Wenn erstmal das medizinische Personal geimpft ist und es dann an die Risikogruppen geht, kann man zumindest etwas unbeschwerter rumrennen.
Mittlerweile liegen ja auch Empfehlungen der Ständigen Impfkommission vor:
https://www.tagesschau.de/inland/impfen-priorisierung-101.htmlKurz zusammengefasst: Es gibt 6 Prioritätskategorien.
Kategorie 1: 8,6 Mio. Menschen. Menschen über 80, Heimbewohner, Pflegekräfte, Personal auf Covid-Stationen, Personen mit Behinderungen und Demenzpatienten sowie deren Pflegepersonal.
Kategorie 2: 6 Mio. Menschen. 76-80 Jahre, med. Personal mit hohem Expositionsrisiko (z.B. Notaufnahmen), Personen mit Demenz oder geistiger Behinderung in Institutionen sowie deren Betreuer.
Kategorie 3: 5,5 Mio. Menschen. 71-75 Jahre, Vorerkrankte mit erhöhtem Risiko plus deren engste Kontaktpersonen, Bewohner in Asyl- und Obdachlosenunterkünften, enge Kontaktpersonen von Schwangeren, medizinisches Personal mit moderatem Expositionsrisiko.
Kategorie 4: 6,9 Mio. Menschen. 66-70 Jahre, Vorerkrankte mit moderatem Risiko plus deren engste Kontaktpersonen, medizinisches Personal mit niedrigem Expositionsrisiko, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Menschen in prekären Arbeits-/Lebensbedingungen (z.B. Saisonarbeiter).
Kategorie 5: 9 Mio. Menschen. 60-65 Jahre, Einzelhandel, Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregierungen, Berufsgruppen in der kritischen Infrastruktur (Feuerwehr, Polizei, ÖPNV, Abfallwirtschaft,...).
Kategorie 6: 45 Mio. Menschen.
Daran sieht man schon, was das für eine Aufgabe ist. Alleine die erste, besonders wichtige Gruppe durchzuimpfen wird zwar eine Weile dauern (natürlich muss man einen gewissen Prozentsatz Impfverweigerer mitrechnen, aber das ändert vermutlich nicht wesentlich etwas daran), aber auch nicht ewig (s.u.). Ich bin auch der Meinung, man sollte das nochmal genauer aufschlüsseln, den 8,6 Mio. Menschen als erstes eine gleichwertige Priorität zukommen zu lassen - das halte ich für nicht praktikabel. Persönlich halte ich das medizinische Personal in den Covid-Stationen für am wichtigsten, denn diese Menschen halten den Laden seit März am Laufen und halten den Kopf für uns alle hin.
Was die Impfung betrifft, bin ich eher pessimistisch. Wir werden da sicherlich 2-3 Jahre brauchen, bis 60% der Bevölkerung geimpft sind. Schließlich braucht man pro Patient, mit Vorgespräch, Aufklärung, Vorbereitung, erster und zweiter Impfung so 20-30min.
Deswegen sehe ich noch nicht, dass wir im nächsten Herbst wieder fröhlich und unbeschwert rumrennen können. Umso dringender wäre halt ein Langzeitkonzept der Politik.
Langzeitkonzept ja, volle Zustimmung. 2-3 Jahre halte ich allerdings für zu lange, wobei das natürlich auch von der Impfbereitschaft abhängt. Wenn ich alleine das große Impfzentrum anschaue, dass in der Messe Karlsruhe entsteht: da sind dann ca. 1 500 Impfungen/Tag möglich. Das heißt von Anfang Januar bis Ende März werden dort ca. 135 000 Impfungen (=67 500 Geimpfte) durchgeführt. Dazu kommen ab Mitte Januar zahlreiche Kreisimpfzentren mit einer Kapazität von 800 Impfungen/Tag. Die Krankenhäuser bereiten sich außerdem darauf vor, ihr Personal selbst zu impfen. Ab Frühjahr/Sommer wird dann die Impfung in den Arztpraxen möglich sein.
Anderes Rechenbeispiel für Karlsruhe: Es wird ab Mitte Januar 2 Kreisimpfzentren mit je 800 Impfungen/Tag geben. Also bis Ende März Knapp 120 000 Impfungen, sprich knapp 60 000 Geimpfte. Bei einer Bevölkerung in Stadt- und Landkreis von knapp 760 000 und einem gewissen Prozentsatz Geimpfter aus dem zentralen Impfzentrum mit den 1 500 Impfungen/Tag dürfte damit bereits weit mehr als nur die Kategorie 1 abgedeckt sein (ca. 10% der Bevölkerung). Bis Ende März. Massenimpfungen soll es Stand jetzt bis zum Sommer geben.
Was ich damit sagen will: Ja, das ist eine Mammutaufgabe und es wird eine ganze Weile dauern. Aber der logistische Aufwand der da betrieben wird, ist immens und beeindruckend. Wie schon von Signor Rossi angesprochen, wird uns vermutlich auch der Sommer wieder zu Hilfe kommen, sodass ich Drostens Einschätzung einer Entspannung ab der zweiten Jahreshälfte für nachvollziehbar halte und dem sehr gut folgen kann. Wir müssen uns dabei echt mal bewusst machen, dass wir hier im Speckgürtel der Welt leben: Es wird hier genügen Impfstoff geben (keine Schwierigkeiten bei der Lieferung vorausgesetzt) und die Logistik ist so gut aufgestellt, dass relativ schnell eine große Zahl Menschen geimpft sein wird, was zu einer merklichen Entspannung der Lage führen wird. Selbst wenn es zu Verzögerungen bei der Lieferung kommen sollte (BioNTech hat ja schon Schwierigkeiten für den Dezember angekündigt, andererseits: Allein von dort bis Ende März 11 Mio. Impfdosen zu erwarten), ist die Perspektive immer noch geradezu rosig. Wie gestern schon geschrieben, macht sich bei mir also vorsichtiger Optimismus breit, weil ich denke, dass es dafür gute Gründe gibt.