Rückblick auf ein erfolgreiches Jahr 2017Das Jahr lief sportlich richtig gut, anfangen werde ich aber mit einer kleinen Enttäuschung. Im Pokalwettbewerb
Løgmanssteypið war wieder früh Feierabend. In der ersten Runde schalteten wir auswärts noch Doublesieger AB aus, nur um dann in der zweiten Runde zuhause gegen NSI mit 0:1 auszuscheiden. Ein richtiger Lauf im Pokal ist mir seit meiner Ankunft auf den Färöer noch nicht gelungen. Ärgerlich, aber es gibt auch postive Nachrichten.
Rekordmeister Havnar Bóltfelag steht endlich wieder an der Spitze der
Effodeildin! Vier Jahre ist die letzte Meisterschaft her, eine lange Zeit für die erfolgsverwöhnten Fans.
Es ging etwas unkonstant und rumpelig los, was aber angesichts einiger Neuzugänge und komplett neuer Taktiken zu erwarten war. Im semi-pro Bereich dauert es immer etwas länger bis die Taktiken richtig sitzen. Schon zu Saisonstart war das Potenzial sichtbar, der ein oder andere Kantersieg unterstrich das. Besonders stolz bin ich jedoch auf die Abwehrleistung: Nur 18 Gegentore in 27 Spielen.
AB und NSI blieben uns lange auf den Fersen. Nur mal als Vergleich: 2014 hatte der Meister 52 und 2015 sogar nur 46 Punkte auf dem Konto. Die Konkurrenz schlief also nicht.
Apropos Konkurrenz, im Derby gegen B36 konnte ein neuer Rekordsieg aufgestellt werden. Mit 6:0 schossen wir sie aus dem Gundadalur. Einen neuen Zuschauerrekord konnten wir ebenfalls aufstellen, im Schnitt kamen 1.036 Zuschauer zu unseren Heimspielen.
Weniger erfreulich ist der Abstieg von Skála IF, der Raubbau am Kader war letztendlich einfach zu groß. Im letzten Spiel gegen sie ließ ich extra nur Reservisten ran, mein ehemaliger Arbeitgeber war aber schlicht und ergreifend viel zu schlecht.
Wie sich das anhört!

Nun ja, für mich ist Champions League 1. Qualifikationsrunde noch nicht wirklich die richtige Champions League und trotz der `Meisterrunde’ wird wohl in der 2. Runde spätestens Schluss sein. Ich freue mich trotzdem und zu gegebner Zeit gibt es dann eine kleine und wohl ganz kurze Sonderausgabe.
KaderüberblickIm Tor war Kristian Joensen der erwartet sichere Rückhalt. Es gab Spiele, in denen er quasi gar nicht gefordert wurde, in anderen Partien dann überraschenderweise umso mehr und er ließ sich nie überraschen. Mit der Benotung bin ich daher nicht einverstanden, die dürfte ruhig höher sein. Jörgensen meckerte nie und hielt sich in der II Mannschaft topfit.
Ndiour startete sehr stark in die Saison, verletzte sich dann als einziger Spieler in dieser Saison schwer und kam deutlich geschwächt zurück. Joensen ist aufgrund seiner Flanken und Standards offensiv sehr gefährlich, allerdings ist er defensiv dafür ein Risikofaktor. Den 16-jährigen Kari Jacobsen habe ich direkt vom diesjährigen Youth Intakte in die erste Mannschaft befördert. Zuerst wurde er gar nicht so gut eingeschätzt, entsprechend große war die positive Überraschung.
Ellefsen ist eine Maschine, der hat alle Spiele ohne Qualitätsverlust durchgepowert. Im Saisonendspurt habe ich ihn mal freiwillig pausieren lassen, sonst hätte er alle Spiele bestritten.
Erling Jacobsen und Holm gaben eine grundsolide Innenverteidigung ab. Solide färöische Wertarbeit, ohne Fehl und Tadel.
Lökin ist ein Schlüsselspieler. Das geben die Daten vielleicht nicht so her, aber er ist nicht nur der wichtigste und einzige Abräumer, sondern auch der wichtigste Aufbauspieler. Ich bin jedenfalls hochzufrieden. Entsprechend selten kommt leider der junge Hansen zum Zug.
Auf rechts habe ich mir ein Luxusproblem geschaffen, Ellingsgaard und Frederiksberg sind beide super, aber im Auswärtssystem ist Sprinter Cieslewicz unschlagbar effizient. Sobald der ein bisschen Platz hat, ist der einfach weg.
Auf links hat Niclasen alles im Griff. Er wird in wenigen Tagen 31 Jahre alt und sollte so langsam ersetzt werden, aufgrund seiner sensationellen Leistungen verlängerte ich seinen Vertrag nochmals um ein Jahr.
Mourtisen ist ein sehr guter Spielgestalter, vor dem Tor ist seine Leistung aber sehr dürftig. Nun gut, auf unserem Niveau kann man nicht alles haben, evtl. habe ich da in der II Mannschaft eine torgefährlichere Alternative parat.
Justinussens Entwicklung schießt durch die Decke, Wahnsinn wie sich seine Attribute trotz amateurhafter Bedingungen vor Ort verbessert haben. Er ist neuerdings auch Stammspieler. Seine Vertragssituation ist kurios und brisant. Kurz bevor seine Leistungen explodierten, konnte ich seinen Jugendvertrag noch umwandeln. Er wollte allerdings nur einen non-contract unterschreiben. Fluch oder Segen? Nun kann er ohne Probleme abgeworben werden, aber immerhin läuft sein Vertrag unbefristet. Einen neuen Vertrag lehnt er nämlich kategorisch ab, er fühlt sich zu höherem berufen, was ich nachvollziehen kann.
Jacobsen ist weiterhin ein effektiver Targetman. Allerdings steuert er sonst wenig zum Spiel bei und wenn er die Bälle nicht maßgerecht serviert bekommt, hat er keinen Mehrwert. Er ist also quasi mein Mario Gomez. Olsen hat sich in der zweiten Mannschaft gut weiterentwickelt, kann es aber in meiner Mannschaft noch nicht umsetzen. Ich hoffe auf die neue Saison.
InterviewZum Abschluss der sehr erfolgreichen Saison gibt es noch ein Interview mit dem einzigen färöischen Fernsehsender. Ähnlich wie bei meinem Verein gehen die Jungs und Mädels nur halbtags auf Sendung. Der Moderator erinnert mich irgendwie an jemanden aus dem deutschen TV, aber ich komme nicht drauf!?
Gønthær Jåúch: Nach drei weniger erfolgreichen Jahren und zuletzt sogar einer Saison im Abstiegskampf führten Sie Havnar Bóltfelag überraschend zur 23. Meisterschaft und das insgesamt sehr souverän. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Max Power: Ein Geheimnis gibt es nicht wirklich. Im Verein schlummerte einfach viel ungenutztes Potenzial. Wir sind hier auf den Inseln natürlich hunderte Kilometer vom Profifussball entfernt, aber HB ist von den Bedingungen her noch am besten aufgestellt. Die meisten anderen Teams bolzen wildes Kick & Rush, ich habe es hingegen geschafft, ein einigermaßen kultiviertes Spiel zu etablieren. Das dürfte wohl meine größte Leistung sein, meine Spieler etwas an den modernen Fussball heranzuführen.
Gønthær Jåúch: Sie scheinen insgesamt aber eine sehr negative Meinung über den Inselfussball zu haben?
Max Power: Anderswo würde man so ein Geholze auf dem Rasen nicht mal Fussball nennen. Daher finde ich meine Meinung ziemlich moderat. Es ist aber auch einfach so, dass wenn mal wieder ein Orkan über die Insel fetzt, macht es wenig Sinn, jeden Ball hoch und weit zu spielen. Bei diesen Windstärken gilt „hoch und weit bringt Sicherheit“ eben nur bedingt. Darauf scheint hier aber noch niemand gekommen zu sein.
Gønthær Jåúch: Kommen wir zu einem netteren Thema. Wie weit sind Sie bereits mit der Saisonplanung fürs neue Jahr? Werden Sie erneut Leistungsträger verlieren?
Max Power: Bis auf einen Spieler sind alle Akteure vertraglich für die neue Saison gesichert. Wer dieser eine Ausnahmespieler ist, werde ich natürlich nicht verraten, also fragen sie erst gar nicht. Einen neuen Rechtsverteidiger habe ich an der Angel, ansonsten tut sich noch nichts, aber es ist auch noch sehr früh. Ich werde nichts überstürzen. Den ein oder anderen brauchbaren Spieler habe ich auf der Liste, das Interesse der Spieler hält sich bislang in Grenzen und letztendlich ist die Auswahl sehr limitiert.
Gønthær Jåúch: Meinen Sie denn, dass sie mit dem aktuellen Kader für die Champions League Qualifikation gerüstet sind?
Max Power: Nein, das meine ich nicht. Wie soll das gehen? Da treffen wir als Amateure auf Profis. In der letzten Europapokal Saison sind alle färöischen Teams in der ersten Runde ausgeschieden. Einzig AB konnte immerhin eine Partie gewinnen, alle anderen Spiele gingen verloren, teilweise setzte es richtige Prügel. Ich bin natürlich stets bemüht den Kader aufzurüsten, ich gehe aber kein finanzielles Risiko ein um die erste Runde irgendwie zu überstehen und dann in der zweiten Runde auf einen unmöglichen Gegner zu treffen. Das bringt langfristig nichts ein.
Gønthær Jåúch: Apropos langfristig, was sind Ihre Visionen für Havnar Bóltfelag?
Max Power: Eine berühmte deutsche Persönlichkeit sagte mal: "Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen." Ich will aber mal nicht so sein. Das langfristige Ziel ist es, HB wieder zum Aushängeschild der Färöer Inseln zu machen. Der Pool an Talenten ist sehr klein, wir müssen so attraktiv werden, dass sich jeder junge Spieler danach sehnt, beim Rekordmeister anzufangen. Die diesjährigen Nachwuchsspieler gefallen mir soweit ganz gut, da muss man ansetzen. Ein weiterer Punkt sind die Trainingsbedingungen, Talente nützen nichts, wenn man sie nicht entsprechend fördern kann. Ich brauche mehr Coaches und die Trainingsanlagen sind natürlich ein weiterer Punkt. Meine größte Vision, und mit der sollte ich vielleicht wirklich zum Arzt gehen, ist es, irgendwann in einer fernen Zukunft den Profistatus zu erreichen.
Alle diese Punkte haben etwas gemeinsam, sie benötigen Geld, welches nicht vorhanden ist. Trotz des Zuschauerrekords werden wie am Jahresende einen Verlust von ca. 100k Euro ausweisen, die Rücklagen sind dann fast aufgebraucht. Abgesehen von den Zuschauereinnahmen haben wir überall starke Umsatzrückgänge: Beim Sponsoring, TV-Einnahmen, Merchandising… Unter diesen Umständen machen Visionen leider keinen Sinn, da sie unmöglich umzusetzen sind.
Gønthær Jåúch: Danke für dieses Gespräch.