auf seinen Hintern gepresst.
Lothar Rausch hat absprachegemäß das 1:3 erzielt.
Herzog lächelt kurz, setzt dann aber sofort wieder das wütende Gesicht auf. Er schafft es mit einiger Anstrengung auf die Beine und stapft auf mich zu.
„Way, ich verstehe, was Sie hier treiben! Verlieren wollen Sie, genau das! Sabotieren wollen Sie mich und den Verein!“
„Herr Präsident“, mischt sich Opdam ein. „Wenn mir der Hinweis gestattet ist: wir führen mit 3:1 und sind im Moment aufgestiegen!“
„Nich doch, Barry“, schüttele ich lachend den Kopf. „Wenn Herr Herzog Drama will, soll er es bekommen.“
Ich gebe einen erneuten Wink, doch der Präsident ist nicht zu stoppen.
„Way, das ist ja infam! Wollen Sie mich etwa umbringen? Jawohl, Way, in den Herzinfarkt wollen Sie mich treiben!!“
„Würde ein Gegentor dat etwa riskieren?“ frage ich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„Was für eine Frage, Way!“ ruft Herzog mit quiekender Stimme. „Es geht um den Aufstieg und…“
Wieder Jubel. Lauter Jubel.
„Was? Was soll…“
„Maximov. Kennen Se noch? War mal bei uns. Wurde unehrenhaft entlassen.“
„Und?“
„Er hat den Anschlusstreffer erzielt. Per Foulelfmeter.“
„Aber…“
„Bravo, Junge!“ rufe ich applaudierend über das Feld zum jungen Russen herüber. Der dankt es mir mit einem zugekniffenen Auge.
„Way! Da hört sich doch alles auf! Was wollen Sie denn hier beweisen?“
Ich lächle den Mann an. Ich schätze die Chancen ab, wie wahrscheinlich ein Infarkt tatsächlich ist. Der Blutdruck dürfte so im mittleren Dreihunderter-Bereich liegen.
„Und Sie lachen auch noch!“ schnauft er. „Als ob Sie es planen würden, als ob das alles nur ein Spiel wäre, als ob…“
„Herr Präsident? Es IST ein Spiel!“
„Mann, Sie sind doch irre! Ein Wahnsinniger!“ Er dreht sich um, scheinbar auf der Suche nach Sicherheitspersonal oder einem Fluchtweg.
Genießerisch tippe ich ihm auf die Schulter und er wirbelt erschrocken herum.
Tief blicke ich ihm in die Augen. Herzogs Blick zeugt von seiner Verwirrung, von seinem Ärger und auch ein wenig von seiner Panik.
„Se denken also, ich hätt die Fähichkeit, dat Spiel zu manipulieren?“
Herzog blickt weiter, leicht schnaufend und ganz offensichtlich mit donnerndem Puls. Dennoch schafft er es, ein gepresstes „Allerdings!“ hervorzubringen.
Ich lächle wieder. Dann gebe ich langsam den Blick auf das Spielfeld frei.
Genau im richtigen Moment: Lothar Rausch trifft zum 2:4.
Erschrocken japsend weicht Herzog einen Schritt zurück, als hätte ich plötzlich eine giftige Schlange um den Hals. Der Kopf fliegt nach links, nach rechts, wieder nach links, wild nach Zeugen für die Hexentat suchend.
Da das ganze Stadion Kopf steht, findet er natürlich niemanden.
Als er wieder Richtung Spielfeld schaut, stehe ich erneut direkt vor ihm.
Er sitzt in der Falle, denn die Balustrade begrenzt nach hinten seinen Fluchtraum.
„Sollten Se nich froh sein, dat ich meine ‚Macht‘ für den Verein einsetze?“
„Macht?“
„Reden Se nich die ganze Zeit davon? Von einer ‚Macht‘, die von mich ausgeht?“
„Ich rede davon, dass Sie übergeschnappt sind, Way!“
„So?“ Lächelnd drehe ich mich um, stelle mich neben Herzog und lasse die volle Wirkung des just in diesem Moment gefallenen 3:4 durch Björn Schlicke auf den Präsidenten wirken. Der hat nun hörbar Schnappatmung.
„Unmöglich… unmöglich…“ flüstert er leise, aber auch durch die jubelnden Frankfurter Fans hörbar.
„Och, unmöglich… ich weiß ja nicht.“
Der Mann reißt den Kopf hoch, seine Haare stehen wirr in alle Richtung ab.
„Mann, Way. Sie… nein, nicht. Ich weiß wirklich nicht, was hier gerade läuft. ‚Macht‘ – Blödsinn! Das ist doch alles nur Humbug und Zufall!“
„Meinen Sie wirklich?“
„Natürlich!“ Hysterisch lacht er auf. „Was habe ich mir nur gedacht? Wie konnte ich…“
Ich sehe, wie der Mund in dem runden Gesicht offen stehen bleibt. Gehört hätte ich sowieso nichts, denn Isaacs hat soeben das 4:4 erzielt.
Dass es sich bei dem Spieler um einen Schwarzen mit Gesichtstätowierungen handelt, war für dieses Schauspiel sicher nicht von Nachteil, stelle ich belustigt fest. Langsam bewege ich mich wieder auf Herzog zu, der in seiner Entrüstung einen Schritt seitlich die Bande entlang gerutscht ist.
Mit jodaesker Anmut lege ich ihm die Hand auf die Schulter und bewege mein Gesicht ganz nah an seines.
„Herr Präsident“, sage ich kaum hörbar und mit aller Mystik in meiner Stimme, die ich aufbringen kann. „Nennen Se et, wie se wolln. Macht vielleicht, mir egal. Aber akzeptiern se dat eine: das Team un der Club FC Remscheid, dat sin meine Jungens! Ich sach, wat los is. Un ich sach, wie gespielt wird. Danach der Barry noch un dann niemand mehr. Und ganz besonders, un getz will ich, dat Du richtich die Lauscher aufsperrst: Ganz besonders nich der Präsident oder der Spochtdirektor!“
Das letzte Wort lasse ich einige Sekunden in der Luft hängen. Herzog steht völlig starr und schaut mich entsetzt an.
Ganz langsam hebe ich den Arm und schnippe mit den Fingern. Dann zwinkere ich kurz mit dem rechten Auge und drehe mich um, um Rausch zuzusehen, wie er den Hattrick perfekt macht und Dank der Macht des Way das Endergebnis von 4:5 herstellt.


0:1 Schuster (6.)
0:2 Anderson (FE, 12.)
1:2 Schlicke (60.)
1:3 Rausch (63.)
2:3 Romanov (FE, 69.)
2:4 Rausch (76.)
3:4 Schlicke (79.)
4:4 Isaacs (85.)
4:5 Rausch (87.)
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #408 am: 12.April 2017, 13:25:14 »

32. Spieltag
FC Remscheid – 1.FC Union Berlin 2:1

33. Spieltag
Erzgebirge Aue - FC Remscheid  1:0

Der Aufstieg ist perfekt, also eine gute Gelegenheit, das gleiche zu tun wie die Münchner Bayern ab dem 25. Spieltag, wenn sie mit 30 Punkten Vorsprung als Meister feststehen: rotieren und eine Niederlage in Kauf nehmen! Das schaffen wir auch ganz gut, trotz 1:3 CCC für uns!

Wiedenfeller – Zimmermann, Corstjens, Bosnjak, Contento – Lamertz – Wagner, Anderson – Markovic, Schuster – Rausch

1:0 Sadiku (39.)

34. Spieltag
FC Remscheid – Energie Cottbus 3:1

„Wisster wat, Jungs? Aufgestigen sin wa ja schon. Und weil dat so is, machen wa jetzt richtich ein auf gemütlich. Wa experimentiern getz ma wat rum. Un so siet dat dann aus:“



„Et is natürlich auch so klaa, dat wa gewinnen. Ich mein, bei die Jungens aus Cottbus spielt einer, der heißt Ruben Cloete! Getz ma ellich, wennde Leute mit sonne Namen verpflichten muss, dann kannze dat doch auch nich ernst nehmn hier.“

1:0 Stepanov (ET, 47.)
2:0 Leandro (54.)
2:1 Adlung (73.)
3:1 Anderson (90.+2)
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #409 am: 12.April 2017, 14:23:10 »

„So, Way“, schnauft Herzog und lässt sich auf sein Sofa fallen. Aus dem Polster entweicht dabei so stark Luft, dass sich in diesen Polsterritzen niemals Krümel sammeln werden.
Herzog öffnet schwerfällig sein Jackett und legt dann die Hände in den Schoß. Tobias Paul schaut ihn an und wendet sich dann Opdam und mir zu.
Es ist das Transfermeeting zum Ende der Saison. Herzog kann es kaum erwarten zu erfahren, wer unsere Transferziele sein werden.
„Jut, also, dann wolln wa ma“, fange ich an. „Torhüter, Innenverteidiger, Rechtsverteidiger, Flügelspieler, Stürmer. Dat warn die Vorgaben. Nich ganz vaständlich für mich, weil unser Team is gut, aber lassen wa dat“, füge ich noch zum Ärger von Herzog und Paul an und grinse dabei breit.
„Machen wa et kurz: Bern Leno is der Keeper, Julian Koch is für rechts, Gary Cahill und Papadopoulos für innen, Stürmer ist Jan Odstrilic und Julian Draxler und Kevin Volland füre Flügel.“
Ich lege jeweils einige Akten auf den Tisch und lehne mich zurück. Opdam blickt die beiden Entscheidungsgewalten an. Die aber regen sich kaum.
Es vergehen Sekunden der Stille. Dann knirscht die Rückenlehne des Sofas, als Herzog sich leicht nach vorne beugt.
„Herr Way, würden Sie bitte wiederholen?“
„Warum?“ frage ich stumpf. „Is da wat nicht vaständlich gewesen?“
„Way, bitte“, sagt Herzog ruhig und mit angedeutetem Kopfschütteln, als er den Blick auf die Akten lenkt.
Ich blicke etwas unverständlich, zucke aber dann die Schultern.
„Jut, von mir aus. Also: im Tor Bernd Leno. Rechts außen…“
„Leno“, sagt Herzog tonlos. Und schweigt, den Blick auf den Ausdruck der Datenbank gerichtet.
Ich schaue kurz Opdam an, der aber nur mit den Achseln zuckt.
„Leno.“ Herzog scheint völlig entrückt. Dann blickt er auf.
„Der aus Stuttgart?“
„Äh… ja?!“ Ich bin verwirrt.
„Verstehe.“ Wieder sinkt der Blick des Präsidenten auf den Ausdruck.
„Leno. Aus Stuttgart.“
„Un Bernd heißta auch noch“, ergänze ich. „Warn dat irgendwelche Vorgaben, die wa mißachtet ham? Kein Bernd oda sowat?“
Herzog blickt einige Momente später auf.
„Herr Way, wann ist denn jemals ein guter Torwart aus der Stadt Stuttgart gekommen? Und dann dieser. Leno! Den niemand kennt!“
„Mag sein, Herr Präsident“, antwortet Opdam. „Aber Leno ist ein heißes Eisen unter den deutschen Torhütern. U21-Keeper mit exzellenten Aussichten.“
„Und so völlig außerhalb der vorgegebenen Philosophie!“ ereifert sich Paul. Ich blicke ihn kühl an, was ihn etwas zurücksinken lässt. Aber er rafft sich schnell wieder auf.
„Manuel Neuer, das war der Wunsch des Präsidenten! Und wen holen Sie? Bernd… Bernd…“ Schnell blickt Paul auf den Zettel in Herzogs Hand und ruckt dann wieder hoch. „Leno! Bernd Leno. Von dem ich noch nie gehört habe“
„Als ob dat wat zu sagn hätte“, lache ich.
Paul will entrüstet aufspringen, doch Herzog hält ihn mit einer seiner Klodeckelhände auf dem Sofa.
Es entsteht ein kurzes Schweigen, das von Opdam durchbrochen wird.
„Herr Präsident, sicher dürfte es klar genug sein, dass Manuel Neuer nicht nur nicht bei einem Aufsteiger aus der Fußballprovinz unterschreiben würde, und das vor allem nicht nach den eher unqualifizierten Bemühungen Ihres Sportdirektors. Der Transfer des allgemein anerkannten Toptalentes Bernd Leno erschien uns natürlich nicht gleichwertig, aber dennoch der Philosophie angemessen. Leno kann durchaus imstande sein, Neuer in zwei bis vier Jahren ernsthafte Konkurrenz zu sein und schon hätten wir einen deutschen Nationalspieler in unseren Reihen.“
Herzog nickt nach einigen Sekunden Nachdenken.
„Naja, wie auch immer. Was als nächstes? Ah ja, die Innenverteidigung. Da haben wir… Gary Cahill??“
„Richtich. Von Chelsea.“
„Chelsea. Okay.“ Herzog überlegt einen Moment. Dann wiegt er den Kopf.
„Immerhin. Auch Papadopoulos können wir hinnehmen. Ja.“
„Hinnehmen?“ entfährt es mir gedehnt und mit einer deutlichen Empörung. „Hömma, dat is die heißeste Wurst hier aufm Grill. Weiste eigntlich, wer da allet dran war vonne Vereine vonne ganze Welt?“
„Weiter, Herr Way. Wer ist für die rechte Seite da?“
„Julian Koch.“
„Kenne ich nicht.“
„Ich auch nicht“, wirft Paul schnell ein. Opdam bedenkt ihn mit einem mitleidigen Blick.
„Egal jetzt. Wer ist Flügelspieler?“
„Julian Draxler.“
„Ah“, lacht Herzog. „Richtig. Der Mann, der auf Schalke den Durchbruch nicht schaffte, soll jetzt unser Versprechen sein. Amüsant.“
Ich kann es nicht glauben.
„Wer noch?“ fragt Herzog weiter.
„Volland. Kevin.“
„Von den Löwen aus München?“
„Nein. Hoffenheim“, sagt Opdam.
„Aber er war mal bei den Löwen? Nun ja. Dabei kann es sich jawohl nur um eine Spitze gegen mich handeln, dass Sie einen Spieler verpflichten, den ich – mit den Roten des FC Bayern München im Herzen – völligst ablehne. Ehrlich, die Herren: so stellen Sie sich unsere ‚Transferoffensive‘ vor? Indem wir Spieler verpflichten, die in ihren jeweiligen Clubs gescheitert sind und dort auch nicht auf der großen Bühne gespielt haben?“
Eine kurze Pause entsteht. Tobias Paul schüttelt speichelleckerisch den Kopf.
„Herr Präsident“, sagt Opdam mit jetzt unverhohlenem Ärger. „Wir könnten Ihnen jetzt erklären, dass wir Spieler von unserem Projekt überzeugen konnten, die es mühelos auch zur Borussia aus Dortmund oder dem FC Bayern hätte verschlagen können und die regelmäßig von ausländischen Scouts beobachtet wurden. Ich könnte Ihnen außerdem erklären, dass es genau diese Spieler sind, die gemeinhin als die kommenden Stars angesehen werden und damit maßgeblich in Ihr Beuteschema passen werden, allerdings eben nicht sofort UND ich könnte Ihnen erklären, dass dieser unser Verein damit Transfercoups gelandet hat, die an den Grenzen des Vorstellbaren liegen.“
„Und das, lieber Herr Opdam“, entgegnet Herzog lächelnd, „ist eben der Unterschiede zwischen Ihnen und uns: Sie glauben, das wäre schon alles. Ich glaube, Sie hätten viel mehr herausholen können.“
„Echt getz?“
„Jawohl“, sagt Paul bestimmt. „Vermutlich haben Sie obendrein noch einen Haufen Jugendspieler angeheuert?“
Ich grinse breit. Der Schrecken und die Enttäuschung steht beiden Funktionären deutlich ins Gesicht geschrieben. Dieser Tag, weiß ich, ist sowieso verloren. Und im Grunde war es auch von vornherein klar, wie die beiden reagieren würden. Alles andere als absolute Topstars hätte sie nicht zufrieden gestellt. Insofern verwundert mich Opdams Reaktion etwas, obwohl er natürlich Recht hat.
„Klar, wat denkst Du denn? Hier, den hier zum Bleifisch.“
Ich ziehe eines der A4-Blätter hervor und halte es Paul hin. Er nimmt es mir wirsch aus der Hand.
„Odsch… Odztri… litsch… Odschtrill… Way, verdammt!“ Wütend schleudert er das Blatt davon.
„Ich kann diesen verdammten Namen ja nicht mal aussprechen. Wie sollen uns solche Leute nur helfen?“
Herzog wirft einen Blick auf das am Boden liegende Blatt.
„Hm. FC Barcelona?“
„Richtig“, bestätigt Opdam tonlos. „Wir konnten ihn für…“
Ein Schnauben von Herzog unterbricht den Co-Trainer.
„Also jemand, der es dort auch nicht geschafft hat. Bravo, meine Herren.“
Höhnisch klatscht er drei Mal in die Hände. Opdam will gerade aufbegehren, doch ich lege ihm die Hand auf die Schulter.
„Lasset, Barry. Da is die Luft inne Lungen zu schade für.“
„Ich denke“, sagt Herzog nach einer kurzen Pause, in der ich mich offen nach Schlag- und Stichinstrumenten umgesehen habe, „wir belassen es dabei. Sie hatten den Auftrag der Transfertätigkeiten für die kommende Saison und sind diesem im Rahmen Ihrer Möglichkeiten nachgekommen. Ich glaube allerdings, dass wir uns für die kommende Saison etwas anderes einfallen lassen werden.“

Profile der Spieler:

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« Letzte Änderung: 12.April 2017, 14:26:01 von Henningway »
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #410 am: 14.April 2017, 08:55:05 »

Mit großer innerer Ruhe und Gelassenheit sitzt Barry Opdam am Tisch. Vor ihm steht eine Tasse Espresso, in der er langsam etwas Zucker einrührt. Ich selbst sitze mit einer Dose Bier ihm gegenüber.
Das Gespräch mit dem, was sich selbst euphemistisch Sportvorstand nennt, ist gerade eine Stunde her und wir versuchen uns an einem Resümee.
„Ich glaub“, beginne ich und wische etwas Kondenswasser von der Dose, „dat wir blauäugich gewesen wärn, hätten wa et anders erwartet. Die Vorstellungen warn sowat von unrealistisch, dat konnte doch nur inne Hose gehen.“
Das Klingeln des Metalllöffels in der Espressotasse ist einige Zeit die einzige Antwort.
„Sie haben Recht, Herr Way.“ Sagt der Holländer schließlich und lehnt sich mit der Tasse in der Hand zurück. „Wie wird es dann jetzt weitergehen? Wie erwartet?“
„Ja, dat glaub ich schon“, sage ich und stelle die Dose mit dem charakteristischen Plocken von Blech auf PVC ab. „Herzog wird fortan versuchen die Transfers selbs inne Hand zu nehmen. Er wird versuchen, seine Fehler von dieset Jahr auszumerzen. Vielleicht lässt er sogar den Paul wieder ran, aber wohl nich bei wichtigen Dingen. Die machter dann zur Chefsache. Aber egal, wir ham erstma für die erste Liga Sicherheit, glaub ich. Wir ham nen guten Kader beisammen. Vielleicht sin wa ja wirklich so gut, dat wa dann n paar Topeinkäufe tätigen können, wer weiß dat schon?“
„Erwarten Sie Schwierigkeiten?“ fragt Opdam und blickt in die kleine Tasse.
„Nee“, mache ich nach ein paar Augenblicken. „Nich wirklich. Nur wenn wa ne schlechte Saison spielen. Aber dat is ja auch eher unwahrscheinlich.“
Opdam stellt die Tasse ab und schaut mich an.
„Sie wissen, Herr Way, dass das eine Frage der Sichtweise ist. Ein offizielles Saisonziel wurde noch nicht vergeben.“
„Er wird wohl kaum die Meisterschaft oder Europa verlangen, Barry.“
Der Niederländer schüttelt den Kopf.
„Nein, wohl nicht. Zumindest die Meisterschaft nicht. Aber je nachdem, wie es läuft, wenn wir beispielsweise eine gute Hinrunde spielen, könnte er den Überflieger machen. Das wird problematisch.“
Hier muss ich lächeln.
„Weisste, Barry? Bis dahin hat der sich doch wieder selbst innet Knie geschossen mit irgendwat. Ich sachet Dir!“




„Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Vertreter der Politik und sehr geehrte Anhänger unseres Vereins FC Remscheid: Herzlich Willkommen zur diesjährigen Saisonabschlussveranstaltung.“
Freundlicher Applaus folgt den eröffnenden Worten von Präsident Herzog, der diesen sichtlich genießt. Er steht an einem Rednerpult auf der Bühne des Teo-Otto-Theaters in Remscheid. Irgendwie ein passender Rahmen, wie ich finde, denn er schmeißt sich immer wieder gekonnt in Pose. Die Ausleuchtung der holzeingefassten Bühne und das bordeauxfarbene Samt der Polsterbezüge, alles wirkt sehr edel und stimmig.
Und zum Kotzen langweilig. Glücklicherweise gibt es Smartphones. So höre ich die Stimme des Präsidenten nur aus einiger gedanklichen Entfernung.
„Ich freue mich, Ihnen heute unsere Pläne für die Zukunft des FC Remscheid präsentieren zu können. Wie Sie alle sehen werden, werden wir das Abenteuer Erste Bundesliga mit einer Vielzahl an Möglichkeiten angehen. Im Anschluss folgen einige kleinere Abstimmungen zur Satzungsänderung.“
Ich blicke mich kurz um. Ich sitze direkt neben Opdam auf der einen und dem ekligen Paul auf der anderen Seite in der ersten Reihe des Auditoriums, etwas rechts des Rednerpults. Ich blicke somit auf Herzogs Dreiviertelprofil, was, wie ich feststelle, eindeutig seine häßlichste Seite ist: von vorne schon schwer zu ertragen, springt mich so auch noch die Seite an.
Ich schüttele mich kurz und widme mich wieder den Vorgängen auf dem kleinen Monitor: Angry Birds habe ich schon während der letzten Sitzung durchgespielt, jetzt habe ich mir überlegt, ich sollte doch zumindest etwas professioneller werden und wenigstens etwas tun, was mich auch beruflich weiterbringt. Also spiele ich New Star Soccer. Mir entgehen daher während fünf Zehner-Wertungs-Spielen in Folge die einleitenden Worte des Herrn Herzog. Als Applaus aufbrandet, schaue ich doch mal kurz hoch.
„Ey, Barry, wat is? Hatter gerade irgendwat von Saisonzielen gesacht?“ flüstere ich in Richtung meines Assistenten.
„Er hat die Investoren vorgestellt“, flüstert Opdam zurück, ohne den Blick vom Podest zu nehmen.
„Hm“, mache ich verstehend. „Stimmt. Dat is ja noch gar nich so bekannt gemacht wordn. Un noch?“
Unschuldig schaue ich Opdams Seite an. Er löst seinen Blick kurz vom Podest, schaut mich ungeduldig an und zeigt dann mit der Hand auf Herzog. Offenbar missfällt ihm meine Unaufmerksamkeit.
„Ker, Barry, hasse Deine Periode?“
Den Satz habe ich wohl lauter gesagt, als ich eigentlich wollte. Herzog blickt zumindest verstört in meine Richtung und räuspert sich geräuschvoll, was, ich bin mir sicher, in manchen Regionen dieser Erde Häuser zum Einsturz hätte bringen lassen.
„Jedenfalls, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht der Verein nicht nur sportlich an der Schwelle zu bislang ungeahnten Ufern. Der Aufstieg in die Erste Bundesliga ist bereits ein nie dagewesener Akt gemeinschaftlicher Höchstleistung. Dafür verdient der gesamte Verein, und ich schließe Sie als zahlende Mitglieder ausdrücklich mit ein, ebenso Vertreter der Stadt und der umliegenden Gemeinden, allerhöchsten Respekt.“
Erneut applaudiert die Masse an Menschen, von denen ich die wenigsten je im Leben zu Gesicht bekommen habe. Da ich aber sowieso meistens alkoholisiert zu solchen Treffen erscheine, hält sich meine Sorge um Altersdemenz in Grenzen.
„Wir kennen natürlich alle dieses Gefühl nach einer berauschten Nacht: am nächsten Morgen stehen wir verkatert auf und fragen uns, ob das alles nicht nur ein Traum war.“
Passiert mir nie. Eklig ist immer nur der Nachdurst.
„Und auch wir als Vereinsverantwortliche müssen uns die Frage stellen: ist es das jetzt, das höchste der anzustrebenden Ziele? Oder fängt die wirkliche Reise des Vereins FC Remscheid gerade erst an?“
Herzog legt eine kurze Pause ein, bevor er weiterpredigt:
„Nehmen wir die Erste Liga als ehrlich erreichtes, aber im Grunde zu großkalibriges Geschenk oder sehen wir uns erst jetzt da angekommen, wo wir schon seit Jahren hingehören? Stecken wir uns das Ziel, vierunddreißig Spieltage lang Spaß zu haben und am Ende auch einen erneuten Abstieg leicht zu nehmen? Oder sagen wir uns: Deutschland ist viel zulange ohne den Verein FC Remscheid davongekommen und jetzt holen wir alles nach, was wir in den Jahrzehnten vorher nicht erreichen konnten?“
Herzog lässt den Blick zwei, drei Mal in die Runde gleiten. Seine Hände liegen fest links und rechts am Rednerpult, die Beine locker über Kreuz.
Mit einem Ruck strafft er sich plötzlich, stellt sich aufrecht hin, beide Beine fest auf der Erde.
„Ich meine“, sagt er deutlich lauter als vorher, „wir werden auf der Überholspur fahren und am Ende werden sich unsere Gegner wünschen, sie hätten niemals von uns gehört.“
Dieser Auftritt verfehlt seine Wirkung nicht. Applaus bricht in das Theater herein, wie wenn jemand im Fernsehen einen nicht programmierten Kanal einstellt und plötzlich lautes Bildrauschen ertönt. Sofort stehen die Mitglieder auf von ihren Sitzen. Zumindest die in der ersten Reihe und den Reihen dahinter, die Vertreter von Politik und Wirtschaft. Der gemeine Remscheider findet das alles, wie es sich für einen Bürger dieser Stadt gehört, schlecht. Einfach weil das so ist. Und dennoch, ein schneller Blick zwischen den stehenden Anzugträgern hindurch zeigt mir, dass jetzt auch dort, langsam zwar, aber immerhin, Menschen sich erheben und bedächtig klatschen.
Herzog hat sie wohl erreicht.
„Ihre Reaktion zeigt mir, dass wir im selben Boot sitzen“, freut sich Herzog und klatscht einige Male selbst in die Hände.
Langsam beruhigt sich die Menge wieder und ein lautes Rascheln begleitet das gemeinsame Hinsetzen. Der Präsident blickt zufrieden in die Runde und wartet, dass ihm wieder alle Gesichter zugewandt sind.
„Nun, meine lieben Damen und Herren, die Frage ist also nun: wie stellen wir das an? Welches Konzept haben wir? Und welche Philosophie wollen wir verfolgen? Fragen, die sich stellen – und deren Antwort auf der Hand liegt. Denn dafür reicht nur ein Blick auf den Weg, den wir bis hierher gegangen sind.“
Herzog dreht sich kurz um und reckt seine Hand Richtung der hinter ihm liegenden, weißen Wand. Dort erscheint plötzlich flackernd ein Abbild eines Beamers. Es zeigt die Transfers der vergangenen vier Jahre.
Langsam, bedächtig fast, dreht er sich wieder um.
„Sie sehen hier alle Spieler, die wir zu unserem Verein transferiert haben. Eine ziemliche Anzahl“, fügt er mit einem Seitenblick in meine Richtung hinzu.
„Inwieweit beantwortet das unsere Frage? Dazu habe ich die Spieler markiert, die uns in der Saison nach ihrem Transfer direkt weitergeholfen haben. Und wieder unschwer erkennbar: Geld schießt doch Tore!“
Er lässt einige Sekunden verstreichen, bevor er weitermacht.
„Spieler, die uns einigermaßen viel Geld gekostet haben, haben uns auch entscheidend vorangebracht. Das ist die erste Wahrheit und unter anderem deswegen haben wir uns unsere russischen Freunde ins Boot geholt, denn wir beabsichtigen erneut, viel Geld in die Hand zu nehmen. Es laufen auch bereits Gespräche mit potenziellen Transferzielen.“
Ich schaue Opdam an und auch er lehnt sich kurz zu mir herüber. Offenbar hat Herzog nicht vor, unserer beider tragende Rolle bei den Transfergeschäften näher zu erwähnen. Aber sei’s drum, ich muss dafür jetzt nicht zwingend gelobt werden.
„Selbstverständlich besteht auch der Wille, verdiente Spieler des aktuellen Kaders im Verein zu halten. Da, wie sie alle wissen, die Vertragslaufzeiten recht kurz sind bei den meisten derer, werden wir ein für unsere Ambitionen ausreichendes Gehaltsbudget zur Verfügung stellen. Mein lieber Freund und gleichzeitig unser Sportdirektor, Herr Tobias Paul“, mit einer seiner Pranken deutet Herzog auf den Mann neben mir, der spürbar erschauert, „wird sich dieser Fragen federführend annehmen.“
Ich nehme eine schnelle Bewegung neben mir wahr. Barry Opdams Kopf zuckt hoch. Ich schaue ihn gelangweilt an, während Herzog Worte langsam, sehr langsam, in mein Bewusstsein dringen.
Dann zucke auch ich.
Hat denn dieser Mann gar nichts gelernt? Hat Paul nicht bewiesen, dass er nicht in der Lage ist, mit gestandenen Beratern und Managern zu kommunizieren, ganz zu schweigen von Verhandlungen, die danach zu führen sind? Hat er nicht erst für die köstlichste Provinzposse gesorgt, die seit Jahren in Deutschland die Runde macht und von der Wertigkeit an die damalige Sitzung bei Eintracht Frankfurt heranreicht, als sich zwei Funktionäre vor laufender Kamera prügelten?
Andererseits, denke ich, war das auch nicht unbedingt ein unvorhersehbarer Schachzug. Immerhin hat Opdams und meine Rettungsaktion diese Saison Zeit verschafft. Die nächsten Transfers werden erst in einigen Monaten angegangen und bis dahin kann selbst Paul es schaffen, so etwas wie ein Netzwerk zu knüpfen, mit Herzogs Hilfe natürlich.
Ich entscheide mich damit, das jetzt auf sich beruhen zu lassen.
Herzog macht derweil munter weiter.
„Geld schießt Tore. Hier sehen Sie es“, sagt Herzog fest und zeigt mit einer weiten Armbewegung nach hinten auf die Beamerprojektion.
„Mit gutem Geld konnten wir gute und wichtige Spieler verpflichten. Leandro zum Beispiel oder Corstjens, Zimmermann, Felipe Anderson. Da sind schon einige gute Treffer dabei gewesen, wobei nicht zu vergessen ist, dass diese Spieler in den unteren Ligen, in denen wir zur Zeit ihrer Transfers unterwegs waren, auch funktionieren mussten.“
Schwätzer, denke ich und spucke gedanklich in seine Richtung.
„Ein Wermutstropfen allerdings“, macht Herzog weiter, „ist die große Streuung. Es waren doch eine große Menge Transfers dabei, die nicht funktioniert haben, nicht sinnvoll waren oder einfach unnötig. Bitte beachten Sie dazu die große Anzahl an jungen Spielern und überlegen Sie, welche von denen heute tatsächlich noch bei uns sind oder gar eine Rolle spielen.“
Ich spüre eine Hand auf meinem rechten Unterarm. Opdam beugt sich zu mir herüber und flüstert:
„Ich kann nur hoffen, dass unter den Anwesenden Menschen mit mehr Sachverstand sind als unter den Verantwortlichen. Das ist ja grotesk!“
Ich muss schmunzeln. So habe ich Opdam selten Partei ergreifen hören. Das tut gut.
„Ich frage Sie – und ich bitte gleich um Abstimmung über einen Antrag, der sich mit diesem Thema auseinandersetzt – ob und wie wir das weiter handhaben wollen. Transfers wie der von Teji Savanier, der vier Millionen aus der Vereinskasse hat verschwinden lassen, oder ein Spieler namens Adili Endogan, von dem ich seither kein einziges Mal mehr etwas gehört habe.“
Ich kichere in mich herein, als ich mich an meinen genialen Coup erinnere, ihn nach England zu deportieren. Derweil höre ich ein geknirschtes ‚Sik tirlan‘ aus dem Hintergrund und ein Schuh fliegt und landet vor Herzog auf dem Platz vor dem Podest. Irritiert schaut der Präsident kurz auf, kann aber im gleißenden Scheinwerferlicht keinen Absender ausmachen.
„Nun, äh… ja, jedenfalls, solche unwirtschaftlichen Transfers müssen verhindert werden.“
Herzog schaut jetzt in die Runde und nutzt die kurze Pause, um für Aufmerksamkeit zu sorgen.
„Ich möchte an dieser Stelle bereits den Antrag stellen, da es gerade gut zum Thema passt. Jeder findet an seinem Platz Abstimmungskarten, eine rote und eine grüne. Ich muss Ihnen wahrscheinlich nicht die Bedeutung der Farben erklären.“
Gekünstelt lacht Herzog in das Mikrofon und verursacht eine kleine Rückkopplung. Mit einem Räusperer macht er weiter.
„Nun, ich stelle nun folgenden Antrag und bitte danach um Ihre Abstimmung. Eine einfache Mehrheit reicht zur Annahme oder auch Ablehnung. In Zukunft möchten wir, das Präsidium des FC Remscheid, die Qualität der Transfers deutlich erhöhen. Dazu stellen wir ein deutlich höheres Transfer- wie auch Gehaltsbudget zur Verfügung. Gleichzeitig muss aber diese Massenspielerhaltung aufhören. Das Gehaltsbudget für bestehende Verträge wird daher vom Präsidium auf ein akzeptables Maß gedrückt. Ausnahmen davon kann es nur geben, wenn das Präsidium, bestehend aus Herrn Paul und mir sowie unseren drei russischen Freunden, einstimmig der Meinung sind, dass es sich lohnt.“
Herzog lässt einige Sekunden verstreichen, in denen Opdam und ich uns entgeistert anschauen.
„Erklärung dafür“, fährt er fort, „ist, dass wir den Kader reduzieren und die Gelder bündeln möchten, um an die ganz großen Spieler herantreten zu können. Also, nochmals in Kurz: Freigabe des Transfer- und Gehaltsbudgets für zukünftige Transfers durch das Präsidium, Kappung des Gehaltsbudgets für zu verlängernde Verträge auf ein akzeptables Maß und Ausnahmen davon ebenfalls nur durch das Präsidium. Ich bitte nun um Abstimmung.“
Es knirscht eine Naht in meinem Sakko, so schnell reiße ich den Arm mit der roten Karte hoch. Nach einem Moment schaue ich mich um, ob nicht Jörg Kovac vom RGA da ist, um eine Foto davon zu machen, wie ich Herzog die Rote Karte zeige. Das hat immerhin Symbolcharakter. Unweigerlich muss ich grinsen, aber die Wirklichkeit holt mich schnell wieder ein.
Ängstlich schaue ich mich um. Ich sehe Grün. Viel Grün. Fast ausschließlich Grün. Einige versprengte Rote Tupfen kann ich wohl ausmachen, allerdings sehe ich auch einen klaren Zusammenhang. Während nämlich an den den Grünen Karten zugehörigen Handgelenken goldene Armbänder und breiten Uhren baumeln, finden sich diese an den Roten Handgelenken nicht.
So funktioniert also scheinbar Vereinspolitik.
„Gut. Gut“, surrt Herzog selbstzufrieden in das Mikrofon. „Es scheint also mehr als beschlossene Sache zu sein. Sobald alles in trockenen Tüchern ist – in zwei Stunden!“, raunt er mit einem bösen Seitenblick in meine Richtung, „ist der Fall klar. Vertragsverlängerungen werden also entweder zu den festgelegten Konditionen erfolgen oder aber über das Präsidium laufen, das dann im Einzelfall höhere Summen freigeben wird.“
Okay, denke ich mir. Das ist ein Problem. Da alle Verträge mit der Ersten Mannschaft zum Ende der kommenden Saison auslaufen, besteht hier extremer Handlungsbedarf. Mit der Resolution hat Herzog aber alle Karten in der Hand, wen er nun behalten möchte und wen nicht. Er hat außerdem enorme Geldreserven, um doch noch die Spieler zu holen, die er gerne hätte. Das einzige, was mich hier noch beruhigt, ist die völlige Unfähigkeit nebst total ruiniertem Ruf der Herren Herzog und Paul.
Meine Gedanken werden mit einem jähen Rumpeln fortgewischt und ich werde ich die Kälte des Augenblicks zurückgeholt: in einem Theatersessel sitzend, erste Reihe, und vor mir steht Präsident Herzog am Rednerpult. Das Geräusch des Todes entstammt seinem Räuspern, mit dem er einen längeren Monolog ankündigt. Ich entspanne alle meine Muskeln und sinke in dem Versuch in den Stuhl, mir eine gemütliche Sitzposition für die nächste halbe Stunde zu verschaffen, die so eine Rede gerne mal dauern kann. Das könnte Realtität werden, denn der nächste PÜunkt lautet "Vorstellung des Kaders" und Herzog holt bereits seit einigen Augenblicken tief Luft.
Tatsächlich ergießt sich ein Redeschwall der üblichen Kategorie. Wie schön die letzte Saison war, wie sehr wir jetzt angreifen werden, wie hoch die Erwartungen der Investoren sind. Bla, bla, bla. Dann kommt er zur Vorstellung des aktuellen Teams.
„Liebe Mitgliederinnen und Mitglieder! Wir alle haben noch gut die Ereignisse der letzten Saison im Kopf und auch die mitunter nicht so angenehme Presse, die unser Verein erhielt. Abgestempelt wurden wir wegen unserer Transferbemühungen, nicht für voll genommen. Aber meine Damen und Herren! Das alles hat dazu geführt, dass wir gemeinsam Transfers tätigen konnten, die uns absolut wettbewerbsfähig machen. Ich möchte Ihnen nun den neuen Kader für die Saison 2016/2017 vorstellen!

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Herzog präsentiert den Kader mittels Beamer und Spielerfotos. Ein leichtes Gemurmel in den Rei-hen zeigt mir, dass ich in meinem Anflug von Belustigung nicht alleine bin: Offensichtlich hat hier jemand die Animationen und Bilderrahmen von Power Point für sich entdeckt.
Die Kadervorstellung dauert unendlich lange. Zwischen den Bildern vergehen Sekunden, bis sie ineinander überwechseln. Herzog allerdings betrachtet die Wand mit dem projizierten Bild mit gro-ßem Spaß.
Immerhin etwas.
„Sicherlich, dieser Kader erscheint etwas groß. Das liegt natürlich an den vielen jungen Talenten, die noch dabei sind. Hier werden wir gezielt Leihgeschäfte einfädeln. Inwieweit die am Ende der Saison auslaufenden Verträge dieser Nachwuchsleute dann verlängert werden, hängt maßgeblich von der zukünftigen Ausrichtung des Vereins ab, und natürlich auch von der Leistung dieser jungen Männer.“
Der Präsident wendet sich mit seiner ganzen Statur mir zu, bevor er fortfährt.
„Herr Way und ich waren bezüglich der eben von mir genannten Ausrichtung nicht immer einer Meinung, wie Sie natürlich wissen. Ich darf an dieser Stelle verkünden, dass wir uns auf eine Marschrichtung geeinigt haben.“
Gemurmel durchläuft die Reihen hinter mir. Ich bemerke eine wachsende Anspannung. Selbst-verständlich hat es keinerlei Gespräche in diese Richtung gegeben.
„Herr Way und ich“, fährt Herzog mit schmierigem Grinsen weiter und zeigt dabei mit der linken Hand in meine Richtung, „sind übereingekommen, dass mit einer auf Jugendarbeit ausgerichtete Philosophie keines der Ziele zu erreichen ist, die wir uns gesteckt haben. Diese lauten: Erreichen der Top Fünf innerhalb der kommenden zwei Jahre, dazu Erreichen mindestens des DFB-Pokal-Halbfinales in der gleichen Zeit. Innerhalb der kommenden vier Jahre wollen wir ernsthaft um den Titel mitspielen.“
Es vergehen zwei Sekunden, bevor anerkennender, ja, euphorischer Applaus aufbrandet. Irgend-jemand klopft mir von hinten auf die Schulter, jemand anderes drückt anerkennend meinen Unterarm. Ich presse feste die Zähne aufeinander. Mit großer Mühe versuche ich, mich zu beherr-schen, nicht aufzuspringen und Herzog seine ölige Fresse zu polieren. Ich dürfte nicht überrascht sein, sage ich mir. Das hätte ich erwarten müssen. Aber dennoch, im Moment fühlt es sich an wie eine Niederlage.

« Letzte Änderung: 14.April 2017, 08:56:49 von Henningway »
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #411 am: 14.April 2017, 09:15:20 »

Saisonabschluss 2015/2016 - Ein Überblick

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #412 am: 14.April 2017, 21:14:32 »

Ich liebe Remscheid! Und Way: Durchhalten. Bierchen schiessen und abwarten.
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #413 am: 19.April 2017, 17:05:42 »

Erst heute gesehen, dass hier wat neues ist. Wie immer absolut köstlich. Dat is immer son kleines Weihnachten wenn hier neuer Lesestoff ist.
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #414 am: 23.Juni 2017, 12:51:06 »

Der Geruch nach Sportmatten, PVC-Boden, abgegriffenen Klettertauen und Schweiß hängt in der Luft. Die Sporthalle Neuenkamp ist zwar sicherlich vorher gelüftet worden, aber dieser jahrzehntealte Mief hat sich ins Mauerwerk gefressen. Ich blicke mich mit ein wenig Wehmut um und stelle fest, dass sich in all den Jahren tatsächlich wenig verändert hat und ich alt geworden bin. Vor zwanzig Jahren habe ich hier mal ein Hallenfußballturnier gewonnen.
Die stille Süße der Nostalgie wird mit einem jähen Rumpeln fortgewischt und ich werde ich die Kälte des Augenblicks zurückgeholt: auf einem Klappstuhl sitzend, erste Reihe, und vor mir steht Präsident Herzog am Rednerpult. Das Geräusch des Todes entstammt seinem Räuspern, mit dem er einen längeren Monolog ankündigt. Ich entspanne alle meine Muskeln und sinke in dem Versuch in den Stuhl, mir eine gemütliche Sitzposition für die nächste halbe Stunde zu verschaffen, die so eine Rede gerne mal dauern kann. Heute könnte das leicht erreicht werden, denn es handelt sich um die Saisoneröffnungssitzung des Vereins und Herzog holt bereits seit einigen Augenblicken tief Luft.
Tatsächlich ergießt sich ein Redeschwall der üblichen Kategorie. Wie schön die letzte Saison war, wie sehr wir jetzt angreifen werden, wie hoch die Erwartungen der Investoren sind. Bla, bla, bla. Dann kommt er zur Vorstellung des aktuellen Kaders.
„Liebe Mitgliederinnen und Mitglieder! Wir alle haben noch gut die Ereignisse der letzten Saison im Kopf und auch die mitunter nicht so angenehme Presse, die unser Verein erhielt. Abgestempelt wurden wir wegen unserer Transferbemühungen, nicht für voll genommen. Aber meine Damen und Herren! Das alles hat dazu geführt, dass wir gemeinsam Transfers tätigen konnten, die uns absolut wettbewerbsfähig machen. Ich möchte Ihnen nun den neuen Kader für die Saison 2016/2017 vorstellen!

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Herzog präsentiert den Kader mittels Beamer und Spielerfotos. Ein leichtes Gemurmel in den Reihen zeigt mir, dass ich in meinem Anflug von Belustigung nicht alleine bin: Offensichtlich hat hier jemand die Animationen und Bilderrahmen von Power Point für sich entdeckt.
Die Kadervorstellung dauert unendlich lange. Zwischen den Bildern vergehen Sekunden, bis sie ineinander überwechseln. Herzog allerdings betrachtet die Wand mit dem projizierten Bild mit großem Spaß.
Immerhin etwas.
„Sicherlich, dieser Kader erscheint etwas groß. Das liegt natürlich an den vielen jungen Talenten, die noch dabei sind. Hier werden wir gezielt Leihgeschäfte einfädeln. Desweiteren werden uns zum Ende der Saison einige Spieler verlassen.“
Er dreht sich mit einem gespielten Lächeln um die Lippen von der Präsentation weg und schaut mich an, als er hinzufügt: „Wie Sie wissen, laufen alle Verträge außer denen der Neuzugänge zu Saisonende aus.“
Und ob ich das weiß.
„Das ist auch eine gute Überleitung zum kommenden Punkt, der da lautet: Ausrichtung des Kaders auf die Zukunft.“
Herzog hebt die Hand, die den kleinen Präsenter hält und drückt sichtbar einen Knopf, doch die Folie will nicht weiterblättern. Er drückt erneut zwei Mal, bevor er mit verärgertem Gesicht den Kopf wendet, auf die Wand zeigt und mit ausgestrecktem Arm das kleine Kunststoffgerät in seiner Hand fast zerdrückt. Doch tatsächlich, die Folie blättert digital weiter.
Das nächste Bild zeigt den Kader ohne die Spieler mit kurzer Vertragslaufzeit.
Ein trauriges Häufchen, bestehend aus den Neuzugängen und Jugendspielern.
„Was Sie hier sehen, meine lieben Freundinnen und Freunde, ist der Kader der Saison 2017/2018 – also der Saison nach der kommenden. Tja, und was soll ich sagen? Dürftig, nicht wahr?!“
Hier lacht Herzog auf und auch das Auditorium tut es ihm gleich.
Speichellecker.
„Das erfordert noch eine ganze Menge Arbeit. Ich liege wahrscheinlich nicht falsch, wenn ich behaupte, dass noch nie bei einem Profiverein“ - Die Betonung des Wortes ‚Profi‘ könnte nicht deutlicher sein! – „so viele Verträge zeitgleich ausliefen wie bei uns. Aber sein Sie versichert, wir haben genügend Leute, die sich darum kümmern werden. Herr Paul und ich zum Beispiel.“
Hier wird vereinzelt applaudiert.
Mir kommt das irgendwie komisch vor.
„Nun, jedenfalls, diese Situation ist gleichzeitig eine Chance. Wir können den Kader völlig neu ausrichten. Weiters werden große Geldmittel frei. Ich darf Sie an dieser Stelle an eine ähnliche Präsentation von vor einigen Monaten erinnern, als ich Ihnen versprach, mithilfe unserer russischen Freunde große Namen und Gesichter nach Remscheid zu holen. Nun, dieser Moment scheint mir nun gekommen.“
Eine Welle von Bravo-Rufen und lautem Klatschen rollt spontan über Opdam und mich hinweg auf Herzog zu, der sich ihr genießend hingibt.
„Danke, meine lieben Freunde“, versucht Herzog, den Applausscheinheilig abzuwehren. „Hier müssen wir noch etwas genauer werden.“
Er verändert kurz seine Standposition, steht jetzt fester auf dem Boden und strafft die Schultern.
„Wie Sie wissen, hat das bislang nicht so gut geklappt. Unsere Transferziele wurden nicht direkt erreicht. Ursache dafür waren verschiedene Dinge.“
„Wie zum Beispiel Deine ungeheurliche Inkompetenz“, flüstere ich laut genug, dass Opdam es hört. Er lacht kurz schnaufend auf.
„Aber daraus lernen wir. Transferziele sind vorhanden, ein Beuteschema ist formuliert, die Gelder sind da. Was uns noch fehlt, ist eine vernünftige Organisation, aufbauend auf der Frage: ‚Wer ist für die Transfers eigentlich zuständig?‘. Herr Paul und ich haben hier ein wenig Gedankenarbeit geleistet und ein Grundkonzept auf die Beine gestellt.“
Wieder wechselt die Folie und zeigt nun ein Fließdiagramm.
„Wir werden die Position eines ‚Einkäufers‘ schaffen. Das kann ein bereits angestellter Mitarbeiter des Vereines sein oder jemand Externes. Die Person bestimmt letztlich das Präsidium. Sämtliche Transfers werden vorgegeben in enger Absprache. Hier dürfen Sie gerne Vorschläge einreichen und sich selbst bewerben, meine Freundinnen und Freunde.“
Herzog lächelt wieder dieses versucht gewinnende Lächeln, das in mir bloß Ekel hervorruft. Noch während ich versuche herauszufinden, wohin genau Opdam und mich diese Strategie bringen werden, ertönt ein lauter Zwischenruf aus einer der hinteren Reihen. Nur ein Wort.
„WAY!“
Keine Ahnung, wer das gewesen sein könnte. Aber er löst Reaktionen aus.
Applaus.
Zustimmungsrufe
Pfiffe.
Vereinzelt auch Buh-Rufe, aber die wirklich in geringer Zahl.
Während ich mit gehobenen Augenbrauen nickend Herzog mein bestes Lächeln schenke, flackert in seinem Gesicht eine Spur von Ärger auf, die er mühsam unterdrückt.
„Meine lieben Freunde“, versucht er deutlich lauter als zuvor die Unruhe zu beenden. „Uns ist natürlich bekannt, welch gute Arbeit Herr Way und vor allem auch Herr Opdam auf diesem Gebiet geleistet haben. Wenn es der Wille der Mitglieder ist, wollen wir gerne einen der beiden oder auch beide für diese Position vorsehen.
Durch den Applaus, mit dem die große Mehrheit der Anwesenden diese Meinung unterstützt, komme ich sehr schnell zu der Erkenntnis, dass das hier rein gar nichts mit Vernunft oder gar Versöhnung zu tun hat. Das ist reiner Opportunismus. Herzog und Paul haben sich in der vergangenen Saison dermaßen blamiert, dass sie ohnehin niemanden finden würden, der sich mit ihnen an einen Tisch setzt. Sie brauchen mich einfach, nicht mehr und nicht weniger.
Aus diesem Wissen heraus überrascht mich der nächste Punkt daher deutlich weniger, als er es vermutlich hätte tun sollen.
„Der oder die Einkäufer, lassen wir es als Herrn Opdam und Herrn Way sein, werden ihre Vorbereitungen an einem bestimmten Punkt mit uns kommunizieren. Das letzte Wort bei sämtlichen Transfers hat dann das Präsidium. Nur mit meiner Unterschrift ist ein Vertrag überhaupt gültig.“
Herzog greift kurz in ein Fach unterhalb des Rednerpultes, das dem Auditorium verborgen ist, und holt zwei Pappkarten hervor, eine grüne und eine rote.
„Sie alle haben diese beiden Karten auf ihren Plätzen gefunden. Nehmen Sie sie bitte jetzt zur Hand.“
Durch das laute Rascheln und Murmeln, mit dem die Mitglieder nach den Karten suchen, stelle ich fest: Opdam und ich haben keine.
„Diese Änderung in den Transferregularien erfordert eine Abstimmung. Ich möchte Sie daher nun um Ihre Stimme bitten. Halten Sie die grüne Tafel hoch, wenn Sie mit der Änderung, wie Sie hinter mir an der Wand lesbar ist, einverstanden sind. Sind Sie dagegen, nutzen Sie bitte die rote Tafel oder Sie nutzen gar keine der beiden, wenn Sie sich enthalten wollen. Es genügt die einfache Mehrheit. Bitte stimmen Sie jetzt.“
Es wird kurz dunkel um mich herum, als viele Arme hochschnellen. Ich schaue über die Schulter und entdecke viel Grün.
Und viel Gold.
Erstaunlich, wie viele der doch eigentlich einfachen Remscheider Bürger sich goldene Rolexuhren leisten können. Immer das gleiche Modell, immer von unbenutztem goldenen Glanz.
Wie so vieles am heutigen Tag, überrascht mich auch das nicht.
„Wunderbar, meine Freundinnen und Freunde, wunderbar. Das ist offensichtlich eine deutliche Mehrheit für den Antrag, den ich somit als akzeptiert protokolliere. Ich danke Euch!“
Während der Rest der Veranstaltung vor allem aus Selbstbeweihräucherung besteht, versinke ich in Gedanken.
Wie die Zukunft dieses Projektes wohl aussehen mag?



Am nächsten Tag reicht mir meine Sekretärin meine Post, als ich den Vorraum zu meinem Büro betrete. Gleich der erste Umschlag enthält die neue Vereinssatzung mit dem geänderten Paragraphen zum Transferwesen.
Herzog hat hier tatsächlich keine Zeit vergeudet und die Geschichte gut geplant.
Offensichtlich waren viele der Stimmen gekauft. Was ihn das wohl gekostet haben mag? Gleichzeitig hat er, sich in Sicherheit wähnend, was den Erfolg der Abstimmung angeht, die Satzung neu erstellen und sehr wahrscheinlich auch juristisch prüfen lassen.
Und nun liegt sie auf meinem Tisch.
Ich horche in mich hinein.
Wie geht es mir damit?
Kurz prüfe ich, ob ich irgendeine Stimme höre, die mir erklärt, wie ich mich eigentlich fühlen müsste. Aber da ist nichts.
Wenig überrascht werfe ich die Jacke auf das kleine Besuchersofa und setze mich in meinen Bürosessel.
Das Fiasko der letzten Saison hat natürlich auch Herzog zum Nachdenken bewogen. Er konnte einfach nicht davon ausgehen, dass die Fußballwelt ihm seine peinlichen Auftritte so schnell vergessen würde, also hat er sich dazu durchgerungen, die Verhandlungen an eine dritte Person abzugeben. Dass dabei die Wahl auf mich fallen würde, hat er mir ebenfalls zu schnell akzeptiert, als dass ich nicht vermuten müsste, dass er damit nicht gerechnet hätte. Sein einziger Trumpf ist tatsächlich das nunmehr schriftlich verankerte letzte Wort.
Im Grunde ist das eine Pattsituation. Er wird nie etwas unterschreiben können, wenn wir nicht aktiv werden. Und ich werde nie neue Transfers tätigen können, wenn er nicht mitspielt.
Allerdings ist seine Position dennoch die stärkere. Denn er muss lediglich eine andere Person für die Verhandlungen finden, die mich ersetzt, während ich alleine nicht in der Lage sein dürfte, die Satzung erneut zu ändern, um diese Unterschriftenklausel wieder zu entfernen.
Mein Trumpf ist wie immer: Der sportliche Erfolg des Teams, welches ICH zusammengestellt und weiterentwickelt habe. Solange ich einen Vorsprung habe, was den Nachweis der Fähigkeiten angeht, kann Herzog tun, was er will.
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #415 am: 23.Juni 2017, 12:53:07 »

„Barry!“
Opdam blickt mich von seinem Tablet hoch an. Ich stehe mitten im Raum, in einer Hand eine Dose Faxe, und blicke auf einen imaginären Punkt irgendwo an der Wand hinter dem Co-Trainer.
Und rühre mich nicht weiter.
„Herr Way?“, fragt Opdam nach einigen Augenblicken und legt den Kopf schräg.
Ich fange langsam, aber deutlich an zu nicken, als hätte ich mit meinem inneren Ich ein Beratungsgespräch geführt und es zu meiner Zufriedenheit abgeschlossen.
Dann drehe ich mich um und zeige mit der Bierdose Richtung Opdam.
„Dreierkette“, ist mein einziges Wort.
„Ich verstehe nicht?“
„Dreierkette.“
Opdam nickt und schließt ermattet die Augen. So eine Reaktion habe ich zuletzt von meinem Mathelehrer bekommen.
„Herr Way, das habe ich allerdings verstanden. Nur wäre ich um etwas Zusammenhang erfreut.“
„Äh… Fußball?“, frage ich nach einigen Momenten des verständnislosen Nachdenkens.
Opdam will gerade zu einer Entgegnung ansetzen, lässt die diskussionsbereiten Hände aber wieder sinken.
„Herr Way… Das dachte ich mir bereits. Könnten Sie das bitte etwas genauer ausführen, was Sie damit jetzt meinen?!“
„Dreierkette halt. Will ich spieln lassen.“
Als ob das als Antwort genügen müsste, nehme ich schlürfend einen tiefen Zug des dänischen Baupilses.
„Warum denn das?“, fragt Opdam interessiert. „Wir haben doch unsere gesamten Planungen eher auf eine Viererkette ausgereichtet.“
„Ja.“
Ich möchte mehr sagen, muss aber aufstoßen.
Dänisches Bier ist einfach zu gut.
„Ja“, wiederhole ich mich. „Ich weiß dat. Aber Barry: Ich hab einfach Bock drup. Laß uns doch mal wat Neuet machen.“
„Neu ist das aber nicht, Herr Way. Haben wir doch schon in der Landesliga spielen lassen.“
„Richtich. Und wie war dat damals?“
„Ähm… ja, zugegeben. War erfolgreich.“
„Siehse!“ rufe ich aus und balle die Faust in Opdams Richtung. „Also getz wieder: Dreierkette.“
Opdam blickt kurz auf sein Tablet und wischt einige Male hin und her. Ich schreite derweil wieder im Zimmer auf und ab. Dann blickt Opdam wieder auf.
„Dafür bräuchten wir aber vielleicht noch einen Innenverteidiger mit Ballverteilerqualitäten.“
Wieder bleibe ich stehen. Dann zeige ich erneut mit der Dose auf den Holländer.
„Jo. Kümmer dich drum!“
„Was wird Herr Herzog dazu sagen? Er muss das durchwinken.“
Ich nehme wieder einen schlürfenden Zug aus der Dose und schüttele dann den Kopf.
Mit der Hand wische ich etwas Schaum vom Schnurrbart.
„Barry, ich hab noch – und frag mich mich, warum oder woher – ein bereits fettich signiertes Blatt vom Herzoch mit seine Unterschrift. Dat nutzen wa getz einfach für den einen Transfer. Um ihn zu ärgern, weisse?“

Saisonvorbereitung

Wie immer vor einer neuen Saison und vor allem auch, weil es die erste Erstligasaison ist, will ich etwas Besonderes machen. In diesem Fall habe ich mir eine 3-4-3-Formation ausgedacht mit drei Innenverteidigern, zwei zentralen Mittelfeldspielern und zwei Außen sowie drei zentralen Stürmern. Die beiden äußeren Stürmer sollen dabei idealerweise etwas hängend spielen und den Mittelstürmer mit Schnittstellenpässen und Flanken füttern. Dafür habe ich mit Moraís und vor allem Eze gute Leute.

FC Remscheid – RB Leipzig 2:0

1. HZ: Weidenfeller – Bosnjak, Mexilhão, Corstjens – Zimmermann, Felipe Anderson, Rubén Pérez, Lamertz – Leandro, Moraís, Rausch

2. HZ: Küçük – Balitsch, May, Contento – Novotny, Schuster, Wagner, Dang Khoa – Torp, Schilk, Jaguaré

1:0 Leandro (32.)
2:0 Novotny (54.)
MOM: Novotny (7.4)
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Das sah ganz gut aus. Viele Chancen herausgespielt, aber nicht zwingend genug vor dem Tor. War ja aber auch erst das erste Spiel.

Fortuna Köln – FC Remscheid 1:3

1.HZ: Leno – Cahill – Papadopoulos, Corstjens – Kalscheuer, Felipe Anderson, Wagner, Lamertz – Leandro, Moraís, Volland
2.HZ: Leno – Bosnjak, Papadopoulos, Contento – Koch, Ciftçi, Hassan, Draxler – Rausch, Schilk, Volland

1:0 Schupp (2.)
1:1 Papadopoulos (46.)
1:2 Volland (63.)
1:3 Ciftçi (69.)
MOM: Papadopoulos (8.0)

Cahill als Sweeper. Das war mir der Spaß mal wert. Gebracht hat es nix, außer einer frühen Gelben Karte für ihn.

RFC Lüttich – FC Remscheid 0:7

1.HZ: Leno – Cahill – Papadopoulos, Bosnjak – Novotny, Rausch, Rubén Pérez, Lamertz – Leandro, Odstrcilik, Draxler
2.HZ: Kujevic – Corstjens, Kondogbia, Contento – Koch, Ciftçi, Hassan, Mrkonjic – Volland, Moraís, Schuster

0:1 Novotny (9.)
0:2 Odstrcrilik (11.)
0:3 Bosnjak (17.)
0:4 Draxler (19.)
0:5 Odstrcilik (43.)
0:6 Odstrcilik (49.)
0:7 Hassan (73.)
MOM: Odstrcilik (9.6)

Eine beeindruckende Präsentation dessen, was mit dieser Taktik möglich ist: 1:14 ShoT, 0:9 CCC. Allerdings auch ein sehr schwacher Gegner, der in der belgischen zweiten Liga spielt.



Da schau mal einer an!
Der DFB hat seinen Chefcoach – Bruno Labbadia – nach der EM verloren. Eingestellt wurde ein 61jähriger namens Peter Kowalczyk.



Mal davon abgesehen, dass er für einen 61jährigen blendend aussieht, hat er bislang keinerlei Erfahrung im Fußballsport, was seine Rufbewertung deutlich offenbart.
Den U21-Coach, Rainer Adrion, hat das wohl dazu veranlasst, in die Türkei abzuwandern. Kurz darauf – ich gebe zu, ich habe beim Einschreiben nachgeholfen – bietet man mir dessen Posten des U21-Trainers an.
Herzlich gerührt nehme ich an und lasse Herzog wissen, dass ich von nun an auch für die Jugend des DFB verantwortlich bin, da man scheint’s von der Jugendarbeit des FCR so begeistert ist.



Mein traditioneller Amboss-Cup, benannt nach der Remscheider Werkzeugmachervergangenheit, bringt neben uns noch den AC Mailand, Olympique Lyon und den FC Bayern München ins Röntgenstadion. Während Mailand Lyon im ersten Spiel 3:0 bezwingt, spielen wir gegen München.
Herzog sitzt, in feinem Nadelstreifen und mit blauweißer Fliege verziert, in der VIP-Lounge und schaut dem Spiel zu.
Wir gewinnen im Elfmeterschießen, und Herzog nimmt es gelassen.
Man merkt ihm seine neue Überlegenheit an. Und das ärgert mich.

Das Finale gegen den AC Mailand sieht uns in der offensiven 4-2-4-Variante. Mailand spielt im 4-3-3, aber mit allen Stars wie Ibrahimovic, Sigurdsson, Anderson, Callejon und Kumpane. Dennoch steht es am Ende 7:3 für uns. Wouter Corstjens gelingt eine Standard-Hattrick.



Die weiteren Freundschaftsspiele vor dem Saisonbeginnen:

FC Millwall – FC Remscheid 0:5
KAA Gent – FC Remscheid 0:4
Fortuna Düsseldorf – FC Remscheid 0:4
« Letzte Änderung: 23.Juni 2017, 12:55:58 von Henningway »
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #416 am: 23.Juni 2017, 14:16:37 »

Da kann die Saison ja kommen und ich denke auch Herzog wird bald wieder lernen müssen wo sein Platz ist xD
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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #417 am: 23.Juni 2017, 17:08:08 »

@ White:  ;) kannst gespannt sein!



Die Taktiken des FC Remscheid


 
Meine 3-4-3-Ambitionen habe ich vorerst wieder auf Eis gelegt. Zu gut funktionieren meine anderen Taktiken und zu viel Arbeit erfordert diese neue Variante noch. Ich habe sie aber noch nicht aufgegeben.



Meine Standardtaktik soll das 4-2-3-1 sein. Ich will direkt spielen, mit einer ausgeglichenen Balance der Mannschaftsteile und einem standardmäßigen Spiel. Genau für diese Taktik konnte ich die passenden Spieler verpflichten, oder aber sie stehen mir bereits zur Verfügung.
Die einzelne Sturmspitze soll dabei ein vorgeschobener Stürmer sein, ein Abschlussspieler. Kingsley Eze ist dazu gut in der Lage, Leandro ist eher die kreative Option. Volland ist ein Knipser.
Die Drei dahinter bilden eine Offensivreihe über die ganze Breite des Platzes: Zentral will ich mit einer echten Zehn spielen. Odstrcilik ist die erste Wahl, aber auch Felipe Anderson sollte das gut können. Weiterhin sind Rausch, Schuster, Wagner und Draxler Optionen für diese Position. Der junge Pascal Stein kann ebenfalls wunderbar hier eingesetzt werden, so er sich einmal von seinem Kreuzbandriss erholt hat.
Rechts wie Links Außen spiele ich mit Flügelstürmern, die aber bei Bedarf auch Innenstürmer oder gar Spielmacher sein können. Draxler oder Volland auf Links, Rausch oder Markovic auf Rechts. Schuster, Felipe Gutierrez, das sind die ersten Ersatzleute.
Die Doppelbesetzung im Mittelfeld setzt sich je nach Bedarf zusammen und kann defensiv (BWM + DLP) oder Offensiv (DLP + AP) ausgerichtet sein. Rubén Pérez findet sich in der Regel in der DLP-Rolle wieder und ist Kapitän. Volker Lamertz entwickelt sich zu einem BtB-Spieler, Felipe Gutierrez kann alles, vor allem aber Spielmacherrollen. Felipe Anderson ist eher der vorgeschobene Spielmachertyp, Julian Koch könnte hier einen sehr defensiven CM geben. Wie zu sehen, kommt meine Taktik vor allem über ein überlegenes, kreatives, flexibles und schnelles Mittelfeld.
Die Außenverteidiger sollen ebenfalls Offensivdrang haben. Diego Contento und Julian Koch können marschieren und haben eine vernünftige Flanke. Zweikampfschulung ist natürlich das erste Gebot, hier sind beide gut ausgebildet. Links steht das Eigengewächs Nguyen Dang Khoa als Ersatzspieler für Contento bereit, doch die Entwicklung stagniert hier. Rechts hätte ich Zimmermann, der um seinen Platz wird kämpfen müssen, und vor allem Zdravko Bosnjak als defensive Option. Zentral sind natürlich Papadopoulos und Cahill (als BPD) gesetzt. Wouter Corstjens wird wahrscheinlich in der Ersten Liga nicht mehr mithalten können. Bosnjak ist also auch hier die erste Alternative, dahinter dann das brasilianische Toptalent Mexilhão. Neuzugang Gonçalves kann sich ebenfalls hier positionieren. Dahinter spielt Bernd Leno auf der Eins, Sebastien Frey ist die routinierte Option Zwei, außerdem habe ich zwei große Talente mit Sven Schmitt und Dario Kujevic.



Als Offensivtaktik hat das 4-2-4 (im FM-Sprech 4-2-2-2) hervorragend funktioniert. In der letzten Saison war das Problem, dass ich keine geeigneten Rollen für die beiden Stürmer finden konnte. Leandro hat in einer Trequarista-Rolle zwar eine Menge Tore gemacht, doch entsprechen seine Fähigkeiten eher nicht denen des freien Zehners. Gerne würde ich mit einer Verteilung Hängende Spitze/Vorderste Spitze oder Poacher spielen. In Liga Zwei habe ich versucht, Lothar Rausch für die Hängende Spitze-Rolle umzuschulen, was einige Male ganz gut funktioniert hat. Auf dem Flügel ist er aber wertvoller. Jetzt kann ich die Taktik ganz einfach dadurch verändern, dass ich Odstrcilik von der Zehn in den Sturm ziehe und ihn dort eine DLF- oder Trequarista-Rolle einnehmen lasse. Zusammen mit einer insgesamt offensiveren Ausrichtung ist das meine Taktik zum Abwenden von Niederlagen oder gegen schwächere Gegner.



Standard letzte Saison war das 4-3-3 mit einer Sechs und zwei Achtern. Gegenüber dem 4-2-3-1 wird das die Defensivoption, die ich daher auch als Kontertaktik konzipiere. Die Zehn wird aufgelöst und durch eine Sechs ersetzt. Diese kann Lamertz als DM spielen, Rubén Pérez als DLP oder Koch/Gonçalves als AM. Die beiden Achter können dann etwas offensiver werden: Einer der beiden wird eine AP-Rolle einnehmen, die dann durch Felipe Anderson oder Odstrcilik gespielt wird. Letzterer kann auch als DLF in den Sturm gehen oder aber Eze spielt dort als AF. Leandro als Trequarista funktioniert dort ebenfalls sehr gut, weshalb meine Stammoption sein wird, ihn auf die Neun und Odstrcilik auf die Acht zu stellen.
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Henningway

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #418 am: 23.Juni 2017, 17:15:22 »

„Herr Way?“, quäkt es aus dem Smartphone. Die unverkennbare Stimme des Holländers Barry Opdam. Er erreicht mich zuhause am Esstisch. Vor mir die neueste Ausgabe des Playboys, außerdem eine schöne Schüssel gebratener Speck.
„Barry“, antworte ich kauend. „Wat hasse?“
Die Stimme des Holländers klingt etwas aufgeregt, aber auch anerkennend. Er erzählt mir, ich möge mich bitte zum Vereinsgelände begeben.
„Wieso, wat is denn… wer will wat? … ach so? … Dat klingt aber irgendwie unglaubwürdich… okay, okay, höret plärren auf, ich komm ja… ja… ja… Moment, Moment, sach nochma! … Wat willste? Also, ich komm getz zum Vereinsheim un da sollet wat genau geben? … Ker, wer hat sich denn dat einfallen lassen? … Als ob, der Herzog verlangt doch sons nur nach die ganz feine Pinke! … gut, ich bin auf dem Wech, aber dat kann wohl wat dauern bei diese komische Einkaufsliste … is mir scheißegal, ob Du dat verstehs oder nich, et geht hier schließlich nich um Frikandeln, Barry … ja … jut, also bis gleich.“
Kinners, der hat vielleicht Wünsche. Da will mir der olle Herzog einen Transfer zeigen und ich soll dafür das Festmahl besorgen. ICH! Das wäre vollkommen okay, wenn er wenigstens den Anstand hätte, für den Koks und die Nutten zu sorgen, aber neee – der Way kann jetzt zusehen, wo er Corn Dogs herbekommt, nach denen es den Herren Vorstand scheint’s gelüstet.
Ich frage mich, warum ich überhaupt in Betracht ziehe, das zu tun. Aber Barry klang so hoffnungsvoll. Also füge ich mich. Außerdem steht auch der Wunsch ‚Bier‘ auf der Liste und dafür fahre ich immer gerne weite Strecken!



Mit schnaufendem Atem, einem Sixpack Carlsberg in der Hand und einer Tüte Corn Dogs unter dem Arm, drücke ich mit dem Ellenbogen die Klinke runter und mit dem Rücken die Tür auf.
„So“, japse ich und drehe mich um. Vor mir sitzen Herzog und Paul, beide mit feinstem Sauertopfgesicht. Außerdem Barry und zwei mir unbekannte Personen. Einer, ein Schwarzer, steht höflich auf, der zweite, ein kleinerer, schwarzhaariger Mann, folgt.
„Bonjour“, dröhnt die Baritonstimme des Schwarzen in meiner Richtung.
Ich stocke, nicke ihm dann freundlich und mit entschuldigendem Blick auf die Fressalien zu.
„Grazie.“
Herzog steht jetzt ebenfalls auf.
„Way! Was zum Teufel soll das?“
Ich lege die Tüte und das Sixpack auf den Tisch und blicke ihn an, während ich mir die Hände an der Hose abwische.
„Wat meinen Sie? Warum ich so spät komm?“
„Allerdings!“
„Na, hömma, HERR Präsident! Irgendswer wollte, dat ich hierher komm.“
„Ja“, sagt Herzog, um Fassung bemüht. „Das war ich. Ich wollte Sie gerne dabei haben, wenn dieser Spieler – den ICH entdeckt habe – unter Vertrag genommen wird.“ Mit einer einladenden Geste deutet er auf den Schwarzen, der etwas verunsichert in die Runde blickt. Der andere hat sich bereits wieder gesetzt.
„Ja, ja“, versuche ich mich zu rechtfertigen. „Schon klaa. Aber der Barry hier hat gemeint, et soll noch wat gekauft werden, un zwar Corn Dogs und Bier. Und tadaa“ Ich mache eine herrliche Magiergeste. „Da hasset! Hau rein, Jung, auch wenn ich ja glaub, datte dat nich Deinem Öckotroffologen sagen solltest!“
Herzog blickt mich mit einer Mischung aus Verwirrung und aufkommenden Ärger an. Ganz anders Paul. Der scheint die Corn Dogs als Ziel ausgemacht zu haben und versucht nun, am Präsidenten vorbei die Papiertüte zu greifen, was ungefähr so erfolgversprechend ist wie einen Sequoia mit den Zähnen zu fällen.
„Corn Dogs und Bier, Way?!“ Herzog scheint die Tüte erst jetzt bemerkt zu haben. „Was für ein Unfug. Wirklich, Ihr Niveau hat nochmals abgenommen in den letzten Wochen.“
Gerührt verneige ich mich und drehe routiniert eine der Bierdosen aus dem Plastikring.
„Nun, mir scheint, hier liegt ein Mißverständnis vor“, sagt Barry und kichert.
Mit dem zischendem Geräusch einer geöffneten Bierdose untermale ich sein langsames Aufstehen. Gleichzeitig verzieht Herzog angewidert das Gesicht.
„Diese netten Herren hier sind gekommen, um einen Vertrag mit unserem Verein zu unterschreiben.“
Ich blicke die beiden an, die mir erneut freundlich zunicken. Ich hebe die Dose zum Salut und drehe dann den Kopf zurück zu meinem Assistenten.
„Sicher, Barry. Aber gerade am Telefon hasse doch gesacht, ‚Herr Way‘, hasse gesacht, ‚kommen se bitte hierher bei uns innet Vereinshaus, weil da gibbet einen Transfer zu tätigen.‘“
„So ist es, Herr Way, aber…“
„Ja“, unterbreche ich ihn. „Aber dann hasse gesacht, un ich zitiere, ‚wir bekommen Corn Dogs un Bier‘. Hasse dat nu gesacht oder nich?“
Opdam verzieht das Gesicht zu einem Grinsen. „Doch, Herr Way. Das habe ich gesagt.“
„Und nu hasse Deine Corn Dogs un Dein Bier, Barry. Und wat grinst Du überhaupt so dämlich?“
„Herr Way, Sie Stümper“, donnert Herzog von der anderen Seite. „Sie sind wirklich unfassbar ignorant!“
„Ja, kann sein, aber wat is getz…“
„Darf ich Ihnen vielleicht Ihren neuen Spieler vorstellen, HERR Way?! Dieser feine Herr hier wird zukünftig in unserem Team für Furore sorgen.





„Hömma, Barry“, frage ich auf dem Weg zurück in mein Büro. Den unterschriebenen Vertrag halte ich in der Hand.
Opdam brummt mich fragend an.
„Wie sin wa eigentlich an den Kondogbia gekommen?“
Opdam macht ein lachendes Geräusch.
„Sie werden es nicht glauben, aber das war tatsächlich Herr Paul.“
„Nicht Dein Ernst!“, entfährt es mir und ich blicke ihn an, sicher annehmend, er verarscht mich.
„Doch, Herr Way“, bekräftigt Opdam. „Er hat irgendwoher diesen Namen aus dem Hut gezaubert, außerdem noch einen Scoutingbericht. Also gar nicht schlecht eigentlich.“
„Dat Du mir dem dat ja nich sachst, hörse?!“, mahne ich Opdam, der aber nur lachend die Augenbrauen hebt.
Das würde uns noch fehlen, wenn der kleine Tobias plötzlich die Fußballfachwelt entdeckt. So verbuchen wir es als Geschichte vom blinden Huhn.
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Drei Ecken Elfer

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Re: Zwei Fäuste gegen Remscheid
« Antwort #419 am: 23.Juni 2017, 17:27:11 »

Hallo Henningway!

Ich muss doch immer wieder lachen, wenn ich hier etwas lese  ;D

Gefällt mir sehr gut, die Story!

In diesem Sinne: mehr Bier!  :)
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