Wer sich in diesen rechtsextremen bis hin zu verschwörungsideologischen Echokammern aufhält, ist nur mit dem Erleben echter Realität zu überzeugen. Jemanden digital von der Richtigkeit und Sinnhaftigkeit wissenschaftlicher Fakten zu überzeugen, ist ein klassischer Fall von Sisyphos-Arbeit. Diese Personen finden dann bei den Demos der "besorgten Bürger" nur noch weitere Bestätigung und können andere Meinungen und vor allem klare Argumente immer schwerer akzeptieren. Da hilft wirklich nur ein bewusstes Konfrontieren mit der Wirklichkeit.
Wie kann das geschehen? Bürgerforen in kleinen Städten könnten ein Ansatz sein. Wenn man da einigermaßen gut vorbereitet hingeht, kann man viele Bedenken recht schnell ausräumen. Das ist jedoch ein Kraftakt, den jede Gemeinde und jeder Stadtteil wagen muss. Die Sorgen der Leute dürfen nicht länger nur in Telegram-Gruppen und auf Facebook marktschreierisch "diskutiert" werden - denn von Diskussionen kann da oftmals nicht die Rede sein. Was es braucht, ist ein zivilgesellschaftliches Forum. Mir geht es nicht um das Relativieren von Anhängern der Querdenken-Bewegung. Wenn diese es nicht schaffen, sich klar von Reichsbürgern und Rechtsextremen zu distanzieren (und zwar öffentlich klar vernehmbar), dann müssen sie sich auch den Vorwurf gefallen lassen müssen, sich mit faschistoidem Gedankengut gemein zu machen.
Und natürlich muss eines auch klarer kommuniziert werden: Meinungsfreiheit bedeutet, dass man alles denken und sagen darf (die wenigen Ausnahmen stehen im Grundgesetz und Strafgesetzbuch), aber wenn die eigene Meinung nur aus plakativen Thesen besteht, die in wenigen Schritten widerlegt werden kann, dann ist das Erwähnen dieser Gegenargumente und die Nennung einer gezielten Fehlinformation als eben solche keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, sondern genau das, was Meinungsfreiheit ausmacht.
Die Vergleiche mit der Nazizeit und das Hinstellen als Opfer eines Unrechtsstaates sind unerträglich und relativieren die Verbrechen der Nationalsozialisten oder des SED-Regimes in einem Maße, das den eigentlichen Opfern dieser Regime wie blanker Hohn vorkommen muss. Wer damals seine Meinung sagen wollte, musste um sein Leben und das seiner Angehörigen und Freunde fürchten. Wer das heute will, muss dabei im Freien aktuell eine Maske tragen und Abstand zu anderen einhalten. Um es mit den Worten dieser Leute zu sagen: Da hat ja selbst Goebbels nicht so stark gehinkt wie dieser schiefe und vollkommen deplatzierte Vergleich.