@TMfkasShrek: Der Begriff "Zigeuner" hat eine klare rassistische Konnotation und alle Sinti- und Roma-Verbände wehren sich dagegen, so genannt zu werden.
@Frosch: Im Wortsinne hast du vielleicht Recht, dass das historisch keine Beleidigungen im engeren Sinne, sondern die gängigen Bezeichnungen für die jeweiligen Gruppen waren. Das ändert nichts daran, dass sie rassistische Stereotypen implizieren und generell abwertend gemeint waren und sind. Wenn ich ein Kind unverheirateter Eltern einen Bastard nenne, ist das eine Beleidigung, egal, ob das ursprünglich mal der "korrekte" Begriff war. Mit der Zeit fangen viele Wörter an, zusätzliche Bedeutung mitzutragen. Wenn jeder die zusätzliche negative Konnotation kennt, kann man sich nicht darauf zurückziehen, dass das Wort ursprünglich mal wertneutral war. Gerade, wenn es auch Alternativen gibt.
Ansonsten gebietet es doch schon allein die Höflichkeit, dass man Leuten keine Namen gibt, die sie nicht haben wollen. Wenn ich einen Mitarbeiter namens Friedrich immer Fritz nenne, obwohl er mir gesagt hat, dass er (von mir) so nicht genannt werden will, bin ich halt ein Arschloch. Da geht es dann doch meistens nur noch darum, dem anderen ans Bein zu pinkeln oder ihn einem selbst gegenüber herabzusetzen. Dafür braucht es nicht einmal eine rassistische Konnotation.
Und zum Thema "mehrheitlich rassistische Gesellschaft": Wenn sich (vor Aufstieg der AfD) nur NPD-Wähler rassistisch verhalten hätten, hätten wir keine Rassismusdebatte, weil den meisten Zugewanderten doch zuzutrauen ist, dass sie zwischen ein paar rechten Spinnern und "der Gesellschaft" unterscheiden können. Rassismus fängt nicht erst da an, wo ich bewusst entscheide, Bevölkerungsgruppen schlechter zu behandeln. Ein Großteil der erlebten Diskriminierung passiert eben nicht wirklich absichtlich oder bösartig, sondern weil Menschen bestimmte Denk- und Handlungsmuster verinnerlicht haben, sodass sie unbewusst bestimmte, teils evolutionär bedingte, teils anerzogene, Biases (unlogische Handlungsneigungen) zeigen, die dafür sorgen, dass in der Summe oft Menschen mit offensichtlich anderen äußeren Merkmalen benachteiligt werden.
Da ist niemand frei von. Es ist aber wichtig, dass man sich seine eigenen Voreingenommenheiten und erlernte "falsche" Verhaltensweisen bewusst macht, soweit möglich, oder zumindest bereit ist, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, sobald man mit ihnen konfrontiert wird. Man muss kein Rassist sein, um sich rassistisch zu verhalten. Für mich ist man einer, sobald man sich keine Mühe gibt, Biases abzubauen und Fehlverhalten abzustellen, obwohl man Gelegenheit genug dazu hatte.
Wenn ein vierjähriges Kind irgendwo das Wort "Jude" als Schimpfwort aufschnappt und benutzt, ist es kein Antisemit. Wenn jemand in meinem Freundeskreis das macht, der mindestens bis zur 10. Klasse Geschichtsunterricht hatte und bestimmt auch mal eine Doku über den Holocaust gesehen hat, ist er einer.