Hm, Zwanziger ist schwierig. Außer in der vollen Spiegelstory selbst war es glaube ich nirgends zu lesen, aber: Nach seiner Darstellung hatte er das Thema seit spätestens 2012 mit den Beteiligten mehrmals angesprochen, sogar eine Untersuchungskommission angeregt, die Gegenseite bestreitet das. Erst in diesem Jahr, da gibts auch noch ein Interview auf SPON, über einen Mittler sogar vom Boulevard, der dicke mit Niersbach und Beckenbauer ist (und ihm laut Anwalt eine ziemlich, nun ja, unhöfliche Antwort-SMS geschrieben haben soll) -- Beobachtern der SZene sollte klar sein, welcher Boulevard-"Journalist" hier gemeint ist. Ich kann mir das gut vorstellen, da sind auch keine Heldenmotive dabei: Zwanziger war lange in der Fifa-Exekutive, hat die Reförmchen mit abgesegnet, und die "Ethikkommission" in Aktion gesehen, in der ersten Fifa-Reihe sitzend, die ersten kleinen Änderungen, wo Funktionäre vorher quasi im rechtsfreien Raum und praktisch ohne jede Furcht ihre Deals schließen konnten. 2012 dann die Öffnung der ISL-Akten, öffentlich, auch mit registrierten Zahlungen direkt rund um die WM-Vergabe damals. Und seit 2015 ist nicht mal mehr der Pate sicher, der Zürichbunker ist geknackt, mehr und mehr Personen fangen an zu singen, auch Akten werden zugänglich. Im August soll es dann noch mal ein privates Gespräch mit Beckenbauer selbst gegeben haben, der ihn gebeten habe, das Thema bitte bloß nicht mehr anzusprechen. Kann gelogen sein, kann nicht. Rechtlich mag er vielleicht auf der sicheren Seite sein, weil er erst 2003 zum OK stieß und nur noch die Rückzahlung mit absegnete. Aber Verhüllung von, das kann man mit SIcherheit sagen, Schwarzgeldern oder Kickbacks würde auch an ihm später haften.
War er auf jeden Fall beanspruchen kann, als einziger in der Mischpoke, kurioserweise:
Er hatte damals bereits öffentlich eine Untersuchung der Vergabe verlangt. Mir klingt die reine Rachegeschichte zu seifenoperig, auch wenn es ihm vielleicht nix ausmacht, dass auch Niersbach da mit reinstürzt. Und so als Comicbösewicht hatte ich ihn auch nicht in Erinnerung jetzt (kann auch täuschen).

Sie ist auf jeden Fall 100% mit die Abwehrstrategie des DFB, um ein paar Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen. So ließ sich ganz oben auch Generalsekretär und Ex-Fifa- und WM-2010-Mann Sandrock bereits zitieren, unter Zwanziger habe jahrelang eine Angst-Kultur im DFB geherrscht. Motiv spielt eh keine Rolle in der Sache letztlich, ob Rache oder Selbstschutz oder beides, wobei es sicher schon Whistleblower gab, die noch alte Rechnungen begleichen wollten. So dick, wie er jetzt aufträgt, wird man ihn in einigen Jahren entweder in einer Reihe mit Bosman sehen, was das verursachte Beben angeht (schon erstaunlich, was ein Heuschreckenhaufen jetzt schon der DFB ist), oder alles war nur geblufft. Bei den großen Ansagen rund um eindeutige Belege gegen Beckenbauer und Netzer, die Unantastbaren, kann ich mir was dazwischen nichts mehr vorstellen.

So oder so hat der DFB demonstriert, das auch er dringend Reformen braucht und anders als dargestellt kein künftgier Uefa- oder Fifa-Reformator ist, das schreibt mittlerweile sogar der Kicker. Eigentlich der ganze Sport mit seiner garantierten Autonomie, seinen Ehrenämtern, Amtsübergaben und Vier-Augen_Deals unter guten Freunden. An der Basis rumort es bereits, selbst die private Nähe zu Adidas wurde in Schleswig-Holstein vom Landeskönig hinterfragt. Hätte fast ein bisschen was Romantisches, eine Revolution von der Amateurbasis her, die den Ausverkäufern des Fußballs den Spielball entreißt.
Netzer hätte man doch leicht erreichen können, den alten Infront-Mann und Geschäftlepartner von Blatters Neffen Philippe: Regelmäßig schreibt (oder lässt schreiben) Kolumnen im Fifa-Propagandaheft "The Fifa Weekly".
Was wollten Sie schon immer über Fussball wissen? Fragen Sie Günter Netzer: feedback-theweekly@fifa.org Die Wege sind wie immer sehr kurz in der Fußballfamilie. Ganz witzig, wenn auch von den Fakten imo nicht 100% korrekt:
https://www.youtube.com/watch?v=qbIosfiBaqU