Ich glaube, du unterschätzt massiv wie überfordert viele Menschen mit der aktuellen Situation sind, auch intellektuell. Mich fragen jede Woche Leute, wie denn die Pandemie Situation wirklich ist. Ich bin in dem Thema sicherlich weniger bewandert als andere User hier im Forum, aber diesen Menschen fehlt es an den Basics. Die verstehen viele Dinge nicht, die sind von den ganzen Zahlen, Informationen, etc. überwältigt. Ich wette es gibt viele Menschen, die die Maßnahmen nicht so korrekt umsetzen ohne dass sie zu den Querdenkern oder Corona-Leugnern gehören. Die verstehen nur längst nicht mehr, welche Maßnahme wie, wo, warum ergriffen werden. Da hätte man mMn frühzeitig Informationskampagnen starten müssen. Dass das als Propaganda ausgelegt werden könnte, hatte ich gar nicht im Sinn. Wer das allerdings tut, den hätte man ohnehin nicht erreichen können. Die Kommunikation hätte man natürlich den Profis überlassen müssen, damit es verständlich und nicht von oben herab ankommt. Der Punkt bezieht sich nicht nur auf die Bundeskanzlerin und den Gesundheitsminister, das hätte man breiter anlegen sollen. Viele Menschen verstehen es einfach nicht, ganz ohne böse Absicht.
Die Einschränkungen vom 2.11. sind von ganz anderer Natur als es in der aktuellen Beschlussvorlage der Fall war. Gastronomie zu, Fitnessstudios zu, Betrieb in den Sportvereinen stilllegen... das bringt natürlich etwas und ist vor allem gut durchführbar und kontrollierbar. Darum ging es mir ja.
Ich habe mich mittlerweile auch sehr eingeschränkt, aber nicht wegen irgendwelcher Regeln, sondern wegen der Zahlen. Die erste Welle hatte meine Region fast komplett verfehlt. Mittlerweile sind die Einschläge aber viel, viel näher und jeder kennt zumindest jemanden, der positiv getestet wurde. Es ist nun mal ein Unterschied, ob der Inzidenzwert bei 10 oder bei weit über 100 liegt. Ich kann mir keine Infektion erlauben, daher treffe ich Leute nicht mehr, die ein Risiko darstellen. Hatte ich hier schon mal angebracht. Vor einigen Wochen erzählte mir ein Freund lachend, dass er regelmäßig in eine Eckkneipe ging, in der lt. Konzept sechs Gäste hätten sein dürfen, sich aber in der Realität teilweise fast 30 Personen drängelten. Dem gehe ich natürlich aus dem Weg.
Du zählst einige kritische Punkte auf, das könnte man sehr lange weiterführen. Warum herrscht mittlerweile wieder in Super-, Bau- und Wochenmärkten oftmals ein unkontrolliertes Gedränge? Ich versuche nach Möglichkeit zu unmöglichen Zeit einzukaufen, denn zur Prime Time ist es quasi nicht möglich Abstand zu halten. Es wird gemeckert, dass die Kinder in der Schule beim Lüften frieren (bisher hatte man noch Glück mit dem Wetter), aber vor der großen Corona Teststation müssen die Leute stundenlang bei Wind und Wetter draußen ausharren. Kann man das wirklich nicht besser organisieren? Auch in manchen Arztpraxen herrschen grenzwertige Situationen. In beengten Situationen sieht man immer noch Menschen, die ihre Maske falsch tragen. Hätte man denen ein oder zwei Mal eine empfindliche Strafe aufgebrummt, sähe das vermutlich anders aus. Es gibt also viele Dinge, die man erstmal optimieren könnte und die dann einen Effekt hätten, anstatt für den privaten Bereich irgendwelche Regeln aufzustellen, die überhaupt nicht durchsetzbar sind. Im privaten Bereich geht es nur über Eigenverantwortung, nicht über Regeln.
Maßnahmen an der Schule sind schwierig, denn es fehlt u.a. massiv an Personal. Die Ganztagsschulen im Grundschulbereich sind in meiner Region ohnehin nur durch externe Kräfte funktionsfähig. Freie Räumlichkeiten gibt es ebenfalls nicht. An meiner Schule gab es bisher noch keinen einzigen Fall, liegt evtl. auch an der veränderten Teststrategie. Sobald es einen bestätigten Fall gibt, müssen die Kontaktpersonen alle in Quarantäne und der gesamte Schulbetrieb findet in Szenario B (geteilte Klassen, Schüler kommen nur an 2,5 Tagen die Woche) statt. Man hat über Monate wenig zustande gebracht, da jetzt irgendetwas Sinnvolles aus dem Ärmel zu schütteln, ist sehr schwierig.