Die bisherigen Berichte über Mass Effect 2 lassen mich ein bißchen die Stirn runzeln.
Nicht nur, dass letztendlich die in ME1 getroffenen Entscheidungen keine signifikante Rolle spielen werden (z.B. die Entscheidung am Ende des Spiels bezüglich des intergalaktischen Rates, was ja eigentlich weitreichende Folgen haben sollte), auch die zwischenmenschlichen Beziehungen werden entgegen vorheriger Ankündigung nicht nur nicht vertieft werden können, sie werden nicht einmal weiter bestehen.
Der Rollenspielpart wird zusammengeschrumpft, die auszubauenden Fähigkeiten reduziert, und es wird - und das finde ich erst recht happig - kein Inventar geben. Man kann nur Rüstungs- und Waffenupgrades finden, 3 verschiedene Waffentypen - fertig. Die Partymitglieder kann man schon überhaupt garnicht ausrüsten.
ME2 wird wohl noch mehr als Teil 1 von der großartigen Geschichte leben, den wichtigen Entscheidungen und der Inszenierung. Nur - was nützen mir großartige Entscheidungen, wenn ich jetzt schon weiß, dass sie für den abschließenden dritten Teil unerheblich sind?
Mir ist klar, dass nicht jede kleine pupsige Entscheidung große Konsequenzen für Teil 2 haben kann, dann müsste man unzählige Handlungsstränge einbauen. Aber es gibt immer Möglichkeiten, einen Spieler auf dem einen oder anderen Weg wieder in die Richtung zu steuern, die ich ihm vorgebe.
Nehmen wir folgende Situation - der Spieler kann am Ende von Teil 1 entscheiden, ob er einen wichtigen NPC tötet oder leben lässt. Für den dritten teil ist es aber wichtig, dass dieser NPC vom Spieler getötet wird. Dann kann man doch in Teil 2 einen kleinen Nebenstrang einbauen, eine einfache Randerscheinung einer Quest, bei der der Spieler diesen NPC (sofern er ihn hat leben lassen) versehentlich oder in Ermangelung einer Alternative tötet. Hat der Spieler den NPC in Teil 1 bereits getötet, fällt dieser Strang eben flach.
Im umgekehrten Fall könnte dieser am Leben gelassene Charakter einfach eine Rolle übernehmen, die sonst einem anderen NPC zugefallen wäre, auch das ist ohne große Mühe möglich.
Wer jemals Pen & Paper Rollenspiele geleitet oder Gamebooks (kennt die hier überhaupt jemand) gespielt hat, weiß, dass viele Wege zum unvermeidlichen Ziel führen, was den Spielspaß deutlich steigert, selbst wenn diese Wege freie Entscheidungen nur vorgaukeln. Aber solche vorgegebene Wege sind für das Erzählen einer Story sehr wichtig.
Vielleicht muss man sich davon verabschieden, ME2 als Rollenspiel zu sehen, und einfach das Spielerlebnis geniessen. Ich finde es aber etwas schade, und hoffe, dass Bioware zwischen Mass Effect und Dragon Age noch ein bißchen Zeit für ein klassisches Baldurs Gate 3 findet.
Immerhin wird ME2 ohne Securom oder Onlineaktivierung ausgeliefert.