Hier stehen längst strafrechtliche Dinge zu Debatte, und zwar flächendeckend, keine Einzelfälle. Die Frage nach
moralischen Aspekekten ist eine interessante. Sie impliziert, dass der Fußball (Profisport generell) sich seit jeher als Teil der üblichen Praktiken der Geschäftswelt inszenieren würde statt als Fluchtpunkt, Sinnsuche und Ersatzreligion, die die treuesten seiner Anhänger von sich aus in ihm sehen -- im Extrem bis zum Punkt, an dem er ein zentraler Lebensinhalt, ein Teil der Sinnsuche ist, Helden- und Götzenbilder inbegriffen. Und da fängts an zu knistern. Da muss man aber gar nicht in die weite Ferne schauen zu Scheichs mit magischen Endlosbeuteln voller Petrodollars.
Im großen Stil umfunktioniert und für sich vereinnahmt und Strohmänner in führenden Positionen installiert hatte man ab spätestens den 1970er Jahren vor allem auch von Deutschland aus -- mit Herren wie Horst Dassler und seiner legendären "Turnschuhmafia" zum Beispiel, der Ziehvater von Samaranch im IOC und Havelange, späer Blatter in Fifa. Alles eine Frage der Perspektive. Und eine Frage, was man im Fußball sieht oder zu sehen glaubt oder noch sehen glauben will. Allerdings glaube ich nicht, dass Fußballsport ganz den Strahlglanz hätte, sowohl für die Sponsoren als auch für alle anderen, wenn er sich nicht als große Lebensschule inszenieren könnte, seine Helden als Ritter und Vorbilder, und dass das tatsächlich so wahrgenommen wird, auch von durchaus intelligenteren Zeitgenossen, etwa wenn WMs wie Japan/Südkorea als Akt der Verbrüderung gefeiert werden (obwohl es im Vorfeld legendär schmutzige Kampagnen gab), oder sich in Deutschland 2006 ein angebliches neues Volk aus der Unterhaltungssuppe erhob. Fußball hat nicht die verdammte
Pflicht, mehr als Unterhaltung zu sein. Er beansprucht es aber überall, er wird so rezipiert, er is sogar top down so organisiert und kann sich im an zentralen Schnittstellen seiner Macht deshalb quasi selbst kontrollieren. Aber das holt alles ein bisschen weit aus für so einen Transferthread.
Was die Summen angeht, wenn man sich anschaut, dass sich die Umsätze vervielfacht haben seit Anbeginn der 2000er, die Transferrekorde (nach offizieller Lesweise) aber eigentlich bislang eher schleppend, ist das eine relativ "natürliche" Entwicklung. Aber ich würde da nicht bloß die Summen betrachten, sondern solche Transfers (auch andere haben ganz gut geklotzt) im Gesamtkontext sehen. Und der hat eben andere Dimensionen. Solche, die es vor fünfzehn, zwanzig, dreißig Jahren so vielleicht noch nicht gab. Keine Ahnung, ob man sich drüber aufregen muss. Mir ist bis auf das Unverständnis über den anhaltenden Megahype, oft penetrant inszeniert wie Ballermann-Disco, relativ gleichgültig, was eigentlich fast schlimmer ist. Das ist auch befeuert durch relativ wenig Bildungsmedien in Sachen Sport(politik), der ÖR will da ja jetzt ansetzen, nachdem die Rechte für ihn nicht mehr erschwinglich sind. Überraschen tut einen nicht mehr viel -- was ja eigentlich auch für die Geschichten auf dem Rasen gilt, zunehmend. PSG war schon jetzt ein regelmäßiger Teilnehmer an Champagner-League-Endrunden, die Heribert Bruchhagen wahrscheinlich so tippen könnte wie vor Jahren mal die Top 6 der Bundesliga. Obs da weitergeht, entscheidet ein bisschen auch die Tagesform und gerade im Fußballsport, Glück und Pech dazu, KO-Turniere halt. Ob ein Neymar als rein sportliches Asset über die anderen Dimensionen des Transfers hinaus das alleine rockt, wird sich zeigen. Und nun zurück zum Tagesgeschäft: Transfermarkt.de wird demnächst mit einer täglichen Transfersendung über Sportdigital zu sehen sein -- solche Portale werden schon in Eigeninteresse hoffen, dass die FIFPro nicht irgendwann bei der EU Gehör findet.
